Wer zuletzt stirbt (eBook)

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2021 | 1. Auflage
462 Seiten
Aufbau Verlag
978-3-8412-2621-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wer zuletzt stirbt -  James Grippando
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Nie im Leben hätte Anwalt Jack Swyteck zugestimmt, Tatum Knight zu vertreten, wenn dieser nicht der Bruder seines besten Freundes Theo wäre. Denn Tatum ist eine reichlich zwielichtige Gestalt: ein bekannter Auftragskiller, der allerdings behauptet, keine krummen Dinger mehr zu drehen. Vor kurzer Zeit noch wollte die Millionärin Sally Fanning ihn für einen Mord anheuern. Nun ist Sally tot, erschossen, doch Tatum schwört Stein und Bein, nichts damit zu tun zu haben. Pikanterweise wird er zur Testamentseröffnung eingeladen, wo er erfährt, dass Sally auch ihn als Erben eingesetzt hat. Das Vermögen erhält allerdings nur derjenige der insgesamt sechs Erbberechtigten, der alle anderen überlebt. So kommt es schon bald zu wüsten Drohungen und schließlich gibt es den ersten Toten. Um seinen Mandanten zu schützen, muss Jack herausfinden, wer dahintersteckt - aber ist Tatum wirklich das Unschuldslamm, das er vorgibt zu sein?

Der dritte Fall für Jack Swyteck! Spannend, rasant und äußerst raffiniert.



James Grippando ist Autor diverser New York Times-Bestseller. Er arbeitete zwölf Jahre als Strafverteidiger bevor sein erstes Buch' Im Namen des Gesetzes' 1994 veröffentlicht wurde und ist weiterhin als Berater für eine Kanzlei tätig. Er lebt mit seiner Familie im Süden Floridas.

Prolog: 1996


Endlich war es ruhig in dem alten Haus. Sally Fenning saß allein an ihrem Küchentisch, drei Stapel mit Rechnungen vor sich – die fälligen, die überfälligen und die hoffnungslosen.

Sie wusste nicht, wo sie anfangen sollte. Das Trinkgeld war heute Abend erbärmlich ausgefallen, dafür lohnte sich der Stress kaum, als Kellnerin zu arbeiten. »Kellnerin« war eher eine hochtrabende Bezeichnung für ihren Job, der darin bestand, betrunkenen Touristen, die jede ihrer Bewegungen mit gierigen Blicken verfolgten, Bierkrüge und Teller mit scharf gewürzten Hähnchenflügeln vorzusetzen. In ihren kurzen Joggingshorts und ihrem tief ausgeschnittenen, engen T-Shirt kam sie sich manchmal vor, als könnte sie genauso gut nackt auf Tischen tanzen. Dafür würde sie wenigstens ordentlich bezahlt werden.

Die Ankündigung, ihr Telefon würde abgestellt, warf sie in den Papierkorb. Normalerweise schickte die Telefongesellschaft zwei Mahnungen, bevor sie ihre Drohung wahr machte.

Es war ihr nicht immer so schlecht gegangen. Früher hatten ihr Mann und sie ein italienisches Restaurant in Miami Shores besessen. Der Laden war gut gelaufen, sie hatten expandiert und waren prompt auf die Nase gefallen. Man sollte nichts ändern, was funktioniert, war ihre Haltung zum Thema Expansion gewesen. Aber Mike wollte auf Wachstum setzen und war davon überzeugt, dass sie binnen fünf Jahren ein Franchise-Unternehmen aufziehen würden. Geködert von den niedrigen Zinsen, die während der ersten sechs Monate zu zahlen waren, nahmen sie einen Privatkredit auf, um den Aufbau zu finanzieren. Doch dann stieg der Zinssatz so steil an, dass der Taschenrechner heiß lief, wenn man ausrechnete, was man über die gesamte Laufzeit des Kredits abzahlen musste. Die Farbe an den Wänden war noch nicht trocken, als ein namenloser tropischer Sturm durch die Einkaufsstraße peitschte und ihre rot-weiß karierten Tischdecken über den Parkplatz trieb. Sie hatten keine Versicherung gegen Überschwemmungsschäden. Das Restaurant machte nie wieder auf. Drei Jahre später hatte ihr Mann zwei Jobs, sie arbeitete bei Hooters als Animierkellnerin, und von den Schulden, die ihnen von ihrem Restaurant geblieben waren, war fast nichts abgezahlt.

Manche Leute meinten, sie hätte keinen Stolz. Aber sie hatte zu viel Stolz – zu viel, um einfach das Handtuch zu werfen und Bankrott anzumelden.

»Mamiiii«, rief die dünne Stimme aus dem Kinderzimmer am Ende des Flurs. Ihre vierjährige Tochter schlief selten durch und der mitternächtliche Ruf nach der Mami wurde schon zur Routine.

Sally blickte von ihrem Scheckbuch auf, rührte sich jedoch nicht von der Stelle. »Katherine, schlaf weiter, bitte.«

»Aber ich will eine Geschichte.«

Sie zögerte. Es war spät, aber die Arbeit an fünf Tagen die Woche bis abends um elf erlaubte ihr nicht den Luxus, ihr Kind ins Bett zu bringen. Das machte Mike, bevor er zur Spätschicht als Wachmann aus dem Haus ging, oder seine Mutter, die netterweise jeden Abend, während Katherine schlief, zu ihnen kam und fernsah und so die Zeit zwischen Mikes Aufbruch zu seinem Zweitjob und Sallys Heimkehr überbrückte. Bei dem Gedanken daran, ihrer Tochter noch etwas vorzulesen, wurde Sally ganz warm ums Herz. Sie stand vom Tisch auf und ging ins Schlafzimmer. »Also gut. Eine Geschichte.«

»Au ja!«

»Aber dann musst du schlafen. Versprochen?«

»Versprochen.«

Sie schlüpfte neben Katherine ins Bett und lehnte sich mit dem Rücken gegen das Kopfteil. Ihre Tochter kuschelte sich eng an sie. »Welche Geschichte hättest du denn gerne?«

»Die hier«, sagte das kleine Mädchen und nahm ein Buch vom Nachttisch.

»Wo die wilden Kerle wohnen«, las Sally den Titel vor. Sie kannte sie gut, die Geschichte des kleinen Jungen, der in seiner Fantasie sein Kinderzimmer in eine von Ungeheuern bevölkerte Insel verwandelt und sich zu deren Herrscher machen lässt. Sally erinnerte sich, dass ihre Mutter ihr diese Geschichte vorgelesen hatte, als sie selbst als kleines Mädchen von Albträumen geplagt worden war. Zwanzig Jahre später war die Botschaft immer noch dieselbe: Angst entsteht im Kopf.

»Hast du immer noch schlimme Träume, Kleines?«

»Mmmm hmmm.«

»Warum denn bloß?«

»Hab Angst.«

»Und was macht dir Angst?«

»Ungeheuer.«

»Es gibt keine Ungeheuer.«

»Doch, dahinten«, erwiderte Katherine und zeigte auf die Vorhänge vor der gläsernen Schiebetür.

»Nein, Liebes. Da draußen sind keine Ungeheuer.«

»Doooch.«

»Komm. Wir lesen jetzt die Geschichte.«

Sally spürte den Kopf ihrer Tochter an ihrer Brust, während sie ihr vorlas. Sie gab jedem Ungeheuer eine andere Stimme, ließ sie jedoch nicht Furcht erregend klingen. Sie wollte Katherine nicht noch zusätzlich ängstigen. Katherine war längst eingeschlafen, bevor der kleine Junge namens Max von der abgelegenen Insel in die Sicherheit seines Kinderzimmers zurückkehrte. Sally schlüpfte leise aus dem Bett, küsste Katherine auf die Stirn und schlich auf Zehenspitzen hinaus.

Zurück zu den Rechnungen. Greenleaf Financing. Großartig. Computerausrüstung und Restaurantsoftware im Wert von zweitausend Dollar, die sie über einen Zeitraum von fünf Jahren zu einem Gesamtpreis von achtundzwanzigtausend Dollar geleast hatten. Supersonderangebot.

»Mami!«, ertönte es erneut aus dem Kinderzimmer.

»Was gibt’s, Liebling?«

»Hab Angst. Da sind Ungeheuer.«

Sie schob den Stuhl vom Küchentisch und ging zu Katherines Zimmer, blieb aber vor der Tür stehen, weil sie sich nicht überreden lassen wollte, hineinzugehen. »Es gibt keine Ungeheuer.«

»Aber Mami –«

»Du musst jetzt schlafen.«

»Kannst du das Licht anlassen?«

»Ich lass das Flurlicht an.«

»Danke. Du bist die beste Mami.«

Es war schwer, streng zu sein mit jemand, der einem sagte, dass man die Beste war, und es auch wirklich glaubte. Sie lächelte. »Gute Nacht, mein Schatz, ich hab dich lieb.«

»Ich dich auch.«

Sie ging zurück in die Küche, doch es widerstrebte ihr, sich weiterhin durch den Stapel Rechnungen zu quälen. Die Miete war fällig und nur der liebe Gott wusste, woher das Geld dafür kommen sollte. In Anbetracht ihrer finanziellen Schwierigkeiten war es reichlich extravagant, statt einer Wohnung ein Haus zu mieten, auch wenn es nur eine Bruchbude mit zwei Zimmern und einem Bad war, das jeder Bauunternehmer auf der Stelle abgerissen hätte. Aber Sally war in einer Wohnung aufgewachsen – ohne Garten, ohne Privatsphäre, ohne Schornstein, durch den der Weihnachtsmann an Heiligabend herabsteigen konnte. Katherine sollte es besser haben, auch auf die Gefahr hin, dass ihr Vermieter irgendwann gezwungen sein könnte, sie auf die Straße zu setzen.

Sally öffnete den Kühlschrank und goss sich ein Glas Orangensaft ein.

»Mami, ich will was trinken.«

Sally drehte sich um, aber Katherine war gar nicht da. Sie lag in ihrem Bett. Dieses Mädchen hat übersinnliche Fähigkeiten. »Schlaf wieder, Liebes.«

»Bitte, Mami, ich hab dich doch den ganzen Tag nicht gesehen.«

Das saß. Es traf genau die Schuldgefühle einer berufstätigen Mutter. Ein letztes Mal ging sie zu ihrer Tochter und setzte sich auf die Bettkante. Im fahlen Schein des Flurlichts sah sie die Angst in den Augen des Kindes.

»Hast du immer noch Angst?«

Katherine nickte.

Sally fühlte Katherines Stirn. Sie war schweißnass, aber nicht von Fieber. Die Kleine war überhitzt von den beiden Decken, die sie sich über den Kopf gezogen hatte. »Warum hast du denn solche Angst?«

»Das Ungeheuer.«

»Wenn ich mich eine Weile zu dir lege, schläfst du dann?«

»Ich möchte bei dir im Zimmer schlafen. Nur bis Daddy nach Hause kommt.«

»Liebes, du bist doch schon ein großes Mädchen. Das hier ist dein Zimmer.«

»Aber das Ungeheuer.«

»Hier ist kein Ungeheuer.«

»Wirklich nicht?«

»Ganz bestimmt nicht.«

»Kannst du mal nachsehen?«

Sally seufzte erschöpft. »Gut, ich sehe nach.« Sie kniete sich hin und schaute unter das Bett. »Hier ist nichts.«

»Nein, aber da hinten.« Katherine zeigte wieder auf die Vorhänge, die die Glasschiebetür bedeckten.

Sally zögerte. Selbst im Dämmerlicht konnte sie die verspielten rosafarbenen Bilder von Vögeln, Kaninchen und anderen Tieren aus Kinderliedern erkennen, die über die Vorhänge tanzten. Nicht gerade der Stoff, aus dem die Mäntel von Ungeheuern gemacht waren, aber dennoch schlug ihr Herz schneller. Die Angst in den Augen ihrer Tochter wirkte so echt.

»Da ist kein Ungeheuer.«

»Schau lieber nach, Mami. Bitte.«

Jetzt sah sie etwas genauer hin. Merkwürdig, aber sie war sich plötzlich selbst nicht ganz so sicher, ob das Kaninchen an derselben Stelle war wie noch eine Minute zuvor oder ob es sich bewegt hatte. Es schien so, als befände es sich nicht mehr auf gleicher Höhe mit der gelben Ente auf dem anderen Vorhang. Erst glaubte sie, ihre Augen hätten ihr einen Streich gespielt, bis sie es wieder sah.

Dieses Kaninchen bewegte sich. Wenn auch nur ganz wenig, aber es hatte sich eindeutig bewegt.

Die Klimaanlage schaltete sich ab, und der Kloß in ihrem Hals löste sich, als die...

Erscheint lt. Verlag 21.9.2021
Reihe/Serie Anwalt Jack Swyteck ermittelt
Übersetzer Norbert Möllemann
Sprache deutsch
Original-Titel LAST TO DIE,
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte angeklagt • Anwalt • David Baldacci • Fehlurteil • Grippando • Jack Swyteck • Justiz • Mörder • Randy Singer • Thriller
ISBN-10 3-8412-2621-3 / 3841226213
ISBN-13 978-3-8412-2621-1 / 9783841226211
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