Clara Schumann - Tochter der Musik (eBook)

Roman
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2021 | 1. Auflage
512 Seiten
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
978-3-423-43925-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Clara Schumann - Tochter der Musik -  Rosemarie Marschner
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Clara Schumann - ein beeindruckendes Frauenleben Am Tag vor ihrem 21. Geburtstag heiratet Clara, das Wunderkind am Klavier, den Mann, den sie liebt, seit er als Musikschüler ins Hause Wieck kam: Robert Schumann. Von Beginn an bewegt sich die Ehe, aus der acht »Schumännchen« hervorgehen, in einem steten Auf und Ab. Clara begnügt sich nicht mit der Mutterrolle, energisch treibt sie ihre musikalische Karriere voran. Ihre anhaltende Popularität, die ihr berühmter Ehemann nicht gut verträgt, führt sie auf Konzertreisen quer durch Europa und bessert nicht zuletzt die Haushaltskasse auf. Bodenständig ist sie und lebenstüchtig, ehrgeizig und vital. Ihren Robert überlebt sie um 40 Jahre. Als Clara Schumann mit 76 stirbt, spiegelt sich in ihrem Leben fast das gesamte 19. Jahrhundert.

Rosemarie Marschner lebt als freie Journalistin und Autorin mit ihrer Familie in Düsseldorf. Sie hat zahlreiche Romane veröffentlicht, darunter die Bestseller >Das Bücherzimmer< und >Das Mädchen am Klavier<.

Rosemarie Marschner lebt als freie Journalistin und Autorin mit ihrer Familie in Düsseldorf. Sie hat zahlreiche Romane veröffentlicht, darunter die Bestseller ›Das Bücherzimmer‹ und ›Das Mädchen am Klavier‹.

Eine junge Ehe


1


In den ersten Wochen ihrer Ehe gaben sich bei Robert und Clara Schumann die Gäste die Klinke in die Hand. So viel hatte man über das junge Paar geredet, geflüstert und geurteilt, dass sie nun – als etablierte Eheleute – fast noch interessanter schienen als zuvor, wo täglich neue Einzelheiten über die Widrigkeiten kolportiert worden waren, mit denen sie zu kämpfen hatten. Jetzt – nach der Hochzeit – fragte man sich, wie es wohl weitergehen werde mit diesen beiden jungen Menschen, deren Talent so viel versprach. Wie hatten sie die schmutzigen, gerichtlichen Auseinandersetzungen mit Claras Vater überstanden, der diese Verbindung bis aufs Messer bekämpft hatte?

Als eigensinnige, undankbare Tochter hatten die einen Clara beschimpft, während die anderen – die romantischen Kinder des neuen Zeitgeistes – inständig hofften, dass sich Claras große, unendliche Liebe zu dem Mann, der vom Schicksal für sie bestimmt war, erfüllen mochte. Das »Liebespaar des Jahrhunderts« hatte die Damenpresse die beiden genannt. Zur gleichen Zeit berichteten seriöse Zeitschriften von Claras unumstrittenen Erfolgen in Paris, und dass Robert Schumann an einer Sinfonie arbeite, mit der er beweisen werde, dass er der jungen Frau, die so viel für ihn aufgab, würdig sei. Ein Skandalpaar waren sie für die einen, Romeo und Julia für die anderen.

Dass Robert und Clara es ernst miteinander meinten, bewies ihre Eheschließung am 12. September 1840, nur einen Tag vor Claras einundzwanzigstem Geburtstag, dem Datum ihrer Volljährigkeit, an dem das Verbot des Vaters ohnedies nicht mehr gegolten hätte. Allzu lange hatte das Gerichtsurteil gebraucht, das ihnen gegen Friedrich Wiecks Willen die Heirat nun erlaubte.

»Was wäre uns nicht alles erspart geblieben, wenn wir einfach nur gewartet hätten!«, sagte Clara am Tag der Trauung zu Robert. Schnell schwieg sie dann, weil sie nicht daran erinnern wollte, mit wie viel Druck Robert ihr die Vollmacht abgepresst hatte, mit der er in ihrem Namen die Klage gegen ihren eigenen Vater einreichte.

Wenn wir einfach nur gewartet hätten … Auch Robert ging nicht auf Claras Worte ein. »Nun fängt ein neues Leben an, ein schönes Leben«, versprach er und legte den Arm um ihre Schultern.

Da nickte sie und vermied es, sich bewusst zu machen, wie wenig fröhlich diese Hochzeitsfeier verlief. Kein Übermut, keine anzüglichen Scherze auf Kosten des Bräutigams. Ernst und nachdenklich waren sie beide, erschöpft vom Streit der vergangenen Wochen, und ohne es zu wollen, übertrugen sie ihre Bangigkeit auf die wenigen Verwandten und Freunde in der Schönefelder Dorfkirche. Man musste wohl erst abwarten, wie sich das alles entwickelte. Immerhin waren die Vorzeichen dieser Hochzeit nicht gerade die besten gewesen.

Doch Clara war gesund. Sie hatte gelernt, dem Schicksal zu vertrauen und der eigenen Kraft. Trotz ihrer Jugend hatte sie schon mehr erreicht als die meisten anderen Menschen in ihrem ganzen Leben. Nicht immer war es leicht gewesen, aber jedes Mal hatte sie sich durchgesetzt. »Mein kleiner Russe!«, hatte ihr Vater sie gelobt, damals als sie noch füreinander da waren. Unzertrennlich. Immer nur Claras Erfolg als Pianistin im Visier. Dieses Band war nun zerrissen, der kleine Russe war allerdings nach wie vor stark genug, und was mit Kummer begonnen hatte, konnte trotzdem in Freude enden.

Ein schönes Leben … Und war da nicht auch noch die Liebe, die Clara und Robert im Laufe der ersten ungestörten Tage wieder bewusst wurde? Die Liebe, an der sie insgeheim fast schon gezweifelt hatten. Auf einmal aber war jetzt wieder genug Zeit, einander in die Augen zu schauen. Wirklich zu schauen, nicht nur mit dem Blick flüchtig vorbeizugleiten. Sanfte Berührungen wurden wieder gespürt, der zärtliche Ton der Stimme des anderen wieder wahrgenommen. »Clärchen!«, hieß es auf einmal wie früher und »Mein lieber, lieber Robert!«. Der Zauber war noch nicht verflogen.

So war von Zweifeln kaum noch die Rede, als Clara eine Woche später in ihrem Ehetagebuch, das sie mit Robert gemeinsam führte, notierte, was sie von der Zukunft erwartete. »Nur noch glücklich wollen wir von jetzt an sein!«, stand da in ihrer unerwartet kindlichen Schrift, und während Clara es schrieb, glaubte sie wieder daran, weil sie daran glauben wollte.

2


Mit der Ehe veränderte sich Claras Leben, dass sie manchmal meinte, sie sei plötzlich eine ganz andere geworden. Trotzdem war sie zu Beginn darüber nicht beunruhigt. Es erschien ihr selbstverständlich, dass sie sich erst einmal um die Einrichtung ihres neuen, gemeinsamen Heims kümmern musste, um die Einweisung der Dienstboten und um die vielen Abende, an denen die Gäste bewirtet werden mussten, die immer zahlreicher darauf warteten, von den beiden jungen Künstlern eingeladen zu werden. Es galt als chic, im Hause Schumann zu verkehren, in der Leipziger Inselstraße 5. Geräumige, hohe Zimmer im ersten Stock, der Beletage, mit einem schmalen Balkon aus Schmiedeeisen zur Straße hin und einem stimmungsvollen Blick vom Schlafzimmer aus auf einen winzigen Park, in dem Robert und Clara manchmal noch am späten Abend spazieren gingen und von einer Bank aus in den Himmel schauten.

Das waren die Momente, in denen sie zur Ruhe kamen und in denen Clara manchmal der Atem stockte bei dem Gedanken, dass sie eigentlich schon nicht mehr wusste, wann sie zum letzten Mal am Klavier gesessen hatte und ganz sie selbst gewesen war. Wo sie alles um sich herum vergaß und sich wieder in Clara Wieck verwandelte, die immer nur für die Musik gelebt hatte.

Von Anfang an hatte es in der Wohnung zwei Klaviere gegeben. Das hatte Clara verlangt, und das hatte Robert ihr zugestanden, weil er begriff, worum es ihr ging. An den Abenden, an denen sich Gäste im Hause aufhielten, spielte Clara auch noch jedes Mal einige Musikstücke, weil man es von ihr verlangte und weil man Clara Wieck hören wollte, die das Publikum in halb Europa verzaubert hatte. Sie spielte ihre Bravourstücke von einst, mit denen sie auch jetzt noch ihre Zuhörer gefangen nahm. Doch ihre Seele war nicht mehr dabei, das merkte sie jedes Mal. Die sich da über die Tasten beugte, war nicht mehr Clara Wieck, das war »Madame Schumann«, die das Klappern des Geschirrs aus der Küche nebenan hörte und sich fragte, ob sich der tellergroße Rotweinfleck, den ein Gast soeben verursacht hatte, aus dem teuren Damasttischtuch wohl noch entfernen lassen würde. Die meisten Zuhörer spürten nicht, wie wenig sie bei der Sache war. Sie bemerkten nur die Virtuosität, die Clara noch immer nicht verloren hatte, und sie nickten einander Beifall heischend zu, als hätten sie selbst eine Leistung erbracht.

 

Nur einmal zu dieser Zeit kam es vor, dass sich Clara durchschaut fühlte und sich so sehr schämte, dass sie am liebsten auf der Stelle gestorben wäre. An jenem Abend war der bejubelte Franz Liszt als Gast ins Haus gekommen und hatte mit seinem Temperament Claras Klavier fast zertrümmert. Danach bat er sie um eine Darbietung ihrerseits.

Claras Hände zitterten, als sie sich ans Klavier setzte. Sie atmete tief und wartete, und die Gäste und der hohe Gast – lässig an die Fensterbank gelehnt – warteten mit ihr. Dann hob sie plötzlich die Hände von den Tasten. Sie sprang auf und bat mit bebender Stimme, jetzt sofort auf das Wohl »des überragenden Pianisten« zu trinken, um ihm die Ehre zu erweisen, die seiner Kunst gebührte. Alle lachten und gehorchten mit Begeisterung. Sie fanden es ganz natürlich, dass der Künstler aus der großen Welt die junge Ehefrau aus der eigenen kleinen Stadt überstrahlte.

Keiner von ihnen hatte miterlebt, wie vor gerade einmal vier Jahren Claras glühende Verehrer in Wien ihrer Kutsche nach dem Konzert die Pferde ausgespannt hatten und das Gefährt unter Gelächter und lautem Rufen eigenhändig durch die nächtlichen Straßen zu der kleinen Villa zogen, wo Clara während ihres Wiener Aufenthalts mit ihrem Vater logierte.

Keiner hier aus Leipzig war dabei gewesen, als ihr der Kaiser persönlich »als öffentliches Merkmal Unserer Allerhöchsten Zufriedenheit mit ihren Kunstleistungen« den Titel einer Kaiserlich-Königlichen Kammervirtuosin verlieh, einer Pianiste de la Cour Impériale et Royale Apostolique, wie sie sich nun offiziell bis an ihr Lebensende nennen durfte.

Nur sieben Künstler gab es, die sich mit diesem Titel schmücken durften. Alle hochgebildet und geachtet seit vielen Jahren. Bei Hofe fassten es manche kaum, dass nun dieses junge Mädchen derart geehrt wurde, obwohl aus Wiener Sicht so vieles gegen sie sprach. Eine Ausländerin war sie doch bloß, eine Sächsin, dazu noch protestantisch und vor allem viel zu jung!

Sogar Clara selbst hatte damals ihre Zweifel gehabt, als ihr von den Gegenstimmen berichtet wurde, die sich gegen ihre Ernennung erhoben hatten. Ihr Vater hatte nur die Achseln gezuckt und zufrieden gelächelt wie ein satter Kater. Neider gab es immer, hatte er gemurmelt, und der erbittertste Neid sei das höchste Lob.

Heute, dachte Clara, als die Gäste in der Inselstraße auf das Wohl ihres einstigen Rivalen tranken, heute beneidete sie wahrscheinlich kaum noch jemand. Dabei war sie eigentlich die Gleiche wie früher, zumindest in ihrer eigenen Einschätzung. Für die anderen aber war sie nun wohl vor allem die hübsche Madame Schumann, die ihre Gäste so reizend bewirtete und deren Ehemann sich als Komponist auf dem Weg nach oben befand.

Welch ein Abstieg!, dachte Clara hingegen über sich selbst und lächelte ihren Gästen in falscher Fröhlichkeit zu. So...

Erscheint lt. Verlag 17.9.2021
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 19. Jahrhundert • biografische Romane • Clara Schumann • Clara Wieck • Dresden • Flügel • Friedrich Wieck • Geschenk klassische Musik • Geschenk Musikliebhaber • Historischer Roman • Kinderstar • Klavier • Komponistin • Künstlerbiografie • Künstlerroman • Leipzig • Musik • Musikerinnen • Neuerscheinung historischer Roman 2021 • Paris • Pianistin • Piano • Robert Schumann • Romanbiografie • Starke Frau • Wien • Wunderkind
ISBN-10 3-423-43925-4 / 3423439254
ISBN-13 978-3-423-43925-1 / 9783423439251
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