Beutezüge - Ein Hochsteirer Krimi -  Martin Luh

Beutezüge - Ein Hochsteirer Krimi (eBook)

(Autor)

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2021 | 1. Auflage
myMorawa von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99125-759-2 (ISBN)
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Das plötzliche Verschwinden eines zurückgezogen lebenden Einsiedlers weckt Moniques Jagdinstinkt. Bei ihren Nachforschungen stolpert die temperamentvolle junge Frau durch Zufall über eine Legende, die viele Fragen aufwirft - ist alles nur Märchen oder doch historisches Ereignis? Entschlossen begibt sie sich auf die Suche nach Antworten und findet sich in einem gefährlichen Wettkampf gegen unbekannte Widersacher...

Martin Luh, Jahrgang 1970, lebt in der schönen Hochsteiermark, umgeben von Bergen, Wald und netten Menschen. Natur, Wildtiere, Fotografie und Kochen sind seine Leidenschaft.

Kapitel 2


Tragöß-Sankt Katharein, Frühjahr 2021


Es schüttete wie aus Kübeln. Nebel lag über dem Tal und man konnte nicht allzu weit sehen. Es war so ein Tag, an dem man am liebsten im Bett blieb, doch Monique hatte viel zu tun. An einen Aufstieg zur Alm war bei dem Wetter ohnehin nicht zu denken, und selbst wenn es sonnig gewesen wäre, hätte sie zuerst die Dinge erledigen müssen, auf die ihre Kunden warteten. Nach dem Frühstück zog sie sich in ihr Büro zurück, während Bernhard einheizen ging und nach den Schafen und Hühnern sah. Er war in den vergangenen Tagen immer nervöser geworden, denn die Firma ließ sich mit der Einladung zu einem weiteren Jobinterview Zeit. Jedes Mal, wenn Monique mit ihm verschiedene Dinge des täglichen Lebens diskutieren wollte, hörte er kaum zu, und wenn das Thema auf den alten Jogl zu sprechen kam, reagierte er meistens gereizt und wollte sich nicht weiter damit beschäftigen. Monique fand das zwar seltsam, konnte aber verstehen, dass er aufgrund des erhofften beruflichen Aufstiegs etwas angespannt war.

Sie entwarf Logos, gestaltete Broschüren sowie Werbematerial und war generell ganz ordentlich mit Arbeit eingedeckt. Somit war es auch besser, dass das Wetter trüb und regnerisch war, denn wenn die Sonne schien, hielt sie sich nur ungern im Haus auf.

Der nächste Tag verlief ähnlich und Monique konnte guten Fortschritt bei ihrem Hauptprojekt erzielen. Das Kochbuch musste dafür warten – eine Tatsache, die ihren Mann wenig störte, denn so konnte er statt der Wildgerichte endlich auch andere Dinge auf den Speiseplan setzen.

Der darauffolgende Tag begann von der Früh weg mit strahlendem Sonnenschein. Die Wolken waren über Nacht abgezogen und der Nebel hatte sich morgens zeitig aufgelöst. Nach dem gemeinsamen Frühstück erklärte Monique Bernhard, dass sie eine Runde durchs Revier drehen wolle und wahrscheinlich erst nachmittags zurückkehren würde.

„Im Kühlschrank ist noch etwas Wildpastete und sonst noch allerlei Zeugs, verhungern wirst du also nicht. Ich schnappe mir im Dorf eine Wurstsemmel. Am Abend können wir dann noch etwas Warmes essen.“

Sie zog ihr Jagdgewand und feste Bergschuhe an, nahm ihren Hut und setzte sich in den alten Geländewagen. Bernhard schien verwundert, warum sie zwar das Fernglas mitgenommen, aber das Gewehr zu Hause gelassen hatte.

Monique fuhr nicht ins Revier, sondern steuerte den Wagen ins Dorf und dann weiter auf die Landesstraße, die entlang der Laming hinein ins Tal führte. Sie passierte zahlreiche kleine Ortschaften, bevor sie in Tragöß in Richtung des Grünen Sees abbog. Die traumhafte Kulisse mit den schroffen Bergen, dem türkisen See und den Wäldern faszinierte sie jedes Mal aufs Neue. Kein Wunder, dass jedes Jahr Tausende Menschen aus aller Welt diesen Ort aufsuchten, der einst zum schönsten im Land gekürt worden war. Monique kam selbst gerne hierher, um die Szenerie zu genießen, nachzudenken und den magischen Ort auf sich wirken zu lassen. Sie tat dies bewusst außerhalb der Zeiten, an denen die Touristen die Seeufer bevölkerten, also nicht an Wochenenden, in den Schulferien oder generell unter Tags. Sie bevorzugte die Stille in den frühen Morgenstunden, bevor die ersten Spaziergänger eintrafen, oder am Abend, nachdem die Ausflügler wieder abgereist waren. Am liebsten setzte sie sich auf eine ganz bestimmte Bank am Kreuzteich, der unweit des Grünen Sees lag und etwas weniger frequentiert war. Die kleine Wasserfläche gefiel ihr fast noch besser. Von dem etwas abgeschirmten Platz aus konnte sie den feinen Dunst beobachten, der in der Dämmerung oft auf dem Wasser lag. Manchmal schnappte eine Forelle nach einem Insekt oder ein paar Enten paddelten vorbei – sonst herrschte absolute Stille. Wenn es rundum so friedlich war, konnte Monique am besten ihren Gedanken nachgehen und kreative Ideen entwickeln.

Diesmal blieb sie jedoch nicht stehen, sondern fuhr am Parkplatz vorbei, auf dem schon zahlreiche Touristen ihre Fahrzeuge abgestellt hatten. Nach einem Waldstück erreichte sie den Gasthof am Grünen See, auf dessen Terrasse bereits die ersten Gäste saßen. Auch hier stoppte Monique nicht, sondern setzte die Fahrt in das Seitental fort, in dem sich der Ausgangspunkt für den Aufstieg zur Mädl-Alm befand. So viele Menschen rund um den See unterwegs waren, so wenigen begegnete sie nun. Die Straße führte sie immer tiefer in das Tal, bis sie schließlich an einem kleinen Parkplatz endete. Von hier aus konnte man nur zu Fuß über eine Forststraße zu den Almen hinaufsteigen – es sei denn, man ignorierte das Fahrverbotsschild und hoffte, auf dem Weg keinem Jagdaufseher oder Förster zu begegnen. Monique sah sich um. Es war weit und breit kein Auto abgestellt, und sie konnte sich einige Stunden ersparen.

„Ich riskiere es“, entschied sie kurzerhand und steuerte den Geländewagen auf die Forststraße, „schlimmstenfalls bekomme ich einen Rüffel. Mit einem Lächeln und ein paar Augenaufschlägen habe ich noch immer alles in den Griff bekommen. Zumindest bei Männern.“

Die Schotterstraße war zu Beginn in recht gutem Zustand und schlängelte sich über zahlreiche Serpentinen durch den Wald. Im weiteren Verlauf wurden die Schlaglöcher und ausgewaschenen Stellen immer zahlreicher, sodass sie die Geschwindigkeit reduzieren und den Allradantrieb zuschalten musste. Immer weiter ging es bergauf, bis die Bäume lichter und schließlich von zwergwüchsigen Bergkiefern abgelöst wurden. Das Gelände war felsig und man konnte erkennen, dass die Humusschicht äußerst dünn war. Das karstige Gebiet mit den anspruchslosen und widerstandsfähigen Pflanzen war die Heimat von Gams, Steinbock und Rotwild, die hier ein weitläufiges Rückzugsgebiet vorfanden.

Monique erreichte die Baumgrenze. Von nun an führte der Weg bei geringer Steigung vorbei an riesigen Felsblöcken, über Almwiesen und durch weitläufige Latschenfelder. Nach einer Felswand, um die die Straße in einer langgezogenen Kurve die letzten Meter bergauf verlief, eröffnete sich ein atemberaubendes Panorama. Vor den zerklüfteten Gipfeln der steirischen Kalkalpen lag eine grüne Almwiese, übersät von einigen größeren Gesteinsbrocken unterhalb der unbewachsenen Berghänge. Weiter davor, etwa dreihundert Meter von der Kurve entfernt, die Monique soeben passiert hatte, stand die Hütte der Mädl-Alm mit dem Nebengebäude. Die Bauweise war typisch für die Gegend: Stein und Holz, welche vor ewigen Zeiten von den Erbauern in mühsamer Handarbeit zusammengetragen und zu soliden kleinen Häusern zusammengefügt worden waren. Es war kein Wunder, dass der alte Jogl diesen Ort so liebte.

Monique näherte sich den Gebäuden langsam und stellte den Geländewagen davor ab. Der Motor war während des Aufstiegs recht warm geworden und das Kühlgebläse lief noch einige Sekunden nach. Sie schloss die Fahrertür und sah sich etwas um. Alles wirkte so wie immer, nur dass kein Rauch aus dem Kamin aufstieg. Unter dem Dach des Nebengebäudes stand das alte, verbeulte Fahrzeug von Jogl, daneben war Brennholz in mehreren Reihen bis unter die Sparren gestapelt. Ein Holzschlitten lehnte an der Wand. Auf der Vorderseite befand sich eine Holztür, durch die man in den einzigen Raum des kleinen Hauses gelangen konnte. Monique warf einen vorsichtigen Blick ins Innere. Das Licht, das durch die zwei winzigen Fenster drang, reichte kaum aus, um die Einrichtung genau erkennen zu können. Nachdem sich ihre Augen allerdings etwas an die Dunkelheit gewöhnt hatten, war es ihr möglich den gesetzten Ofen, die Kessel, die Käseharfe und die Käseformen auszumachen. In einem Regal an der hinteren Wand lagen einige runde Laibe, die zwischenzeitlich leider unförmig und von Schimmel bedeckt waren. Käse musste täglich gebürstet und gewendet werden, doch nachdem Jogl schon seit einiger Zeit verschollen war, hatte niemand diese Prozedur durchgeführt. Etwas Holz für den Ofen lag aufgehäuft in einer Ecke, und in einem weiteren Regal befanden sich einige Flaschen, Milchkannen sowie ein Sack mit Salz und ein Stapel Leinentücher. Der kleine Tisch und der Stuhl aus Holz waren sonst die einzigen Möbelstücke im Raum. Monique konnte nichts Ungewöhnliches entdecken und schloss die Tür.

Ihr nächster Weg führte sie um die beiden Gebäude herum. Sie fand den Brunnentrog, aus dessen Zulauf klares, kaltes Wasser plätscherte, darüber hinaus eine Kaminselch, die auf der Rückseite des Nebengebäudes nachträglich hinzugemauert worden war, und in der Jogl, immer wenn er die Milch für den Käse mit dem Holzofen erwärmte, Speck räuchern konnte. Ein paar beinahe schwarze Stücke hingen an Schnüren auf den Haken im Inneren der kleinen Kammer und verströmten einen betörenden Duft. Offenbar hatte sie noch niemand entdeckt und so konnten sie langsam in der kühlen Bergluft reifen.

Auf ihrem Rundgang um das Haus fand Monique nichts, das einen Hinweis auf das Verschwinden des alten Mannes geben konnte. Sie öffnete die Tür zur Almhütte, welche zwar ein Schloss besaß, allerdings stets unversperrt war, und trat ein. Was ihr sogleich auffiel, war das Paar Bergschuhe, das auf einer Matte gleich neben dem Eingang stand, ebenso der Stock aus Haselholz mit der Lederschlaufe am Griff. Sie wusste, dass Jogl, wann immer er aus dem Haus gegangen war, um etwa nach seinen Kühen zu sehen, stets die schweren Schuhe angezogen und den Stock in die Hand genommen hatte. Im Haus hatte er immerzu Pantoffel aus Lammfell getragen – Monique konnte sich gut daran erinnern.

Vom Eingangsbereich führte ein schmaler Korridor zur Rückseite der Hütte, wo man durch eine kleine Tür ebenfalls ins Freie gelangen konnte – das war auch der kürzeste Weg zum Brunnentrog, der sich direkt hinter dem Gebäude befand. Neben dem Gang...

Erscheint lt. Verlag 8.4.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-99125-759-9 / 3991257599
ISBN-13 978-3-99125-759-2 / 9783991257592
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