Kalt wie die Angst (eBook)

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2020
231 Seiten
via tolino media (Verlag)
978-3-7521-0218-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Kalt wie die Angst - Charlotte Peters
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Zögernd näherte sie sich noch ein paar Schritte, und dann sah sie ihn. Es war ein Mann, der dort unter den Zweigen kauerte. Und in seinem Gesicht stand mehr Furcht, als sie je bei einem Menschen gesehen hatte.

KALT WIE DIE ANGST

Als die Streetworkerin Julia im winterlichen Eifelwald einem orientierungslosen und halb erfrorenen Mann zu Hilfe kommt, ahnt sie nicht, welche Folgen ihr Mitgefühl haben wird. Der Fremde ist verletzt und begegnet ihr mit unsäglicher Angst. Wer er ist und wie er in diese Lage kam, bleibt zunächst ein Rätsel.
In Köln sehen sich die privaten Ermittler Jonas und Felix mit vermeintlich unzusammenhängenden Fällen konfrontiert: einer vermissten Studentin aus bestem Hause und einem toten Straßenkind. Mit Julias Unterstützung stoßen die beiden schließlich auf das fehlende Bindeglied.
In den folgenden Wochen kommen sich Jonas und Julia auch privat sehr nahe. Als jedoch ihre gemeinsamen Ermittlungen einen perfiden Plan enthüllen, müssen sie feststellen, dass die Gegenseite gut über ihre Aktivitäten informiert ist. Zu gut.



<p>Charlotte Peters lebt mit ihrem Hund in einem Dorf in Nordrhein-Westfalen. Auf ihren Spaziergängen spinnt sie ihre Geschichten weiter - und amüsiert sich bei der Vorstellung, was die Nachbarn sagen würden, wenn sie wüssten, dass sie gerade über eine heiße Liebesszene nachdenkt. Oder im Hirn eines Psychopathen steckt.<br> Sie schreibt Bücher, die sie selbst gern lesen würde, und hofft, dass noch andere diesen Geschmack teilen.</p>

Kapitel 1


 

Die einzigen Geräusche waren das Knarzen ihrer Stiefel im frisch gefallenen Schnee und ihr gleichmäßiges Luftholen. In der schneidenden Kälte kondensierte ihr Atem und umgab ihren Kopf in einer dichten Wolke. Ein paar Meter vor ihr rannte Tai lautlos wie ein schwarzer Geist durch die weiße Landschaft.

Ihr Gesicht, der einzige Teil von ihr, der nicht durch mindestens eine dicke Lage gegen die eisigen Temperaturen isoliert war, prickelte, und sie blinzelte gegen die Tränen an, die ihr der Wind in die Augen trieb. Sie fühlte sich wunderbar.

Sie hielt inne, hob den Kopf und sah zwischen den starren, schwarzen Ästen hindurch in den blassgrauen Himmel. In wenigen Minuten würde die Dämmerung einsetzen. Zeit, zur Hütte zurückzukehren.

Doch vorher stand sie noch einen Augenblick da und genoss die nun absolute Stille. Bis diese Stille jäh von lautem, stakkatohaftem Bellen zerrissen wurde.

»Tai? Tai!« Ihr erster Impuls war es, den Hund zu sich zu rufen – aber wenn er so anschlug, musste er etwas entdeckt haben. Unsicher, ob Tai in Gefahr war, beschleunigte sie ihre Schritte. Ein Luchs oder gar ein Wildschwein konnten selbst einem ausgewachsenen Labrador richtig Ärger machen.

Als sie näherkam, sah sie Tai vor einem schneebedeckten Busch stehen, die Rute steil aufgerichtet. Er verstummte und sah sich kurz nach ihr um, bevor sich seine Aufmerksamkeit wieder nach vorn richtete.

Noch immer konnte sie nicht genau erkennen, was sich dort versteckte, doch es schien etwas Großes zu sein – zu groß für ein Tier, oder? Zögernd näherte sie sich noch ein paar Schritte, und dann sah sie ihn.

Es war ein Mann, der dort unter den Zweigen kauerte. Und in seinem Gesicht stand mehr Furcht, als sie je bei einem Menschen gesehen hatte.

»Tai, back«, befahl sie, und als der Labrador neben ihr stand, griff sie demonstrativ in sein Halsband, um ihr Gegenüber zu beruhigen. Es war nicht jedermanns Sache, sich unvermittelt Auge in Auge mit einem massigen schwarzen Hund zu sehen. Doch als sie ihren Blick wieder dem Fremden zuwandte, stockte ihr der Atem: Die nackte Angst, die sich in seinem Gesicht zeigte, galt nicht dem Hund. Sie galt ihr.

Sie stand regungslos, unsicher, was sie tun oder sagen sollte. Schließlich ging sie ein Stück von ihm entfernt in die Hocke und begann, mit sanfter Stimme zu sprechen.

»Es ist alles in Ordnung. Ich werde Ihnen nichts tun. Ich möchte Ihnen helfen.«

Er antwortete nicht. Konnte er sie überhaupt verstehen? War er geistig verwirrt? War er ein Flüchtling, der Streit mit seinen Schleppern bekommen hatte?

Sie musterte ihn genauer. Er war etwa in ihrem Alter, Mitte dreißig, und trug Winterkleidung, aber nichts, was bei den aktuellen Temperaturen für einen längeren Aufenthalt im Freien ausreichend gewesen wäre. Sein Gesicht war blass, fast bläulich im Schatten der Zweige über ihm, und er sah aus, als hätte er sich einige Tage nicht rasiert.

Ohne viel Hoffnung zog sie ihr Handy aus der Tasche, aber natürlich hatte sie keinen Empfang.

»Sie können nicht hierbleiben«, wandte sie sich wieder an ihn. »Sie müssen ins Warme.«

Ohne sich zu erheben, bewegte sie sich langsam auf ihn zu. Er verharrte regungslos, nur sein Kopf neigte sich minimal nach hinten und zur Seite. Als sie bei ihm war, zog sie den Handschuh aus und berührte ihn an der Wange. Seine Haut war eiskalt.

»Wie lange hocken Sie schon hier draußen?«

Noch immer sagte er nichts, aber unvermittelt lehnte er die Wange in ihre Handfläche, als hätte das Verlangen nach Wärme für einen Moment über die Angst gesiegt. Die stumme Geste schnitt ihr ins Herz.

»Kommen Sie.« Entschlossen, aber mit vorsichtigen Bewegungen stand sie auf und hielt ihm ihre Hand entgegen. Er rührte sich nicht.

»Nehmen Sie meine Hand!« Dem befehlenden Ton folgend streckte er langsam seinen eigenen Arm aus und griff zu. Taumelnd kam er mit ihrer Unterstützung auf die Füße.

»Gut so. Kommen Sie.« Sie hakte sich bei ihm ein und stützte ihn auf den ersten Metern, bis sich die Starre seiner Beine gelöst hatte. Auch danach behielt sie den Körperkontakt bei, halb damit rechnend, dass er die Flucht ergreifen würde.

»Ich habe eine Hütte in der Nähe. Dort wärmen wir Sie auf. Leider bin ich im Moment von der Außenwelt abgeschnitten, wegen des Schneefalls in den letzten Tagen. Das passiert hier in der Eifel schon mal. Wissen Sie, dass wir hier in der Eifel sind?«

Ohne eine Antwort zu erwarten, redete sie mit ruhiger Stimme weiter, erzählte ihm von sich und Tai, von der Hütte und den Problemen, die der ungewöhnlich harte Winter in diesem Jahr verursachte. Sie atmete auf, als sie endlich ihr Ziel erreicht hatten.

»Da sind wir. Gleich wird es wärmer.«

Sie öffnete die Tür und schob ihn vor sich her ins Innere. Sie wartete, bis Tai sich den Schnee aus dem Fell geschüttelt hatte und ihnen gefolgt war. Dann schloss sie die Tür wieder und drehte sich zu dem Fremden um.

Sie streckte die Hände nach ihm aus, um den Reißverschluss seiner Jacke zu öffnen, und er zuckte zurück, als hätte sie ihn geschlagen. Sie erstarrte.

»Ich will Ihnen nur die Jacke ausziehen. Sehen Sie?« Mit langsamen Bewegungen streifte sie ihre eigene Jacke ab und legte sie auf den Boden, bevor sie erneut nach seiner griff. Sein Kopf sank herab, und die Anspannung in seinem Körper löste sich. Doch sein Gesicht zeigte nicht Entspannung, sondern die Akzeptanz des Unausweichlichen.

Mitleid erfüllte sie und klang in ihrer Stimme mit. »Sehr gut. So, jetzt noch die Schuhe.« Sie kniete sich nieder und löste seine Schnürsenkel, sodass sie ihm die Stiefel von den Füßen ziehen konnte.

»Jetzt gehen wir ins Badezimmer. Kommen Sie.«

In dem kleinen Bad stellte sie ihn auf den Duschvorleger und begann, ihn auszuziehen.

»Sie brauchen eine warme Dusche, um aufzutauen. Aber nicht zu warm, das ist nicht gut bei Erfrierungen.«

Sie knöpfte seine Hose auf, und sein Körper spannte sich an. Sein Atem kam schnell und flach, und einen Augenblick lang dachte sie, er reagiere auf ihre Nähe und die intime Situation.

Dann sah sie hoch. Sein Gesicht war eine starre Maske und die Augen fest geschlossen. Er hatte Angst. Lähmende, grauenvolle Angst.

Unwillkürlich trat sie einen Schritt zurück. Aber was sollte sie machen? Sie konnte ihn nicht so hier stehen lassen. Wenn sie ihm helfen wollte, musste sie ihn berühren. Entschlossen kam sie wieder näher und zog ihm vorsichtig seinen Pullover und das langärmelige T-Shirt darunter über den Kopf.

»Oh Gott. Was ist denn mit Ihnen passiert?«

Dunkelrote bis blaue Blutergüsse und Schwellungen bedeckten seinen Oberkörper. Entsetzt glitten ihre Augen von einem Mal zum anderen. Dann sah sie die Einstichstellen an seinen Armen und holte scharf Luft. Das war ein Anblick, mit dem sie leider nur zu vertraut war. War er ein Junkie? Aber für einen Drogenabhängigen waren es kaum genug Einstiche, und sie sahen alle etwa gleich alt aus.

Sie streifte seine Hose nach unten und fand auch seine Beine mit blauen Flecken bedeckt. Jemand musste ihn systematisch durch die Mangel gedreht haben. Einer Eingebung folgend richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf seine Unterarme. Breite, wunde Streifen zogen sich um beide Handgelenke. Er war gefesselt gewesen, und er hatte sich gegen diese Fesseln gewehrt.

Als er nackt bis auf die Unterhose vor ihr stand, beugte sie sich in die Dusche und stellte das Wasser an. Ohne Rücksicht darauf, dass der Ärmel ihres Pullis nass wurde, bis sich die Wolle bis zur Schulter vollgesaugt hatte, regelte sie die Temperatur so, dass das Wasser lauwarm war.

Dann drehte sie sich zu dem Fremden um und streckte die Hand aus, um ihm zu zeigen, dass er unter den Strahl treten solle. Er gehorchte mit deutlichem Zögern. Doch als das Wasser auf ihn herabprasselte, gab er einen leisen Laut von sich, und sie sah, wie ein Schauer über seinen Körper lief. Lange Zeit stand er vollkommen reglos, den Kopf gesenkt.

Dann sah er langsam wieder auf, und sein Blick hing an ihr, während das Wasser über sein Gesicht lief. Sie wusste nicht, wie viel Zeit verging, während sie einander in die Augen sahen.

Endlich unterbrach er den Kontakt, als er sich umschaute und nach dem Duschgel griff. Er wusch seine kurzen Haare, dann begann er, sich mit schnellen, energischen Bewegungen einzuseifen. Seine Hände fuhren ohne Rücksichtnahme über die Blutergüsse und Schrammen auf seinem Oberkörper. Dann stießen sie an seine Unterhose, und er hielt inne.

Zeit für einen strategischen Rückzug. Sie nahm Philips Bademantel vom Haken und legte ihn zusammen mit einem der großen Duschhandtücher über den Hocker neben der Dusche.

»Ich lasse Ihnen die Sachen hier. Zahnpasta und eine neue Zahnbürste finden Sie da im Schrank. Ich bin nebenan, falls was ist.«

Sie floh aus dem Bad und zog die Tür hinter sich zu. Im Schlafzimmer zog sie sich um und holte einen von Philips Schlafanzügen und ein paar dicke Socken aus der Kommode, die sie mal für ihn gestrickt und mit ABS-Tupfen versehen hatte. Er hatte sie albern gefunden und nicht ein einziges Mal getragen.

Sie bezog das Bett frisch, dann ging sie in die Küche, zog den Topf mit dem aufgetauten Eintopf aus dem Kühlschrank und stellte ihn auf den Herd. Sie war gerade dabei, Brot aufzuschneiden, als sie hörte, wie der Fremde aus dem Bad kam.

Sie drehte sich um und musterte ihn kritisch. Sein Gesicht hatte die unnatürliche Blässe verloren, und seine Lippen zeigten wieder eine normale Farbe. Seine Haare waren noch feucht und fielen ihm wirr in die Stirn.

Sie nahm Schlafanzug und Socken vom...

Erscheint lt. Verlag 27.6.2020
Reihe/Serie Tatort Rhein-Ruhr
Tatort Rhein-Ruhr
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Ermittler • Köln • Krimi • Liebe • Liebesroman • Privatdetektiv • Privatermittler • Regionalkrimi • Thriller
ISBN-10 3-7521-0218-7 / 3752102187
ISBN-13 978-3-7521-0218-5 / 9783752102185
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