Das Geheimnis der Sünderin (eBook)

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2021 | 1. Auflage
464 Seiten
Aufbau Verlag
978-3-8412-2788-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Geheimnis der Sünderin -  Gabriele Breuer
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Jülich, im Jahre 1608. Im Schloss zu Jülich lebt die junge Magd Mia, die nichts mehr liebt, als sich neue Speisen auszudenken, die der Herzog so sehr verehrt. Als jedoch eines Tages ein Giftanschlag auf ihn verübt wird, fällt der Verdacht sofort auf Mia. In ihrer Not flieht sie in die Reichsstadt Köln. Unter den Dieben, Bettlern und Huren lernt sie Adrian kennen und verliebt sich in ihn. Adrian jedoch verbirgt ein schwerwiegendes Geheimnis und schon bald muss Mia erneut vor mächtigen Feinden flüchten, die ihr dicht auf den Fersen sind. Ist Adrians Liebe tief genug, um ihr auch über die Grenzen der Stadt hinweg beizustehen?



Gabriele Breuer, geboren 1970, lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Köln. Sie arbeitet in einem Seniorenheim und schreibt in ihrer Freizeit gerne historische Romane. 

2. Kapitel


Mia hackte die Maronen, mit denen sie die Gänse füllen wollte. Für diesen Morgen hatte der Herzog zusätzlich ein Dutzend Köche auf das Schloss zitiert, die das Weihnachtsmenü für den nächsten Tag zusammenstellen sollten. Das Klappern von Geschirr und das Scheppern der Kessel, die aneinanderschlugen, übertönten die hastigen Anweisungen der Köche, die sie den Mägden zuriefen. Ihre Kittel waren mit unzähligen Flecken von Fett und Soßen übersät. Mia bedauerte es, nicht genügend Zeit zu haben, um alle Speisen selbst kochen zu können. Dem Pastetenkoch rann der Schweiß in Rinnsalen von der Stirn, und der Suppenkoch verschwand in den Schwaden der Zwiebelsuppe. Um die Zubereitung des Ochsens und des Wilds kümmerten sich zwei Fleischköche. Mia dachte an das Gericht mit den Ochsenfüßen in dem Kochbuch. Wie gern hätte sie es gleich heute ausprobiert. Aber nachdem sie sich heute Morgen bei Walther für das Geschenk bedankt hatte, wurde sie von ihm für die Zubereitung der Füllung eingeteilt. Er hatte einfach so getan, als hätte er sie überhört. Mia schien es, als wollte er nicht, dass jemand etwas von dem Geschenk mitbekam. Im nächsten Augenblick schalt sie sich für ihre Ungeduld, denn es gab noch genügend Möglichkeiten, Rumpolts Rezepte auszuprobieren. Wenn nach den Feiertagen erst die fremden Köche wieder aus dem Schloss verschwunden waren, blieb ihr genügend Zeit und Platz dafür. Liebevoll betrachtete sie die zerkleinerten Maronen. Sie gab diese in die Kupferpfanne zu den Innereien, Apfelstückchen, Brotwürfeln und Zwiebeln, die bereits darin schmorten. Sie beugte sich darüber und sog den Duft ein. Fast hätte sie die Petersilie vergessen, wenn Walther ihr nicht von hinten auf die Schulter getippt und diese fertig gehackt gereicht hätte. Sie lächelte ihn dankbar an, gab sie dazu und verrührte alle Zutaten mit Sahne.

Walther nickte zufrieden und hob anerkennend die Augenbrauen. »Wenn die Gänse gefüllt sind, darfst du dich um die Nachspeise kümmern. Einer der Zuckerbäcker ist nicht gekommen«, sagte er.

Mias Herzschlag beschleunigte sich. Die Süßspeisen waren ihr besonderes Steckenpferd. Sie liebte die Zubereitung und vor allem das Naschen. Während sie die Gänse zunähte, war sie in Gedanken schon bei den kandierten Früchten auf Spießen und den Apfel-Zimtkuchen, die sie backen wollte.

Rutger saß am Ofen und drehte den Spieß mit dem halben Ochsen. Auf seiner Stirn glänzten Schweißperlen. Er hatte an diesem Tag wohl die schwerste Arbeit zu verrichten. Hoffentlich passierte dem armen Kerl heute nicht schon wieder ein Missgeschick, dachte Mia, denn es stach ihr ins Herz, wenn er dafür Prügel einstecken musste. Sie schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln, woraufhin er beschämt zu Boden blickte. Seine Ohren glühten. Um ihn nicht noch mehr in Verlegenheit zu bringen, wandte Mia den Blick ab und hielt Ausschau nach Ännchen, die ihr unbedingt bei der Zubereitung der Süßspeisen helfen sollte. Mit hochgekrempelten Ärmeln reinigte ihre Ziehmutter die Gerätschaften, die die Köche benutzt hatten. Der Berg von schmutzigen Schüsseln und Rührlöffeln in dem Spülstein nahm nicht ab. Das schien Ännchen nicht zur Verzweiflung zu bringen. Unermüdlich reinigte sie diese und brachte sie zurück an ihren Platz, bevor sie wieder mit den Armen im Spülwasser versank.

Mia begab sich zu ihr und reichte ihr ein Tuch, damit sie sich die Hände daran abtrocknen konnte. »Kann nicht eine andere Magd die Arbeit verrichten? Ich brauche dich nämlich bei der Zubereitung der Nachspeisen.« Sie sah sich in der Küche um. Alle Bediensteten werkelten mit Eifer, um das Festmahl vorzubereiten.

Ännchen folgte ihrem Blick. »Siehst du nicht, wie beschäftigt alle sind? Die Anzahl der Mägde reicht an solch einem Feiertag bei Weitem nicht aus.«

Die Tür zum Schlossinnenhof öffnete sich. Begleitet von einem milden Windstoß betrat die kleine Josefine die Schlossküche. Sie hatte gerade die Abfälle hinausgetragen und sah sich nun um, wo sie helfen konnte. Mia eilte auf sie zu, um sie an den Spülstein zu schicken. Das Mädchen nickte und schob die Ärmel hoch.

Bald darauf arbeiteten Mia und Ännchen Hand in Hand. Während Mia Quark, Eier, Zucker und Zimt verrührte, viertelte Ännchen die Äpfel. Anschließend mischte Mia diese unter die eingekochten Kirschen und die gehackten Walnüsse. Ännchen rollte den Teig aus, auf den Mia anschließend die Fruchtmasse gab und mit Quark bedeckte. Vorsichtig rollte Mia den Teig auf und schnitt ihn in fingerdicke Scheiben, die sie in eine runde Form platzierte, bis sie wie ein Strauß Rosen aussahen.

Auf diese Weise stellten Ännchen und sie bis zum späten Nachmittag fünfzehn dieser Kuchen her. Als die ersten im Ofen buken, wusch Mia die getrockneten Datteln, die Walther am Tag zuvor auf dem Jülicher Markt erstanden hatte. Abwechselnd steckte sie diese mit eingekochten Stachelbeeren auf einen Holzspieß. Da Ännchen sich um die Kuchen kümmerte, konnte sie sich voll und ganz auf das Kandieren der Früchte konzentrieren. Die Zeit hatte sie längst vergessen.

Spät am Abend, als die fertigen Kuchen vor ihr in einer Reihe auf dem Bohlentisch standen, spürte Mia ihr schmerzendes Rückgrat. Der Anblick des Backwerks, das wie Rosen aussah, entschädigte sie dafür. Sie sog das Aroma von Zimt und Äpfeln ein. Rutger drängte sich mit erhobenen Armen an ihr vorbei, um das Abwaschwasser aus der Küche zu tragen. Mia beachtete ihn nicht, sondern sah zu Walther, der ihr ein anerkennendes Lächeln schenkte. Gleich darauf ließen ein Platschen und Ännchens anschließender Aufschrei Mia zusammenschrecken. Sie richtete den Blick wieder auf den Tisch vor sich, und unvermittelt füllten sich ihre Augen mit Tränen. Es musste ein schlechter Traum sein, den sie erlebte. Fassungslos starrte sie auf die Kuchen, die bereits im Abwaschwasser aufweichten. Seifenschaum und Speisereste breiteten sich auf den Rosen aus. In der Küche hätte man eine Stecknadel fallen hören können. Mias Blick schnellte zu Rutger, der ebenfalls mit weit aufgerissenen Augen auf das Gebäck starrte. Sein Gesicht hatte die Farbe von Klatschmohn angenommen. Der Holzeimer rollte zur Tischkante, fiel hinab und landete krachend auf den Fliesen. In Mias Ohren rauschte das Blut. All die Arbeit des Tages war hinüber, zerstört von diesem Tollpatsch! Die Augen aller Bediensteten richteten sich auf sie. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Mia stieß einen Schrei aus und schnappte sich die Teigrolle. Bevor sie damit auf Rutger losgehen konnte, riss Walther ihn bereits am Ohr aus der Küche. Draußen hallten die jämmerlichen Schreie des Küchenjungen über den Schlosshof. Mia ließ sich auf einen Schemel fallen, und der Kloß in ihrem Hals löste sich. Tränen rannen unaufhörlich über ihre Wangen. Mit den Kuchen hatte sie den Herzog beeindrucken wollen – und nicht nur ihn. Auch der Bruder der Herzogin, Heinrich von Lothringen, wollte das Weihnachtsfest auf dem Schloss verbringen. Mia hatte sich erhofft, dass ihre Kochkünste durch ihn bis zum Hofe des französischen Königs vordrangen. Ihr wurde es schwarz vor Augen.

Als Mia wieder zu sich kam, blickte sie in Walthers Gesicht, der sie besorgt ansah. Sie schmiegte sich in seinen Arm und atmete den Duft von Speck und Zwiebeln ein, der in dem Linnen seines Hemdes haftete. Aus der Dunkelheit kehrten die jüngsten Geschehnisse in ihre Erinnerung zurück. Mia löste sich aus Walthers Griff und richtete sich auf. Auf wackligen Beinen stehend sah sie, wie Ännchen die Überreste der Kuchen wegschaffte.

»Ich werde neue backen, und wenn ich dafür die ganze Nacht aufbleiben muss«, stieß Mia fest entschlossen hervor.

»Ich helfe dir, mein Kind.« Walthers Hand legte sich auf ihre Schulter. »Der Küchenjunge hat seine gerechte Strafe bekommen.« Seine Stimme bebte vor Zorn. »Für die nächste Zeit wird er nicht mehr laufen können, so sehr wird ihn das Hinterteil schmerzen.«

* * *

Obwohl sein Bauch drohte, von dem herrlichen Festtagsmahl an diesem Weihnachtstag zu zerplatzen, weiteten sich die Augen des Herzogs bei dem Anblick der Rosenkuchen. Als er den Duft von Äpfeln und Zimt einatmete, füllte sich seine Mundhöhle abermals mit Speichel. Nicht nur Johann, auch die anderen Anwesenden am Tisch bestaunten das Gebäck. Sie klatschten vergnügt in die Hände, während die Diener gut ein Dutzend der Kuchen auf der Festtafel platzierten. An den silbernen Kerzenleuchtern tropfte das Wachs der brennenden Kerzen hinab.

»Noch nie in meinem Leben habe ich so gut gespeist.« Der Bruder seiner Gemahlin, der zu Johanns Rechten saß, tupfte sich mit einem Tuch die Lippen ab. Auch er konnte den Blick nicht von den Rosenkuchen wenden.

Johann stellte fest, dass Heinrich von Lothringen die gleichen Glotzaugen wie seine Schwester hatte. Er war ebenfalls unbeschreiblich hässlich. Selbst das wallende Haar, das sein aufgedunsenes Gesicht umgab, konnte dies nicht verbergen. »Das liegt wohl daran, dass ich nichts von Schauessen halte. Was habe ich von Feuer speienden Fasanen, wenn ich sie nicht genießen kann, weil sie nach Schwefel schmecken? Oder von Pasteten, aus denen schwitzende Zwerge springen?« Johann schüttelte sich kurz und richtete den Blick wieder auf die Rosenkuchen.

»Das könnt Ihr so nicht behaupten«, wandte Heinrich ein. »Ich habe am französischen Hof an solch einem Mahl teilnehmen dürfen. Die Speisen waren durchaus schmackhaft. Wie sagt man so schön? Das Auge isst mit.«

Johann hasste es, wenn Heinrich mit seinen Besuchen am französischen Hof prahlte. Die Zeiten, in denen sein Großvater und sein Onkel mütterlicherseits dort als Könige regierten, waren vorbei, das Geschlecht...

Erscheint lt. Verlag 1.9.2021
Reihe/Serie Liebe, Tod und Teufel
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Brigitte Jasmund • Flucht • geheime Liebe • Gift • Jülich • Köln • Liebe • Mittelalter • Seiltänzern • Unterwelt
ISBN-10 3-8412-2788-0 / 3841227880
ISBN-13 978-3-8412-2788-1 / 9783841227881
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