Rachezeit (eBook)
432 Seiten
Blanvalet Taschenbuch Verlag
978-3-641-25650-0 (ISBN)
Das spektakuläre Finale der Bestseller-Serie aus Schweden!
Auf Youtube verbreitet sich das Video eines jungen Mannes - der Sprengsatz an seinem Körper könnte jeden Moment in die Luft gehen. Verzweifelt versucht das Team von Kriminalinspektorin Mia Bolander den Ort zu identifizieren, an dem das Opfer versteckt ist, doch sie kommen zu spät ... Die Staatsanwältin Jana Berzelius wird in die stockende Ermittlung hineingezogen. Bislang war es immer ihre Aufgabe, die schonungslose Wahrheit herauszufinden. Diesmal jedoch muss Jana alles dafür tun, um sie zu verbergen. Denn die Zeit für ihre Rache ist gekommen, und an ihren Händen klebt Blut ...
Alle Bücher der Jana-Berzelius-Reihe:
Nebelkind
Weißer Schlaf
Engelsschuld
Im Namen des Sohnes
Leichengrund
Rachezeit
Die Fälle von Jana Berzelius können einzeln gelesen werden.
Emelie Schepp, geboren 1979, wuchs im schwedischen Motala auf. Sie arbeitete als Projektleiterin in der Werbung, bevor sie sich dem Schreiben widmete. Nach einem preisgekrönten Theaterstück und zwei Drehbüchern verfasste sie ihren ersten Roman: Der zuerst nur im Selbstverlag erschienene Thriller »Nebelkind« wurde in Schweden ein Bestsellerphänomen und erscheint mittlerweile als Übersetzung in 30 Ländern; die Jana-Berzelius-Serie hat sich weltweit über eine Million Mal verkauft. 2016, 2017 und 2018 wurde Schepp mit dem renommierten CrimeTime Specsaver's Reader's Choice Award ausgezeichnet und damit bereits dreimal zur besten Spannungsautorin Schwedens gekürt.
Drei Wochen später
1
»Ich schwöre, ich weiß nicht, wer sie umgebracht hat.«
Der dunkelhaarige junge Mann vor Kriminalobermeisterin Mia Bolander rutschte frustriert auf seinem Stuhl im Vernehmungsraum herum. Obwohl er vollkommen harmlos aussah, war der zwanzigjährige Armand Muric ein gewalttätiger junger Mann. Er war in mehrere Fälle von schwerer Körperverletzung involviert gewesen und erst vor ein paar Jahren aus einer Jugendstrafanstalt entlassen worden, wo er eine Strafe absitzen musste, nachdem er einem Gleichaltrigen vor einer Pizzeria in Hageby die Zähne ausgeschlagen hatte.
»Sie können ganz beruhigt sein. Ihre Freundin hat ausgesagt, dass Sie zu Hause waren. Sie stehen nicht unter Tatverdacht, wir wollen nur von Ihnen wissen, was an diesem Dienstagabend vor drei Wochen passiert ist«, sagte Mia und strich sich das blonde Haar aus der Stirn.
»Aber warum haben Sie mich dann hierherbestellt?«, fragte Armand Muric. »Wenn Sie ohnehin schon wissen, dass ich es nicht war?«
»Wie Sie sicher verstehen, ist mein Mandant empört darüber, dass er seit über einer Stunde in diesem Raum sitzen muss«, erklärte sein Anwalt, ein Mann mit breitem Schnurrbart und Doppelkinn.
»Das verstehe ich«, meinte Mia. »Aber ich muss wissen, wer Zoran Kader, Daniel Persson und Martin Lindberg im Vrinneviskogen getötet hat und wie wir den Täter fassen können. Ihr Mandant müsste etwas darüber wissen.«
»Müsste er das wirklich?«, erwiderte der Anwalt und faltete die Hände über seinem dicken Bauch.
»Ja, weil alle drei Komados waren. Genau wie er.«
Armand Muric rutschte wieder auf dem Stuhl herum.
»Nicht mehr«, sagte er. »Ich gehöre nicht mehr dazu.«
Mia ging die Geduld aus.
»Und genau deshalb müssten Sie uns die Namen aller Personen und Gruppen nennen können, von denen die Komados jemals bedroht worden sind, oder?«
»Hören Sie zu …« Armand Muric zog die Ärmel seiner Adidasjacke hoch und entblößte eine Reihe von Tätowierungen. »Ich habe mit der Bande nichts mehr zu tun. Ich verhalte mich seit über einem Jahr gesetzestreu, ich habe Arbeit, eine Familie, und ich will so gern …«
Er verstummte, schluckte schwer.
»Ich will so gern, dass mein Sohn stolz auf mich ist, okay?«, fuhr er fort. »Ich will ihm und meinen Geschwistern zeigen, dass man aussteigen kann, auch wenn man so viel Scheiße erlebt hat wie ich.«
Mia überlegte, was für Gefühle Armand Muric in ihr weckte. War es Mitleid? Vielleicht. Sie wusste, was es für eine Herausforderung war, aus einer Bande auszusteigen, und dass die Angst und die Müdigkeit, die sie in seinen Augen sah, echt waren. Sie hatte diesen Blick schon einmal gesehen. Aber das war lange her, und sie durfte jetzt nicht daran denken. Sie musste sich konzentrieren.
»Was für Scheiße haben Sie denn erlebt?«, fragte sie und verschränkte die Arme vor ihrem fusseligen schwarzen Pullover. »Werden Sie bedroht?«
»Nein«, antwortete er.
Mia musterte ihn.
»Und warum tragen Sie dann eine Schutzweste?«
Armand Murics Blick verdunkelte sich, und er schien seine Worte genau abzuwägen, bevor er schließlich antwortete: »Können Sie mich nicht in Ruhe lassen? Ich will einfach nur ein gutes Leben mit meiner Familie führen, okay? Sie bedeutet mir alles, wirklich alles.«
»Dann machen wir es so.« Mia beugte sich vor. »Wenn Sie uns einen Hinweis geben, durch den wir weiterkommen, sorgen wir dafür, dass sich unsere Kollegen vom Zeugenschutzprogramm noch heute bei Ihnen melden.«
Armand Muric schüttelte heftig den Kopf.
»Nein, nein …«
»Doch, und jetzt hören Sie mir mal zu«, sagte sie entschieden. »Wenn Sie uns helfen, dann helfen wir Ihnen.«
»Aber ich will Ihre Hilfe nicht, ich bin schon längst raus, und wenn ich irgendwas verrate, bin ich tot. Sie wissen ganz genau, wie es läuft.«
Mia seufzte. Das wusste sie natürlich, aber in ihrem Frust darüber, dass sie mit den Ermittlungen nicht weiterkamen, hatte sie darauf gehofft, mit ihm verhandeln zu können.
»Sie müssen entschuldigen, aber diese Vernehmung führt zu rein gar nichts«, schaltete sich der Verteidiger ein und zupfte an seinem Schnurrbart. »Wie mein Mandant schon sagte, kann er Ihnen nichts Neues mitteilen, also gibt es keinen Grund, ihn noch länger hier festzuhalten.«
Mia biss sich in die Wange und dachte nach. Sollte sie Armand Muric nach Hause gehen lassen? Auch wenn er nichts mit den Morden zu tun hatte, schien er von irgendjemandem bedroht zu werden. Aber er wollte keine Hilfe durch die Polizei.
»Ich werde Sie nicht länger festhalten«, sagte sie schließlich.
»Also kann ich jetzt gehen?« Armand Muric sah sie fragend an.
»Sie können gehen.«
Das Handy in ihrer Jeanstasche vibrierte. Mia zog es heraus und sah den Namen ihres Chefs Gunnar Öhrn auf dem Display. Sie wartete, bis Armand Muric und sein Anwalt das Zimmer zusammen mit einem Aufsichtsbeamten verlassen hatten, dann meldete sie sich.
»Was gibt es, Gunnar?«
»Bist du noch im Haus?«, fragte er.
»Ich bin im Vernehmungsraum und wollte gerade heimfahren.«
»Kannst du kurz hochkommen?«
»Warum denn?« Sie stöhnte.
»Ich möchte dir jemanden vorstellen.«
Kriminalkommissar Henrik Levin nahm den obersten Umschlag von dem kleinen Briefstapel. Vor den Fenstern ging gerade die Sonne unter. Es war erst Ende April, aber eine Hitzewelle war über das Land gerollt, und die Werbesendungen, die Henrik bereits aussortiert hatte, waren voll von Angeboten für Gartenmöbel und Grills.
Während er den Umschlag aufschlitzte, fiel ihm das rhythmische Pochen des Geschirrspülers im Hintergrund auf. Früher hatten die Kinder an einem Montagabend alles übertönt, aber Felix und Vilma hatten sich mit Kopfhörern und Computerspielen in ihren Zimmern verschanzt, und der kleine Vilgot schlief schon.
»Hier haben wir alles, was wir brauchen.«
Henrik sah seine Frau an, die ihm mit dem iPad gegenübersaß. Der Schein des Displays ließ ihr Gesicht blasser und magerer aussehen, als es ohnehin schon war. Der Arzt hatte gesagt, dass es ihr allmählich wieder besser gehen, es aber einige Zeit dauern werde, bis sie sich von dem traumatischen Erlebnis erholt hatte, das beinahe ihre Familie zerstört hätte.
»Mit einer frisch renovierten Küche, einem Kamin und – hör dir das mal an – einem eigenen Zugang zum Strand.«
Emma drehte das iPad in seine Richtung und zeigte ihm ein Foto von einem roten Häuschen mit weißen Fenstern.
»Wie findest du das?«
»Hübsch«, murmelte Henrik und zog die Stromrechnung aus dem Umschlag, während er verzweifelt versuchte, die Gedanken an den Serienmörder zu verdrängen, der Emma vor ein paar Wochen beinahe ertränkt hätte.
»Du schaust ja gar nicht.« Enttäuscht nahm sie das iPad wieder an sich.
»Doch, es ist sehr schön«, sagte Henrik und sah es sich noch mal genauer an. »Wirklich.«
Bei der Idee, ein Sommerhaus im Sankt Anna Schärengarten zu kaufen, hatte er zunächst gezögert. Aber Emma hatte darauf beharrt, dass ein kleines Paradies außerhalb der Stadt so schön sei, und er hatte beschlossen, der Sache eine Chance zu geben. Vielleicht würde es sie auf andere Gedanken bringen, damit sie ihre frühere Energie zurückbekam.
»Es hat auch einen Bootssteg.« Emma löste ihre Haarspange und ließ ihr braunes Haar über die schmalen Schultern fallen. »Stell dir vor, wir hätten ein kleines Motorboot …«
»Immer langsam mit den jungen Pferden«, protestierte Henrik und legte die Rechnung beiseite. »Was kostet das Haus?«
»Drei Millionen Kronen.«
»Drei Millionen?«
»Wir haben doch noch die Kreditzusage von der Bank«, fuhr sie schnell fort. »Und vergiss nicht, dass es ein Strandgrundstück ist.«
Sie machte einen Schmollmund, und er konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
»Okay«, sagte er.
»War das ein Ja?« Sie fasste das Haar mit der Spange wieder zu einem Pferdeschwanz zusammen. »Könntest du dir vorstellen, zur Besichtigung zu gehen? Dann würde ich uns beide gleich mal anmelden.«
»Tu das«, sagte Henrik und nahm den nächsten Umschlag vom Stapel. Er war von der Polizeibehörde.
Emma sah ihn forschend an.
»Was ist das?«
»Keine Ahnung.« Er öffnete den Umschlag.
»Es hat hoffentlich nichts mit der Arbeit zu tun?«, fragte sie mit einem scharfen Unterton. »Du hast doch versprochen, dass du jetzt frei hast.«
»Es ist nur ein Foto«, sagte Henrik beruhigend. »Und Gunnar wünscht gute Besserung.«
»Darf ich mal sehen?«
Henrik legte das Bild vor sie auf den Tisch. Es war beim jährlichen Abendessen des Ermittlungsteams vor drei Wochen aufgenommen worden. Sie alle saßen an einem Tisch, der sich unter den vielen kleinen libanesischen Köstlichkeiten förmlich bog.
Gunnar sah übertrieben fröhlich aus. Neben ihm saßen seine Exfrau, die Kriminaltechnikerin Anneli Lindgren, und der IT-Forensiker Ola Söderström mit seiner abgetragenen Mütze, die er beharrlich das ganze Jahr hindurch trug, ob drinnen oder draußen. Gegenüber von ihnen hatten Mia, Henrik und Emma Platz genommen. Sie alle hatten in diesem Moment nicht geahnt, was sie noch erwartete.
»Alle waren dabei«, sagte Emma und sah ihn an.
»Alle außer Jana Berzelius …«, antwortete Henrik und nickte langsam.
Er hatte schon so oft darüber...
Erscheint lt. Verlag | 20.12.2021 |
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Reihe/Serie | Jana Berzelius | Jana Berzelius |
Übersetzer | Annika Krummacher |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Nio Liv (Jana Berzelius 6) |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | altes Geheimnis • Anwältin • Bandenkrieg • Bestsellerserie • Camilla Grebe • Drogenhandel • Dunkle Vergangenheit • eBooks • Jana Berzelius • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Kristina Ohlsson • Mia Bolander • Organisiertes Verbrechen • Preisgekrönte Autorin • Rache • Samuel Bjørk • Schweden • Schwedenthriller • Selbstjustiz • Skandinavien • Spannung • Storytel Award • Thriller • Thriller Neuerscheinung 2021 |
ISBN-10 | 3-641-25650-X / 364125650X |
ISBN-13 | 978-3-641-25650-0 / 9783641256500 |
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