Ein Bild der Niedertracht (eBook)
496 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-46184-6 (ISBN)
Val McDermid ist eine internationale Nr. 1-Bestsellerautorin, deren Bücher in mehr als 40 Sprachen übersetzt wurden. Ihre mehrfach preisgekrönten Thrillerserien und Einzelromane wurden für Fernsehen und Rundfunk adaptiert - etwa die Serie Hautnah - Die Methode Hill mit dem Profiler Dr. Tony Hill und DCI Carol Jordan. Die TV-Serie um die schottische Cold Case-Ermittlerin Karen Pirie ist international mit großem Erfolg gestartet. Val McDermid war 2017 Vorsitzende des Wellcome Book Prize und Jurorin für den Women's Prize for Fiction und den Man Booker Prize 2018. Sie ist Trägerin von sechs Ehrendoktorwürden, außerdem Honorary Fellow des St Hilda's College in Oxford. Zu ihren zahlreichen Auszeichnungen gehören der CWA Diamond Dagger für ihr Lebenswerk und der Theakstons Old Peculier Award für 'Outstanding Contribution to Crime Writing'. Val ist außerdem eine erfahrene Rundfunksprecherin und gefragte Kolumnistin und Kommentatorin in Printmedien. Mehr über die Autorin unter www.val-mcdermid.de
Val McDermid ist eine internationale Nr. 1-Bestsellerautorin, deren Bücher in mehr als 40 Sprachen übersetzt wurden. Ihre mehrfach preisgekrönten Thrillerserien und Einzelromane wurden für Fernsehen und Rundfunk adaptiert - etwa die Serie Hautnah - Die Methode Hill mit dem Profiler Dr. Tony Hill und DCI Carol Jordan. Die TV-Serie um die schottische Cold Case-Ermittlerin Karen Pirie ist international mit großem Erfolg gestartet. Val McDermid war 2017 Vorsitzende des Wellcome Book Prize und Jurorin für den Women's Prize for Fiction und den Man Booker Prize 2018. Sie ist Trägerin von sechs Ehrendoktorwürden, außerdem Honorary Fellow des St Hilda's College in Oxford. Zu ihren zahlreichen Auszeichnungen gehören der CWA Diamond Dagger für ihr Lebenswerk und der Theakstons Old Peculier Award für "Outstanding Contribution to Crime Writing". Val ist außerdem eine erfahrene Rundfunksprecherin und gefragte Kolumnistin und Kommentatorin in Printmedien. Mehr über die Autorin unter www.val-mcdermid.de
3
Die North Woodlands Crescent lag kurz hinter einem der großen Kreisverkehre, die die zweispurigen Umgehungsstraßen von Perth unterbrachen, um den Verkehr zu wichtigeren Zielen in allen vier Himmelsrichtungen zu schicken. Ordentliche weiß getünchte Bungalows hockten auf ihren akkurat abgezirkelten Parzellen hinter robusten immergrünen Hecken, die alle auf die gleiche Höhe getrimmt waren. Die Straße schien dazu bestimmt zu sein, dass nichts ihr Gleichgewicht störte. Niemand würde die Polizei rufen müssen, weil randalierende Jugendliche hier Drogen nahmen, häusliche Streitigkeiten durch die gepflegten Vordertüren nach draußen drangen oder verantwortungslose Autodiebe mit quietschenden Reifen über die sauberen Gehwege bretterten.
»Das ist so’n Ort, an dem die Leute sich total empören können wegen eines Mordes vor ihrer Haustür«, bemerkte Jason und parkte hinter einem Polizeiauto am Bordstein. »Als wäre das eine persönliche Beleidigung.«
»Wir wissen noch nicht, ob es sich um einen Mord handelt«, sagte Karen.
»Stimmt schon, Boss. Aber man versteckt normalerweise die Leiche nicht in der Garage, wenn jemand eines natürlichen Todes stirbt.«
Er wird eindeutig sowohl aufmerksamer als auch selbstbewusster, überlegte Karen. Sie erlaubte sich, kurz stolz zu sein. Phil hatte sie ermuntert, Jason dabei zu unterstützen, das Beste aus sich herauszuholen. Langsam, aber sicher machte sich der Minzdrops. Sie grinste. »Ich weiß nicht. Schließlich ist das hier Perth. Vielleicht bedeutet es das gesellschaftliche Aus, wenn man zugeben muss, dass man eine Leiche im Kofferraum hat.«
Ein uniformierter Sergeant stieg aus dem Streifenwagen und hob grüßend die Hand. Er wartete, bis sie näher kamen, und sagte dann: »DCI Pirie? Ich bin Sergeant Pollock. Wir haben miteinander telefoniert.«
»Ist immer noch keine Kriminalpolizei hier? Oder die Spurensicherung?« Offenbar liefen in Perth ein paar Dinge anders.
»Ich habe mit meinem Inspector gesprochen, er meinte, wir sollten abwarten, was Sie dazu sagen. Ist ja nicht so, dass wir mit einer heißen Verfolgungsjagd rechnen müssten oder so.«
»Es wäre vielleicht keine schlechte Idee gewesen, ein Forensikteam herzuschicken. Denn ganz egal, wessen Fall das am Ende wird: Wir brauchen eine umfassende Untersuchung des Fundorts.« Karen sagte das in einem freundlichen Tonfall, aber Pollock entging nicht ihr grimmiger Gesichtsausdruck.
»Möchten Sie, dass das zuerst geschieht? Bevor Sie einen Blick darauf werfen?«
»Rufen Sie sie. Während wir auf sie warten, werden DC Murray und ich uns umziehen und den Fundort betreten. Und dann möchten wir mit der Frau sprechen, die die Entdeckung gemacht hat. Ist sie auf dem Revier?«
Pollock schüttelte den Kopf. »Wir haben sie nach Hause gehen lassen. Wissen Sie, sie war ziemlich aufgewühlt. Ich dachte, es wäre besser, wenn sie in ihren eigenen vier Wänden wartet, statt wer weiß wie lange hier oder in einem Vernehmungsraum rumzusitzen.«
Das war nicht das, was Karen getan hätte, aber sie hatte die Botschaft verstanden, dass man in der Barrack Street definitiv anders vorging als bei der Historic Case Unit. Sie hoffte, dass sich der Umgang der Kollegen mit aktuellen Fällen mehr an den Vorschriften orientierte. »Wie lautet der Name der Eigentümerin?«
»Susan Leitch. Das ist die, die bei dem Verkehrsunfall umgekommen ist. Die Frau, die das Skelett entdeckt hat, ist ihre Schwester. Stella. Auch Leitch. Keine von ihnen ist irgendwie aktenkundig, noch nicht mal wegen zu schnellen Fahrens.«
Zehn Minuten später bahnten sich Karen und Jason in raschelnden Tyvek-Anzügen und blauen Plastiküberschuhen ihren Weg durch die Haustür und über den nichtssagenden Teppich im Korridor zu einer sauberen Küche. Karen musterte das Sortiment von Ölen und Gewürzen neben dem Herd, den Steinguttopf mit Küchenutensilien und die aufgereihten Kochbücher mit angeschlagenen Ecken und zerknickten Binderücken. Es sah aus, als wäre hier tatsächlich gekocht worden. In der gegenüberliegenden Wand war eine solide Tür, durch die es in eine Doppelgarage ging. Ihre Augen wurden von einem alten, halb abgedeckten VW-Camper angezogen, aber Karen zwang sich, sich den gesamten Raum anzusehen. Erste Eindrücke lieferten oft gute Hinweise, welche Dinge aus dem Ruder gelaufen waren.
An der Wand war ein Gestell für zwei Fahrräder befestigt, an dem aber nur ein Rad hing, ein robustes Mountainbike mit breiten Reifen und einem Aufsatz für einen Elektromotor. Am Boden darunter befand sich der Motor in einem Ladegerät und neben dem Gestell für die Fahrräder ein Regal mit einer Reihe von Dingen, die man – wie Karen vermutete – für die Instandhaltung eines Fahrrads brauchte, sofern man es nicht jedes Mal zu einem Bike Shop schieben wollte, wenn die Bremsen quietschten.
»Wissen Sie irgendwas über Räder, Jason?«, fragte sie ohne große Hoffnungen.
»Nur was über die mit Motoren, Boss.«
An der Wand gegenüber stand eine Werkbank mit allem, was man fürs Heimwerken und im Haus brauchte – Schraubenzieher, verstellbare Schraubenschlüssel, ein paar Hämmer und eine Bügelsäge; daneben ordentlich aufgestapelte Farbdosen, einige von ihnen eindeutig benutzt. Auf den ersten Blick schien Susan Leitch eine gut organisierte Frau gewesen zu sein. Keine Anzeichen für ein chaotisches Verhalten, das oft Tatorte häuslicher Gewalt kennzeichnete. Wenn es denn einer war.
Als Karen zum Camper ging, bemerkte sie, dass der Reifen, den sie sehen konnte, platt war. Nach dem schlechten Zustand des Gummis zu schließen, war er seit langer Zeit nicht mehr bewegt worden. Sie öffnete die Fahrertür mit so wenig Kontakt wie möglich. Stella Leitch hatte zweifellos alle Fingerabdrücke verwischt, die es gegeben haben mochte, aber es war nie verkehrt, den forensischen Protokollen zu folgen. Karen steckte ihren Kopf ins Innere und schnupperte. Da war der angedeutete Geruch von modrigem Zerfall, aber nicht der überwältigende Gestank einer verwesenden Leiche. Sie stellte fest, dass das Fenster auf der Beifahrerseite zwei, drei Zentimeter offen stand, was zusammen mit der verstrichenen Zeit das Fehlen des Gestanks erklärte. Die Schlüssel steckten noch im Zündschloss.
Sie spähte über den Sitz, aber sie konnte kaum etwas von der Kabine hinten erkennen. »Ich muss da rein«, sagte sie und schickte sich an, über den Fahrersitz zu klettern.
»Es gibt eine Seitentür, durch die Sie reinkönnen, Boss«, sagte Jason. »Vielleicht ist sie ja auch unverschlossen.«
Karen stieg wieder aus. »Wir sollten eigentlich auf die Spurensicherung warten. Aber die Schwester hat sowieso schon die Abdeckung verschoben.« Sie dachte einen Moment nach. »Nehmen Sie Ihr Telefon und machen Sie Fotos vom Camper von allen Seiten, damit wir dokumentieren können, wie es im Großen und Ganzen aussah, bevor die Schwester die Plane bewegt hat. Und vergessen Sie nicht die Nummernschilder.«
»Es gibt keine«, sagte Jason. »Zumindest vorne nicht.«
»Das ist interessant«, meinte Karen, trat hinter den Van und hob vorsichtig die Abdeckplane an. »Hinten auch nicht. Da hat sich jemand was dabei gedacht. Okay, dann mal los, schießen Sie die Fotos.«
Sie trat einen Schritt zurück und wartete. Eine Reihe von Klicks später schob sie vorsichtig die Plane beiseite und probierte die Klinke der Seitentür. Sie sprang problemlos auf und glitt auf gut geölten Führungsschienen zur Seite.
Auf dem Boden des Vans lagen unverbundene Knochen, der Schädel, umgeben von einer Krone aus ausgefallenem dunklen Haar, wies zum vorderen Ende hin, Fußwurzel- und Zehenknochen fanden sich versprengt Richtung Wagenende. Die Schalen verpuppter Maden waren wie makabre Coco Pops neben und zwischen den Knochen verstreut, ein Indiz, warum kein Fleisch mehr an den Knochen war. Es sah aus, als wäre das Opfer auf die Seite gefallen oder so hingelegt worden. Aber schon auf den ersten Blick war zu erkennen, dass »Opfer« das richtige Wort war. Über den Hinterkopf zog sich unübersehbar der gezackte Riss einer Impressionsfraktur. Jemand oder etwas hatte den Schädel dieser Person sehr heftig getroffen.
Die Unangemessenheit menschlicher Überreste wurde durch die Ordnung und Sauberkeit des restlichen Vans noch unterstrichen. Jedes Ding war da, wo es hingehörte; Bücher auf einem Regal, Kleidungsstücke in Plastikboxen in einer Nische, Künstlerfarben und Pinsel auf einem speziell angefertigten Wägelchen. Aquarelle von Seen und Bergen waren an einem Schrank befestigt. Für Karens ungeübtes Auge sahen sie aus wie die typischen Bilder, die man in jedem Geschäft für Kunsthandwerk aus den Highlands erhielt, in dem sie je gewesen war.
Sie zog ihren Kopf aus dem Wagen. »Wir brauchen definitiv die Spurensicherung. Und River.«
Als sie zurück in ihrem Auto war und sich aus ihrem Schutzanzug befreit hatte, griff sie zum Telefon. Zum Glück war Dr. River Wilde in ihrem Büro an der Universität in Dundee und nicht im Labor oder im Vorlesungssaal. Karen berichtete ihr von dem Fund. »Kannst du dich frei machen für einen kurzen Trip nach Perth?«, fragte sie.
»Klar, die Knochen gehören mir. Ich bin in einer Stunde da.«
Im sicheren Gefühl, dass die Knochen in den besten Händen sein würden, brachte Karen Pollock auf den neuesten Stand. »Sie sollten vielleicht ein paar Constables herbestellen, um den Fundort abzusichern und die neugierigen Nachbarn auf Abstand zu halten.«
»Nicht zu vergessen die verdammten Lokalreporter«, knurrte Pollock.
»Und bitten Sie die Techniker, die Fahrzeug-Identifikationsnummer zu suchen. Jemand hat die Nummernschilder entfernt, aber vielleicht hat er nicht an die...
Erscheint lt. Verlag | 1.5.2021 |
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Reihe/Serie | Karen Pirie | Karen Pirie |
Übersetzer | Dr. Kirsten Reimers |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Band 6 • Cold Case • Cold Case Krimi • DCI Karen Pirie • Edinburgh • englische Krimis • Firth of Forth • Karen Pirie • Karen Pirie, Band 6 • Krimi Großbritannien • Krimi Kommissarin • Kriminalromane Serien • krimi reihen • Krimis aus England • Krimi Schottland • Krimi Serien • Krimis mit Kommissarin • Kunstfälschung • Leichenfund • Mörder • Politiker • Polizei Krimis/Thriller • Schottland • Skelett • toughe Ermittlerin • Val McDermid deutsch • Val McDermid Karen Pirie • Val McDermid Karen Pirie deutsch • val mcdermid reihenfolge • Vermisst • Vermisstenfall |
ISBN-10 | 3-426-46184-6 / 3426461846 |
ISBN-13 | 978-3-426-46184-6 / 9783426461846 |
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