Spartacus (eBook)

Roman

(Autor)

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2021 | 1. Auflage
384 Seiten
Unionsverlag
978-3-293-30393-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Spartacus -  Howard Fast
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Rom, im Jahr 73 vor unserer Zeitrechnung. Besonderer Beliebtheit beim Publikum erfreuen sich die Gladiatorenspiele auf Leben und Tod. Auch der Sklave Spartacus ist von den Bergwerken der nubischen Wüste in die Gladiatorenschule von Capua verschleppt worden. Als er und seine Mitgefangenen rebellieren, wird aus der lokalen Revolte ein Flächenbrand: Spartacus führt den größten Sklavenaufstand der Geschichte an und erschüttert das Römische Reich in seinen Grundfesten. Howard Fast erzählt Spartacus' Leben in einem eindringlichen historischen Roman, der zugleich ein Panorama der römischen Gesellschaft entwirft. 1960 wurde Spartacus, von Stanley Kubrick in Starbesetzung verfilmt und mit vier Oscars ausgezeichnet, zum Welterfolg: »Spartacus ist der bewegendste, intelligenteste und beste Sandalenfilm aller Zeiten.« (FAZ)

Howard Melvin Fast, geboren 1914 als Sohn ukrainischer Einwanderer in New York, veröffentlichte mit neunzehn Jahren seinen ersten Roman, der sogleich zum Bestseller avancierte. Von 1943 bis 1957 war er Mitglied der Kommunistischen Partei der USA und saß 1950 deswegen drei Monate im Gefängnis, wo er sein berühmtestes Buch Spartacus schrieb. Neben zahlreichen historischen Romanen hat Fast auch Science-Fiction- sowie (unter dem Pseudonym E. V. Cunningham) Kriminalromane verfasst. Er starb 2003.

Howard Melvin Fast, geboren 1914 als Sohn ukrainischer Einwanderer in New York, veröffentlichte mit neunzehn Jahren seinen ersten Roman, der sogleich zum Bestseller avancierte. Von 1943 bis 1957 war er Mitglied der Kommunistischen Partei der USA und saß 1950 deswegen drei Monate im Gefängnis, wo er sein berühmtestes Buch Spartacus schrieb. Neben zahlreichen historischen Romanen hat Fast auch Science-Fiction- sowie (unter dem Pseudonym E. V. Cunningham) Kriminalromane verfasst. Er starb 2003.

II


Im März war die Straße freigegeben worden. Zwei Monate später, Mitte Mai, machten sich Gaius Crassus, seine Schwester Helena und deren Freundin Claudia Marius auf, um eine Woche bei Verwandten in Capua zu verbringen. Sie verließen Rom an einem hellen, klaren und kühlen Morgen, einem idealen Reisetag. Alle drei waren jung, helläugig und voller Vorfreude auf die Reise und die Abenteuer, die sie zweifellos erwarteten. Gaius Crassus, ein junger Mann von fünfundzwanzig Jahren, dessen dunkles Haar in vollen, weichen Locken herabfiel und dessen ebenmäßige Züge ihm den Ruf von Schönheit und vornehmer Herkunft eingebracht hatten, ritt einen herrlichen Araberschimmel, das vorjährige Geburtstagsgeschenk seines Vaters. Die beiden jungen Damen reisten in offenen Sänften. Jede Sänfte wurde von vier Sklaven getragen, die ohne Ruhepause zehn Meilen in leichtem Trab zurücklegen konnten. Fünf Tage hatten sie für die Reise angesetzt, wobei sie in den Landhäusern von Freunden oder Verwandten übernachten wollten, um so in bequemen, angenehmen Etappen nach Capua zu gelangen. Sie wussten im Vorhinein, dass es an der Straße Strafmale gab, hielten diese jedoch nicht für störend. Freilich waren die jungen Frauen bei den Schilderungen, die sie gehört hatten, ziemlich aufgeregt. Gaius fühlte sich von derartigen Dingen stets angenehm und gewissermaßen sinnlich berührt. Außerdem war er stolz auf seinen Magen und auf die Tatsache, dass ein solcher Anblick ihm kaum etwas anhaben konnte.

»Schließlich ist es besser, ein Kreuz anzublicken, als daran zu hängen«, erklärte er den beiden jungen Frauen.

»Wir werden geradeaus blicken«, erwiderte Helena.

Sie war hübscher als Claudia. Diese war eine farblose Blondine mit blasser Haut, blassen Augen und einem müden Aussehen, das sie noch betonte. Ihr Körper war üppig und reizvoll, doch Gaius fand sie ziemlich dumm und fragte sich, was seine Schwester wohl in ihr sah. Er war entschlossen, auf der Reise eine Antwort auf diese Frage zu finden. Bereits mehrfach hatte er sich vorgenommen, die Freundin seiner Schwester zu verführen, dieser Vorsatz war jedoch stets an ihrer trägen Gleichgültigkeit gescheitert, einer Gleichgültigkeit, die nicht ihm direkt galt, sondern allgemein zu sein schien. Sie langweilte sich, und Gaius war davon überzeugt, dass nur diese Langeweile sie davor bewahrte, selbst höchst langweilig zu sein. Seine Schwester war anders. Sie erregte ihn auf verwirrende Weise. Sie war so groß wie er und ihm sehr ähnlich, nur hübscher. Männer, die sich nicht von ihrer Willensstärke abstoßen ließen, fanden sie schön. Seine Schwester erregte ihn, und er war sich durchaus bewusst, dass er sich eine Befreiung von diesem Zustand erhoffte, als er die Reise nach Capua plante. Seine Schwester und Claudia bildeten ein ungleiches, aber trotzdem angenehmes Paar, und Gaius freute sich auf das, was ihm diese Reise verhieß.

Wenige Meilen außerhalb Roms tauchten die ersten Strafmale auf. Die Straße führte hier durch eine steinige, sandige Einöde von einigen Morgen Ausmaß. Der mit der Errichtung Beauftragte hatte ein gutes Auge für Wirkung bewiesen, als er gerade diese Stelle für das erste Kreuz wählte. Das Kruzifix war aus frischem, harzigem Pinienholz gehauen. Der Boden dahinter fiel ab, und so stand es starr, kahl und kantig vor dem morgendlichen Himmel – übergroß, denn es war das erste –, sodass man den nackten Körper des Mannes, der daran hing, kaum sah. Es war leicht vornübergeneigt, wie es bei einem überlasteten Kreuz häufig der Fall ist, und dadurch wurde der bizarre, beinahe menschliche Eindruck noch verstärkt. Gaius zügelte sein Pferd, das nunmehr auf das Kreuz zuschritt. Helena wies die Sänftensklaven mit einem leichten Peitschenhieb an, ihm zu folgen. 

»Dürfen wir ausruhen, Herrin?«, flüsterte der Schrittmacher von Helenas Sänfte, als sie vor dem Kreuz anhielten. Er war Spanier und sprach ein gebrochenes, zögerliches Latein.

»Natürlich«, erwiderte Helena. Sie war erst dreiundzwanzig, jedoch willensstark wie alle Frauen ihrer Familie und verabscheute sinnlose Grausamkeit gegen Tiere, seien es Sklaven oder Vieh. Die Träger ließen die Sänften behutsam zu Boden gleiten und kauerten sich dankbar daneben.

Wenige Schritte vor dem Kreuz saß auf einem Strohschemel, der von einer Zeltplane überdacht war, ein fetter, freundlicher Mann. Er war ebenso würdevoll wie arm. Seine Würde zeigte sich in jeder seiner zahlreichen Kinnfalten und seinem gewaltigen Bauch; seine Armut, nicht frei von Faulheit, wurde deutlich sichtbar an seinen zerlumpten, schmutzigen Kleidern, den schwarzen Fingernägeln und den Bartstoppeln. Seine Freundlichkeit war die lässig getragene Maske des Berufspolitikers. Man konnte auf den ersten Blick erkennen, dass er jahrelang die Luft des Forums und des Senats, aber ebenso der Gefängnisse geatmet hatte. Hier saß er nun, auf der letzten Stufe, bevor er zum Bettler wurde, der auf einer Matte in einem römischen Mietshaus sein Dasein fristete. Noch erscholl seine Stimme mit der durchdringenden Lautstärke eines Marktschreiers. Dies seien die Wechselfälle des Krieges, erklärte er den Reisenden. Einige wählten mit untrüglicher Sicherheit die richtige Partei. Er habe stets die falsche gewählt, und man brauche nicht eigens zu erwähnen, dass zwischen beiden kein wesentlicher Unterschied bestehe. Das habe ihn hierhergebracht, doch gehe es besseren Menschen weniger gut.

»Verzeiht mir, edler Herr und edle Damen, wenn ich nicht aufstehe, aber das Herz – das Herz.« Er legte die Hand irgendwo auf seinen mächtigen Bauch. »Wie ich sehe, seid ihr frühzeitig unterwegs, und das sollte man auch, denn es ist die rechte Zeit zum Reisen. Capua?«

»Capua«, bestätigte Gaius.

»Capua also – eine schöne Stadt, eine herrliche Stadt, eine glückliche Stadt – eine wahre Perle von einer Stadt. Ihr wollt ohne Zweifel Verwandte besuchen?« – »Ohne Zweifel«, erwiderte Gaius. Die jungen Frauen lächelten. Er war ein liebenswerter großer Narr. Seine Würde schwand dahin. Lieber ein Narr für diese jungen Leute sein. Gaius erkannte, dass es irgendwie um Geld ging, kümmerte sich aber nicht darum. Zum einen hatte es ihm nie an Geld für seine Bedürfnisse und Launen gefehlt, und dann wollte er die beiden jungen Damen durch seine Weltgewandtheit beeindrucken. Wer wäre dafür besser geeignet als dieser abgebrühte fette Narr?

»Ihr seht in mir einen Führer, einen Geschichtenerzähler, einen Hausierer in Recht und Strafe. Doch tut ein Richter mehr? Die Stellung ist zwar eine andere, aber man nimmt besser einen Denar und die damit verbundene Scham in Kauf, als zu betteln …«

Die jungen Frauen konnten die Augen nicht von dem Toten abwenden, der am Kreuz hing. Er war jetzt unmittelbar über ihnen, und sie blickten unverwandt auf den nackten, sonnenverbrannten, von Vögeln zerhackten Leichnam. Krähen stießen herab, seine Haut wimmelte von Fliegen. Indem der hängende Leichnam sich leicht vom Kreuz wegneigte, erweckte er den Eindruck, als sei er ständig im Fallen, ständig in Bewegung – in den grotesken Bewegungen eines Toten. Sein Kopf hing vornüber, und das lange sandfarbene Haar verbarg das Grauen, das in seinem Gesicht stehen mochte.

Gaius gab dem fetten Mann eine Münze. Der Dank war nicht überschwänglich. Die Träger hockten schweigend da. Sie hielten die Augen starr auf den Boden gerichtet und warfen keinen Blick auf das Kreuz. Sie waren wohl abgerichtet.

»Dieser hier ist sozusagen symbolisch«, erklärte der Dicke. »Betrachte es nicht als menschlich oder grausam, Herrin. Rom gibt und Rom nimmt, und mehr oder minder entspricht die Strafe dem Verbrechen. Dieser eine hier hängt allein und lenkt eure Aufmerksamkeit auf die Folgenden. Wisst ihr, wie viele es sind von hier bis Capua?«

Sie wussten es, aber sie warteten, bis er es ihnen sagte. Dieser fette, leutselige Mann, der sie mit dem Unaussprechlichen konfrontierte, war genau. Er war der Beweis dafür, dass es gar nicht unaussprechlich, sondern gewöhnlich und natürlich war. Er würde ihnen eine exakte Zahl nennen, die nicht stimmen mochte, dafür aber genau war. »Sechstausendvierhundertzweiundsiebzig«, sagte er. Einige der Sänftenträger gerieten in Bewegung. Sie ruhten sich nicht aus, sondern saßen starr da. Wenn sie jemand beachtet hätte, wäre es ihm aufgefallen. Aber niemand beachtete sie.

»Sechstausendvierhundertzweiundsiebzig«, wiederholte der Dicke. Gaius machte die passende Bemerkung: »So viel Holz!« Helena wusste, dass es Schwindel war, aber der fette Mann nickte zustimmend. Jetzt hatten sie angebissen. Der Dicke zog einen Rohrstock aus den Falten seines Gewandes und deutete auf das Kreuz. »Dieser hier – nur ein Symbol. Gewissermaßen das Symbol eines Symbols.«

Claudia kicherte nervös.

»Trotzdem interessant und bedeutsam. Mit Vernunft hier aufgestellt. Vernunft ist Rom, und Rom ist vernünftig.« Er hatte eine Vorliebe für knappe Weisheiten.

»Ist das Spartacus?«, fragte Claudia töricht, doch der Dicke hatte Geduld mit ihr. Die Art, wie er sich die Lippen leckte, verriet, dass sein väterliches Gebaren nicht frei von Hintergedanken war.

Dieser geile alte Bock, dachte Gaius.

»Spartacus? Wohl kaum, meine Liebe.«

»Sein Leichnam ist nie gefunden worden«, erklärte Gaius ungeduldig.

»In Stücke gerissen«, sagte...

Erscheint lt. Verlag 13.9.2021
Übersetzer Liselotte Julius
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte Cicero • Geschichte • Gladiatoren • Historik • Italien • Rom • Römische Gesellschaft • Römisches Reich • Sklavenaufstand • Sklavenhandel • Sklaverei • Stanley Kubrick • Widerstand
ISBN-10 3-293-30393-5 / 3293303935
ISBN-13 978-3-293-30393-5 / 9783293303935
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