Das dunkle Herz von Palma (eBook)
336 Seiten
Tropen (Verlag)
978-3-608-12098-1 (ISBN)
Mons Kallentoft, geboren 1968 in Linköping, ist Autor der weltweit erfolgreichen schwedischen Krimiserie um Malin Fors und Zack Herry, seine Bücher wurden in sechsundzwanzig Sprachen übersetzt. »Verschollen in Palma« wurde in Schweden innerhalb kürzester Zeit zum Bestseller. Mons Kallentoft lebt mit seiner Familie in Palma, Mallorca.
Mons Kallentoft, geboren 1968 in Linköping, ist Autor der weltweit erfolgreichen schwedischen Krimiserie um Malin Fors und Zack Herry, seine Bücher wurden in sechsundzwanzig Sprachen übersetzt. »Verschollen in Palma« wurde in Schweden innerhalb kürzester Zeit zum Bestseller. Mons Kallentoft lebt mit seiner Familie in Palma, Mallorca.
Im Arbeitszimmer war sie immer gern zum Bücherregal gekrabbelt, dort fing sie mit der untersten Reihe an, zog ein Buch nach dem anderen heraus, bis sie in einem Haufen hinter ihr lagen. Anschließend stand sie auf, suchte ihr Gleichgewicht und machte sich an der zweiten Reihe zu schaffen, gurrend, jubelnd, sich der Tatsache sehr bewusst, dass sie etwas Verbotenes tat. An das dritte Regal kam sie nicht heran, und da wurde sie wütend, uh, uh, uh, stieß sie aus, während sie sich nach den gebundenen Büchern streckte, so ersehnt, aber außer Reichweite ihrer kurzen Arme und kleinen Hände.
Schweigend standen sie zusammen auf der Türschwelle, betrachteten sie, wie sie alles ausräumte, es genoss, diese Unordnung schaffen zu können, und sie merkte gar nicht, dass ihre Eltern dort standen, und Tim hielt Rebeckas Hand – seine Finger sind warm im Verhältnis zu meinen, und ich will zu dir gehen, Emme, in entschlossenem, aber amüsiertem Ton sagen, dass du das nicht machen darfst, das weißt du, Bücher sollen im Bücherregal stehen, nicht auf dem Boden liegen, das weißt du, Emme. Aber ich möchte die Hand deines Papas halten, dir zuschauen, ihn spüren und für die kurzen Minuten, die du uns vergisst und glaubst, du wärst ganz allein auf der Welt, ihn anschauen und gemeinsam mit ihm lächeln, und er lehnt sich gegen den Türpfosten, spürt die Härte des weiß gestrichenen Rahmens an der Schulter, und er schnuppert an Rebeckas Haar, Kamille, und als sie sich bewegt, raschelt die Seide ihres Kleids, dieses merkwürdige Geräusch lässt ihn an eine heisere Amsel denken, und das Kind in dem rosa-hellblau gestreiften Pullover knurrt wütend, weil die Bücher unerreichbar bleiben.
Ich liebe euch, denkt Rebecka. Wenn das hier ein Traum ist, möchte ich, dass er nie zu Ende geht.
Aber das geht nicht, denkt sie, es ist unmöglich, dass es so bleibt.
Dann bekommt Emme doch ein Buch zu fassen. Zerrt es heraus und kippt nach hinten um, und Maia klopft ungeduldig mit den Händen auf die Platte des Küchentischs, windet sich in dem Kinderstuhl, und Rebecka blickt auf die Mikrowelle und zählt die Sekunden, bis der Brei aus Dorsch und Erbsen in dem Glas fertig ist, warm genug, aber nicht kochend heiß.
Gleich ist es fertig, mein Liebling, gleich fertig, und jetzt ist Maia sauer, verzieht das Gesicht, kann jeden Moment anfangen zu schreien, doch da meldet sich die Mikrowelle, springt auf null, jetzt heißt es keine Zeit mehr verlieren, und Maia sperrt den Mund weit auf, isst, beruhigt sich, und Rebecka sitzt neben ihr, pustet auf den Löffel, auf den Brei, der nach Fischladen riecht, soll ich dich in den Kindergarten bringen und dich nach der Arbeit wieder abholen, wenn ich wieder Vollzeit arbeite? Sollen wir dann jahrein, jahraus tun, als wäre alles normal, als wären wir wie die anderen, als gäbe es deinen Papa und deine Schwester nicht, was soll ich dir sagen, wenn du anfängst zu fragen, wer das da auf den Fotos in dem Zimmer mit den Büchern ist?
Du wirst dich irgendwann wundern. Wirst mich und deinen Vater dafür verurteilen, dass wir sie haben fahren lassen und dann nicht wieder haben finden können.
Mehr, mehr.
Hast du das gesagt?
Sie streichelt Maia die Wange, ihre Haut ist warm und unwirklich weich.
Du musst es tun, Rebecka, die gefährliche Variante ist manchmal die einzige Variante. Menschen sterben auf dem OP-Tisch, das passiert, ist mir auch schon passiert, sie sterben nicht, weil sie es wollen, sondern weil sie an einen Punkt gelangt sind, an dem es kein Zurück mehr gibt und sie keine andere Wahl mehr haben, als alles zu riskieren.
Oh, Mr Tim, wait too long as always, can not wait so long coming.«
Er liegt auf dem Bauch auf Mai Wahs Behandlungsliege, spürt, wie sie die vierzig Nadeln im Nacken und Rücken dreht, eine nach der anderen, und wie der Schmerz zunimmt und gleichzeitig langsam wieder weicht.
Er weiß, dass er ihr nie wird danken können. Sie hat sein Leben gerettet, als sie dafür sorgte, dass Rebecka nach Mallorca kam, als er angeschossen worden war, und auch wenn ihm selbst sein Leben nicht besonders viel bedeutet, so ist er trotz allem noch nicht fertig damit. Er hat auf diesem Planeten noch so einiges zu erledigen.
»Feel good?«
Die Nadeln sind eine Folter und er macht den Fehler, den Nacken zu drehen, um ihrem zwinkernden dunklen Blick zu begegnen, der Wärme in ihm. Worauf es zusticht, fest, brennend, und sie grinst, als er langsam den Kopf wieder senkt und die Stirn auf dem Schutzpapier ablegt.
»How is Miss Maia?«
Er will nicht antworten.
»Es geht ihr gut«, sagt er dann doch, und der Duft von Räucherwerk dringt ihm in die Nase, süßlich und aufdringlich, und eine Spinne kriecht in einer Zimmerecke herum. Sie bleibt bei Mai Wahs neuen, orangefarbenen Crocs stehen, die sie ihm stolz zeigte, als er zu ihr kam.
»My trailer«, sagt Mai Wah jetzt. »Good place for making babies.«
Sie hat sich ausrechnen können, dass Maia in ihrem Wohnwagen gezeugt wurde, als Rebecka gekommen war und Tim operiert hatte.
»How is madam?«
»Ich glaube, sie ist meiner überdrüssig.«
»Why? You should be family now. She here?«
»No, in Stockholm.«
Mai Wah dreht eine Nadel, die oberhalb der Nieren platziert ist, besonders heftig.
»You drink too much, Mr Tim.«
»Maybe.«
Mai Wah verstummt, führt die Behandlung weiter fort und dann, als die Nadeln wieder weg sind, befestigt sie auf seinem ganzen Rücken Elektroden, und schon bald spürt er einen sanften Strom durch die Muskeln ziehen und wie die unfreiwilligen leichten Krämpfe ihn dazu bringen, sich zu entspannen.
»Stockholm nice place«, sagt sie. »Good place to grow up. Maybe you do right thing, let girl grow up there, you look here.«
Er schweigt.
»I think you do right thing, Mr Tim.«
»You are too kind, Mai Wah.«
»Not kind, me bad person, but Stockholm good, good place for girl.«
Und es scheint, als wollte sie ihm etwas sagen, eine Geschichte erzählen, doch dann schaltet sie den Strom ab, entfernt die Elektroden.
»Ready, you can upsit.«
Er setzt sich auf, sieht die Plakate mit den Akupunkturschemata an den frisch gestrichenen rosa Wänden, kann unter dem Räucherwerk den Geruch von Wandfarbe erahnen.
»Better?«
»Sehr.«
»But you not good, Mr Tim. I feel this. Something new broken inside.«
Darauf erwidert er nichts.
»Not too late for you. You will be good father.«
Er zieht sich das Hemd an, holt die Brieftasche heraus, zieht einen Fünfzigeuroschein heraus, den er ihr entgegenstreckt. Sie nimmt den Schein, packt ihn in eine Schublade in einem wackligen Metallcontainer neben der Behandlungsliege.
»And big girl? News?«
Gener.
Die Bulgaren.
Ein Auto, das an einem Unfallort vorbeibraust.
Mädchen, die zusammen in Urlaub fahren durften.
Ein verfluchtes Medium.
Diese ganze Insel ist ein Jammertal, würde er am liebsten sagen.
Sie kneift die Augen zusammen.
»Be careful, Mr Tim. I feel no good. This ist not good.«
Dann macht sie eine Pause, bevor sie hinzufügt:
»Need help, contact me. Always.«
Nicht ein Zeichen von Tim seit gestern.
Sollte sie unruhig sein, sich Sorgen machen?
Er hat eine neue Spur gefunden. Rebecka kennt das aus seiner Zeit bei der Polizei, dass er geradezu die Witterung von etwas aufnehmen und dann nicht mehr loslassen konnte. Und es war das Gleiche gewesen, als er als Versicherungsermittler bei If gearbeitet hatte. Auch wenn es ihn nicht interessierte, ob das übertrieben reiche Unternehmen hereingelegt worden war, so ließ er trotzdem nicht locker, wenn er einen Betrug vermutete. Wie bei dem Fall einer Frau, die, wie sich herausstellte, den Mord an ihrem Mann in Auftrag gegeben hatte, um die Lebensversicherung zu kassieren.
Maia spielt im Wohnzimmer. Sie haut mit einem Auto aufs Parkett, brummt dazu, die Bücher im Arbeitszimmer hat sie noch nicht entdeckt, ist wohl auch schon zu alt, um Emmes Lieblingsbeschäftigung auch zu mögen, alles in Ordnung, lass sie nur machen, aber Rebecka will trotzdem hingehen, nach ihr sehen, ob auch nichts passiert ist.
Sie hat an die Frau denken müssen, die sie im Park getroffen hat. Ivana, deren Vater sie operiert haben soll. Daran kann sie sich nicht mehr erinnern, wo sie sich doch sonst immer an alles erinnert. Sie hat sich auf die Homepage des Krankenhauses eingeloggt, ist alle ihre Operationen durchgegangen, hat aber nichts gefunden.
Ivana ist Bulgarin, sollte ich Tim von ihr erzählen?
Nein, was...
Erscheint lt. Verlag | 15.5.2021 |
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Übersetzer | Christel Hildebrandt |
Verlagsort | Stuttgart |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Band 2 • Bestseller • Detektiv • Emme • Entführung • Kidnapping • Krimi • Kriminalität • Mafia • Magaluf • Mallorca • Organisiertes Verbrechen • packend • Palma • Party • Schweden • Serie • Sonne • Spanien • spannend • Strand • Strandlektüre • Taken • Thriller • Tim Blanck • Tocher • Urlaub • Vater • Verfolgungsjagd • verschollen |
ISBN-10 | 3-608-12098-X / 360812098X |
ISBN-13 | 978-3-608-12098-1 / 9783608120981 |
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