Himmelsfluss (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
720 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-28016-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Himmelsfluss -  Dennis E. Taylor
Systemvoraussetzungen
11,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Hundert Jahre ist es jetzt her, dass Bender sich auf den Weg zu den Sternen gemacht hat. Seither haben Bob und die Klone nichts mehr von ihm gehört. Bob ist fest entschlossen, eine Expedition in den Deep Space zu organisieren, um herauszufinden, was mit Bender geschehen ist, doch er hat ein gewaltiges Problem: Inzwischen sind seine Klone in der 24. Generation. Manche von ihnen haben sich so verändert, dass sie gar nicht mehr er selbst zu sein scheinen. Sie haben ihre eigenen Pläne. Und so droht über Bobs Suchaktion ein Bürgerkrieg zwischen den Klonen auszubrechen ...

Dennis E. Taylor war früher Programmierer und arbeitete nachts an seinen Romanen. Mit »Ich bin viele«, dem Auftakt seiner BOBIVERSE-Reihe, gelang ihm schließlich der Durchbruch, sodass er sich nun ganz dem Schreiben widmen kann.

1

Beste Feinde

Jacques – November 2331

New Pav

Unter mir hing der Planet, blau und grün und voll glitzernder Lichter, wo die stetig wachsenden Städte waren. Wir nannten ihn New Pav. Der Name, den die Paven ihrer Heimatwelt gegeben haben, war ein bisschen poetischer, doch für menschliche Ohren klang er wie ein Gewirr aus Spuck- und Zischlauten.

Die Bevölkerung hatte in den rund siebzig Jahren seit ihrer Ansiedlung enorm zugenommen, und auf mehreren Kontinenten waren große Städte entstanden. Inzwischen machte es den Anschein, als würde die Spezies überleben.

Ob sie immer noch mit uns sprechen würden, stand auf einem anderen Blatt.

Ich empfing ein Signal von der Frachtdrohne, die meinen Manny transportierte. Sie informierte mich darüber, dass sie gelandet war. Mit einem stummen Seufzer bereitete ich mich darauf vor, die VR für ein voraussichtlich unangenehmes Treffen mit dem Vertreter der Paven zu verlassen.

Ich verband mich über den SCUT-Kanal mit dem Manny – einem ferngesteuerten Androiden – und transferierte meinen persönlichen Blickwinkel in ihn. Während die internen Systeme hochfuhren, schaute ich mich eine Millisekunde lang im mittlerweile vertrauten Frachtraum um, dann löste ich mich vom Haltegestell. Die Ladeluke öffnete sich automatisch und gab den Blick wie erwartet auf eine pavische Militäreskorte frei. Sie hielten die Gewehre im Anschlag und hatten sie wahrscheinlich bereits entsichert. Ein Pulk aus sechs Fuß großen Erdmännchen, die allerdings kein bisschen niedlich aussahen. Ich hatte seit ein paar Jahrzehnten nicht mehr vorbeigeschaut, vor allem weil mein letzter Besuch ziemlich angespannt verlaufen war.

Nur um zu sehen, wie sie reagieren würden, lächelte ich, wobei ich sorgfältig darauf achtete, nicht die Zähne zu zeigen. Gleichzeitig hob ich die Hand zum Vulkaniergruß. Der Truppführer bleckte die Zähne – was bei den Paven keine freundliche Geste war – und erwiderte den Gruß.

Offenbar hatte er die Kultur der Menschen studiert.

Ich ging zu der Gruppe hin und bedachte sie mit dem Äquivalent eines pavischen Lächelns. »Hallo, Leute, was geht ab?«

Die Mühe hätte ich mir sparen können. Der Truppführer antwortete mit einem tiefen Knurren und deutete mit seiner Waffe auf ein in der Nähe stehendes Zelt. Offenbar war ich ihnen nicht einmal ein Treffen in einem echten Gebäude wert. Vielleicht war das ja ein gutes Zeichen … Nein, ich konnte es mir nicht schönreden.

Ich betrat das Zelt und betrachtete den Paven, der im Inneren hinter einem Schreibtisch saß. Er war der zweite Planetenverwalter seit Hazjiar und wirkte kein bisschen freundlicher als sein unmittelbarer Vorgänger. Ich vermisste Hazjiar. Sie hatte zumindest verstanden, in welcher Lage sich die Paven befanden. Irgendwie war seit ihrem Tod die Tatsache, dass die Anderen den ursprünglichen Heimatplaneten unbewohnbar gemacht hatten, kleingeredet worden. Mittlerweile schienen die meisten zu glauben, dass wir gelogen und es selbst getan hatten. Aus welchem Grund auch immer.

»Mein Name ist Da Azzma Hizz«, sagte er und deutete auf einen Stuhl. »ich vertrete sämtliche Paven. Repräsentierst du die Menschen?«

»Ich heiße Jacques Johansson und spreche im Rahmen dieser Transaktion für die Menschen.« Es war eine Art pavische Formalität, sich und seine Position vorzustellen. Dieser routinemäßige Austausch lockerte die Stimmung ein wenig auf.

Azzma schob mir ein paar Dokumente zu. »Wir können euch die vereinbarten Rohstoffmengen fristgerecht übergeben. Damit sind die beiden menschlichen autonomen Fabriken komplett abbezahlt. Stimmst du mir darin zu?«

Ich überflog die Seiten. Alles schien in Ordnung zu sein. Wir hatten angeboten, ihnen die autonomen Fabriken umsonst zu überlassen, doch sie hatten sich geweigert. Ich wusste nicht, ob sie generell etwas gegen Almosen einzuwenden hatten oder bloß auf gar keinen Fall in unserer Schuld stehen wollten, und sei es nur moralisch. Vermutlich Letzteres. »Ich stimme zu. Die Bellerophon wird im Lauf des Jahres hier eintreffen. Sie nehmen die Barren in Empfang und bringen euch die Fabriken aus dem Orbit herab.«

Wir schauten uns über den Schreibtisch hinweg schweigend an. Heute würde es kein höfliches Geplänkel geben. »Ich muss gestehen, dass diese Vereinbarung nicht zu den Verschwörungstheorien über die Bobs passt«, sagte Azzma schließlich. »Es wäre besser für euch gewesen, uns weiter an den Planeten zu fesseln und in Unwissenheit zu halten.«

»Das wird die Spannungen zwischen unseren Völkern hoffentlich verringern«, erwiderte ich.

»Vermutlich ein bisschen.« Azzma schenkte mir das Äquivalent eines schmallippigen Lächelns. »Ich habe Hazjiars Tagebücher gelesen, Jock. Sie hat nicht geglaubt, dass du unser Feind bist. Aber diese Meinung teilen heutzutage nur wenige.«

Ich seufzte und blickte einen Moment lang auf meine Hände hinab. »Ihr werdet mit den autonomen Fabriken interstellare Schiffe bauen können, Azzma. Wir haben euch im Zuge unserer Vereinbarung die entsprechenden Konstruktionspläne überlassen. Aber« – ich schaute ihn an – »ihr werdet in eine galaktische Nachbarschaft voller Menschen geraten, und es werden immer mehr. Zu viel unkontrollierte Feindseligkeit könnte kontraproduktiv sein, verstehst du?«

Er wich meinem Blick nicht aus. »Ich verstehe, Jock. Wenn es hart auf hart kommt, sind wir ihnen zahlen- und waffenmäßig unterlegen. Wir sind keine, äh …« Azzma sah kurz zur Decke des Zelts hinauf, auf seinem Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. »… Klingonen. So nennt ihr Menschen sie doch, oder? Wir können uns durchaus benehmen.«

Während ich sein Lächeln erwiderte, murmelte ein Mitglied meiner Ehrengarde: »Und in Geduld üben.«

Azzma warf einen strengen Blick über meine Schulter.

»Wir haben einen Teil eurer alten Welt wiederhergestellt«, sagte ich, im Versuch, die Unterhaltung wieder in ruhigeres Fahrwasser zurückzulenken. »Auf rund einem Drittel des Planeten wächst wieder etwas. Wollt ihr wirklich nicht …?«

Azzma schüttelte den Kopf. »Wir werden die Welt unserer Ahnen besuchen, Jock, aber erst dann, wenn wir so weit sind. Ich zweifle nicht an den Fähigkeiten der Bobs, aber inzwischen ist dies hier die Heimat aller lebenden Paven. Old Pav ist nur eine Erinnerung an etwas, das nicht mehr existiert.«

»Ich verstehe.« Ich nickte und stand auf. »Wir werden sie solange für euch hüten.« Damit drehte ich mich zu meiner Eskorte um. »Also gut, kann’s losgehen, Jungs?«

Der Truppführer zeigte mir erneut die Zähne und trat beiseite, um mich aus dem Zelt zu lassen. Im Hinausgehen drehte ich mich noch einmal zu Azzma um, und wir wackelten zum Abschied auf pavische Weise mit den Köpfen. Ich merkte, dass ich Hazjiar und ihre Version des Vulkaniergrußes vermisste.

Kurzlebige. Es war schwer, sie nicht so zu nennen.

Meine Frachtdrohne machte mit einem hörbaren Knall an der Kommunikationsstation fest. Da wir immer häufiger Mannys verwendeten, statteten wir die Stationen mittlerweile mit einer Art Wohnbereich und Andockvorrichtungen aus. Ich trat aus dem Frachtraum der Drohne und ging zur Manny-Kapsel hinüber. Die Kapseln hatten die älteren und sperrigeren Haltegestelle für humanoide Androiden inzwischen weitestgehend ersetzt. Während die Abdeckung herabsank, verbanden sich die Versorgungsschläuche mit dem Manny. Ich fuhr ihn runter und transferierte meinen Blickwinkel in meine persönliche VR zurück.

Meine aktuelle VR-Umgebung, eine Skihütte, langweilte mich bereits. Offenbar gab es kein Motto, für das ich mich längerfristig begeistern konnte. Da ich keine Energie hatte, mir etwas Interessanteres auszudenken, setzte ich die VR seufzend auf die Bibliothek aus den Werkseinstellungen zurück.

Danach schickte ich aus einer Laune heraus eine Nachricht an Ferb. Einen Moment später antwortete er, und ich versetzte mich ins Verwaltungszentrum des Paven-Rekultivierungsprojekts. Es wurde von Bills Versammlungs-VR gehostet und war der Ort, an dem wir uns um die Restauration der pavischen Heimatwelt bemühten.

Als ich mich im leeren Raum umschaute, befiel mich eine gewisse Wehmut. Seit fast hundert Jahren versuchten wir nun schon, das pavische Ökosystem wiederherzustellen, aus ein paar wenigen pflanzlichen und tierischen Proben, die wir hastig eingesammelt hatten, während die Armada der Anderen auf den Planeten zuraste. Mittlerweile machten wir dabei echte Fortschritte. Doch die Paven schienen sich ironischerweise überhaupt nicht dafür zu interessieren.

Ferb tauchte auf und unterbrach meine Grübeleien: »Hey, Kumpel. Lange nicht mehr gesehen.«

»Ja. Ich, äh …« Ich vollführte eine Geste, die den gesamten Raum einschloss. »All die Geister. Es fühlt sich an, als hätten wir die Paven im Stich gelassen.«

»Ach, werd doch nicht gleich so melodramatisch, Jacques. Der ganze Laden läuft größtenteils automatisch. Ich bin nur noch ein oder zwei Stunden pro Monat da, um sicherzugehen, dass alles wie geplant funktioniert.«

»Aha. Das ist also deine Erklärung. Wo steckt eigentlich Phineas?«

Er sah mich finster an. »Wieso musst du jetzt damit kommen?«

»Weil das der wirkliche Grund ist, wieso keiner mehr hier ist. Hast du von ihm gehört?«

»Nicht persönlich.« Ferb senkte den Blick. »Er macht sich nicht die Mühe, interstellare Relais zu bauen, und ist mittlerweile längst außer...

Erscheint lt. Verlag 8.3.2022
Reihe/Serie Bobiverse
Übersetzer Urban Hofstetter
Sprache deutsch
Original-Titel Heaven’s River - Bobiverse Book 4
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte 2022 • Alle diese Welten • Bobiverse • eBooks • Ferne Welten • Fremde planeten • Ich bin viele • Künstliche Intelligenz • Lebende Raumschiffe • Neuerscheinung • Space Opera • Weltraumabenteuer • Wir sind Götter
ISBN-10 3-641-28016-8 / 3641280168
ISBN-13 978-3-641-28016-1 / 9783641280161
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 2,2 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Deutscher Science-Fiction-Preis 2023

von Nils Westerboer

eBook Download (2022)
Klett-Cotta (Verlag)
13,99
Thriller

von Marc Elsberg

eBook Download (2023)
Blanvalet (Verlag)
19,99