Das Flüstern der Feigenbäume

Roman

*****

(Autor)

Buch | Hardcover
495 Seiten
2021 | Deutsche Erstausgabe
Kein & Aber (Verlag)
978-3-0369-5863-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Flüstern der Feigenbäume - Elif Shafak
27,00 inkl. MwSt
»Ein einfühlsamer Roman über das zerrissene Zypern und seine Bewohner mit ihren Wunden und Narben. Das Flüstern der Feigenbäume lehrt uns, dass Zerrissenheit nur durch Liebe geheilt werden kann.« Bernhard Schlink
Im Jahr 1974 befindet sich das idyllische Zypern kurz vor dem Bürgerkrieg. Eine Taverne, betrieben von einem schwulen Paar, ist der einzige Ort, an dem sich der Grieche Kostas und die Türkin Defne treffen können. Der prachtvolle Feigenbaum im Innenhof der Taverne ist Zeuge ihrer glücklichen Begegnungen und ihrer stillen Abschiede. Der Feigenbaum ist auch da, als der Krieg ausbricht, als die Hauptstadt in Schutt und Asche gelegt wird, als Menschen auf der ganzen Insel spurlos verschwinden.

In der Gegenwart steht der Baum im Garten von Kostas und seiner 16-jährigen Tochter Ada in London. Ada weiß nichts von ihrer Heimat, Kostas hüllt sich in Schweigen, wenn es um seine Vergangenheit geht und die seiner verstorbenen Frau, Defne. Nur die Wurzeln des Baums stellen noch eine Verbindung dar zu dem, was geschehen ist.

Doch Ada forscht nach: Was verbirgt sich hinter dem Schweigen ihres Vaters? Warum musste ihre Mutter sterben? Während Ada die dunklen Schatten ihrer Familie ausleuchtet, erwartet die Feige im Garten den kältesten Wintereinbruch seit Jahrzehnten.

Elif Shafak, in Straßburg geboren, gehört zu den bedeutendsten Schriftstellerinnen der Gegenwart. Ihre Werke wurden in mehr als fünfzig Sprachen übersetzt. Die preisgekrönte Autorin zahlreicher Romane, darunter "Die vierzig Geheimnisse der Liebe" (2013), "Ehre" (2014) und "Der Geruch des Paradieses" (2016), schreibt auf Türkisch und Englisch. Mit "Unerhörte Stimmen" (2019) stand sie auf der Shortlist des Booker Prize. Ihre Artikel und Auftritte machten sie zum viel beachteten Sprachrohr für Gleichberechtigung und freiheitliche Werte zunächst in der Türkei, später in ganz Europa. Elif Shafak lebt in London. www.elifshafak.com

»Hunderte Jahre Geschichte schlummern in dem Feigenbaum-Steckling, den Kostas in London pflanzt. Mitgenommen hat er ihn, als er vor dem Krieg in Zypern floh. Zärtlich erzählt der wachsende Baum von Sonne und Heimat, von Gehen und Bleiben und einer ungewollten Liebe.« Myself, 16.08.2023 myself 20230816

»[Shafak] erzählt in diesem tiefschürfenden und zarten Roman über Zugehörigkeit und Identität, Schmerz und Hoffnung.«
Hanna Wendler und Heiko Buhr, Lebensart, 31.03.2022

»Ein einfühlsamer Roman.«
Amanda Lukanovic, Madonna, 17. Januar 2021

»[E]in starkes Plädoyer für Empathie zwischen Menschen, Tieren und Pflanzen und für das ökologische Potenzial von Literatur.«
Anne-Sophie Balzer, Berliner Zeitung, 02.01.2022

»[D]ie Autorin berührt alle Sinne, feiert Vielfalt und Kultur des Landes mit poetischer Kraft und offenbart so das Unglück der Geschichte Zyperns.«
Elisabeth Krainer, GALORE, 02.12.2021

»Ein wunderbarer Pageturner für regnerische Wintertage.«
Ingo Arend, DLF Kultur, 01.12.2021

»Es ist ein wunderbar reichhaltiger Roman, in dem Elif Shafak eine Fülle von Themen anspricht.«
Irene Binal, Deutschlandfunk, 18. November 2021

»Das Flüstern der Feigenbäume ist ein mitreißendes, manchmal versponnenes, kluges Plädoyer für Verständigung über Grenzen hinweg.«
Katja Weise, 05.11.2021

»[E]in tiefschürfender Roman über Identität, Liebe und Vergänglichkeit.«
Juliane Minow, MAXI, 03.11.2021

»Sanft und herzerwärmend.«
Hörzu, 29.10.2021

Prolog

Die Insel

Es war einmal, verborgen in der Erinnerung, eine Insel weit draußen im Mittelmeer. Sie war so schön und blau, dass die vielen Reisenden, Pilger, Kreuzfahrer und Händler, die sich in sie verliebten, entweder nie wieder von ihr fortgehen wollten oder sie am liebsten mit Hanftauen in ihre fernen Heimatländer gezogen hätten.

Das mögen Legenden sein. Doch Legenden gibt es, damit wir erfahren, was die Geschichte vergessen hat.

Vor vielen Jahren floh ich in einem Koffer aus weichem schwarzem Leder an Bord eines Flugzeugs von dieser Insel und kehrte nie zurück. Seitdem bin ich in einem neuen Land, in England, heimisch geworden, bin dort gewachsen und gediehen, aber kein Tag vergeht, an dem ich mich nicht nach ihr sehne. Nach Hause. In meine Heimat.

Sie ist bestimmt noch dort, wo ich sie zurückließ, hebt und senkt sich mit den Wellen, die sich schäumend an ihrer zerklüfteten Küste brechen. An der Kreuzung dreier Kontinente - Europa, Afrika, Asien - und der Levante, jener weiten, undurchdringlichen Region, die heute von allen Karten verschwunden ist.

Eine Landkarte ist eine zweidimensionale Darstellung mit willkürlich gewählten Symbolen und eingezeichneten Linien, die darüber entscheiden, wer Feind und wer Freund ist, wer unsere Liebe, wer unseren Hass verdient und wer uns gleichgültig zu sein hat.

Kartografie ist eine andere Bezeichnung für die Geschichten der Sieger.

Für die Geschichten der Besiegten gibt es keine Kartografie.


So sehe ich die Insel in der Erinnerung: goldene Strände, türkisblaues Wasser, der Himmel klar. Jedes Jahr kamen Meeresschildkröten an Land und legten ihre Eier in den pudrigen Sand. Spätnachmittags trug der Wind den Duft von Gardenien, Zyklamen, Lavendel und Geißblatt herbei. Blauregen rankte sich an weiß getünchten Wänden empor, als wollte er zu den Wolken hinauf; hoffnungsvoll, wie nur Träumende sind. Wenn die Nacht die Haut wie immer mit Küssen bedeckte, roch ihr Atem nach Jasmin. Der Mond war der Erde hier näher. Hell und sanft stand er über den Dächern und warf seinen klaren Schein in die engen Gassen und Kopfsteinpflasterstraßen. Doch auch Schatten bahnten sich Wege durchs Licht. Geflüsterter Argwohn und verschwörerisches Gemurmel wogten im Dunkel. Denn die Insel war in zwei Teile gespalten, einen nördlichen und einen südlichen. Zwei Sprachen, zwei Schriften, zwei Gedächtnisse. Und die Gebete der Inselbewohner galten nur selten demselben Gott.

Die Hauptstadt war von einer Absperrung geteilt, die sich wie ein Schnitt ins Herz mitten durch sie hindurchzog. Entlang der Demarkationslinie - der Grenze - reihten sich verfallene, von Einschusslöchern durchsiebte Häuser und leere, nach Granateinschlägen vernarbte Innenhöfe aneinander; heruntergekommene, verbarrikadierte Läden, verschnörkelte Eisentore, die schief in herausgebrochenen Angeln hingen, unter dickem Staub rostende Luxuskarossen aus einer anderen Ära. Stacheldrahtrollen, aufgehäufte Sandsäcke, Fässer mit gehärtetem Zement, Panzergräben und Wachtürme dienten als Straßenbarrieren. Gassen endeten abrupt wie ein nicht zu Ende geführter Gedanke, ein ungeklärtes Gefühl.

Soldaten mit Maschinengewehren standen Wache, wenn sie nicht gerade patrouillierten - einsame, gelangweilte junge Männer aus allen Teilen der Welt, die bis zu ihrer Stationierung in dieser fremden Umgebung kaum etwas über die Insel und ihre komplizierte Geschichte gehört hatten. An den Häuserwänden und Mauern hingen amtliche Schilder in kräftigen Farben, auf denen in Großbuchstaben zu lesen war:

BETRETEN VERBOTEN! SPERRGEBIET! KEIN ZUGANG FÜR UNBEFUGTE! FILMEN UND FOTOGRAFIEREN STRENG UNTERSAGT!

Ein Stück weiter die Straßensperre hinunter hatte ein Passant mit Kreide unerlaubterweise ein

Erscheinungsdatum
Übersetzer Michaela Grabinger
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Original-Titel The Island of Missing Trees
Maße 116 x 185 mm
Gewicht 502 g
Einbandart gebunden
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Elif Shafak • Familie • Familiengeheimnis • Familiengeschichte • Feigenbaum • Identität • Liebesgeschichte • Literatur • Natur • Psychologie • Suizid • Trauma • Verlust
ISBN-10 3-0369-5863-0 / 3036958630
ISBN-13 978-3-0369-5863-7 / 9783036958637
Zustand Neuware
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