Die Frauen vom Jungfernstieg - Irmas Geheimnis (eBook)

Roman
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2021 | 1. Auflage
432 Seiten
Aufbau Verlag
978-3-8412-2661-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Frauen vom Jungfernstieg - Irmas Geheimnis -  Lena Johannson
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Die Geschichte der berühmtesten Creme der Welt.

Hamburg, 1907. Oscar und Gerda sind glücklich, sie bereisen die Welt, sammeln Kunst und veranstalten große Salons in ihrer neuen Villa an der Alster. Ihr Unternehmen floriert, die Zahl der Mitarbeiter hat sich vervielfacht, und das Paar ist zuversichtlich, schon bald mit ihrer Nivea-Creme, einer Sensation in der Hautpflege, den Markt erobern zu können. Irma soll für das Unternehmen einen der ersten Werbefilme zeichnen - eine revolutionäre Idee. Doch dann wird Irma in einen Skandal verwickelt, der höhere Wellen schlägt, als sie je hätte annehmen können. Der Konzern gerät in eine Krise, die Irma und ihre Freundinnen mit sich zu reißen droht ...

Nach wahren Begebenheiten einfühlsam erzählt: das Schicksal dreier mutiger Frauen.



Lena Johannson, 1967 in Reinbek bei Hamburg geboren, war Buchhändlerin, bevor sie als Reisejournalistin ihre beiden Leidenschaften Schreiben und Reisen verbinden konnte. Sie lebt als freie Autorin an der Ostsee.
Im Aufbau Taschenbuch sind ihre Hamburg-Saga: »Die Villa an der Elbchaussee«, »Jahre an der Elbchaussee« und »Töchter der Elbchaussee«, die Jungfernstieg-Saga: »Die Frauen vom Jungfernstieg - Gerdas Entscheidung«, »Die Frauen vom Jungfernstieg - Antonias Hoffnung« und »Die Frauen vom Jungfernstieg - Irmas Geheimnis«, die ersten beiden Bände der Nord-Ostsee-Saga: »Zwischen den Meeren« und »Nach den Gezeiten« lieferbar, die Romane »Die Malerin des Nordlichts«, »Dünenmond«, »Rügensommer«, »Himmel über der Hallig«, »Der Sommer auf Usedom«, »Die Inselbahn«, »Liebesquartett auf Usedom«, »Strandzauber«, »Die Bernsteinhexe«, »Sommernächte und Lavendelküsse« und ihre Kriminalromane »Große Fische« und »Mord auf dem Dornbusch«.
Mehr zur Autorin unter www.lena-johannson.de

1

Irma


Juli 1907

Irma war ganz ausgefüllt von einem glücklichen Rosé. Wie die Spitzen der Gänseblümchen-Blüten, die dort drüben zwischen den grünen Grashalmen ihre Köpfchen kokett zur Sonne reckten. Ein schlichter zarter Farbhauch, der gleichzeitig perfekt mit dem dominierenden Weiß harmonierte. Gerda hatte völlig recht, die düsteren und grellen Töne, die so typisch für Mynona waren, schienen ihr gerade abhandengekommen zu sein.

»Es stimmt schon, Gerda«, antwortete sie ihrer Freundin, die sie erwartungsvoll ansah, »Mynona hat seit Oles Geburt eine Pause von den Leinwänden eingelegt. Wenn ich’s recht bedenke, sogar schon länger. Auch während der Schwangerschaft war sie auffallend zurückhaltend.«

Gerda nickte und sah ziemlich zufrieden aus. »Gut so. Mynona und Kinder.« Jetzt schüttelte sie den Kopf. »Das passt nicht zusammen.«

»Ihr tut so, als gäbe es diese Mynona wirklich.« Toni sah verständnislos von einer zur anderen. »Ich meine, das ist doch bloß der Name, den du dir gegeben hast, um als Senatorengattin trotzdem anrüchige Bilder malen und verkaufen zu können.« Zwei Falten erschienen auf ihrer Stirn. »Das kapier ich sowieso nicht. Alle wissen, dass Irma Behn und Mynona ein und dieselbe Person sind.« Sie zuckte hilflos mit den Achseln.

»Das sind sie nicht, Toni«, setzte Irma an, beließ es dann aber dabei. Wie sollte sie jemandem, der so aufgeräumt und so ganz und gar eins mit sich war, erklären, wie es sich anfühlte, wenn es da noch jemanden gab, im eigenen Inneren? Ein Biest, das in der Seele wohnte. Aber jetzt wollte Irma nicht darüber nachdenken. Nicht heute. Ihr Sohn Olaf war endlich getauft worden. Im Februar des vergangenen Jahres war Ole, wie alle Welt ihn nannte, geboren worden. Gleich im Sommer hätte die Taufe stattfinden sollen. Nur war der Senat, und damit auch Eckart, intensiv mit dem Hauptbahnhof beschäftigt gewesen, der gerade im Herzen der Stadt entstanden war. Bis zu seiner Eröffnung im Dezember des vergangenen Jahres waren noch unendlich viele Dinge zu klären und zu erledigen gewesen. Hier wollte etwas noch nicht funktionieren, dort reichte ein Anwohner eine Beschwerde ein. So mussten sie den Termin einmal verschieben, einen neuen bekamen sie einfach nicht zu fassen, ehe es Herbst wurde. Weil sie es sich aber nun einmal so hübsch ausgemalt hatten, in ihrem Garten ein Fest zu geben, hatten sie kurzerhand auf den nächsten Sommer gewartet. Nun endlich war der Tag gekommen. Irma ließ ihren Blick durch den weitläufigen Garten schweifen. Auf langen Tafeln mit weißen Tischdecken standen im Schatten eines Pavillons die verschiedensten Köstlichkeiten, Kuchen, Torten und Petits Fours, kalter Braten mit Remoulade, Kartoffel- und Heringssalat, halbe Eier. Die Dienstboten waren damit beschäftigt, immer wieder kleine Mengen Nachschub zu holen, Irma hatte ihnen eingebläut, gerade von den leicht verderblichen Speisen nicht zu viel der Hitze preiszugeben. Unter einem zweiten Pavillon saßen überwiegend die Damen an den kleinen runden Tischen. Die Herren zogen die freie Rasenfläche in der Sonne vor. Überall Weiß, Rüschen und Spitzen, wohin das Auge blickte. Dazu elegante Nadelstreifen, Strohhüte und Melonen über glitzernden Schweißtropfen auf geröteter Haut. Die Welt war in Ordnung, gefährlich zerbrechlich, aber für den Moment in Ordnung.

Toni sah in ihrem Kleid hinreißend aus. Es war schon ein älteres Modell, aber Toni hatte es liebevoll mit Schleifen und einer Seidenblume aufgearbeitet. Das Schönste an ihr war aber weder Kleid noch Hütchen, sondern das Strahlen in ihren Augen. Sie hatte ihr Versprechen, das sie an Gretels Sterbebett gegeben hatte, einlösen können. Nun waren sie, Gretels Tochter Ellma und Hermann eine richtige Familie. Genau wie Irma, Eckart und Ole. Zum wiederholten Mal hüllte sie eine Wärme ein, die aus ihrem Inneren kam. Denn dort wohnte nicht nur die Unberechenbarkeit, sondern auch mehr Liebe, als sie je für möglich gehalten hätte. Als sie selbst noch Kind gewesen war, hatte das Wort Familie für Versagen, Enttäuschen, für Unbehagen und Einsamkeit gestanden. Jetzt war es gleichbedeutend mit Gemeinsamkeit, Verlässlichkeit, mit purem Glück. Gerda und Oscar wirkten entspannt und zufrieden, wie eigentlich immer. Schon bei der Hochzeit der beiden vor vielen Jahren, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren, hatte Irma bemerkt, dass die zwei auf völlig natürliche Weise eine Einheit bildeten. Nicht ihre Eltern hatten sie zusammengebracht, auch keine geschäftliche Fügung war dazu nötig gewesen. Eine Kraft, größer als alles, was Menschen sich vorstellen konnten, hatte die beiden zu Eheleuten gemacht, weil es so und nicht anders richtig war. Glücklicherweise waren sie rechtzeitig zur Taufe und vor allem wohlbehalten von ihrer Frankreichreise zurückgekehrt. Irma seufzte leise. Alles in bester Ordnung. Oscars Bemerkung vorhin, eine einzige falsche Entscheidung könne ein Unternehmen in den Abgrund stoßen, hatte gewiss nichts zu bedeuten. Trotzdem störte sie Irmas beseligte Stimmung wie ein kleiner Stein im Schuh. Irmas Einstellung zur Kaufmannswelt hatte sich ebenso geändert wie die zur Familie. Wenn sie zurückdachte, wie sehr sie sich dagegen gesträubt hatte, Reklamebildchen zu malen, musste sie über sich selbst den Kopf schütteln. Sie hatte längst ihre Freude daran entdeckt und die Vorteile erkannt, die diese Aufgabe ihr schenkte. Schließlich hatte Oscar das kleine Wunder vollbracht, sie eng an Beiersdorf zu binden, indem er sie, seine Frau und seine Arbeiterin Toni kurzerhand zu etwas wie einer eigenen Abteilung gemacht hatte. Die drei sollten ein Auge darauf haben, was die einfache Frau und die Dame brauchten, aber in keiner Apotheke kaufen konnten. Zu dritt entsannen sie seither Ideen für neue Produkte, grübelten über Namen und dachten sich manche Werbung aus. Ihr Blick auf so vieles hatte sich gründlich verändert. Ihre, wie sie heute zugeben musste, überhebliche Ansicht, Kunst habe nichts mit Geschäft zu tun, gehörte dazu. Natürlich war ihr Galerist ein Geschäftsmann. Sie würde ihm gehörig Beine machen, wenn es nicht so wäre. Sie selbst dachte wie eine Geschäftsfrau, wenn sie Hellmann immer nur wenige Hamburg-Bilder überließ, damit die Kunden seiner Galerie das Gefühl der Exklusivität hatten. Im Moment des Malens war sie nur Künstlerin, und Verkaufsaussichten waren ihr so gleichgültig wie der zu erzielende Preis. Außerhalb ihres Ateliers interessierte sie sich mittlerweile sehr wohl für beides. Gleichzeitig genoss sie den Luxus, nicht von ihren Werken leben zu müssen. Sie wollte selbst Geld verdienen, aber sie musste nicht. Es war viele Jahre her, dass Gerda ihr erklärt hatte, sie solle den Vorteil darin erkennen. Heute erkannte sie ihn. Sie brauchte sich nur vorstellen, welche Verantwortung Oscar trug. Er ernährte nicht nur sich und seine Frau, sondern er gab weit über hundert Menschen Arbeit und damit Einkommen und Sicherheit.

In letzter Zeit nahm Irma immer stärker auch ihre eigene Verantwortung wahr, unvergleichlich kleiner natürlich, aber immerhin. Wenn ihre Werbung nun nicht die erhoffte Wirkung erzielte, wenn sie womöglich eine völlig andere Aussage vermittelte und das Produkt in den Regalen lag, bis sich eine dicke Staubschicht darauf bildete, was dann? Nach Oles Geburt war Irma ein bisschen kürzergetreten, doch seit einer geraumen Weile dachte sie immer häufiger über Ideen nach, wie Beiersdorf-Produkte möglichst dauerhaft in die Köpfe der Menschen gepflanzt werden konnten. Sie ertappte sich immer öfter dabei, an der Bemalung für eine neue Verpackung zu tüfteln, statt die Landungsbrücken, die immer wieder liebenswerte Elbe oder eine Marktszene auf Leinwand zu bringen. Von einem Akt oder einem anrüchigen Motiv, wie Toni es genannt hatte, ganz zu schweigen.

Was war heute nur mit ihr los? Dass sie nachdenklich war, grüblerisch sogar, kam nicht selten vor, dass sie so viel durch die Vergangenheit streifte, dagegen schon. Vielleicht wegen all der vertrauten Gesichter, die allesamt für die verschiedenen Bereiche ihres Lebens zu stehen schienen, eines Lebens, das sich auf magische Weise verändert hatte. Ihr Blick glitt zu Eckart hinüber. Auch in einer Ehe konnte ein einziger Fehler das Ende bedeuten. Sie schauderte. Eine berauschende Feier, zu viel Alkohol, ausgeschaltete Vernunft, ein Mistkerl, der nur darauf gewartet hatte. Irma atmete tief ein. Ihre Ehe hatte den schweren Sturm überstanden. Irma würde sich nie wieder in derartige ...

Erscheint lt. Verlag 6.12.2021
Reihe/Serie Jungfernstieg-Saga
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Anne Stern • Carmen Korn • Corina Bomann • Die Villa an der Elbchaussee • Elbchaussee • Familienepos • Familiensaga • Hamburg • Hansestadt • Jahre an der Elbchaussee • Julia Kröhn • Junge Frau • Jungfernstieg • Lena Johannson • Nivea • Stephanie Schuster • Töchter der Elbchaussee • Ulrike Renk • Unternehmensgeschichte
ISBN-10 3-8412-2661-2 / 3841226612
ISBN-13 978-3-8412-2661-7 / 9783841226617
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