Auch vor einem brisanten Geheimnis aus ihrer eigenen Vergangenheit. Nie wäre ihr in den Sinn gekommen, dass Zachary Geheimnisse vor ihr haben könnte. Doch dann findet sie eine geladene Pistole in seinem Zimmer. Alles deutet darauf hin, dass ihr Sohn in die Machenschaften einer gewaltbereiten extremistischen Vereinigung verstrickt ist. Einer Gruppierung, die Anschläge gegen Regierungsvertreter plant.
Deren Mitglieder sich nicht an Gesetze gebunden fühlen, weil sie den Staat nicht anerkennen. Ist Zachary in falsche Kreise geraten? Wie gut kennt sie ihren Sohn wirklich?
Karen Cleveland war acht Jahre als Analystin für die CIA tätig und wurde in dieser Zeit auch zeitweilig beim FBI eingesetzt. Sie hat am Trinity College Dublin und an der Harvard University studiert. »Eine Frage der Sicherheit« ist ihr zweites Buch nach dem New York Times-Bestseller »Wahrheit gegen Wahrheit«. Mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern lebt Karen Cleveland in Virginia.
Was, wenn ihr Sohn nicht der ist, für den sie ihn hält? Eine extremistische rechte Gruppierung plant Anschläge auf US-Regierungsvertreter. Steckt der Sohn der FBI-Sonderermittlerin mit ihnen unter einer Decke? Ein hochspannender Psychothriller von brisanter Aktualität - von der New York Times-Bestsellerautorin. Für Fans von John Grisham, Karin Slaughter und der Thrillerserie »The Undoing«.
»Ein temporeicher Thriller über eine Verschwörung, die mitten in eine Familie getragen wird.« (Publishers Weekly)
1
Nachts laufe ich am liebsten. Immer schon. Ich mag diese Ruhe. Die stillen Straßen, die leeren Bürgersteige. Nicht die sicherste Zeit, zugegeben. Aber in Joggingklamotten habe ich nicht viel dabei, was man mir klauen könnte. Und was Überfälle angeht: Ich bin zäher, als man denkt. Ich habe Selbstverteidigung gelernt. Ich kann auf mich selbst aufpassen. Gezielte und lange geplante Verbrechen machen mir viel mehr Bauchschmerzen. Und überhaupt: Wenn mir jemand ans Leder will, dann findet er mich. So oder so.
Der Reflecting Pool am Lincoln Memorial liegt zu meiner Linken, dunkel und glasklar. Die sechste Meile von geplanten zehn, bisher alle unter siebeneinhalb Minuten. Eine solide Grundgeschwindigkeit heute Abend. Besser als sonst. Der drohende Sturm treibt mich an. Eine Woche hatten wir fast frühlingshaftes Wetter mit ungewöhnlich warmen Temperaturen, die Knospen an kahlen Zweigen aufspringen ließen und Tulpenstängel aus dem Boden lockten. Aber das Wetter in Washington kann innerhalb kürzester Zeit umschlagen, und die Vorhersage kündigt ein letztes Aufbäumen des Winters an. Der Wind frischt bereits auf.
Ich komme am Denkmal für die im Zweiten Weltkrieg gefallenen Soldaten vorbei, laufe die leichte Anhöhe zum Washington Memorial hinauf. Hier bin ich in meinem Element. Muskeln pumpen, strecken, stählen. An die Grenzen gehen. Ich trage eine leichte Jacke und eine dreiviertellange Jogginghose. Keine Mütze. Die Haare zurückgekämmt und hinten zum Pferdeschwanz zusammengebunden. Achtzigerjahre-Rock auf den Kopfhörern im Ohr, aber nicht so laut. Leise genug, dass ich es höre, wenn sich jemand von hinten nähert. Dass ich alles um mich herum mitbekomme.
Oben angekommen geht mein Blick zum Weißen Haus. Links von mir liegt es, hell angestrahlt. Ich bekomme immer noch eine Gänsehaut, wenn ich es sehe. Auch nach acht Jahren hier in der Stadt. Eine ständige Erinnerung daran, wie nahe ich dem Zentrum der Macht bin. Und wo Macht ist, braucht es auch immer jemanden wie mich.
Am Obelisken vorbei und den Hügel wieder hinunter. Schneller als hinauf. Die Kuppel des Kapitols ragt vor mir auf, leuchtend vor dem dunklen Nachthimmel.
Eine Erinnerung schießt mir durch den Kopf. Ich, in diesem holzvertäfelten Büro, damals, vor all den Jahren. Er, wie er aufsteht und um den Schreibtisch herum auf mich zukommt …
Konzentrier dich, Steph.
Das liegt an dem verdammten Fall, an dem ich gerade dran bin. Der macht was mit mir. Der erinnert mich zu sehr an meine eigene Vergangenheit. Ich zwinge meine Beine, schwerer zu arbeiten, schneller zu laufen. Lausche auf das rhythmische Hämmern meiner Schuhe auf dem Asphalt, das Stakkato-Getrommel.
Die National Mall öffnet sich vor mir. Eine schöne Gerade. Gelegenheit für einen Zwischensprint.
Meine Beine werden schwer. Ich habe Schmerzen im Knie, aber ich kämpfe weiter. Jetzt nur nicht aufgeben.
Die Kuppel kommt näher. Ich sehe sein Gesicht, wieder einmal. Spüre die Hand auf meinem Arm, die mich festhält …
Noch schneller. Weitersprinten.
Die Vergangenheit lässt sich nicht mehr ändern. Ich kann nichts gegen ihn ausrichten. Nicht, ohne alles zu riskieren, was mir etwas bedeutet. Aber auf die Zukunft habe ich Einfluss. Ich kann einen anderen wie ihn aufhalten.
Mein Blick geht zum Handgelenk. Fünfeinhalb Minuten für die letzte Meile. Ein Lächeln stiehlt sich auf meine Lippen.
Ich habe alles im Griff. Morgen wird die Macht wieder kontrolliert und überwacht.
Vier Uhr nachmittags, und Hanson sitzt schon an der Theke. Ich hatte ihn gar nicht als Trinker in Erinnerung, damals in Quantico. Womöglich war er es da auch noch nicht. Womöglich hat er es nur gut versteckt.
Ich schiebe die Tür auf, und eine Glocke bimmelt blechern. Der Laden ist eine Absteige. Eng und düster, Neonschilder an der Wand, zwei Billardtische, beide besetzt. Journey läuft im Hintergrund. Er sitzt am anderen Ende der Theke, vor sich ein Glas, noch fast voll.
Ich gehe zu ihm, spüre die Blicke ringsum, ignoriere sie. Ich weiß, ich falle auf wie ein bunter Hund. Schwarzer Hosenanzug, hohe Absätze, maßgeschneiderter Wollmantel. In D. C. gibt es unzählige Bars, die so ein Publikum anziehen. Aber diese gehört nicht dazu.
»Hey, Hanson.«
Er dreht sich um. Um die Mitte ist er fülliger als beim letzten Mal, als wir uns gesehen haben, und die Haare sind schütter geworden. Ein Lächeln erscheint auf seinem Gesicht. »Maddox. Also, was sagt man dazu!«
Er steht halb auf, beugt sich zu einer linkischen Umarmung nach vorne. Linkisch, weil wir uns seit Jahren nicht gesehen haben. Und weil ich mich nicht daran erinnern könnte, dass wir uns überhaupt jemals umarmt haben. Früher, während unserer Ausbildung, hätte er mich vermutlich mit einem kollegialen Klaps auf den Rücken begrüßt.
Er wird rot, als ginge ihm gerade auf, wie deplatziert diese Umarmung war. Als wäre ihm, leider zu spät, aufgegangen, dass wir nicht mehr auf Augenhöhe sind. Eigentlich sind wir nicht einmal mehr Kollegen. Jedenfalls nicht richtig. Ehemalige Bekannte vielleicht.
Ich wende den Blick von seinem hochroten Gesicht, streife den Mantel ab, rutsche auf den Hocker neben ihm. Kaum sitze ich, kommt die Barkeeperin zu mir.
»Was darf’s denn sein?«, fragt sie, stützt sich auf die Theke und beugt sich zu mir nach vorne. Sie hat ein Tattoo am Handgelenk. Ein mit Stacheldraht umwickeltes Herz. Mein Blick geht von dort zu ihrem Gesicht, das eigenartig unbedarft und unschuldig wirkt.
»Nur ein Wasser, danke.«
Sie geht wieder, und ich wende mich wieder Hanson zu.
»Lange ist’s her«, sagt er, jetzt wieder beherrscht.
»Das kannst du laut sagen.«
»Ich habe gehört, du bist jetzt auch im Hauptquartier. Aber wir sind uns noch gar nicht über den Weg gelaufen.«
»Bis jetzt.«
»Als Erste aus unserer Klasse in die erlauchten Kreise aufgestiegen, was?« Er hebt das Glas, trinkt einen langen Schluck. Lässt mich dabei nicht aus den Augen.
»Könnte man so sagen.«
Eine Handvoll ehemaliger Klassenkameraden sind inzwischen leitende Sonderermittler, genau wie Hanson. Aber ich bin die Erste, die es noch weiter gebracht hat. Leiterin einer eigenen Abteilung im Hauptquartier. Wenn auch bloß einer kleinen. Dienstaufsicht.
Die Barkeeperin stellt mir wortlos ein Glas Wasser vor die Nase und geht wieder.
»Wie geht’s dir?«, fragt Hanson.
Ich nippe an meinem Wasserglas, stelle es behutsam zurück auf die Theke. Drehe mich zu ihm um. Er ist alt geworden in den letzten zehn Jahren. Man sieht ihm das Alter an. Aber ich sehe immer noch den Kerl, der in dem Kurs Beweisaufnahme neben mir gesessen hat. Meinen Sparringspartner beim Training.
»Bist du dir darüber im Klaren, dass Ermittlungen wegen des Verdachts der sexuellen Belästigung gegen dich eingeleitet wurden?«
Die freundliche Miene verfliegt. Erstaunt macht er den Mund auf und klappt ihn schnell wieder zu. Sein Gesicht ist versteinert. Als hätte man einen Schalter umgelegt. »Darum bist du hier?«
»Sie ist deine Untergebene, Hanson.«
»Das ist alles an den Haaren herbeigezogen.«
»Das ist alles wahr. Das weißt du. Und ich weiß es auch.«
Er guckt weg und reckt trotzig das Kinn. Lange sagt keiner mehr ein Wort. Hinter der Theke höre ich Gläserklirren.
»Mein Wort gegen ihrs«, brummt er.
Ärger beginnt in mir aufzuflammen. »Ach ja?«
»Für so einen Scheiß könnt ihr mich nicht vor die Tür setzen.«
»Und wie wäre es mit Arbeitszeitbetrug?«
Seine Lippen zucken kaum merklich. Ich sehe, wie er kämpft, sich nichts anmerken zu lassen.
»Ich habe seit einer Woche einen Agenten auf dich angesetzt. Ich weiß ganz genau, wie viele Stunden du gearbeitet hast. Und für wie viele Stunden du bezahlt wurdest.«
Sein Blick ist stechend, doch dahinter sehe ich Verunsicherung aufblitzen.
»Und ich weiß, dass du deine Waffe noch trägst.« Nickend weise ich auf die Ausbeulung an seiner Hüfte. »Ich weiß, dass du mit deinem Dienstwagen hergekommen bist und dass das schon dein zweites Glas Bourbon ist.«
»Was zum Teufel soll das, Maddox?«
Ich sage kein Wort.
»Wir waren mal Freunde.«
Er wartet. Atmet schwer. Seine Nasenflügel blähen sich leicht mit jedem Atemzug.
Ich beuge mich zu ihm vor. »Ich sage dir, was jetzt passiert. Du gibst mir deine Marke und deine Waffe und deine Schlüssel. Und gleich morgen früh spazierst du ins Hauptquartier und quittierst den Dienst.«
Er schnaubt abfällig. »Und wenn nicht?«
Mein Blick geht zur Tür, und ich nicke unauffällig dorthin. »Siehst du die beiden Typen da hinten?« McIntosh und Flint stehen links und rechts der Tür und beobachten uns. »Die beiden arbeiten für mich. Und sie warten nur darauf, eine kleine Szene zu machen. Jetzt und hier. Alkoholtest, Handschellen, das ganze Gedöns.«
»Schwachsinn.«
»Willst du wetten?«
Er guckt zur Tür und dann in seinen Drink. Das Glas ist fast leer. Seine Finger haben sich fest darum geschlossen. An der linken Hand sehe ich die blasse Rille, wo sein Ehering sonst sitzt.
»Deine Karriere ist vorbei, Hanson. Ich gebe dir die Gelegenheit, heimlich, still und leise zu verschwinden. Stell dich den Konsequenzen für die Belästigung, und das hier« – ich zeige mit dem Kinn auf den Bourbon – »kommt nicht mehr zur Sprache. Und deine Betrügereien auch...
Erscheint lt. Verlag | 1.2.2022 |
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Übersetzer | Stefanie Retterbush |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Keep you close |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | CIA • FBI • Geheimdienst • Homeland • House of Cards • John Grisham • Karin Slaughter • New York Times-Bestsellerautorin • Politthriller • Psychothriller • Russland • The Americans • The Undoing • Verschwörung • Washington, D.C. |
ISBN-10 | 3-641-22112-9 / 3641221129 |
ISBN-13 | 978-3-641-22112-6 / 9783641221126 |
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