Die Tochter des Königsmörders (eBook)

Historischer Roman
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
512 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-00913-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Tochter des Königsmörders -  Miranda Malins
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Ein zerrissenes Land. Der Kampf um die Krone. Eine Familie im Zentrum der Macht ... Der bewegende Trilogie-Auftakt um Cromwells Töchter. Perfekt für die Leserinnen von Philippa Gregory, Hilary Mantel und Rebecca Gablé. England im Jahr 1657: König Charles I. ist tot. Für seine Tyrannenherrschaft endete er als Verräter auf dem Schafott. England erlebt den beispiellosen Aufstieg des Oliver Cromwell, Feldherr des Parlamentsheeres, am Tiefpunkt seines Lebens nicht mehr als ein Pächter auf einem Landgut. Nun bietet das Parlament ihm die Krone.  Mit der Welt ihres Vaters wächst auch Frances' Horizont: Plötzlich ist die Vermählung von Cromwells jüngster Tochter eine Staatsangelegenheit. Aber ihr Herz gehört bereits Robert Rich, Enkel des Earl of Warwick, dem ein zweifelhafter Ruf vorauseilt. Darf sie ihrer Liebe folgen, oder muss sie sie für höhere Ziele opfern? Kann ihr Vater Parlament, Armee und Royalisten dauerhaft einen?

Miranda Malins ist Autorin, Historikerin und Wirtschaftsjuristin. Sie schloss ihr Studium an der University of Cambridge mit einer Promotion ab und ist seitdem als Rednerin bei Konferenzen sowie als Journalistin und Rezensentin tätig. Ihr Spezialgebiet ist die Geschichte Oliver Cromwells, seiner Familie und die Politik der Interregnum-Zeit nach der Hinrichtung Karls I. Die Autorin lebt mit ihrem Mann, ihren zwei Kindern und der Katze Keats in Hampshire. «Die Tochter des Königsmörders» ist ihr Debüt.

Miranda Malins ist Autorin, Historikerin und Wirtschaftsjuristin. Sie schloss ihr Studium an der University of Cambridge mit einer Promotion ab und ist seitdem als Rednerin bei Konferenzen sowie als Journalistin und Rezensentin tätig. Ihr Spezialgebiet ist die Geschichte Oliver Cromwells, seiner Familie und die Politik der Interregnum-Zeit nach der Hinrichtung Karls I. Die Autorin lebt mit ihrem Mann, ihren zwei Kindern und der Katze Keats in Hampshire. «Die Tochter des Königsmörders» ist ihr Debüt. Anja Schünemann studierte Literaturwissenschaft und Anglistik in Wuppertal. Seit 2000 arbeitet sie als freiberufliche Übersetzerin der verschiedensten Genres und hat seitdem große Romanprojekte und Serien von namhaften Autorinnen und Autoren wie Philippa Gregory, David Gilman sowie Robert Fabbri aus dem Englischen ins Deutsche übertragen. Historische Romane sind eines ihrer Spezialgebiete: Von der Antike bis zum Mittelalter, in die frühe Neuzeit sowie bis ins 20. Jahrhundert verfügt sie über einen reichen Wissensschatz, der ihre Übersetzungen zu einem gelungenen Leseerlebnis macht.

Prolog


30. Januar 1661

Wir stehen zusammen, Schulter an Schulter, Rock an Rock, wie eine Kette aus Papierpüppchen, um die Hinrichtung unseres Vaters zu sehen.

Wir haben unsere Kapuzen tief ins Gesicht gezogen, auch wenn wohl nur die wenigsten in der Menge uns in diesem schlichten Aufzug erkennen würden: Wir zieren weder Münzen noch Medaillen, unser Konterfei wurde nie gedruckt, und kaum jemand von diesen Leuten dürfte unsere gemalten Porträts gesehen haben, als sie in den Palästen Whitehall und Hampton Court hingen.

Eine frostige Windbö greift in meinen Mantel und lässt die drei Schlingen an dem Galgen baumeln, als tanzten die Verurteilten bereits ihren letzten Tanz. Ich starre in schierem Grauen den Galgen an. Es ist ein entsetzliches Ding, riesig und von dreieckiger Form. Vater hat mir einmal erzählt, er sei groß genug für vierundzwanzig Seelen auf einmal.

«Warum muss es hier sein?», frage ich meine Schwestern, ohne sie anzuschauen. Irgendwie macht es das schlimmer, viel schlimmer, dass es in Tyburn geschieht, an der schmutzigen, unheimlichen Straßenkreuzung außerhalb Londons, wo sie gewöhnliche Verbrecher hängen: Wegelagerer, Diebe, Mörder. «Das Parlament hat entschieden, das Verbrechen sei Verrat, also müsste es im Tower geschehen.»

«Ich nehme an, zur Abschreckung», erwidert Mary. «Sie wollen zeigen, wie es Männern ergeht, die sich so hoch über ihren Stand erheben.»

Angst kriecht mir den Rücken hinauf wie eine Spinne, ich fühle, wie sie über meinen Arm auf den von Mary krabbelt. Sie zittert an meiner Seite.

«Wir hätten nicht herkommen sollen», sage ich.

Mary strafft sich. «Es war richtig, dass wir gekommen sind, Frances. Vater würde es wollen. Auch wir waren seine Soldaten.»

Ihre Worte beschwören Bilder aus alten Zeiten herauf, Bilder von den Ironsides in ihren rotbraunen Mänteln. Ich sehe sie durch die Luft marschieren, und wieder einmal überrascht es mich, welche Entschiedenheit Mary neuerdings an den Tag legt. Früher war immer ich die Tapfere.

«Wir sind auch um Henrys willen hier», sagt Bridget an meiner anderen Seite leise. Ihre Stimme bricht, als sie seinen Namen ausspricht.

In diesem Moment hören wir sie kommen. Langsamer Trommelschlag teilt die Menge, und ein scharrendes Geräusch hinter mir versetzt mich augenblicklich in meine frühe Kindheit zurück, da die Jungen den Pflug über die Felder im Moorland um Ely führten. Doch dies ist kein Pflug. Ohne mich umzuschauen, weiß ich, dass es eine Schleife ist, ein großes hölzernes Gestell, auf dem die Pferde die Gefangenen den ganzen Weg durch Holborn gezogen haben. Ein seltsamer Umweg von der Westminster Abbey, doch auch das ist symbolisch: als kämen die Männer nicht aus der geweihten Kapelle der Könige, sondern wie die meisten aus dem Gefängnis Newgate.

Die Menge drängt nach vorn und schiebt uns näher an das Schaugerüst heran. Ich lächle, als mir plötzlich ein Ausspruch von Vater in den Sinn kommt, von dem mein Schwager Charles mir erzählt hat. Es war an dem Tag, als Vater und General Lambert ihre große Armee nach Norden in Marsch setzten, um gegen die Schotten zu kämpfen. Lambert machte eine Bemerkung über die jubelnden Menschenmassen, die sich drängten, um ihnen zuzuwinken und viel Erfolg zu wünschen. Darauf versetzte Vater trocken, die Menge würde ebensolchen Lärm machen, wenn es gälte, ihn am Galgen zu sehen.

Wie recht er hatte.

Doch als ich unter meiner Kapuze hervor die Gesichter der Umstehenden betrachte, erkenne ich, dass Vater nur zum Teil recht hatte. Es stimmt, dass viele herbeigeströmt sind, um ihn am Galgen zu sehen, aber sie jubeln nicht und drängen sich nicht so eifrig wie damals, da sie ihn als Führer seiner Armee sahen. Sie lachen auch nicht, noch trinken sie und gebärden sich auch nicht so ausgelassen wie wohl sonst bei öffentlichen Hinrichtungen. Sie sind ernst, wachsam, beklommen.

Denn dies ist keine gewöhnliche Hinrichtung. Diese Menge ist hier versammelt, um etwas Groteskes mit anzusehen, einen Verstoß gegen die gesellschaftlichen Konventionen, einen Bruch des göttlichen Gesetzes, einen Akt schierer brutaler Rache durch ihren sogenannten «fröhlichen Monarchen». Hier sollen Männer den Verrätertod sterben, die der Arm des Gesetzes nicht mehr erreichen kann, die sogar dem Zugriff des Königs entzogen sind: ein zweiter Tod für Männer, die schon bei Gott sind.

Diese Gefangenen sind bereits tot.

Es sind keine Lebenden, die der Henker und seine Gehilfen nun von der Schleife losbinden und hochziehen, sodass sie unbeholfen aufrecht gehalten unter den Schlingen stehen, in ihre Leichentücher gehüllt. Es sind Tote, aus ihrem gesegneten Schlaf aufgestört, aus ihrer Ruhestätte unter der Erde gezerrt. Aus ihren christlichen Gräbern geraubt.

John Bradshaw, der Präsident des Gerichts, das dem Tyrannenkönig Charles, Vater des jungen Charles Stuart, den Prozess machte.

Henry Ireton, Bridgets Ehemann und der kämpferischste, klügste Mann in Vaters Armee.

Und Vater, Lord Protector des Commonwealth, Oliver Cromwell.

Bei Henrys Anblick stiehlt sich Bridgets Hand in meine, und ich denke, auch wenn sie damals lange zögerte, auf Henrys Werbung einzugehen, hat sie ihn später doch innig geliebt. Etwas an der Geste raubt mir die Fassung – wie klein sich ihre Hand in meiner anfühlt, wie die eines Kindes. Dabei war sie, meine tapfere, viel ältere Schwester doch immer so stark, so selbstsicher und Gott so nah.

«Vater!», platze ich heraus, dabei weiß ich es doch besser. «Vater …» Lauter jetzt. Köpfe drehen sich nach uns um.

Mary fasst meine Hände und senkt den Kopf. «Vater unser, der du bist im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme …»

Ich besinne mich und falle leise ein. Die Köpfe wenden sich wieder dem Galgen zu.

Kalte Tränen kullern mir über die Wangen, während ich zusehe, wie den mit Kapuzen verhüllten Leichen die Henkersschlingen umgelegt werden. Trompeten erschallen, und das Urteil über die Verräter wird der Menge verlesen. Doch der Wind verweht die Worte, sodass nur die Leute dicht vor den Stufen sie hören.

Natürlich können die Beschuldigten nicht auf Schemeln stehen, um ihr Schicksal zu erwarten, noch kann man sie ohne ihre Leichentücher hängen, sonst würden die Körper womöglich dort auf dem Schaugerüst auseinanderfallen. Also werden die verwesenden Körper eingewickelt an ihren Stricken hochgezogen. Ziellos baumeln sie in der Luft, nicht zuckend und strampelnd, sondern reglos, beinahe gelassen.

Sie sind nicht da, sage ich mir. Sie sind bei Gott. Niemand kann Vater mehr etwas anhaben.

Stundenlang stehen wir da, taub vor Kälte. Als die Wintersonne sich dem Horizont nähert, werden die Leichen abgeschnitten. Mit dumpfem Poltern fallen sie auf den Boden, zu Füßen des Henkers. Der zieht jetzt unter dem Stroh ein gewaltiges Beil hervor, und instinktiv drängt die Menge näher heran, um besser sehen zu können. Die Männer, noch immer in ihren grünlich schimmligen Leichentüchern, werden zurechtgelegt wie Tiere auf der Metzgerbank, und der Henker schreitet mit schiefgelegtem Kopf vor den Körpern auf und ab, als wollte er sehen, wie er den besten Braten herausschneiden könne. Zufrieden dehnt er noch einmal knackend den Hals, strafft die Schultern und macht sich ans Werk.

Die Köpfe werden zuerst abgeschlagen. Die Leichentücher dämpfen die Wucht des Beils, sodass es acht gewaltige Hiebe braucht, Vaters Kopf abzuhacken, und fast ebenso viele für Henrys; nach jedem Schlag schnappt die Menge hörbar nach Luft. Der Henker hält die Köpfe nacheinander hoch, wobei er sich nicht die Mühe macht, sie auf Armeslänge von sich zu halten, denn hier besteht keine Gefahr, sich die Kleidung mit frischem Blut zu besudeln. Seine Gehilfen kommen dazu, und als Nächstes geht es an Finger und Zehen. Die dem Schaugerüst am nächsten stehen, strecken begierig die Hände nach einem schaurigen Andenken aus. Wieder ergreift Bridget meine Hand, und wir verschränken die Finger fest ineinander, als könnten wir damit gegen das Zerstückeln vor unseren Augen an.

Als endlich die Metzger ihre Arbeit leid sind, wirft man die drei kopflosen Rümpfe kurzerhand in eine tiefe Grube neben dem Galgen. Sie fallen durch die Luft und landen mit einem hässlichen, dumpfen Laut einer auf dem anderen, wie Mehlsäcke, die von einem Heuboden geworfen werden. Die Köpfe verschwinden in einem Sack und werden später zweifellos auf Spieße gesteckt, wie es von alters her üblich ist. Ich beobachte voller Grauen, wie der Abstand zwischen Köpfen und Körpern immer größer wird. Mir wurde erzählt, der alte König sei wieder ganz gemacht worden, nachdem man ihm den Kopf abgeschlagen hatte: Man habe ihn sorgfältig wieder an den Körper angenäht, ehe er in die heilige Krypta der Kapelle von Windsor Castle gesenkt wurde. Für unsere Lieben wird es kein solch glückliches Ende geben, sie müssen auf ewig kopflos in einer unmarkierten Grube zwischen Dieben und Mördern liegen.

Ich kann nicht länger hinschauen. Stattdessen richte ich den Blick auf die Männer, Frauen und Kinder, die sich um mich drängen. Jedes Gesicht ist erstarrt, in einen Augenblick des Grauens gebannt wie eine zerschlagene Uhr. Ob auch nur einer unter ihnen nicht daran denkt, dass auf den Tag genau vor zwölf Jahren der Kopf des Verräterkönigs auf dem Schafott zu Whitehall in die Höhe gehalten wurde? Mary und ich erfuhren erst Monate später davon. Wir waren noch Kinder, und man versuchte, unser Unwissen durch eine Verschwörung des Schweigens zu bewahren. Flugschriften wurden versteckt, Briefe hastig in Taschen geschoben und Bedienstete zum Schweigen...

Erscheint lt. Verlag 1.12.2021
Reihe/Serie Cromwells Töchter
Übersetzer Anja Schünemann
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte 17. Jahrhundert • England • Frances Cromwell • Hilary Mantel • Hinrichtung • Interregnum • König • Königshaus • Lord Protector • Monarchie • Oliver Cromwell • Philippa Gregory • Rebecca Gablé • Rosenkriege • Thron • Tudors • Wolf Hall
ISBN-10 3-644-00913-9 / 3644009139
ISBN-13 978-3-644-00913-4 / 9783644009134
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