Gespenstischer Realismus

Texte von und zu Kathrin Röggla

Uta Degner, Christa Gürtler (Herausgeber)

Buch
272 Seiten
2021
Sonderzahl (Verlag)
978-3-85449-592-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Gespenstischer Realismus -
28,00 inkl. MwSt
Kathrin Röggla zählt zu den wichtigsten Stimmen der Gegenwartsliteratur. Sie bewegt sich in ihrer künstlerischen Erforschung der Gegenwart zwischen Prosa, Essay, Theater und Hörspiel. Mit Witz und Ironie reflektiert sie die globale Ökonomisierung unserer Lebensverhältnisse und unsere Sozialfiktionen: Ein gespenstischer Realismus"" gewinnt Kontur. Rögglas Texte geben zahlreiche Impulse für die Befragung der in Bewegung geratenen Relation von Literatur und Realität. Röggla interessiert, welche Möglichkeiten die Literatur im 'postfaktischen' Zeitalter hat, wenn sie nicht in die Fallen eines Realismus zwischen ""wirklichkeitshunger"" und ""gerüchteküche"" geraten will. Dokumentation, Recherche und künstlerisches Schreiben sind dabei nicht auseinander zu dividieren, sondern Teile eines dialogischen Prozesses literarischer Zeitgenossenschaft. Der Band ermöglicht vielfältige Einblicke in das Werk der österreichischen Schriftstellerin, die das Projekt 'Aufklärung' auf ebenso politische wie artifizielle Weise fortschreibt. Er enthält einen Ausschnitt aus Rögglas Roman über den NSU-Prozess, aktuelle Essays zu Feminismus und Corona und darüber, was Literatur in diesen Zeiten leisten kann. Die wissenschaftlichen Beiträge untersuchen ihre ästhetischen und sprachlichen Praktiken, beschäftigen sich mit ihrer Kritik am Rechtspopulismus ebenso wie mit ihren dystopischen Gesellschaftsentwürfen, analysieren die unheimlichen Nicht-Orte in ihrer Prosa und ihr poetisches Konzept der ""Gespensterbannung"".Die versammelten ""Texte von und zu Kathrin Röggla"" verweisen auf ihr leidenschaftliches Plädoyer für die ""Zukunft als literarische Ressource"". Die Autorin weiß: ""Literatur als Kunst des Unvorhersagbaren kann natürlich nicht für Stabilität sorgen. Sie macht das Nichtwissen sichtbar, das Nichtzeigen. [...] Nur solange Fragen offen bleiben, können wir noch miteinander reden.""

Kathrin Röggla: RevisionIm Gericht ist Sprache Handlung"". Kathrin Röggla im Gespräch mit Bettina HeringUlrike Vedder: Das ""juristische Paradigma"". Zu Kathrin Rögglas Auseinandersetzung mit Figuren des RechtsEwa Wojno-Owczarska: Zu Kathrin Rögglas Kritik am RechtspopulismusKathrin Röggla: UnbekanntverfahrenKarin Krauthausen: Die Dringlichkeit der Form. Zu Rögglas strukturalem RealismusWerner Michler: Kathrin Röggla und die GattungenKalina Kupczynska: Den Zeichen (miss)trauen - über Dialoge zwischen Bild und TextKathrin Röggla: Die große TransformationChrista Gürtler: Kathrin Rögglas poetisches Konzept der ""Gespensterbannung""Monika Szczepaniak: Rögglas unheimliche Nicht-OrteRosa Coppola: Vor dem Gespenst. Anmerkungen zur Sendermannfigur in Kathrin Rögglas Irres WetterKathrin Röggla: Für einen lausigen FeminismusArtur Pe?ka: Feministische Spuren im Werk Kathrin RögglasKathrin Röggla: Im Prognosefieber. Was Literatur in diesen Zeiten leisten kann - und mussKonstanze Fliedl: Medien-Tragödien. Zu Kathrin Rögglas die beteiligtenStella Lange: Dystopien medialer Gouvernementalität in Text und Performance von Kathrin Rögglas worst case und machthaberKathrin Röggla: In Zeiten hineinlaufen

Das Unheimliche steigern und vervielfältigen zu können, ist nach Freud eine Domäne der Dichtung, besonders wenn diese Strategie überraschend daherkommt. Kathrin Röggla verspricht schon im Titel ihres Prosabandes 'Unheimliche Geschichten', attestiert der Gegenwart eine gespenstische Kondition und dem Unheimlichen eine Affinität zu unserer Gegenwart und Zukunft: dass es nämlich in unser Verhältnis zur Zukunft 'hineinwandert', dass es sich 'dort angesiedelt hat und gar nicht mehr so sehr in unserem Verhältnis zur Vergangenheit'. Das 'Wissen, dass sich die rettenden Orte aufgelöst haben', sei heute hegemonial: 'Es gibt sie nicht mehr, die harmlosen Vorgärten, die gespensterlosen Einkaufszentren, die zombiefreie Zone der Innenstadt'. Die literarische Konzeptualisierung der unheimlichen Nicht-Orte läuft darauf hinaus, die Monstrosität dieser seelenlosen Topographien freizulegen, sie durch eine Art sekundärer Dämonisierung zur Kenntlichkeit zu entstellen (zu 'vergespenstern' (L. Andreas-Salomé), aber gleichzeitig - durch körperliche Präsenzen, Empfindungen, Affekte, Geschichten in ihnen etwas Ungewöhnliches bzw. Bedeutendes passieren zu lassen, vielleicht eine narratologische Auseinandersetzung mit dem eigenen Ich, vorausgesetzt, wir wissen, wer spricht. Denn der konjunktivistische Modus des Unbestimmten lässt immer wieder zweifeln, ob die kreierte Welt wirklich so unheimlich ist oder nur als solche wahrgenommen wird, möglicherweise als Projektion der Katastrophennarrative und des hegemonialen Wissens um jene 'Poltergeister', die durch die Städte grassieren und überall eindringen, sogar in die 'stillen Rückzugswinkel harmonischer Gemeinschaft'. Wir bewegen uns in Rögglas literarischer Welt jedenfalls in einem Universum von 'doppelter Diskursivität', von Überkomplexitäten, Schichtungen, Überlagerungen und atopischen Ununterscheidbarkeiten. Es sind Ambivalenzen und Labilitäten, Zwischenräume und Grenzverwischungen, Heimlichkeiten, Unheimlichkeiten und Ununheimlichkeiten. Die Sprache ist permanent dabei, sich neu zu organisieren, an dem Gesagten zu zweifeln, Möglichkeitsformeln zu generieren, ihre eigene Künstlichkeit herauszustellen.(Aus: Monika Szczepaniak: Rögglas unheimliche Nicht-Orte)

Erscheinungsdatum
Verlagsort Wien
Sprache deutsch
Maße 135 x 210 mm
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft Germanistik
Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft Literaturwissenschaft
Schlagworte Gegenwartsliteratur • Kathrin Röggla • Literaturwissenschaft • Literaturwissenschaft: Prosa, Erzählung, Roman, Autoren • Moderne und zeitgenössische Belletristik
ISBN-10 3-85449-592-7 / 3854495927
ISBN-13 978-3-85449-592-5 / 9783854495925
Zustand Neuware
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