Die Achse (eBook)

Berlin - Rom - Tokio

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2021 | 1. Auflage
543 Seiten
C.H.Beck (Verlag)
978-3-406-74154-8 (ISBN)
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Ein Jahrzehnt lang schien nichts den Aufstieg der Achsenmächte stoppen zu können. Im Sommer 1942 beherrschte das Bündnis zwischen Deutschland, Italien und Japan weite Teile der Welt. Doch innerhalb weniger Jahre scheiterte die Achse: nicht nur militärisch, sondern auch moralisch. Im Rückblick galt vielen das Bündnis als schwach und relativ unbedeutend für die Geschichte des Zweiten Weltkriegs. Anhand umfangreicher Archivrecherchen schreibt Daniel Hedinger seine Geschichte neu und zeigt, wie stark die drei Regime miteinander verbunden waren. Erst ihr Zusammenwirken schuf eine Dynamik, die für einen kurzen, erschreckenden Moment eine Umgestaltung der Welt nach faschistischen Grundsätzen möglich werden ließ.
Dieses Buch handelt davon, wie sich die Achse Berlin - Rom - Tokio fand und wie sie die Welt mit ihren Neuordnungsversuchen in einen Krieg von nie da gewesenem Ausmaß stürzte. Zwar währte der Traum von der faschistischen Weltordnung nur kurz - aber es handelte sich um einen geteilten Traum, der über lange Zeit und über Kontinente hinweg gereift war. Die innere politische Radikalisierung der Achsenmächte und ihr Expansionsstreben nach außen erfolgten keineswegs in abgeschlossenen nationalen Biotopen. Vielmehr war die Achse ein Produkt transnationaler Kooperation und Interaktion: Die drei Regime radikalisierten sich wechselseitig, gewannen dadurch an Dynamik und entwickelten in der Folge internationale Sprengkraft. Gleichzeitig beschränkte sich ihr Projekt nie allein auf die geopolitische Umverteilung der Welt. Vielmehr strebten die Achsenmächte eine faschistische Neuordnung an, die radikal mit allem Bestehenden brechen sollte. Ihr Bündnis gründete also auf ideologischen Gemeinsamkeiten und geteilten Weltanschauungen. Vor dem Hintergrund aktueller weltpolitischer Entwicklungen erscheint Daniel Hedingers Geschichte der Achse, die zugleich auch eine Globalgeschichte des Faschismus bietet, plötzlich eigenartig vertraut und bedrohlich nahe.

Daniel Hedinger ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Historischen Seminar der Ludwig-Maximilians- Universität München.

Einleitung


Nichts schien den Aufstieg der drei Mächte aufzuhalten. Am 18. Januar 1942, nach einem Jahrzehnt der Expansion, teilten Deutschland, Japan und Italien die Welt vertraglich unter sich auf. Sie taten dies entlang des «70. Grads östlicher Länge».[1] Dies entsprach einer Linie, die sich quer durch die Sowjetunion, nur wenig hinter dem Ural, bis nach Britisch-Indien zog. Die östliche Sphäre fiel dem japanischen Kaiserreich zu, die Westliche hatten sich die beiden europäischen Partner zu teilen. In den folgenden Monaten näherten sich ihre Armeen dieser fiktiven Grenze scheinbar unaufhaltsam an. Mitte des Jahres, auf dem Höhepunkt ihrer Expansion, herrschten die Drei über gewaltige Imperien, die im Osten in die Tiefen des Pazifiks und bis an die Grenzen Indiens und Australiens reichten. Im Westen erstreckten sie sich vom Nordkap und der Atlantikküste, nach Nordafrika und bis weit nach Russland hinein. Für kurze Zeit schien es, als stünde der Realisierung einer neuen Weltordnung durch das Bündnis zwischen Deutschland, Japan und Italien nichts mehr im Wege.

Dieses Buch erzählt die Geschichte der Achse Berlin–Rom–Tokio. Es handelt davon, wie die drei Mächte sich fanden und wie sie beim Versuch, die Welt global neu zu ordnen, diese in einen Krieg von nie da gewesenem Ausmaß stürzten. Ihr Traum von einer neuen Weltordnung mag nur von kurzer Dauer gewesen sein. Doch es war ein geteilter Traum. Denn innere Radikalisierung und äußere Expansion erfolgten nicht im abgeschlossenen Rahmen nationaler Biotope. Vielmehr war die Achse ein Produkt transnationaler Kooperation und Interaktion: Die drei Regime radikalisierten sich wechselseitig, gewannen an Dynamik und entwickelten in der Folge internationale Sprengkraft. Gleichzeitig beschränkte sich ihr Projekt nie allein auf die geopolitische Umverteilung der Welt. Vielmehr strebten die Achsenmächte auch eine Umgestaltung aller sozialer und kultureller Ordnungen an. Ihre Neuordnung sollte faschistischer Natur sein und radikal mit allem Bestehenden brechen. Damit gründete das Bündnis auf ideologischen Gemeinsamkeiten und geteilten Weltanschauungen. Das Folgende ist daher auch eine Globalgeschichte des Faschismus.

Das Buch bietet Synthese und Interpretation zugleich: Eine Synthese ist es, indem es die geteilte Geschichte der drei Länder in längeren Verläufen vom Ende des Ersten bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs nachzeichnet. Im Fokus stehen dabei acht globale Momente – der erste im Frühjahr 1919, der letzte im Herbst 1946. Eine Synthese ist es auch, indem es erstmals die Geschichte der Achse unter Berücksichtigung aller drei Mächte behandelt; gleichzeitig finden die Perspektiven Außenstehender und Gegner der Achse Beachtung. Eine Interpretation bietet das Buch insofern, als es das Bündnis als starkes, folgenschweres und global ausgreifendes Gebilde beschreibt. Dies kommt einer Neubewertung der Achse gleich, hat doch die Historiografie ihre bündnispolitische Qualität für gering erachtet. Eine Interpretation liefert es aber auch, indem es die ideologische Fundierung des Bündnisses betont und damit den Blick auf den Faschismus als ein globales Phänomen der Zwischenkriegszeit lenkt.

Hinsichtlich der drei Nationen impliziert eine verflochtene Geschichte der Achse jeweils Unterschiedliches: Japan wird hier nicht als peripherer Fall oder sekundärer Akteur beschrieben, der sich den europäischen Partnern spät und letztendlich nur halbherzig annäherte; vielmehr erscheint das Kaiserreich als regionaler Hegemon, von dem die erste Herausforderung der Nachkriegsordnung ausging. Italien und sein Faschismus wiederum spielen in dieser Geschichte gerade in ihren globalen Verästelungen eine viel tragendere Rolle, als dies dem Land meist zugestanden wird. Und für das Deutsche Reich ermöglicht diese Perspektive eine Einbettung in den internationalen Kontext der Zwischenkriegszeit. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass der Nationalsozialismus oft sui generis verstanden wird und isoliert vom Rest der Welt Betrachtung findet.

Dieses Buch fordert einige der vorherrschenden Ansichten sowohl in Bezug auf die Bedeutung der Achse sowie hinsichtlich der Reichweite des Faschismus heraus. Als Interpretation weist es dabei gleichzeitig über die eigentliche Bündnisgeschichte hinaus. Denn eine geteilte Geschichte der Achse impliziert dreierlei: Erstens trägt sie zu einer Globalgeschichte des Zweiten Weltkrieges bei, lenkt sie doch den Blick auf die Globalität des Konflikts. Erst durch die Kooperation zwischen Berlin, Rom und Tokio begannen sich im Laufe der Dreißigerjahre die europäischen und asiatischen Krisen und Kriegsschauplätze zu verbinden. Und auch der Prozess der Globalisierung des Weltkrieges, der sich in den zwei Jahren zwischen dem deutschen Überfall auf Polen und dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor vollzog, bleibt jenseits der Geschichte des Bündnisses unverständlich. Zweitens lenkt die Geschichte der Achse die Aufmerksamkeit auf koloniale Kontexte und transimperiale Ursachen des Weltkrieges. Denn imperiale Räume, etwa die Mandschurei oder Äthiopien, spielten sowohl bei der Genese des Bündnisses als auch der Eskalation des Krieges eine zentrale Rolle. Letztendlich waren es Deutschlands Partner, die primär die Verantwortung dafür trugen, dass der asiatische, afrikanische und amerikanische Kontinent involviert wurden. Erfolgreiche Expansion wirkte dabei wechselseitig anziehend; so entstand ein imperialer Nexus, der die drei Mächte aneinanderband und den Weg in den Weltkrieg ebnete. Drittens erscheint angesichts der Geschichte der Achse Faschismus nicht als ein auf Europa beschränktes Projekt, sondern als ein globales Phänomen, ein Weltordnungsentwurf und damit als ein dritter Weg, angesiedelt zwischen Kapitalismus und Kommunismus.

Die «Achse» ist ein Begriff, der noch heute manche Verwirrung anzurichten imstande ist. Erstmals breitenwirksam Verwendung fand er in einer Rede von Benito Mussolini. Am 1. November 1936 beschwor der Duce vor Hunderttausenden von Menschen auf dem Mailänder Domplatz eine Achse Rom–Berlin, um die er in Zukunft Europa rotieren lassen wollte.[2] Für Europa war die von Mussolini wohl eher beiläufig gewählte Metapher durchaus treffend: Rom und Berlin liegen praktisch auf einem Längengrad. Und für ein paar Jahre sollte es tatsächlich danach aussehen, als könne das Bündnis beider Staaten sowohl den Westen als auch den Osten des Kontinents um sich rotieren lassen. Doch schwieriger gestaltete sich der Einbezug Tokios. Die deutsche Seite, in solchen Fragen vielleicht stets etwas präziser, sprach in der Folge gerne von einem «weltpolitischen Dreieck».[3] Auf Deutsch und Italienisch ist mit «Achse» daher noch heute primär die Verbindung zwischen Rom und Berlin gemeint.

Im außereuropäischen beziehungsweise angelsächsischen Bereich gab es diese Einschränkung jedoch nie. Hier war die Inklusion Japans schon für die Zeitgenossen selbstverständlich. Das Bündnis zwischen Berlin, Rom und Tokio mochte auf Karten abgebildet ein spitzwinkliges, krass überdehntes Dreieck darstellen und keineswegs eine gradlinige, robuste Achse (Abbildung 1). Doch in Japan selbst löste dies kaum grundsätzliche Zweifel aus – weder an der Begrifflichkeit noch an der gewagten Bündniskonstellation. Vielmehr eigneten sich die dortigen Medien und politischen Eliten das Schlagwort umgehend an.[4] Letztendlich aber waren es in erster Linie Außenstehende und Gegner, die den Begriff «Achse» in diesem erweiterten Sinne nutzten. Prominenz erlangte er so zunächst vor allem in linken Kreisen im Kontext der Kriege in Spanien und China.[5] Viele Zeitgenossen gingen zu diesem Zeitpunkt von einem starken, dynamischen und global ausgreifenden Bündnis faschistischer Mächte aus. Insbesondere nach Pearl Harbor schloss im angelsächsischen Raum die Rede von axis powers dann sowieso stets auch Japan mit ein.[6] Daran hat sich bis heute nichts geändert und in diesem Sinne findet der Begriff hier Verwendung.

Abb. 1   «Antikominternpakt und Kulturabkommen». Deutsche Visualisierung des Bündnissystems, abgedruckt in der Propagandazeitschrift Berlin – Rom – Tokio, nur wenige Tage vor der Unterzeichnung des Stahlpakts zwischen Deutschland und Italien im Mai 1939. Der Einbezug Spaniens, aber insbesondere der Mandschurei, machte aus dem spitzwinkligen Dreieck Berlin-Rom-Tokio einen weitaus gewichtigeren Block.

Das eigentliche Bündnis bestand aus einem komplexen Netzwerk an Verträgen, das laufend ausgebaut wurde. Den Anfang machte der deutsch-japanische Antikominternpakt vom 25. November 1936. Diesem schloss sich Italien ein Jahr...

Erscheint lt. Verlag 16.9.2021
Zusatzinfo mit 26 Abbildungen und 3 Karten
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Literatur Historische Romane
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Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik 20. Jahrhundert bis 1945
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Geisteswissenschaften Geschichte Regional- / Ländergeschichte
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Schlagworte Achsenmächte • Adolf Hitler • Bündnis • Deutschland • Expansion • Faschismus • Geopolitik • Geschichte • Imperialismus • Italien • Japan • Krieg • Kriegsführung • Nationalsozialismus • Politik • Zweiter Weltkrieg
ISBN-10 3-406-74154-1 / 3406741541
ISBN-13 978-3-406-74154-8 / 9783406741548
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