Das Geheimnis der Mittsommernacht (eBook)

Norwegenroman
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
655 Seiten
beHEARTBEAT (Verlag)
978-3-7517-1627-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Geheimnis der Mittsommernacht -  Christine Kabus
Systemvoraussetzungen
2,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen

Zwei Familien im Schatten eines dunklen Geheimnisses ...

Norwegen, 1895. Im Bergbaustädtchen Røros begegnen sich zwei junge Frauen, deren Schicksal kaum unterschiedlicher sein könnte. Die Deutsche Clara ist ihrem Ehemann in dessen Heimatstadt gefolgt. Doch die Ordals begegnen Clara und ihrem kleinen Sohn Paul mit unverhohlener Ablehnung. Als wenig später ein furchtbares Unglück geschieht, ist Clara plötzlich auf sich allein gestellt. Unerwartete Hilfe erfährt sie ausgerechnet durch Sofie, die Tochter des mächtigen Bergwerksbesitzers, dem die Ordals schon lange ein Dorn im Auge sind. Während Clara und Sofie zu Freundinnen werden, kommen sie einem Geheimnis auf die Spur, das ihre Familien seit Jahrzehnten überschattet ...

Große Gefühle vor atmosphärischer Kulisse - ein opulent erzählter Roman voller bewegender Einblicke in eine der spannendsten Epochen der norwegischen Geschichte.

Weitere Norwegen-Romane von Christine Kabus: Töchter des Nordlichts. Das Lied des Nordwinds. Das Geheimnis der Fjordinsel. Im Land der weiten Fjorde. Insel der blauen Gletscher.

eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.







<p>Christine Kabus, 1964 in Würzburg geboren, arbeitete nach ihrem Studium der Germanistik und Geschichte als Dramaturgin und Lektorin bei verschiedenen Film- und Theaterproduktionen, bevor sie sich 2003 als Drehbuchautorin selbstständig machte. Schon als Kind faszinierte sie der hohe Norden. Vor allem die ursprüngliche, mythische Landschaft Norwegens beflügelte ihre Phantasie. Sie begann, die Sprache zu lernen und sich intensiv mit der Geschichte Norwegens zu beschäftigen. Insgesamt liegen bei Bastei Lübbe sechs Norwegen-Romane von Christine Kabus vor.<br></p>

Christine Kabus, 1964 in Würzburg geboren, arbeitete nach ihrem Studium der Germanistik und Geschichte als Dramaturgin und Lektorin bei verschiedenen Film- und Theaterproduktionen, bevor sie sich 2003 als Drehbuchautorin selbstständig machte. Schon als Kind faszinierte sie der hohe Norden. Vor allem die ursprüngliche, mythische Landschaft Norwegens beflügelte ihre Phantasie. Sie begann, die Sprache zu lernen und sich intensiv mit der Geschichte Norwegens zu beschäftigen. Insgesamt liegen bei Bastei Lübbe sechs Norwegen-Romane von Christine Kabus vor.

1


Bonn, Mai 1895 – Clara

Clara Ordal spürte, wie sich eine kleine Hand in ihre schob. Paul war neben sie getreten und schmiegte sich gegen ihre Hüfte. Sie umschloss die feingliedrigen Finger des Sechsjährigen und zog seinen schmalen Körper, der in einem frisch gebügelten Matrosenanzug steckte, näher an sich. Er hob den Kopf und suchte ihre Augen.

»Dauert das noch lang?«, flüsterte er kaum hörbar und deutete mit dem Kinn auf einen älteren Herrn mit ergrautem Backenbart, der vor wenigen Augenblicken begonnen hatte, eine Ansprache zu halten. Clara strich ihrem Sohn eine blonde Locke aus der Stirn, die unter seiner runden Matrosenmütze mit dem versteiften Teller hervorlugte, und zuckte mit einem bedauernden Lächeln die Schultern. Wenn Professor Dahlmann die Gelegenheit bekam, eine Rede zu halten, nutzte er dies weidlich aus. Pauls Geduld würde auf eine harte Probe gestellt werden.

Sie befanden sich auf der Veranda des schwimmenden Bootshauses, das der Bonner Ruderverein unweit der Fährgasse am Rheinufer sein Eigen nannte. Es war ein geräumiger Bau, der nicht nur dem umfangreichen Bootspark des Klubs Platz bot, sondern auch einem Saal für Festlichkeiten, in dem sich die Mitglieder, die großen Wert auf gesellige Zusammenkünfte legten, regelmäßig versammelten. An diesem Nachmittag hatte das schöne Wetter die kleine Gesellschaft, die sich zu Ehren von Olaf Ordal eingefunden hatte, nach draußen gelockt. Später würde man im Festsaal speisen, der Sektempfang und die Reden fanden jedoch unter freiem Himmel statt.

Eine auffrischende Brise ließ die blauen Dreieckswimpel mit weißem Stern flattern, die an einer Girlande an der Front des Vereinshauses befestigt waren. Clara schloss kurz die Augen und sog tief die Luft ein, die nach feuchter Erde und dem Tang roch, der auf die vom Wasser umspülten Steine des Uferdamms angeschwemmt worden war. In diesen herben Geruch mischte sich die süße Note einer violett und weiß blühenden Fliederhecke, die einen Garten nahe des Flusses umgab. Der Mai ließ sich in diesem Jahr ungewöhnlich mild an. Die Bäume der Uferpromenade waren von zartem Grün bedeckt, und in den Blumenrabatten hatte man die verblühten Tulpen und Narzissen längst gegen Pelargonien, Fuchsien und Löwenmäulchen ausgetauscht. Der Schrei einer Möwe, die über das Bootshaus flog, ließ Clara aufblicken. Die Sonnenstrahlen zauberten Lichtreflexe auf die Wellen des träge dahinfließenden Flusses und wurden von den glänzenden Seidenstoffen und den polierten Knöpfen der Damenkleider und den Perlen und Edelsteinen der Halsketten und Armbänder reflektiert.

Clara hatte sich für einen bodenlangen dunkelblauen Rock mit einer gestickten Zierborte entschieden und für eine hochgeschlossene Bluse mit aufgepufften Ärmeln, die wegen ihrer Form Hammelkeulen genannt wurden. Bei manchen Damen waren diese so aufgebauscht, dass sie an Ballons erinnerten. Einige Frauen trugen leichte Capes oder kurze Umhänge, die bis zu den stark betonten Wespentaillen der trichterförmigen Röcke reichten. Die Herren waren teils in Uniform erschienen, ansonsten sah man viele graue und schwarze Anzugjacketts oder Gehröcke, vereinzelt auch modische Cutaways mit den typischen abgerundeten Vorderschößen. Die melonenförmigen Hüte und hohen Zylinder der Männer bildeten in ihrer Nüchternheit einen auffälligen Kontrast zu der mit Seidenblumen und Federn geschmückten Pracht, die die Damen auf ihren Köpfen balancierten.

Clara, die sich an den Rand der Plattform hinter die rund zwei Dutzend Gäste gestellt hatte, suchte den Blick ihres Mannes, der neben dem Redner vor dem Eingang des Bootshauses stand. Olaf Ordal überragte den Professor um Haupteslänge. Wie sein Sohn Paul hatte er eine schmale Statur, die gleichen hellblauen Augen und blonden Haare, die sich bei Olaf jedoch bereits merklich lichteten und eine hohe Stirn freigaben. Gepaart mit dem nachdenklichen Gesichtsausdruck ließ sie ihn älter wirken als seine dreißig Jahre. Er schaute über die Köpfe der Anwesenden hinweg ins Leere, ohne Claras Blick zu bemerken. Was er wohl gerade dachte? Eine Frage, die sie sich oft stellte. Und auf die sie fast nie eine Antwort erhielt. Olaf Ordal pflegte die Dinge mit sich selbst abzumachen.

Am Anfang ihrer Ehe hatte Clara ihn manchmal gefragt, was ihn beschäftige, wenn er mit ernster Miene vor sich hin schwieg. Gab es Probleme bei der Arbeit? Hatte er Schwierigkeiten mit einem Kollegen? Drückten ihn Geldsorgen? Oder plagte ihn die Sehnsucht nach seiner Familie im fernen Norwegen? Wem, wenn nicht seiner Frau, hätte er seine Sorgen und Kümmernisse anvertrauen sollen? Olaf hatte jedes Mal freundlich geantwortet, dass alles in Ordnung sei und sie sich nicht unnötig den Kopf zerbrechen solle. Clara hatte ihre Versuche eingestellt und sich damit abgefunden, dass ihr Mann sie offensichtlich nicht ins Vertrauen ziehen wollte. Ihre Freundin Ottilie, der sie ihre Verunsicherung darüber gestanden hatte, fand das nicht weiter erstaunlich. Sie beruhigte Clara damit, dass die meisten Männer nicht mit ihren Ehefrauen über geschäftliche oder andere Probleme sprachen – teils aus Angst, als Schwächlinge dazustehen, teils aus der Überzeugung heraus, Frauen würden ohnehin nichts von Angelegenheiten außerhalb ihres häuslichen Dunstkreises verstehen.

»Warum machst du dir Sorgen?«, hatte Ottilie wissen wollen. »Dein Olaf ist doch grundsolide. Er begegnet dir mit Achtung, sorgt gut für euch und scheint keine Laster zu haben. Er ist eben einer von den Stillen. Und glaub mir, das sind nicht die Schlechtesten.«

Clara hatte ihrer Freundin nicht widersprochen, zumal diese damals gerade eine geplatzte Verlobung mit einem Schreinergesellen hinter sich hatte, der dem Alkohol verfallen war. Ottilie hatte im Münster eine dicke Kerze gespendet und ihrem Schutzengel gedankt, der ihr rechtzeitig die Augen geöffnet und sie vor einer Ehe mit einem Trunkenbold bewahrt hatte.

»Und so lassen wir ihn denn mit einem weinenden und einem lachenden Auge ziehen.«

Die tiefe Stimme von Professor Dahlmann drang in Claras Gedanken. Sie straffte sich und sah nach vorn.

»Mit einem weinenden Auge, weil wir mit ihm einen geschätzten Kollegen, tüchtigen Ruderer und treuen Freund verlieren. Es ist wohl nicht vermessen, wenn ich sage, dass er hier eine schmerzliche Lücke hinterlassen wird.«

Paul zupfte an Claras Ärmel. Sie beugte sich zu ihm hinunter.

»Warum flunkert er?«, flüsterte er. »Seine Augen sehen gleich aus. Keines von beiden weint!«

»Das ist eine Redensart. Das sagt man, wenn man gleichzeitig froh und traurig ist«, erklärte Clara.

Paul runzelte die Stirn. »Das verstehe ich nicht.«

»Das ist dir doch selber vor ein paar Wochen so ergangen. Weißt du noch? Als es immer wärmer wurde und die Sonne deinen schönen Schneemann weggeschmolzen hat«, sagte Clara. »Da warst du traurig. Gleichzeitig hast du dich aber gefreut, weil nun der Frühling kam und du wieder mit deinem Freund Karli draußen mit euren Reifen und Murmeln spielen konntest.«

Paul nickte und schaute sehnsuchtsvoll zu den Booten, die ein paar Schritte entfernt von ihnen am Anlegesteg vertäut waren. Clara konnte seine Gedanken förmlich hören. Seit sie beim Vereinshaus angekommen waren, fieberte Paul der Fahrt auf dem Rhein entgegen, die ihm sein Vater in Aussicht gestellt hatte. Seit Wochen lag er diesem in den Ohren, ihn einmal in dem schnittigen Renn-Vierer mitzunehmen, mit dem Olaf und seine Sportsfreunde regelmäßig trainierten. Paul stellte es sich herrlich vor, wie ein Pfeil übers Wasser zu schießen.

Aus diesem Traum würde auch an diesem Tag nichts werden. Stattdessen hatte Olaf seinem Sohn eine gemeinsame Runde in einem der breiteren Zweier-Skiffs versprochen, in denen man nebeneinandersitzen konnte. Die Freude über ein paar Augenblicke ganz allein mit dem vergötterten Vater überwog die Enttäuschung, wie Paul seiner Mutter versichert hatte, als sie ihn wegen der erneuten Verschiebung der Fahrt im Renn-Vierer trösten wollte. Angesichts seiner Reaktion hatte sich Clara nicht zum ersten Mal gefragt, ob ihr Sohn nicht zu ernst und abgeklärt für sein Alter war. Sie konnte sich nicht erinnern, in so jungen Jahren bereits ähnlich besonnen und vernünftig gewesen zu sein.

»Aber nicht nur Olaf Ordal werden wir sehr vermissen«, sagte der Professor und zog Claras Aufmerksamkeit auf sich, als er innehielt und eine galante Verbeugung in ihre Richtung machte.

»Auch seine liebe kleine Frau ist uns in all den Jahren ans Herz gewachsen.«

Clara spürte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg. Es war ihr unangenehm, dass sich die Köpfe der anderen Gäste nach ihr umdrehten und so viele Augen auf ihr ruhten. Dazu nagte die Formulierung »liebe kleine Frau« an ihr. Schwang da Herablassung mit? Wohlwollende zwar, aber eben doch Herablassung? Clara schlug die Augen nieder. Nein, bei einem anderen hätte der Verdacht vielleicht standgehalten, nicht aber bei Professor Dahlmann. Er und seine Frau hatten Clara immer respektvoll behandelt und ihre Verwandlung vom mittellosen Dienstmädchen in die Ehefrau eines aufstrebenden Juristen mit aufrichtiger Freude begrüßt.

Die Erinnerung daran ließ Clara lächeln. Sie selbst hätte es vermutlich nie bemerkt, dass der norwegische Student ein Auge auf sie geworfen hatte. Gemeinsam mit einigen seiner Kommilitonen hatte sich Olaf zu den Debattierstunden eingefunden, zu denen der Professor jede Woche ausgewählte Studenten in seine Poppelsdorfer Villa einlud. Clara hatte es sich schlicht nicht vorstellen können, dass sie von den jungen Akademikern überhaupt als Person wahrgenommen würde. Sie war es gewohnt, weitgehend unsichtbar als dienstbarer Geist Mäntel und Hüte entgegenzunehmen, einen Imbiss zu servieren und dafür...

Erscheint lt. Verlag 27.7.2021
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Australien • Bergwerk • Cornwall • Die Zeit der Birken • Familiengeheimnis • Familiengeschichte • Familienroman • Familiensaga • Ferne Länder • Fernweh • Freundinnen • Geheimnis • Haran • herzkino • Kauri • Landschaft • Landschaftsbild • landschaftsroman • Landschaftsromane • Love and Landscape • Maori • Natur • Neuseeland • Norwegen • Pilcher • Reise • Ruin • Saga • Sarah Lark • Schicksal • Schmöker • Sehnsuchtsland • unberührte Natur • Vergangenheit • ZWEI FAMILIEN • Zwei Frauen
ISBN-10 3-7517-1627-0 / 3751716270
ISBN-13 978-3-7517-1627-7 / 9783751716277
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 1,1 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Die Geschichte eines Weltzentrums der Medizin von 1710 bis zur …

von Gerhard Jaeckel; Günter Grau

eBook Download (2021)
Lehmanns (Verlag)
14,99
Historischer Roman

von Ken Follett

eBook Download (2023)
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
24,99