Perry Rhodan Neo 263: Die erste Kaskade (eBook)
160 Seiten
PERRY RHODAN digital (Verlag)
978-3-8453-5463-7 (ISBN)
1.
Sofgart
Der Weg zur Erkenntnis: ca. 8000 v. Chr.
Ich hoffe, das geht gut, dachte Sofgart.
Die Alarmstimmung war allgegenwärtig. Offenbar hatte eine der arkonidischen Heimatschutzflotten ein Kontingent Maahks gestellt, das sich nach M 13 hereingeschlichen hatte. Die Kämpfe mussten furchtbar sein, glaubte man den Medienmeldungen.
Selbstverständlich wurden die Maahks erfolgreich zurückgeschlagen, hieß es. Sofgart wusste allerdings nur zu gut, dass man solchen Berichten nicht glauben durfte. Die Wahrheit war das erste Opfer des Kriegs; das war bei Arkoniden nicht anders als bei Menschen. Die Systemverteidigung hatte die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt, das war ein klares Zeichen dafür, wie groß die Gefahr tatsächlich war.
Sofgart und Omar Hawk hatten bislang Glück gehabt, seit sie mit einer Space-Disk aufgebrochen waren. Die Form dieses Raumfahrzeugs ähnelte der einer arkonidischen Leka-Disk, die im Imperium in vielfach individueller Bauweise ein gewohnter Anblick waren. Sofgarts Hoffnung hatte sich bewahrheitet, sie hatten die Kristallwelt mit dem kleinen Diskusboot ohne Probleme und gerade noch rechtzeitig erreicht. Nachdem die Meldungen über den Angriff auf Josgorrn VI nun die Kommunikationskanäle beherrschten, hatte sich die Zahl der Kontrollen wahrscheinlich drastisch erhöht. Dass man den Methankrieg auf Arkon selbst derart deutlich zu spüren bekam, war eigentlich selten. Es würde die Bevölkerung beunruhigen, und das völlig zu Recht. Die Auseinandersetzung strebte dem Höhepunkt entgegen.
Sofgart musterte die imposante Silhouette des Kristallpalasts, der einige Kilometer entfernt lag. Der Gos'Khasurn, der Kristallkelch, war mehr als nur das politische Zentrum Arkons, er war das Herz des Reiches.
Er kannte ihn ... aus einer Zeit zehntausend Jahre in der Zukunft. Er wusste also, was aus dem Kristallkelch werden würde. Trotz des Methankriegs befand sich die arkonidische Kultur in ihrer Blüte. Der Palast war ein Symbol dafür.
Das trichterförmige Bauwerk ragte mehr als 1000 Meter in den Himmel empor, der Basisstiel durchmaß 500 Meter und war 200 Meter hoch. Sofgart erinnerte sich, dass es unter der Oberfläche weitere 500 Meter in die Tiefe ging. Erker und andere Anbauten durchbrachen die ansonsten glatte Oberfläche, die schimmerte wie weißer, polierter Marmor.
Der Kristallpalast stand auf dem höchsten Punkt des Hügels der Weisen, umgeben von einer wunderschönen, exotischen Parklandschaft. Fremdartige sowie vertraut wirkende Bäume bildeten kleine Wälder, durchzogen von künstlichen Fluss- und Bachläufen.
Hawk trat neben ihn. Der Oxtorner begleitete Sofgart auf seinem Weg zur Grotte der Sternengötter. Auch Watson war mit von der Partie. Dem Okrill gefiel es ganz und gar nicht, dass Hawk ihn nicht frei umhertollen ließ, sondern nah bei sich behielt. Im Zentrum des Großen Imperiums existierten keine unkontrollierten Bereiche; es war die Hochsicherheitszone schlechthin. Dass sie sich dennoch recht frei bewegen konnten, lag ausschließlich an der Sondergenehmigung, die sie erhalten hatten. Ohne diese Hochrangberechtigung hätten die Sicherheitskräfte sie bereits nach den ersten Schritten in Gewahrsam genommen.
Hawk beobachtete Watsons Verhalten sehr genau. »Sie haben die Passiercodes tatsächlich von Mirona Thetin erhalten?«, fragte er. »Sie ist üblicherweise nicht so ... entgegenkommend.«
Atlan war nicht gewillt gewesen, ihnen zu helfen.
Das heißt, er hat meine Bitte nicht mal richtig zur Kenntnis genommen, dachte Sofgart. Es war ihm lästig, das war ihm anzumerken. Seine Gedanken sind bei seiner Mutter, der Konverterkanone und allem, was damit zusammenhängt. Da hat ein uraltes Archiv keine Priorität.
»Nein, ist sie nicht«, bestätigte Sofgart. »Aber sie hat einen größeren Weitblick als derzeit Atlan. Der mag Kristallprinz sein, aber er stammt aus dieser Epoche und hat somit vielleicht nicht den nötigen Abstand zu den Dingen. Offiziell wurde unsere Legitimierung übrigens trotzdem vom Kristallprinzen ausgestellt und mit dessen Siegel versehen. Die Meisterin der Insel scheint die Wichtigkeit des Karminsuul-Archivs anders einzuschätzen und hatte für meine Bitte ein offenes Ohr.«
»Dasselbe gilt für Perry Rhodan und Chart Deccon«, ergänzte Hawk. »Aber ich frage mich, wie Mirona Thetin überhaupt in der Lage war, uns eine so hochrangige imperiale Sondergenehmigung auszustellen.«
Sofgart grinste schmal. »Zwischen Atlan und ihr herrschen Spannungen. Vielleicht war es eine Retourkutsche? Und technisch? Wir haben allesamt keine Ahnung, was die Liduuri an Bord des Schaltschiffs alles tun kann. Sie wird es uns kaum verraten. Es hat funktioniert, und ich habe nicht gefragt. Zumal Perry Rhodan und Kommandant Deccon das ebenfalls nicht taten.«
Hinter dem Kristallpalast stieg die Sonne des Arkonsystems in die Höhe. Im Gegenlicht glaubte man, einen riesigen Kristall zu sehen.
»Ist es so, wie Sie es in Erinnerung haben?«, fragte Hawk.
»Erinnerungen an die Zukunft meinen Sie?«, präzisierte Sofgart. »Die Grundstruktur hat sich im Laufe der Jahrtausende kaum verändert. Im Detail ist das Aussehen allerdings anders. Ich habe den Kristallpalast zudem auch in Trümmern gesehen. Dagegen ist diese Version ein strahlendes Monument, ein stolzes Zeichen von Selbstbewusstsein und Erfolg. Die Maahks waren die Ersten, die uns wirkungsvoll entgegengetreten sind. Bisher hatte das Große Imperium keinen Grund, sich anzuzweifeln.«
»Das sieht man«, sagte Hawk trocken. »Im Übrigen neigen Ihre Artgenossen auch in der Zukunft nicht dazu.«
»Da haben Sie recht«, sagte Sofgart. »Aber etwas hat sich tatsächlich sehr verändert: mein Blick auf das alles. Durch das Kappa-Binokular habe ich eine andere Perspektive. Es ist ein wenig unheimlich, wenn ich ehrlich bin.«
Seit Sofgart sein Augenlicht im Kampf gegen Iratio Hondro verloren hatte, war er auf diese Optiken angewiesen. Sie ähnelten altmodischen, mit einem Nasensteg verbundenen Kameraobjektiven. Die zwei Zylinder saßen in den Augenhöhlen, konnten aber herausgezogen werden. Sie vermittelten Sofgart optische Eindrücke, die allerdings anders waren als das normale, organische Sehvermögen.
Sie hatten den Weg vom Raumhafen zu ihrem Ziel mit einem kleinen, bodengebundenen Fahrzeug zurückgelegt, das nun auf einem Parkplatz vor der Schutzzone I stand. Der Oxtorner sah wie ein normaler Mensch aus, lediglich sein kahler Schädel mit den extrem dichten, schwarzen Brauen wirkte etwas ungewöhnlich.
Watson nieste, aber es klang missmutig. Der achtbeinige, krötenähnliche Okrill langweilte sich. Hawk schlug ihm begütigend auf die Schnauze.
»Haben Sie ihn im Griff?«, fragte Sofgart. Er verspürte eine leichte Unruhe. Dass Watson einen Exzess irgendeiner Art kaum überleben würde, musste er nicht betonen. Die Sicherheitskräfte verstanden bereits unter normalen Umständen keinen Spaß.
Watson schnalzte mit der Zunge in Sofgarts Richtung. Er empfand die Frage offenbar als Zumutung.
Eine einzelne Warnpfeife gellte. Hoch über ihnen glänzte ein kuppelförmiger Schutzschirm, der das Areal des Kristallpalasts absicherte. Die zugehörige Flugverbotszone hatte einen Radius von 200 Kilometern. Hoch oben, nah dem Zenit des Energiedoms, leuchtete es kurz auf.
»Was war das?«, fragte der Oxtorner. Er hatte Sofgart bereits in der Vergangenheit auf der Suche nach den Atorakten begleitet. Er fiel trotz seines Äußeren, das von einem Heimatweltarkoniden merklich abwich, kaum auf. Nichts wies auf seine enorme Kraft und seine Kompaktkonstitution hin, um die ihn jeder Naat beneidet haben würde. Dass hochrangige Arkoniden eine persönliche Eskorte bei sich hatten, die häufig von einer der vielen Kolonien im Großen Imperium stammte, war normal. »Der Angriff gilt doch nicht dem Arkonsystem. Soweit wir wissen, findet er am Rand von Thantur-Lok statt.«
»Ein Medienroboter«, antwortete Sofgart. »Die Kommunikationsgesellschaften versuchen immer wieder, so nah wie möglich an den Kristallpalast heranzukommen und ein paar Eindrücke aus dem Sperrgebiet zu erhaschen. Die Abwehr macht sich dann einen Spaß daraus, diese Fluggeräte in den Schirm zu lenken. Vielleicht sehen sie es auch als Training an.«
»Haben die keine anderen Probleme?«, staunte Hawk. »Training für was? Ich glaube kaum, dass die Maahks sich so leicht abschießen lassen wie eine Spionagesonde.« Der Oxtorner kniff kurz die Augen zusammen, als ein zweiter Blitz aufflammte. Bei seiner speziellen Physiologie wäre das nicht nötig gewesen, aber er vermied es, seine Überlegenheit zur Schau zu stellen – sogar bei solchen Kleinigkeiten.
Sofgart schmunzelte. »Ich denke, das ist eher eine Mahnung an alle Arkoniden, die es sehen können: Es herrscht Krieg, und das aktuelle Scharmützel mit den Maahks ist keineswegs ein Spiel.«
Hawk zog scharf die Luft ein. »Wahrscheinlich haben Sie recht, und es ist lediglich Teil der psychologischen Kriegsführung. Vielleicht bin ich einfach nicht paranoid genug.«
»Dort vorn ist unser Zugang«, sagte Sofgart.
Die Grotte der Sternengötter war ihr Ziel und gleichzeitig eines der ältesten Zeugnisse arkonidischer Kultur. Das Karminsuul-Archiv lag darunter und war nur auf dem Weg durch die Grotte erreichbar.
»Nach allem, was wir wissen, wurden einige der Portale – gemäß Ihrer terranischen Zeitrechnung – um etwa elftausend vor Christus erbaut«, fuhr er im Plauderton fort. »Die Grotte selbst ist sehr viel älter, weitere rund siebentausend Jahre. Ganz ohne Zweifel ist dies der Ort, an dem Arkon geboren wurde; auf die eine oder andere Art. Aber vieles ist in...
Erscheint lt. Verlag | 14.10.2021 |
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Reihe/Serie | Perry Rhodan Neo |
Verlagsort | Rastatt |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
Schlagworte | Neo • Perry Rhodan • Perryversum • Science Fiction |
ISBN-10 | 3-8453-5463-1 / 3845354631 |
ISBN-13 | 978-3-8453-5463-7 / 9783845354637 |
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