Waverley. Der englische Klassiker zum schottischen Freiheitskampf (eBook)

(Autor)

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2021
640 Seiten
Anaconda Verlag
978-3-641-28771-9 (ISBN)

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Waverley. Der englische Klassiker zum schottischen Freiheitskampf - Walter Scott
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Edward Waverley ist ein Gentleman mit dem Kopf voller romantischer Ideen. Um 1745 gerät er in Schottland beim Aufstand der Jakobiten zwischen die Fronten. Herkunft und Familie stellen ihn auf die Seite der Hanoveraner, doch die aufständischen Schotten in den Highlands gewinnen seine Sympathie. Er kämpft auf deren Seite, verliebt sich in zwei Frauen und gewinnt durch sein zuvorkommendes Handeln bald Freunde auf beiden Seiten des Aufstands. Die kann er brauchen, als er von seiner Regierung bedroht wird ... »Waverley« ist Sir Walter Scotts erster großer historischer Roman.

Sir Walter Scott, 1771 in Edinburgh geboren, war ein schottischer Dichter und Romancier. Seine abenteuersatten historischen Romane haben das Genre geprägt und sind bis heute Klassiker. Zahlreiche Filme, Theaterstücke und Opern basieren auf seinen Werken. Er starb 1832 weltberühmt.

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Das Geschlecht Waverley – Ein Rückblick

Es ist also sechzig Jahre her, dass Edward Waverley, der Held der folgenden Seiten, von seiner Familie Abschied nahm, um in das Dragonerregiment einzutreten, bei dem er vor Kurzem eine Offiziersstelle erhalten hatte. Es war ein trauriger Tag für Schloss Waverley, als der junge Offizier von Sir Everard schied, dem gütigen alten Onkel, dessen Rang und Besitz er einmal erben sollte.

Unterschiedliche politische Anschauungen hatten den Baronet schon frühzeitig von seinem jüngeren Bruder Richard Waverley getrennt, dem Vater unseres Helden. Sir Everard hatte von seinen Vorfahren alle Lieblingsgedanken und Vorurteile der konservativen oder hochkirchlichen Partei geerbt, die seit dem Bürgerkrieg kennzeichnend für das Haus Waverley waren. Der zehn Jahre jüngere Richard hingegen meinte, ihm sei das Los eines nachgeborenen Sohns beschieden, und versprach sich weder Ehre noch Vergnügen davon, die Rolle eines Will Wimble zu spielen. Er erkannte bald, dass er, um das Rennen des Lebens zu gewinnen, allen unnötigen Ballast abwerfen musste. Die Maler sagen, es sei schwer darzustellen, welche verschiedenartigen Empfindungen sich in einem Gesicht im gleichen Augenblick widerspiegeln; der Psychologe hat es nicht minder schwer, wenn er die ineinander verwobenen Beweggründe zergliedern will, die den Antrieb für unsere Handlungen bilden. Richard Waverley studierte die Geschichte und fand nach folgerichtiger Überlegung die Worte des alten Lieds bestätigt:

›Blinder Gehorsam macht zum Narrn
und schwächt den Widerstand.‹

Dennoch hätte die Vernunft wahrscheinlich nicht vermocht, die überkommenen Anschauungen aus dem Feld zu schlagen, wenn Richard geahnt hätte, dass sein älterer Bruder Everard sich in jungen Jahren eine Enttäuschung zu Herzen nehmen und bis zu seinem zweiundsiebzigsten Jahr unvermählt bleiben würde. Unter solcher Voraussicht hätte die zu erwartende Nachfolge, auch wenn sie in weiter Ferne lag, Richard vielleicht veranlasst, es für die meiste Zeit seines Lebens zu ertragen, dass er nur ›Junker Richard vom Schloss, der Bruder des Baronets‹ war, und darauf zu hoffen, dass er nicht vorzeitig sterben, sondern die Ehre erleben würde, Sir Richard Waverley auf Waverley zu sein, der ein ansehnliches Besitztum und als Vertreter der Grafschaft, wo dieses gelegen war, weitreichende politische Verbindungen geerbt hatte. Aber eine solche Entwicklung der Dinge war bei Richards Eintritt ins Leben nicht zu erwarten, als Sir Everard in der Blüte seiner Jugend stand und zweifellos in beinahe jeder Familie als Freier willkommen war, ganz gleich, ob sein Trachten nach Reichtum oder nach Schönheit ging, und als wahrhaftig jedes Jahr einmal in der Nachbarschaft das Gerücht umlief, er werde demnächst heiraten. Sein jüngerer Bruder sah keinen anderen Weg zur Unabhängigkeit, als sich auf seine eigene Kraft zu verlassen und ein politisches Glaubensbekenntnis anzunehmen, das der Vernunft und seinem eigenen Vorteil mehr entsprach als Sir Everards übernommener Glaube an die Hochkirche und das Haus Stuart. Deshalb begann Richard seine Laufbahn, indem er sich lossagte, und trat als geschworener Whig und Verfechter der Hannoverschen Thronfolge ins Leben.

Zur Zeit Georgs I. bemühte sich das Ministerium klugerweise, die geschlossene Front des Widerstands zu spalten. Die vornehmen Adligen unter den Tories, deren Ansehen davon abhing, dass sie den Abglanz eines königlichen Hofs darstellten, hatten sich schon seit einiger Zeit nach und nach mit dem neuen Herrscherhaus angefreundet. Aber die wohlhabenden englischen Landedelleute bewahrten aus Standesbewusstsein nicht nur ihre altehrwürdigen Sitten und ihre schlichte Aufrichtigkeit, sondern hielten auch hartnäckig und unbeugsam eine Vielzahl von Vorurteilen fest; also blieben sie in stolzer, trotziger Feindschaft fern und ließen ihre Gedanken voll Schmerz und Hoffnung nach Herzogenbusch, Avignon und Italien schweifen. Als sich der Bruder eines dieser standhaften, unerschütterlichen Gegner an die Hannoversche Partei annäherte, erblickte man darin eine Möglichkeit, auch andere zum Übertritt zu bewegen, und infolgedessen erfuhr Richard Waverley vonseiten des Ministeriums eine Begünstigung, die weit über das Maß seiner Fähigkeiten und seiner politischen Bedeutung hinausging. Immerhin stellte sich heraus, dass er leidliche Fähigkeiten für ein öffentliches Amt besaß, und nachdem er zum ersten Mal zum Empfang beim Minister zugelassen worden war, nahm er einen raschen Aufstieg. Sir Everard erfuhr aus dem handgeschriebenen Nachrichtenblatt zunächst, dass Richard Waverley, Esquire, als Vertreter des Städtchens Barterfaith ins Parlament gewählt worden war, ferner, dass Richard Waverley, Esquire, bei der Verhandlung um das Akzisegesetz entscheidend im Sinn der Regierung mitgewirkt hatte, und schließlich, dass Richard Waverley, Esquire, geehrt worden war durch die Aufnahme in einen jener Ausschüsse, wo man außer der Freude, dem Vaterland zu dienen, noch andere bedeutende Vergünstigungen genießt, die umso annehmlicher sind, da man jedes Vierteljahr einmal zusammenkommt.

Obgleich diese Ereignisse so rasch aufeinanderfolgten, dass der Scharfsinn eines heutigen Zeitungsredakteurs die beiden letzten schon vorausgesagt hätte, während er das erste bekanntmachte, so erreichten sie Sir Everard doch nur allmählich, tröpfchenweise, gewissermaßen abgekühlt und gereinigt durch den Filter von Dyer’s Weekly Letter. Denn es sei beiläufig bemerkt, dass damals jene Postkutschen noch nicht verkehrten, dank deren Hilfe jeder Handwerker in seinem armseligen Klub allabendlich aus zwanzig einander widersprechenden Quellen erfahren kann, was sich am Tag zuvor in der Hauptstadt ereignete, sondern ein Bote brachte alle acht Tage ein Wochenblatt nach Schloss Waverley und dieses wurde, nachdem es die Wissbegier Sir Everards, seiner Schwester und des betagten Haushofmeisters befriedigt hatte, regelmäßig weitergegeben vom Schloss zum Pfarrhaus, vom Pfarrhaus zu Squire Stubbs auf dem Vorwerk, von Squire Stubbs zum Rentmeister des Baronets in seinem blitzblanken Heidehaus, vom Rentmeister zum Schultheiß und von dort zu unzählig vielen ehrbaren alten Leutchen, durch deren harte, schwielige Hände das Blatt gewöhnlich im Verlauf eines Monats nach seiner Ankunft in Fetzen gerissen war.

Dass die Kunde nur langsam vordrang, war im gegebenen Fall von einigem Vorteil für Richard Waverley; denn wäre das ganze Ausmaß seiner Frevel Sir Everard mit einem Schlag zu Ohren gekommen, dann hätte das neue Parlamentsmitglied kaum einen Grund gehabt, sich etwas auf das Gelingen seiner klugen Pläne einzubilden. Der Baronet war zwar das sanftmütigste menschliche Wesen, hatte aber auch seine Empfindlichkeiten, die durch seines Bruders Verhalten schwer getroffen worden waren; das Besitztum Waverley war nicht an die lehnrechtliche Erbfolge gebunden, denn keinem seiner früheren Besitzer war je der Gedanke gekommen, dass einer seines Geschlechts sich solcher Vergehen schuldig machen könnte, wie sie Dyer’s Wochenpost Richard zur Last legte, und selbst wenn Waverley ein unveräußerliches Erblehen gewesen wäre, dann hätte die Vermählung seines Inhabers verhängnisvoll für den Nebenerben werden können. Derartige Gedanken gingen Sir Everard durch den Sinn, ohne jedoch zu einem festen Entschluss zu reifen.

Er betrachtete den Stammbaum seines Geschlechts, der, mit vielen Auszeichnungen für treue Gesinnung und heldenhafte Taten verziert, im Saal an der glänzend polierten Eichentäfelung hing. Wie aus dieser Ehrentafel ersichtlich und Sir Everard ohnedies wohl bewusst, gehörten zur unmittelbaren Nachkommenschaft von Sir Hildebrand Waverley außer der Familie seines ältesten Sohns Wilfred, die nur durch Sir Everard und seinen Bruder vertreten wurde, noch die Waverleys zu Highly Park in der Grafschaft Hampshire, mit denen aber der Hauptast, oder richtiger: der Stamm des Geschlechts jede Verbindung abgebrochen hatte seit dem schweren Rechtsstreit von 1670.

Die Entarteten hatten sich noch eines weiteren Vergehens gegen den Stammvater ihres Geschlechts schuldig gemacht, indem sie ihren ältesten Sohn mit ihrer nahen Verwandten Judith vermählten, der Erbin von Oliver Bradshawe zu Highly Park, dessen Wappen, das ja das Abzeichen des Königsmörders Bradshawe war, sie mit dem altehrwürdigen Schild der Familie Waverley vereinten. Diese Missetaten waren Sir Everard allerdings in seiner Zornesaufwallung aus dem Gedächtnis entfallen, und wäre Rechtsanwalt Clippurse, der durch seinen Diener eiligst herbeigerufen worden war, eine Stunde früher eingetroffen, so wäre ihm vielleicht die Auszeichnung zuteilgeworden, eine neue Erbverfügung über Besitztum und Schloss Waverley mit all seinem Zubehör zu entwerfen. Aber eine Stunde ruhiger Überlegung macht viel aus, wenn der Mensch sie dazu nutzt, die Nachteile zweier Maßnahmen, von denen ihm keine recht zusagt, gegeneinander abzuwägen. Rechtsanwalt Clippurse fand seinen Auftraggeber in tiefes Nachsinnen versunken, das er vor lauter Ehrfurcht nicht weiter zu stören wagte, außer dass er sein Papier und sein Lederetui mit dem Schreibzeug auspackte, um bereit zu sein, die Anordnungen des Gnädigen Herrn aufzuzeichnen. Selbst diese kleinen Handgriffe verwirrten Sir Everard, der sie als einen Tadel seiner Unschlüssigkeit empfand. Er schaute den Rechtsanwalt an, als wollte er seine Befehle erteilen, aber im selben Augenblick brach die Sonne hinter einer Wolke hervor und ihr Licht schimmerte bunt durch die bemalten Fenster des düsteren Raums, wo die beiden saßen. Des Baronets Blick folgte...

Erscheint lt. Verlag 28.6.2021
Übersetzer Gisela Reichel
Sprache deutsch
Original-Titel Waverley
Themenwelt Literatur Klassiker / Moderne Klassiker
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Adel • eBooks • England • Englischer Thron • Haus Stuart • Highlands • Historienroman • Historische Romane • Historischer Roman • Klassiker • Loyalität • Offizier • schottische Clans • Schottische Geschichte • Schottland
ISBN-10 3-641-28771-5 / 3641287715
ISBN-13 978-3-641-28771-9 / 9783641287719
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