Krone des Himmels (eBook)

Historischer Roman
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2021 | 1. Auflage
704 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-99969-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Krone des Himmels -  Juliane Stadler
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Der Glanz des Mittelalters, die Gewalt der Kreuzzüge, die Macht der Liebe Im Jahr 1189 wird die Welt vom großen Religionskrieg zwischen Abendland und Orient erschüttert. Das Schicksal führt die Handwerkertochter Aveline und den Wundarzt Étienne auf den Kreuzzug von Frankreich nach Jerusalem. Während der Belagerung der Hafenstadt Akkon wachsen beide über sich hinaus - doch ihre Liebe zueinander wird im großen Kampf um das Heilige Land auf die Probe gestellt?... Für Fans von Rebecca Gablé  Nach verheerenden Schlachten fällt Ende des 12. Jahrhunderts der größte Teil des Königreichs Jerusalem zurück an die Sarazenen. Barbarossa und Löwenherz führen ihre Heere daraufhin gen Akkon, das Tor zum Heiligen Land. In der Hoffnung, von einer schweren Sünde losgesprochen zu werden, begibt sich auch die junge Aveline auf den dritten Kreuzzug. Die Umstände zwingen sie, sich als Bogenschütze Avery auszugeben und sich unerkannt dem Heer Barbarossas anzuschließen. Nachdem sie im Gefecht verletzt wird, vertraut sie sich dem Wundarzt Étienne an, der wie sie eine schwere Bürde trägt und um Gerechtigkeit und Anerkennung ringt. Zusammen finden sie Trost, aber schon bald müssen sie erkennen, dass ihr schlimmster Feind nicht unter den Sarazenen, sondern in den eigenen Reihen lauert?... »Akribisch recherchiert und packend geschrieben - Juliane Stadlers Mittelalterepos ?Krone des Himmels? ist ein historischer Roman der Extraklasse!« Daniel Wolf

Juliane Stadler studierte in Heidelberg Frühgeschichte, Archäologie und Alte Geschichte und promovierte über keltische Bestattungssitten. Mit ihrem Debüt »Krone des Himmels«, das mit dem Silbernen Homer ausgezeichnet wurde, gelang ihr auf Anhieb ein SPIEGEL-Bestseller. Zusammen mit ihrem Mann und zwei Söhnen lebt sie in der Domstadt Speyer.

Juliane Stadler studierte in Heidelberg Frühgeschichte, Archäologie und Alte Geschichte und promovierte über keltische Bestattungssitten. Mit "Krone des Himmels" legt sie ihren ersten Roman vor, für den sie auf Reisen entlang der Kreuzzugsroute Barbarossas und im Heiligen Land recherchierte. Zusammen mit ihrem Mann und zwei Söhnen lebt sie in der Domstadt Speyer.

Kapitel 1


Grafschaft Tonnerre, Rittergut Arembour, Juni 1189

Der Pfeil bohrte sich zitternd in die strohgeflochtene Scheibe, kaum eine Handbreit vom Mittelpunkt entfernt. Mit überlegenem Grinsen senkte Gérard seinen Bogen und machte einen Schritt zur Seite. »Dein Schuss, Brüderchen.«

Étienne trat vor, nahm Maß und suchte sich einen festen Stand, indem er die Stiefel tief in den aufgeweichten Untergrund des Hofs grub. Er verlagerte sein Gewicht auf den gesunden Fuß und legte einen Pfeil auf. Während er ausatmete, visierte er das Ziel an, spannte die Sehne, bis er sie knarren hörte – und schoss. Der Pfeil jagte davon und bohrte sich mit einem dumpfen Laut geradewegs ins Zentrum der Scheibe.

Gérards Grinsen gefror auf seinen Lippen und wich einem ungläubigen, beinahe komischen Staunen.

»Tja, Gérard, ich fürchte, das Messer gehört jetzt mir.« Étienne versuchte, möglichst gelassen zu klingen, wenngleich ihm nach Jubeln zumute war. »Vielleicht kannst du es beim nächsten Mal ja wieder zurückgewinnen.«

»Dreimal verfluchter Krüppel!«

»In der Tat, besiegt von einem Krüppel. Das muss bitter sein, für einen großen Krieger wie dich«, stimmte Étienne ihm gut gelaunt zu.

Gérards Faust ballte sich um den Bogen, und seine Gesichtszüge verzerrten sich zu einer wütenden Grimasse. Er war so leicht zu provozieren. So leicht, dass es beinahe langweilig war. Doch Étienne hatte nicht oft Gelegenheit, sich in der Rolle des Überlegenen zu finden, im Gegenteil.

Als er zu einer weiteren Spitze ansetzen wollte, wanderte Gérards Blick an ihm vorbei und ein boshaftes Lächeln hob seine Mundwinkel.

Noch bevor Étienne sich umdrehen konnte, packte ihn eine behandschuhte Hand bei der Schulter und zerrte ihn herum.

»Was tust du hier?«, presste sein Vater zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Étienne konnte nicht anders – die Freude über seinen kleinen Triumph machte ihn trunken und übermütig. »Schätze, ich bin dabei, Euren Erstgeborenen im Bogenschießen zu demütigen.« Er grinste.

Basile d’Arembour packte Étienne so hart am Kragen, dass ihm der Lederriemen mit dem Silberkreuz seiner verstorbenen Mutter die Luft abzuschnüren drohte.

»Du weißt genau, was ich meine, Kerl. Wieso bist du nicht in deiner Kammer? Geoffroi wird jeden Augenblick mit unseren Gästen eintreffen.«

Étienne nickte müde. Der Triumph verflog wie Rauch im Wind und wich einem dumpfen Zorn. »Verzeiht, Vater, wie konnte ich es vergessen, die Missgeburt muss verschwinden, damit sie Euch vor den werten Herrschaften nicht in Verlegenheit bringt.« Das war nur die halbe Wahrheit. Auch wenn keine Gäste auf Arembour weilten, mied Basile seinen Drittgeborenen wie einen Aussätzigen.

»Pass auf, was du sagst, Bürschchen!« Beinahe angewidert stieß er Étienne von sich, woraufhin dieser rückwärts in den Dreck stolperte.

Mühsam kam er wieder auf die Füße und sah seinem Vater herausfordernd in die Augen. »Ihr bedauert, dass Ihr mich nach der Geburt nicht ersäuft habt wie einen verkrüppelten Welpen, hab ich recht?«

Basile funkelte ihn wütend an und spuckte aus. »Scher dich in deine Kammer!« Seine Stimme klang gefährlich leise.

Étienne wusste nicht, welcher Dämon ihn trieb, die nächsten Worte auszusprechen. »Ihr wart zu feige, ist es nicht so?«

Mit ungehemmter Kraft traf ihn Basiles Faust zwischen Wange und Unterkiefer und schickte ihn zurück auf den Boden. Er schmeckte Blut auf der Zunge, und sein Schädel dröhnte wie eine Glocke.

»Geh mir aus den Augen, undankbarer Wicht, bevor ich nachhole, was ich damals versäumt habe«, zischte sein Vater. »Und mit dem Bogenschießen ist ein für alle Mal Schluss!«

Ein dumpfes Bersten erklang, als Basile Étiennes auf der Erde liegenden Bogen mit einem Schwertstreich in zwei Hälften teilte.

Étienne schluckte hart und blieb liegen, bis sein Vater sich entfernte. Sein Blick hing an der zersplitterten Waffe. Ein wenig fühlte es sich an, als wäre nicht nur der Bogen in zwei Teile gegangen.

 

Étienne saß auf seinem Bett und blickte aus dem kleinen Fenster. Unbeeindruckt von seiner düsteren Stimmung blinzelte die Sonne durch die Wolken, und Schwalben jagten mit schrillem Zwitschern über den Hof. Im Schmutz suchten Schweine und Hühner nach Fressbarem, während eine Magd vor der Küche eine Gans rupfte – ein Braten für die abendliche Gasttafel. Er würde davon freilich nichts abbekommen.

Étienne ließ sich auf sein Lager zurücksinken und starrte an die Decke. Seine Wange fühlte sich geschwollen an, und im Kiefer pochte es unablässig. Doch mehr als alles andere schmerzte die Erkenntnis, dass sein Vater ihn verabscheute – weiß Gott keine neue Erkenntnis, doch darum nicht weniger bitter. Er hob den nackten linken Fuß, der den Namen nicht verdiente, und betrachtete ihn angewidert. Abscheuliches Ding! Verworfen und nach innen verdreht wie ein Stück Treibholz, machte er es Étienne unmöglich, normal zu laufen. Durch die angeborene Missbildung war sein Bein verkürzt, sodass sich sein Oberkörper immer ein wenig zur linken Seite neigte und er die rechte Schulter etwas höher trug. Nicht einmal als Hinken ließ sich sein Gang bezeichnen, vielmehr wankte er vorwärts wie ein Tanzbär.

Im Laufe seiner neunzehn Lebensjahre hatte er gelernt, damit umzugehen. Mit dem Eifer eines Kindes, das seinem Vater gefallen will, hatte er sich auf die Beine gekämpft, Reiten gelernt und sich zu einem passablen Bogenschützen gemausert. Für das Kriegshandwerk war und blieb er freilich ungeeignet, stattdessen hatte er sich dem Studium der lateinischen und griechischen Sprache gewidmet und konnte gut mit Zahlen umgehen.

Aber wozu? Nichts davon hatte ihm das Wohlwollen oder gar die Achtung seines Vaters eingebracht. Im Gegenteil, Basile mied den Anblick und die Gegenwart seines verkrüppelten Sohnes, wann immer möglich.

Die Kammertür knarrte, und ein Blondschopf spähte durch die Öffnung.

»Komm herein, Phil.« Étienne winkte den Knaben zu sich.

Philippe grinste und schlüpfte ins Zimmer. Er zog eine getrocknete Blutwurst und Brot unter seinem Hemd hervor und hielt beides triumphierend in die Höhe.

»Brüderchen, dich schickt der Himmel!«, seufzte Étienne. »Setz dich!«

»Mit besten Grüßen von Margot«, erklärte der Knabe und hüpfte schwungvoll neben ihm aufs Bett.

Étienne nahm den Leckerbissen entgegen und nagte vorsichtig daran herum, um seinen malträtierten Kiefer zu schonen.

»Margot hat mir auch das hier gegeben.« Philippe holte einen Tiegel aus seiner Kitteltasche. »Sie sagte, du könntest es gebrauchen. Wer war das?« Er deutete auf Étiennes geschwollene Backe. »Gérard?«

»Vater.«

»Verstehe.« Der Jüngere öffnete das Gefäß mit der Salbe aus Wundkraut, mit der die Köchin Margot kleinere und größere Blessuren zu versorgen pflegte. Seit dem Tod der Mutter hatte sie es sich zur Aufgabe gemacht, die beiden jüngeren Söhne Arembours zu beglucken und ihnen ein wenig Wärme und Fürsorge angedeihen zu lassen.

Philippe nahm einen Finger voll von dem Balsam und begann geschickt, Étiennes linke Gesichtshälfte damit zu betupfen.

»Morgen wird es blau sein und sicher höllisch wehtun«, prophezeite er. »War es das wert?«

»Himmel, ja! Du hättest Gérards dummes Gesicht sehen sollen! Besiegt von einem Krüppel, was für eine Schmach!« Étienne tauschte ein Lausbubengrinsen mit seinem Bruder. Doch Philippe wurde gleich wieder ernst. »Wenn Vater dich so sehr hasst, warum schickt er dich nicht ins Kloster?«

»An deiner Stelle?«, erkundigte sich Étienne schmunzelnd.

Philippe zog eine Grimasse. »So schlimm finde ich die Vorstellung nicht, bald Novize zu sein. Mit Waffen kann ich nicht umgehen, und Pferde haben es auf mich abgesehen. Außerdem haben wir mit Gérard und Geoffroi schon zwei Schwertschwinger in der Familie. Unsere Schwester ist verheiratet und weit weg, Mutter ist tot. Ich glaube nicht, dass mich hier jemand vermissen wird – ausgenommen du vielleicht.« Er lächelte schief.

Étienne musterte seinen kleinen Bruder von der Seite. Es war ihm nie in den Sinn gekommen, dass er selbst nicht der Einzige war, der unter den Umständen litt.

»Ich hab mich das schon öfter gefragt. Warum hat Vater dich nicht Gott versprochen, wenn er dich ohnehin den ganzen Tag wegzusperren versucht?«

Étienne schnaubte freudlos. »Er wollte ja, aber Pater Boniface hat ihm eindringlich davon abgeraten.«

»Wieso das denn?«

»Weil mir die Aufgabe zufällt, Vaters wandelndes – Verzeihung – hinkendes schlechtes Gewissen zu sein.«

»Versteh ich nicht«, gab Philippe zu und runzelte die Stirn.

Wie auch? Étienne hatte es lange selbst nicht begriffen. Es war absurd. Er war mit dem verkrüppelten Fuß geboren worden, in eine Welt, in der Missbildung in aller Augen als Zeichen von Schuld betrachtet wurde. Aber wie hätte ein Neugeborenes sich versündigen können? Man hatte ihn auf den Namen des Heiligen Étienne, dem auch die Kirche in Épineuil geweiht war, taufen lassen, um den Makel abzumildern. Und auch wenn sich zumindest seine Mutter, Bedienstete und Hörige bemühten, ihn zu behandeln wie die übrigen Familienmitglieder, hatte er seine Andersartigkeit immer gespürt – und sich dafür geschämt.

Erst nach und nach hatte sich alles zu einem Bild gefügt. Auch wenn das die Scham kaum linderte. Er war unschuldig schuldig geworden, wie eine Figur aus den griechischen Tragödien, die Pater Boniface ihn immer hatte übersetzen lassen.

»Man könnte sagen, ich bin die Ausgeburt von Vaters Sünden«, erklärte er dem Jüngeren...

Erscheint lt. Verlag 1.9.2021
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 12. Jahrhundert • Buch • Bücher • Daniel Wolf • Historienroman • Historische Bücher • Historischer Liebesroman • historische romane mittelalter • Historischer Roman • Historischer Roman Deutschland • Ken Follett • Kreuzzüge • Medicus • Mittelalter • Mittelalterromane • Roman historisch • Roman Mittelalter • spannend • Starke Frauen
ISBN-10 3-492-99969-7 / 3492999697
ISBN-13 978-3-492-99969-4 / 9783492999694
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