Tote ohne Namen (eBook)

Thriller | »Jack-Reacher-Fans werden sie verehren. Viva la Vega!« Booklist

(Autor)

Thomas Wörtche (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
400 Seiten
Suhrkamp (Verlag)
978-3-518-76822-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Tote ohne Namen -  Louisa Luna
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Alice Vega ist Privatdetektivin, manchmal Kopfgeldjägerin und immer Spezialistin im Auffinden verschwundener und entführter Personen. Vega ist knallhart, notfalls gewaltaffin, aber auch sehr klug, deduktiv begabt, eine ultrascharfe Beobachterin - und sie gibt nie auf.

Als zwei mexikanische Mädchen tot aufgefunden werden, heuert sie das San Diego Police Department an, denn bei den beiden Toten ohne Namen fand man zwar keine Dokumente, dafür aber einen direkt an Vega gerichteten Hilferuf. Das DEA, die auf Drogen spezialisierte Strafverfolgungsbehörde, legt ihr nahe, die Finger von diesem Job zu lassen. Und auch die mexikanischen Kartelle schalten sich ein. Aber sie alle haben die Rechnung ohne Vega gemacht ...



<p>Von Louisa Luna, geboren in San Francisco, sind bislang die Romane <em>Brave New Girl</em>, <em>Crooked</em>, <em>Serious As A Heart Attack</em> und <em>Two Girls Down</em> erschienen. Sie lebt mit Ehemann und Tochter in Brooklyn.</p>

2


Alice Vega starrte auf die Hunde, die Hunde starrten auf das Fleisch.

Sechs verschiedene Rassen, manche zitternde Fellknäuel, andere groß mit langen Schnauzen, alle angebunden am selben Radständer vor Reno’s Coffee, ihr Blick wie gebannt auf das Frühstückssandwich gerichtet, das das Paar am nächstgelegenen Tisch verspeiste. Die Lefzen hingen schlaff herab, die Zungen flatterten wie feuchte Flaggen. Vega wusste nicht viel über Hunde, welche Gene welche Rassen hervorbrachten, aber eines war klar: Sie alle wollten ran an den Speck, selbst wenn sie gar keinen Hunger hatten.

Vega saß an einem Tisch ohne Sonnenschirm, es war erst neun Uhr morgens, aber schon brütend heiß. Nett hier, langweilig. Die Straßen blitzblank, die Menschen auf unauffällige Weise attraktiv, die Hunde gepflegt. So ähnlich war es auch dort, wo Vega wohnte, doch in ihrer Stadt gab es mehr Obdachlose und weniger Luxuskarossen. Ein bisschen schäbiger, aber nicht viel. Kalifornien war ein eigener Planet, Vega hatte ihr ganzes Leben dort verbracht, daher kamen ihr die meisten Orte vertraut vor. In San Diego war es genauso.

Als ihr Handy neun Uhr fünfzig zeigte, warf sie ihren Becher in den Müll, betrachtete die Hunde noch ein letztes Mal, dann ging sie. Fuhr zum rund einen Kilometer entfernten Gebäude der Rechtsmedizin und parkte davor. Das Gebäude aus hellem Sandstein wirkte wie ein Krankenhaus oder eine Grundschule. Vega klickte auf die Mail mit Namen und Adresse.

Dann stieg sie aus, ließ ihre Halswirbel knacken und verdrehte sich wie eine Lakritzstange. Danach ging es ihr besser. Fünfunddreißig ist nicht soo alt, dachte sie, als müsste sie sich rechtfertigen.

Durch die Automatiktür ins kühle, cleane Interieur, Linoleumboden mit Karomuster. Ein Pförtner saß auf einem Klappstuhl vor dem Schreibtisch, den Blick auf den Überwachungsmonitor gerichtet. Er reagierte nicht überrascht, als Vega vor ihm stand, schließlich hatte er sie vom Parkplatz kommen sehen.

»Kann ich Ihnen helfen?« Er war jung und schwarz, der Schatten eines Barts auf der Oberlippe.

»Ich habe einen Termin bei Emilia Paiva«, sagte Vega.

»Vega? Ist das Ihr Nachname?«

Sie nickte, zeigte ihm ihren Führerschein. Der Pförtner nahm ihn und notierte ihre Daten im Register vor ihm. Dann drückte er zwei Knöpfe auf seinem Telefon und gab ihr den Führerschein zurück. Vega spähte auf den Bildschirm: der frisch gemähte Rasen vor dem Gebäude, geparkte Autos, eine Reihe weißer Transporter. Hinter einem standen zwei Angestellte in Schutzkleidung und zogen eine Bahre mit Leichensack heraus.

Da ertönte eine weibliche Stimme. »Sie sind Alice Vega.«

Vega blickte auf, und da stand sie: Eine Latina mit jugendlichem Gesicht und geradegeschnittenem, dunklem Pony. Die Frau war ein bisschen kleiner als Vega, wog aber locker über hundert Kilo. Ihren blauen Laborkittel trug sie offen, darunter ein T-Shirt mit der Aufschrift Deadpool.

»Ms Paiva?«, fragte Vega.

»Mia«, sagte sie munter. »Alle nennen mich Mia.«

Sie gab Vega die Hand.

»Das da ist Sam«, sagte sie mit Blick auf den Pförtner. »Er lächelt einmal die Woche.«

Sam lächelte.

»Da!«, rief Mia. »Mir nach«, sagte sie zu Vega.

Vega folgte ihr durch graue Schwingtüren in einen Gang mit einem länglichen Fenster an der einen Seite, durch das man auf eine Reihe geparkter Fahrzeuge sah. Am Ende des Gangs befanden sich identische Schwingtüren. Trotz ihres eindrucksvollen Gewichts bewegte sich Mia relativ zügig.

»Wie lang arbeiten Sie schon mit Rowlie?«, fragte sie Vega.

»Roland Otero? Bis jetzt habe ich nur einmal mit ihm gesprochen. Er wollte, dass ich Sie treffe.«

»Ah-ha«, sang Mia, während sie sich durch die Tür schob, »jetzt verstehe ich.«

Vega fragte nicht, was Mia zu verstehen glaubte. Vor ihnen teilte sich der Gang. Auf der einen Seite befanden sich durchsichtige Schiebetüren, dahinter sah man Techniker an langen Bänken und Schreibtischen mit Mikroskopen, kastenförmigen Analysegeräten und Laptops. »Toxikologie« stand auf einem kleinen Schild. Auf der anderen Seite befand sich ein engerer Korridor und am Ende eine Treppe nach unten. Vega folgte Mia, die ohne Punkt und Komma weiterplauderte.

»Heiß hier, hm?«, fragte sie, wartete aber nicht auf eine Antwort. »Heute sollen es zweiunddreißig Grad werden. Wenigstens sind wir hier drin.«

Als Mia sich umwandte, lächelte Vega rasch. Besser, sie reden zu lassen, dachte sie, obwohl das nicht besonders schwierig war, die Frau war eine echte Plaudertasche. Am Fuß der Treppe schob sie sich durch eine weitere Schwingtür und blieb dann vor einer Stahltür stehen. Ein großes Schild warnte vor Biogefährdung. Mia hielt ihren Ausweis an das Kartenlesegerät, und das rote Lämpchen wechselte zu grün. Die Tür öffnete sich automatisch.

Sie betraten einen großen Raum, an den Wänden standen sechs Fächer hohe Metallregale voller weißer Plastiksäcke, jeder hatte einen schwarzen Reißverschluss in der Mitte, jeder enthielt eine Leiche. Vega kannte den Geruch. Saures Formalin, gemischt mit dem blutigen Gestank beim Schlachter.

»Hier, setzen Sie die auf«, sagte Mia und reichte ihr eine Schutzbrille. »Die Chemikalien sind ziemlich heftig für die Schleimhäute.«

Vega streifte sie sich über, Mia tat dasselbe und zog sich dann bläuliche Latexhandschuhe an.

»Passiert mir auch. Mir tränen ständig die Augen. Nicht weil ich emotional bin oder so, ich habe nur empfindliche Schleimhäute.«

Sie blieb an zwei zusammengeschobenen Bahren stehen. Auf jeder lag ein Leichensack. Vega trat ans kurze Ende der Bahren, wo sie die Füße vermutete.

»Zwiebeln schneiden? Können Sie vergessen!«, fügte Mia hinzu. »Okay, hier haben wir die Erste.«

Mia zog den Reißverschluss auf. Im Sack lag die Leiche eines jungen Mädchens, eine Latina mit langem, lockigem Haar, das ihr im Stehen vermutlich bis fast zur Hüfte gereicht hatte. Sie war schlank mit kleinen Brüsten und schmaler Hüfte. Ihr Körper zeigte Spuren des bei der Obduktion durchgeführten Y-Schnittes. Mia schob den Sack ganz zur Seite, damit Vega das Wichtigste besser sehen konnte: die ungeschickten Einschnitte über dem linken Hüftknochen.

»Weiblich, Alter zwischen zwölf und vierzehn, wurde letzten Donnerstag eingeliefert. Todesursache Myokardinfarkt infolge massiven Blutverlusts durch mehrere Stichverletzungen«, erklärte Mia, während sie mit zwei Fingern die Hüfte anhob, um Vega zu zeigen, dass die Schnitte weitergingen. »Ich schätze, sie war schon einen Tag tot, bevor sie bei uns eingeliefert wurde. Keine Anzeichen von kürzlich stattgefundener sexueller Gewalteinwirkung per se, aber diverse Risse an den Schamlippen und im Analbereich, das Hymen fehlt. Auffällig ist hier vor allem das funktionierende Intrauterinpessar.«

Vega umrundete die Tote und stellte sich neben Mia, damit sie dasselbe sah wie sie.

»Organe sind alle relativ normal, außer dem Loch in der Niere.«

»Ist sie daran gestorben?«, fragte Vega.

Mia zuckte die Achseln.

»Nierenverletzungen bluten stark, das hat den Prozess sicher beschleunigt, aber es ist nicht so, dass sie sicher überlebt hätte, wenn der Mörder ihre Niere nicht erwischt hätte. Keine Nahrungsreste im Magen. Hier ist was für Sie«, sagte Mia etwas zu fröhlich. Sie zeigte auf die Wunden. »Sehen Sie die oberflächlichen Schnitte hier?«

Vega beugte sich vor. Zwischen den tiefen Schnittverletzungen an der Hüfte und am Rücken befanden sich mehrere schorfige Stellen, sie lagen dicht nebeneinander, einige waren länger, andere kürzer, es sah aus wie ein Barcode.

»Ich nehme an, unsere Jane Doe hat sich bewegt, der Mörder ritzt mit der Klinge in die Haut, aber Sie sehen selbst, dass einige Spuren kürzer sind als andere?«

Vega nickte.

...

Erscheint lt. Verlag 18.4.2021
Reihe/Serie Alice Vega
Alice Vega
Übersetzer Andrea O?Brien
Sprache deutsch
Original-Titel The Janes
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bestseller • Bestseller bücher • Bestsellerliste • buch bestseller • Drogen • Entführung • Krimi • Krimi-Bestenliste • Krimi-Bestseller • Mexikanisches Drogenkartell • neues Buch • Nordamerika (USA und Kanada) • Packende Lektüre • Privatdetektivin • San Diego • Spannung • ST 5251 • ST5251 • suhrkamp taschenbuch 5251 • Thriller • Vereinigte Staaten von Amerika USA • weibliche Ermittlerin
ISBN-10 3-518-76822-0 / 3518768220
ISBN-13 978-3-518-76822-8 / 9783518768228
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