John Sinclair Sonder-Edition 156 (eBook)

Töte, Bajazzo!

(Autor)

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2021 | 1. Aufl. 2021
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-1261-3 (ISBN)

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John Sinclair Sonder-Edition 156 - Jason Dark
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'Jetzt spielen, wo mich Wahnsinn umkrallet! Hüll Dich in Tand nur, und schminke Dein Antlitz ... lache, Bajazzo!' Berühmte Worte aus einer berühmten Oper. Aber es gab jemanden, der 'Pagliacci' ('Der Bajazzo'), das Meisterwerk von Ruggero Leoncavallo, geschändet hatte.
Nicht 'Lache, Bajazzo', sondern 'Töte, Bajazzo!' lautete jetzt die Aufforderung. Und ein mordlüsterner Clown, der aus dem Reich der Toten zurückgekehrt war, befolgte sie aufs Wort. Im Schutze seiner Maske mordete er nun seine Opfer - und ich, John Sinclair, jagte ihn. Anfangs. Dann aber war auch über mich das Urteil gesprochen, und es hieß: Töte, Bajazzo!


Töte, Bajazzo!

von Jason Dark

»Jetzt spielen, wo mich Wahnsinn umkrallet! Hüll Dich in Tand nur und schminke Dein Antlitz ... lache, Bajazzo!« Berühmte Worte aus einer berühmten Oper. Aber es gab jemanden, der »Pagliacci« (»Der Bajazzo«), das Meisterwerk von Ruggero Leoncavallo, geschändet hatte.

Nicht »Lache, Bajazzo«, sondern »Töte, Bajazzo!« lautete jetzt die Aufforderung. Und ein mordlüsterner Clown, der aus dem Reich der Toten zurückgekehrt war, befolgte sie aufs Wort. Im Schutze seiner Maske mordete er nun seine Opfer – und ich, John Sinclair, jagte ihn. Anfangs. Dann aber war auch über mich das Urteil gesprochen und es hieß: »Töte, Bajazzo!«

Finsternis lag wie Pech über der Bühne. Hinzu kam die Stille, die so aufdringlich wirkte, als sollte sie nie wieder von der Bühne verschwinden. Sie lag zwischen dem Jetzt und dem Schluss der letzten Vorstellung, die mit einem Bühnenmord beendet worden war.

Alle Mitwirkenden waren gegangen. Die Solisten, die Mitglieder des Chors, die Mitarbeiter des technischen Personals und natürlich auch die Zuschauer.

Stille – tief und bedrückend.

Schwärze – lichtlos, dicht wie Samt.

Normal – oder?

Zumindest bis der Fleck erschien!

Er war nicht groß, nur ein Ausschnitt in der Dunkelheit, einem faserigen Lappen gleich, der nicht auf einer Stelle blieb. Er wanderte, er schwebte, er tanzte, ohne dabei einen Laut abzugeben.

Die fahle Lichtinsel irrte durch die Finsternis. Ein gespenstischer Tanz über dem Bühnenboden. Und die Insel wurde heller und nahm Gestalt an, auch wenn sie nur ein Fleck blieb.

Ungefähr dort, wo sich die Mitte der Bühne befand, war er zur Ruhe gekommen. Dann wanderte er langsam, sehr langsam nach vorn, der Rampe entgegen. Je näher er kam, umso mehr veränderte er sich. Plötzlich zeigte er Konturen auch in seinem Innern.

Aus dem flachen geisterhaften Gegenstand kristallisierte sich ein Gesicht heraus. Dieses Gesicht nahm nicht die Farbe der normalen Haut an, es blieb bleich.

Dicht vor der Rampe blieb der Schatten stehen. Noch schaute das Gesicht starr geradeaus, dann aber bewegte es sich nach vorn, und zwar in einer Haltung, als wäre ein Künstler dabei, sich vor einem Publikum zu verbeugen.

Licht, Beifall, Menschen, die sich von ihren Sitzen erhoben hatten und stehend Applaus spendeten. Ein herrliches Gefühl für einen Künstler, der dieses Geräusch aufsaugte, wie einen zweiten Atem, und sich darüber freute. Er schwebte auf den Wogen des Beifalls, und seine Erschöpfung verwandelte sich in Euphorie.

Das Gesicht verzog sich jetzt zu einem breiten Lächeln.

Die Augenbrauen, die im scharfen Kontrast zu der Bleiche des Gesichts standen, bildeten plötzlich ein Wellenmuster. Der untere Teil des Gesichts wirkte im selben Augenblick dunkel.

Es war vorbei!

Urplötzlich gab es keinen Beifall mehr, keinen rauschenden Applaus, der Vorhang fiel, die Zuschauer gingen, und das Gesicht veränderte seinen Ausdruck.

Kein Gefühl des Glücks mehr, tiefe Trauer und Betroffenheit zeichneten die Züge.

Das Zucken der Haut, die Qual in den dunklen Augen, das unkontrollierte Zwinkern, als versuchte das Gesicht, die Tränen zurückzuhalten.

Es war nicht mehr zu schaffen.

An den unteren Augenrändern entstanden die ersten Tränen. Schwarze Perlen, die langsam an den Wangen entlangrannen und dabei graue Striche hinterließen.

Rechts und links der Mundwinkel liefen sie weiter, als wären sie dabei, dem bleichen Gesicht eine bestimmte Schminke aufzusetzen. Weinen und Trauer, der Schatten durchlebte alles, und er hatte seinen Mund weit geöffnet.

Kein Schrei verließ die Kehle. Nur die Haut um den Mund herum zuckte.

Es war vorbei. Aus.

Und das Gesicht verzerrte sich. Die Tränen waren verschwunden. Ein anderer Ausdruck hatte die Kontrolle übernommen. Bösartigkeit, Hass!

Als wäre beides von der Hölle selbst entflammt worden. Der Beifall war nur mehr Erinnerung, all die lachenden Gesichter verschwunden.

Eines aber blieb. Der Hass!

Zum ersten Mal hatte Mirella Dalera das weiße Gesicht in Rom gesehen. Damals, nach der Vorstellung, es war noch herrlich warm gewesen, und sie hatte mit Freunden nahe der Spanischen Treppe im Freien gesessen und den Erfolg des Gastspiels gefeiert, als das Gesicht plötzlich in ihrer Nähe erschienen war.

Einfach so, wie aus dem Nichts.

Es hatte sie angeschaut, ohne von den anderen wahrgenommen worden zu sein, auch wenn Mirella versucht hatte, ihre Freunde darauf aufmerksam zu machen. Aber die hatten sie nur erstaunt angeschaut und gelacht.

Das Gesicht war bald wieder verschwunden, wenn auch nicht in der Erinnerung der Sängerin. Immer wieder hatte sie daran denken müssen, besonders an diesem bewussten Abend, und sie hatte sich von den Freunden sehr früh verabschiedet, war in ihrem Hotelzimmer verschwunden, hatte sich dort auf das Bett gelegt und darüber nachgedacht, ob dieser Schatten nun Wirklichkeit gewesen oder nur ein Produkt ihrer Einbildung gewesen war.

Sie wusste es nicht. So sehr sie auch überlegt hatte, zu einem Ergebnis war sie nicht gekommen. Es gab einfach keine Erklärung, und sie hatte sich schließlich gefragt, ob sie vielleicht doch einfach nur überarbeitet war und ihr die Nerven einen Streich gespielt hatten.

Beides konnte Mirella Dalera nicht von der Hand weisen. Sie war eine gefeierte Sängerin, die es sich leisten konnte, keinem festen Ensemble anzugehören. Sie gastierte in der ganzen Welt. In Rom ebenso wie in München oder Paris. Auch an der Met war sie bereits aufgetreten, und das schon mit knapp dreißig.

Ihr Marktwert stieg.

Damit verbunden waren aber auch Stress und ein Leben, das praktisch ohne feste Beziehungen oder Bindungen ablief. Proben, Vorstellungen, Hotels, das war wie ein Rausch, der sie als breiter Strom umgab und wieder forttrug.

Schließlich hatte sie auch das Gesicht vergessen, denn neue Anforderungen nahmen sie voll und ganz in Anspruch.

Mailand hatte sie gerufen.

Die Scala!

Ein Traum vieler Sänger. Mirella Dalera hatte ihn schon einige Male erleben dürfen, und sie war jedes Mal von den Zuschauern gefeiert worden. Das war wichtig, denn die Oper in Mailand stellte die Weichen für die Zukunft. Fiel man dort durch, sank auch der Marktwert, man raste in die Tiefe. Sie kannte Kollegen, die sich anschließend nie mehr richtig gefangen hatten und nur mehr über Provinzbühnen tingelten. Das Gewerbe war eben gnadenlos, es verzieh schlechte Leistungen nicht. Mirella aber konnte durchatmen, sogar jubeln, denn man hatte sie zum zweiten Mal gerufen.

Wieder sollte sie eine große Rolle singen.

Es war die Nedda in der Oper ›Der Bajazzo‹. Eine tolle Partie, die nicht nur Anforderungen an sie als Sängerin stellte, sondern auch schauspielerisches Talent erforderte. Eine echte Herausforderung, auch wenn diese Oper zu den kürzeren Werken zählte, aber man musste alles geben.

Premiere im Herbst. Man hatte nur wenig Zeit für die Proben angesetzt. Gerade einmal zwei Wochen, doch wer hier auftrat, musste auch dieses Problem meistern.

Es waren die Besten der Besten. Bei diesen Sängern stimmte alles, zudem kannte man sich, wusste über Stärken und Schwächen der Partner genau Bescheid.

Drei Proben hatte Mirella Dalera bereits hinter sich, und am Abend war sie froh gewesen, als sie sich ins Hotel zurückziehen konnte. Das hatte in den ersten Tagen auch geklappt, später jedoch war die Presse erschienen. Die Reporter hatten sich Zeit gelassen und die ersten Proben abgewartet. Was dann kam, musste ebenfalls durchgestanden und durchlitten werden, denn PR gehörte nun mal zum Geschäft.

In der Hotelhalle hatte die Dalera ihre Interviews gegeben und natürlich nicht vergessen zu sagen, wie stolz und glücklich sie darüber sei, in Mailand zu sein.

Eine Lüge, die ihr leicht über die Lippen kam. Tatsächlich hasste sie diese Stadt in der Lombardei, denn Mailand bedeutete oft genug Nebel und feuchtes Regenwetter. Bedeutete Chaos und Verkehr, war beliebt bei Schaumachern, die sich für den Nabel zumindest Italiens hielten, auch wenn sie im Verkehr erstickten.

Mailand war nicht schön.

Sie hasste Mailand, aber das konnte sie nicht sagen, denn die Reporter hätten sie fertiggemacht, für die gab es keine wichtigere Stadt als Mailand.

Was südlich von Mailand begann, war Diaspora, nur der Norden zählte, die Mitte konnte man leicht vergessen – Rom eingeschlossen – und den Süden erst recht.

Dabei stammte Mirella Dalera aus dem Süden. Sie war ein Kind der Sonne und sogar südlich von Neapel geboren worden, in einem kleinen Dorf in Sichtweite des Meeres.

Eine wunderbare Kindheit hatte sie gehabt, behütet, geborgen. Ihr Vater war der Bürgermeister des Ortes gewesen. Not hatten die Daleras nie durchleiden müssen.

Und jetzt?

Es war vorbei mit der Familie, den Freunden, der Ruhe, der herrlichen Landschaft und dem Meer. Die Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge, die sie als Kind gar nicht bewusst wahrgenommen hatte, weil diese für sie natürlich gewesen waren, vermisste sie jetzt schon. Mirella stellte sich immer öfter vor,...

Erscheint lt. Verlag 25.5.2021
Reihe/Serie John Sinclair Sonder-Edition
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony Ballard • Tony-Ballard • Top • Walking Dead
ISBN-10 3-7517-1261-5 / 3751712615
ISBN-13 978-3-7517-1261-3 / 9783751712613
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