Dorian Hunter 73 - Horror-Serie (eBook)

Die Schlangengöttin

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Aufl. 2021
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-1099-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Dorian Hunter 73 - Horror-Serie - Earl Warren
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Ich, Michele da Mosto, war der Unglücklichste aller Sterblichen. Durch meine Schuld hatte sich meine Geliebte den Mächten des Bösen und der Finsternis ausgeliefert und war zu einer Dämonin geworden.
Ich sah übers Meer, hing trüben Gedanken nach - und erschrak, als jemand mir auf die Schulter schlug. Marino war es, mein Bruder, der Kapitän der Galeasse.
»Michele, alter Trübsalbläser, komm mit an den Bug! Vor uns liegt eine Insel. Wir werden sie anlaufen, um unsere Trinkwasservorräte zu ergänzen und ein paar Stücke Wild zu schießen.«
Ich folgte ihm. Weder Marino noch ich ahnten, welches Grauen uns auf der Insel erwartete ...

Dorian weiß jetzt, warum Hekate ihn so hasst. Er selbst hat sie damals als Michele da Mosto verraten und im Stich gelassen - und er erinnert sich auch daran, wie Hekate ihren Racheschwur bei ihrer nächsten Begegnung mit Michele erfüllt hat ...


1. Kapitel


Da stand ich nun, Michele da Mosto, Sohn einer angesehenen und reichen Familie aus Venedig, und dachte an meinen Kummer und meine Verzweiflung.

Ich erschrak, als jemand mir auf die Schulter schlug. Marino war es, mein Bruder, der Kapitän der Galeasse.

»Michele, alter Trübsalbläser, komm mit an den Bug! Vor uns liegt eine Insel. Wir werden sie anlaufen, um unsere Trinkwasservorräte zu ergänzen und ein paar Stücke Wild zu schießen. Diese verdammte Flaute lässt uns einfach nicht vorankommen! Wir könnten längst in Kandia sein.«

Kandia, das war jene Insel, die auch Kreta genannt wurde. Seit dem vierten Kreuzzug stand sie unter venezianischer Herrschaft. Ich folgte Marino. Sein Gesicht war gebräunt; sogar die Narbe, die von seinem linken Auge bis zum Kinn reichte, passte zu ihm. Sie ließ ihn noch kühner und männlicher erscheinen. Während ich hinter ihm herlief, hasste ich meinen Bruder fast. Auch er hatte erfahren, dass es Schrecken gab, die noch schlimmer waren als der Tod; aber ihn vermochte das nicht zu erschüttern. Er schlief nachts ruhig und fest, so glaubte ich zumindest.

Unsere Galeasse war vierzig Meter lang und besaß drei Masten. Die Segel waren jetzt gerefft, denn es wehte kein Lüftchen. Es gab zwei Ruderdecks; je drei Rudersklaven bedienten eines der schweren Ruder. Die Luken der Ruderdecks waren geöffnet. Stickige Luft und Schweißdunst strömten daraus hervor. An der Luv- und Leeseite der Galeasse standen je fünfzehn Geschütze.

Marino blieb am Bug stehen, die Hand auf eine Kanone gestützt. Ich trat neben ihn und sah nun auch fern am Horizont die Insel. Sie war ein dunkler Streifen.

»Was für eine Insel ist das?«, fragte ich Marino.

Er hob die Schultern. »Irgendein namenloses Eiland. Auf der Karte ist es nicht eingezeichnet.« Marino winkte einen Maat herbei. »Die Rudersklaven sollen wissen, dass sie bald eine Verschnaufpause bekommen. Wir werden über Nacht vor der Insel ankern.«

Der braungebrannte Maat mit dem goldenen Ring im linken Ohr nickte und entfernte sich.

Marino und ich sahen der Insel entgegen. Das Eiland vor uns rückte näher. Schon konnte man die Umrisse erkennen, den Berg im Innern mit der üppigen, grünen Vegetation. Marino lief auf die Brücke zurück, um die Kommandos zu geben. Ich blieb am Bug stehen, mein Herz begann immer stärker zu pochen. Ich hatte plötzlich Angst und den Wunsch, dass wir diese Insel nicht anlaufen sollten. Sie erschien mir gefährlich. Aber ich schüttelte diese Ängste schnell ab und sagte mir, dass meine Nerven bei den überstandenen Aufregungen gelitten hatten; übermäßig gut war meine physische und psychische Konstitution ohnehin nie gewesen.

Die Gentile Bellini glitt in eine geschützte Bucht. Ich konnte den Geruch der Insel riechen. Es war ein ganz eigenartiger Duft nach Dschungel und Moschus. Marino gab Kommandos, und Matrosen ließen ein Beiboot aufs Wasser hinab. Ich drehte mich um und schaute zu meinem Bruder hinüber. Wie ein Scherenschnitt hob sich Marino mit seinem schwarzen Hemd, den dunklen Locken und dem breiten Kopf gegen den hellen Himmel ab. Ein paar Tierstimmen und Vogelrufe hallten von der Insel herüber.

Die Ruder waren jetzt eingezogen. Ich hörte das Aufseufzen der Galeassen-Sklaven, die sich über die Ruhepause freuten und sich auf den Ruderbänken bequem hinsetzten, soweit ihre Ketten es zuließen. Sechs Matrosen kletterten über die Jakobsleiter ins Beiboot hinab. Sie trugen Arkebusen und Armbrüste für die Jagd. Jeder hatte einen Säbel oder ein Entermesser an der Seite. Wasserfässer wurden mit Stricken hinabgelassen.

»Was ist, Michele?«, rief Marino mir zu. »Du machst Augen, als hättest du eine Meerjungfrau gesehen!«

Die rauen Matrosen lachten. Sie mochten Marino, der ihnen immer ein guter Kapitän gewesen war. Er war ein echter da Mosto, ein kühner Abenteurer und Seefahrer. Ich hätte meinen rechten Arm hergegeben, um so sein zu können wie er. Aber ich war nur Michele, der hustende, blasse Schwächling, das schwarze Schaf der Familie. Ich hatte einmal gehört, wie mein Vater Lorenzo bei einem Gelage im Scherz gesagt hatte, meine Mutter müsste fremdgegangen sein; einen Sohn wie mich habe er nicht zeugen können. Doch jetzt war nicht die Zeit, daran zu denken.

Ich stieg noch vor Marino in das Beiboot hinab. Mein Bruder sprang nach, und die Matrosen legten ab. Der Baske war unter den Matrosen. Er blinzelte mir zu. Er war einer der wenigen an Bord, die mich gut leiden mochten. Der Baske war ein Hüne, älter schon, mit angegrautem Haar und einem groben, wie aus Holz geschnitzten Gesicht. Er hieß Pablo, und unter seiner rauen Schale war er eine Seele von einem Menschen.

»Bringt uns einen saftigen Rehbraten mit, Kapitän!«, riefen uns ein paar auf dem Schiff zurückbleibende Matrosen nach.

Marino stieß die geballte Rechte in die Luft, zum Zeichen, dass er verstanden hatte. Bald knirschte der Kiel unseres Bootes über den Sandstrand. Marino sprang als Erster ans Ufer, die Arkebuse in der Hand.

»Los, Leute!«, rief er. »Wer zuerst einen Bach findet und das erste Stück Wild erlegt, bekommt eine Extraration Schnaps.«

Das ließen die Matrosen sich nicht zweimal sagen. Im Nu war das Boot auf den Strand gezogen, alles ausgeladen, und wir marschierten in den kühlen Schatten des Waldes. Pinien und Oleandersträucher wuchsen hier, auch Laubbäume. Das Unterholz war dicht verfilzt, und es gab Blüten in verwirrender Pracht und Fülle. Sie strömten Düfte aus, die den Sinn umnebelten. Der Baske blieb stehen.

»Das gefällt mir nicht«, sagte er. »Hier ist es zu schön und paradiesisch. Wenn sich nun hinter dieser Schönheit etwas verbirgt?«

»Was sollte sich hier wohl verbergen?«, fragte Marino. »Die Sirenen des Odysseus? Oder spanische Schergen, die den Preis kassieren wollen, der in deinem Heimatland auf deinen Kopf steht?«

Die anderen Matrosen lachten. Pablo brummte nur. Er hatte einen feinen Instinkt. Auch ich fühlte mich unbehaglich, aber ich versuchte, dieses Gefühl zu unterdrücken. Ich gab mich munter und ausgelassen wie mein Bruder und die fünf Matrosen. Sie waren froh, einmal festen Boden unter den Füßen zu haben, stießen Jauchzer aus und machten sich immer wieder auf besonders schöne oder intensiv duftende Blüten aufmerksam.

»Wir werden diese Insel die Blumeninsel nennen«, sagte Marino. »Das ist wirklich ein Paradies.«

»Kein Paradies ohne Schlange«, sagte Pablo. Er lauschte ständig angespannt, und er war es auch, der das Murmeln des Baches als Erster hörte. Er machte uns darauf aufmerksam. Wir folgten weiter dem Wildpfad, der durchs dichte Unterholz führte, durch Büsche und Rankengewächse. Schließlich gerieten wir auf eine Lichtung am Ufer eines Baches, der tief und klar war.

»Hier werde ich ein Bad nehmen!«, rief Marino.

Pablo hob eine Hand. »Horcht!«

Wir lauschten und vernahmen ein Rascheln im Unterholz und ein Zischen, das von allen Seiten zu kommen schien. Eng zusammengeschart warteten wir ab.

»So etwas habe ich noch nie gehört«, sagte Marino. »Was kann das nur sein?«

Die Matrosen hatten die Wasserfässer am Bachufer abgestellt.

»Das hört sich fast an wie ein ganzes Heer von Schlangen«, meinte einer der Matrosen, ein Schwarzbart mit pockennarbigem Gesicht.

Da quollen sie auch schon aus dem Unterholz hervor. Schuppige Leiber ringelten sich züngelnd aus dem Dickicht und umringten uns. Das mit prächtigen Blüten übersäte Unterholz spie plötzlich Hunderte, ja Tausende von Schlangen aus.

Wohin man sah, erblickte man Schlangen, große und kleine, alle möglichen Arten und Gattungen. Sie umringten uns, richteten sich züngelnd auf, griffen uns aber nicht an.

Marino hatte seit jeher eine Abscheu vor Schlangen gehabt. Er riss einem Matrosen die Arkebuse aus der Hand und entzündete die Lunte. Der Schuss krachte, Pulverdampf stieg auf, und das schwere Geschoss fuhr in die Schlangenschar. Im nächsten Moment hatte Marino den Degen gezogen.

»Tötet die Schlangenbrut!«, schrie er. »Los, bringt sie um!« Er war in diesem Augenblick nicht Herr seiner Sinne. Für ihn war es ein Albtraum, auf der idyllischen Lichtung von Schlangen umringt zu sein. Er schlug mit der blanken Klinge um sich und hatte im Nu eine Bresche in die schuppige Phalanx geschlagen.

Die Matrosen erwachten aus ihrer Erstarrung. Sie hieben mit Säbeln und Entermessern drein, zerstampften Schlangenleiber mit den Arkebusenkolben und unter den Sandalen. Auch ich schlug mit dem Degen zu.

Mein Bruder Marino war für mich eine Art Halbgott. Was er tat, musste richtig sein.

Marino und ich trugen als Einzige hohe Stiefel. Ich hörte einen Matrosen schreien, der von einer nur drei Finger langen Schlange in die Wade gebissen worden war. Schaum vor dem Mund, stürzte er zu Boden und wand sich in Krämpfen.

Ich köpfte eine Schlange, die so dick wie ein kräftiger Männerarm und fünf Meter lang war. Der kopflose Körper zuckte konvulsivisch und peitschte mit dem Schwanz. Überall zuckten und wanden sich geköpfte oder...

Erscheint lt. Verlag 15.6.2021
Reihe/Serie Dorian Hunter - Horror-Serie
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond
ISBN-10 3-7517-1099-X / 375171099X
ISBN-13 978-3-7517-1099-2 / 9783751710992
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