Kinderklinik Weißensee - Tage des Lichts (eBook)

Eine Kinderärztin erforscht die heilende Wirkung des Penicillins

(Autor)

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2022 | 1. Auflage
496 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2599-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Kinderklinik Weißensee  - Tage des Lichts -  Antonia Blum
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Licht und Schatten in der Weimarer Republik Berlin 1929: Marlene von Weilert genießt ihren Erfolg als Ärztin an der Kinderklinik Weißensee, privat aber leidet sie, weil ihre Ehe mit Maximilian bisher kinderlos geblieben ist. Marlene entscheidet sich schließlich, für die Familienplanung beruflich kürzer zu treten. Doch dann wird das Antibiotikum Penicillin entdeckt, und Marlene brennt darauf, das Wundermittel zu erforschen. Es könnte Tausenden Kindern das Leben retten. Marlene ist hin und hergerissen zwischen beruflicher Pflicht und persönlichem Glück. Ihre Schwester Emma, inzwischen Oberschwester der Kinderklinik, hat Sorgen ganz anderer Art: Ihr Sohn Theodor verbringt immer mehr Zeit mit Freunden, die sich politisch radikalisieren. Theodor droht ihr zu entgleiten, doch Emma ist fest entschlossen, um ihren Sohn und gegen die neuen politischen Kräfte zu kämpfen. Der dritte Band der beliebten Saga rund um die Kinderärztin Marlene!  Band 1: Kinderklinik Weißensee - Zeit der Wunder Band 2: Kinderklinik Weißensee - Jahre der Hoffnung Band 3: Kinderklinik Weißensee - Tage des Lichts Band 4: Kinderklinik Weißensee - Geteilte Träume (erscheint im Februar 2024)

Antonia Blum lebte längere Zeit in Berlin, ohne den Weißen See dort je gesehen zu haben. Erst Jahre später, nachdem sie die Hauptstadt längst verlassen hatte, entdeckte sie durch einen Zufall die Ruine der einstigen Kinderklinik in Weißensee und kommt seitdem von dem Ort und seiner bewegten Geschichte nicht mehr los. Heute fährt Antonia nicht nur zum Spazierengehen immer wieder an den Weißen See, der dem Berliner Stadtteil seinen Namen gab. Sie ist überzeugt, dass dort ein Tor in die Vergangenheit existiert.

Antonia Blum lebte längere Zeit in Berlin, ohne den Weißen See dort je gesehen zu haben. Erst Jahre später, nachdem sie die Hauptstadt längst verlassen hatte, entdeckte sie durch einen Zufall die Ruine der einstigen Kinderklinik in Weißensee und kommt seitdem von dem Ort und seiner bewegten Geschichte nicht mehr los. Heute fährt Antonia nicht nur zum Spazierengehen immer wieder an den Weißen See, der dem Berliner Stadtteil seinen Namen gab. Sie ist überzeugt, dass dort ein Tor in die Vergangenheit existiert.

Prolog


Lübars, Ende September 1919


Es war einer dieser letzten Sommertage mit besonders weichem Licht, das Marlenes Gesicht streichelte und angenehm wärmte. Sie war mit Emma soeben aus der kleinen windschiefen Kate getreten. Ihr stiegen der Rauch aus den Meilern der Ziegelei und die Frische der feuchten Fließtalwiesen in die Nase. Sie sog diesen Geruch ihrer Kindheit tief ein. Mit seiner hübschen, den Ort umgebenden Landschaft lud Lübars zu langen Spaziergängen ein. Trotzdem hatte sie nur Emma zuliebe dem Treffen mit Joseph Christian Gottwald zugestimmt – jenem Mann, der als einziger ungeladener Gast auf ihrer Hochzeit erschienen war und obendrein noch behauptet hatte, ihr leiblicher Vater zu sein.

Marlenes Hochzeitsreise mit Maximilian lag erst drei Wochen zurück. In ihrer Erinnerung konnte sie das algendurchwachsene, salzige Ostseewasser noch riechen und, wenn es ganz leise war, die Wellen an den Strand spülen hören. Lieber würde sie jetzt in Ahlbeck auf der Seebrücke flanieren, als hier in Lübars einen fremden Mann zu treffen, der sie schrecklich verunsicherte. Emma, die die ganze Sache unbefangener sah, hatte vorgeschlagen, mit dem angeblichen Vater einen Spaziergang zum gegenseitigen Kennenlernen zu unternehmen. Am besten an einem Ort der gemeinsamen Vergangenheit. So kam es nun. Aber anders als ihre Schwester wollte Marlene nicht glauben, dass ihr Vater noch lebte und sich nach Jahrzehnten doch für sie interessierte. Sie würde dem Mann schon zeigen, dass er es nicht mit zwei leichtgläubigen Mädchen zu tun hatte, sondern mit gestandenen Persönlichkeiten, die man nicht so leicht veräppelte. Sie sah sich als selbstbewusste Frau, die nicht einmal vor dem arroganten Doktor Waldemar Buttermilch eingeknickt war, als der für kurze Zeit Ärztlicher Direktor an der Kinderklinik gewesen war.

Es war schon seltsam, dass Joseph Gottwald sich ausgerechnet jetzt in ihr Leben drängte, da sie in eine adlige, wohlhabende Familie eingeheiratet hatte. Er wäre nicht der erste Betrüger, der anderen des schnöden Mammons wegen etwas vorspielte.

Marlene hatte sich vorgenommen, das Wiedersehen rasch und auf sachliche Art hinter sich zu bringen, damit sie alle ihr Leben normal weiterführen konnten. Warum aber schlug ihr Herz dann nur so schnell?

Entschlossen zog sie die Tür der kleinen, windschiefen Kate hinter sich zu, trat neben Emma und schaute zum entfernten Nachbarhaus, vor dem ein paar Milchkühe rammdösig im Gras lagen und Fliegen mit ihren Schwänzen verscheuchten.

Emma beschattete ihre Augen mit der flachen Hand und behielt den Weg am Lehmgraben zur Dorfstraße genau im Blick. Von dort würde Joseph Gottwald wohl kommen.

Marlene wollte erst einmal nicht dorthin schauen. »Kannst du ihn sehen?«, fragte sie, die Milchkühe fixierend. Sie hatte keine einzige Erinnerung an ihren Vater. Er musste die Familie bald nach der Geburt ihrer Schwester verlassen haben, da war sie selbst anderthalb, maximal zwei Jahre alt gewesen. Alles, was sie über die Beziehung ihrer Eltern wusste oder sich zumindest zusammenreimte, war, dass sich beide nur heimlich hatten lieben dürfen.

Marlene atmete tief ein und aus, damit sich ihre Aufregung endlich legte. Seitdem Joseph Gottwald auf ihrer Hochzeit aufgetaucht war, füllte sich ihre Welt mit Fragen, und täglich kamen neue hinzu. Spielte er ihnen nur etwas vor? Warum hatte sie vor seinem Auftauchen nie selbst nach ihrem Vater gesucht? Und warum ließ sie sich nun überhaupt auf das Treffen ein? Wünschte sie sich etwa insgeheim, ihren Vater zu finden, da sie seit Kurzem verheiratet war und ihren zukünftigen Kindern einen Großvater präsentieren wollte? Einen, der den Kleinen Dinge erlaubte, die Maximilian und sie nie durchgehen lassen würden?

Marlene schaute auf ihre Armbanduhr. »Es ist schon fünf Minuten nach vier. Pünktlich ist er schon mal nicht.«

»Lene, wir hatten uns doch darauf geeinigt, dass wir Unmut und Misstrauen in Weißensee zurücklassen und unserem potenziellen Vater so höflich und unvoreingenommen wie möglich begegnen«, erinnerte Emma in eindringlichem Ton.

»Das sagt sich so einfach«, gab Marlene zurück. Sie bewunderte ihre Schwester für deren Gelassenheit. Emma schien kaum nervös zu sein. Sie hingegen zupfte ihre lockigen Haare zurecht und tat ein paar unruhige Schritte Richtung Dorf, ihrer Verabredung entgegen – wenn sie denn überhaupt noch käme. Im nächsten Moment war es ihr unangenehm, dass sie sich für einen fremden Mann, der vermutlich ein Lügner war, zurechtgemacht hatte. Sogleich verwuschelte sie ihre Frisur wieder und löste die silberne Spange, mit der sie sich die Haare etwas zu vornehm zurückgesteckt hatte. Tagelang hatte sie sich das heutige Treffen ausgemalt und Fragen vorformuliert, mit denen sie den Hochstapler zu überführen gedachte.

»Meine Mädchen«, erklang es hinter ihnen in zärtlichem Ton. »Es tut mir leid, dass ich mich etwas verspätet habe.«

Emma und Marlene fuhren gleichzeitig herum. Vor ihnen stand der Mann, der auf Marlenes Hochzeit aufgetaucht war. Wie damals war sein Haar ungepflegt und seine Kleidung abgetragen. Marlene beschaute ihn mit jenem ernsten Blick, mit dem sie sonst Kinderwunden inspizierte. Seine Gesichtszüge mussten einst klar und eben gewesen sein, heute wirkten sie vom Leben zerfurcht. Sie schätzte ihn auf Mitte fünfzig, und er roch, als hätte er die letzte Nacht in einem Kuhstall verbracht. Er musste aus Richtung Schildow gekommen sein und zu Fuß, was seltsam war. Wohnte er doch nicht mehr in Berlin, wie auf der Hochzeit behauptet? Zu Fuß brauchte man mindestens zweieinhalb Stunden nach Lübars.

Joseph Gottwald begrüßte zuerst Emma. »Du bist deiner Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten. Ich freue mich, dass du so eine fürsorgliche Krankenschwester geworden bist.«

Emma lächelte daraufhin. Mit ihren feinen symmetrischen Zügen, der glatten Haut und der Stupsnase war sie die Hübschere von ihnen beiden, davon war Marlene überzeugt. An Emmas Äußerem schien die Zeit so gut wie keine Spuren zu hinterlassen. Sie trug ihr dunkelblondes seidenglattes Haar nach wie vor mädchenhaft lang.

Marlene wusste, dass sie selbst nur die Wuschellocken von ihrer hübschen Mutter geerbt hatte, und fand, dass sie mindestens fünf Jahre älter aussah als Emma, oder doch eher zehn? Sie stockte. Woher wollte ihr angeblicher Vater eigentlich wissen, wie Emma als Krankenschwester war? Und behaupten, man würde der eigenen Mutter ähnlich sehen, das konnte jeder Fremde.

Joseph Gottwald trat vor Marlene. Er betrachtete ihr Gesicht aufmerksam, zuerst ihre Augen und die neue Brille, die sie sich von ihrem ersten Gehalt als Assistenzärztin gekauft hatte. Sein Blick war ihr unangenehm. Er ergriff ihre feuchte Hand, aber Marlene entzog sie ihm gleich wieder. Er war ein fremder Mann!

»Du bist mir ähnlicher«, sagte Joseph und lächelte, sodass sich Strahlenbündel aus Falten um seine Augen und Mundwinkel herum auffächerten.

Niemals bin ich dir ähnlich!, dachte Marlene. Sie war ganz und gar nicht wie er. Sie versuchte, sich an ihre schnellen und sachlichen Fragen zu erinnern, mit denen sie ihn überführen wollte, aber bekam jetzt, da der Mann in Fleisch und Blut vor ihr stand, nur heraus: »Beweisen Sie uns erst einmal, dass Sie überhaupt unser Vater sind!« Sie erkannte ihre nervöse Stimme selbst kaum wieder. Als Assistenzärztin an der Kinderklinik Weißensee gelang es ihr, auch bei schlimmen Diagnosen besonnen zu wirken und vor Kindern wie Eltern Hoffnung auszustrahlen. Warum dann jetzt nicht vor jemandem, der viel unwichtiger war als die kranken Kinder?

»Lene, bitte sei höflicher«, bat Emma.

Marlene verstand nicht, warum ihre Schwester ihr in den Rücken fiel. Dass Joseph Gottwald hochgewachsen war, mit langen Beinen wie sie und sein Haar unter dem ganzen Dreck womöglich dunkelblond, wie das von Emma und ihrem Sohn Theodor, konnte reiner Zufall sein. Die meisten Menschen hatten dunkelblonde Haare.

»Ist schon gut, Emma. Ich verstehe Marlene ja. Es ist eine äußerst ungewöhnliche Situation. Für uns alle.« Joseph griff in seine Hosentasche und präsentierte Marlene auf seiner flachen Hand einen Silberring mit einem rosa Edelstein, vermutlich aus Rosenquarz. »Das ist der Verlobungsring, den ich eurer Mutter einst schenkte.«

Marlene hielt weiter Abstand. Einen Ring konnte jeder kaufen. Emma hingegen nahm den Silberring fasziniert in die Hand. »Die Gravur im Inneren ist noch gut lesbar«, sagte sie.

Ohne dass Marlene es wollte, beugte sie sich nun ebenfalls über das Schmuckstück und las: »In Liebe verbunden, wo immer wir sind. E. & J.«

»Elisabeth und Joseph«, hauchte Emma und berührte den Silberring so ehrfürchtig, als würde er noch immer den Ringfinger ihrer Mutter umschließen.

Joseph nickte, während Emma den Ring an ihrer Brust barg.

»E und J kann für viele Namen stehen«, warf Marlene kühl, beinahe patzig, ein. »Das könnte der Ring von Emil und Jette sein.«

Joseph lächelte sie an, als hätte er mit Marlenes Reaktion gerechnet. Dann hielt er ihr eine Fotografie hin. Er schien gut auf das Wiedersehen vorbereitet zu...

Erscheint lt. Verlag 29.9.2022
Reihe/Serie Die Kinderärztin
Die Kinderärztin
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 30er Jahre • Ärztin • Berlin Roman • Dreißiger Jahre • Familiansaga • Historienroman • Historischer Roman • Inflation • Kinderärztin • Kinderheilkunde • Kinderkrankenschwester • Kinderkrankheiten • Krankenhaus • Krankenschwester • Neonatologie • Pädiatrie • Penicillin • Saga • Säugling • Weißensee • Weltwirtschaftskrise
ISBN-10 3-8437-2599-3 / 3843725993
ISBN-13 978-3-8437-2599-6 / 9783843725996
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