Lancelot (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
832 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-24340-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Lancelot -  Giles Kristian
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Der Bestseller aus England: »Eine grandiose Neuerzählung der Artus-Legende« The Times
Die Zukunft Britanniens liegt um Dunkeln. Die Herrschaft der Römer ist nur noch eine blasse Erinnerung. Doch das Land ist zerrüttet, und die Zeit des Großkönigs Uther Pendragon neigt sich dem Ende entgegen. Fernab von den Zentren der Macht, auf einer kleinen Insel im tosenden Meer, wächst ein Junge auf, dessen Geschicke mit denen des Landes auf schicksalhafte Weise verknüpft sind. Ein grausamer Verrat machte ihn zum Waisen. Er ist mittellos, doch große Lehrmeister teilen ihr Wissen mit ihm. Er ist geschickt, und weiß mit Tieren umzugehen. Seine unverbrüchliche Treue zu einem neuen König wird dem Land Hoffnung schenken. Seine Liebe zu einer mächtigen Frau wird es spalten. Dies ist die Geschichte von Lancelot.

Seine norwegische Herkunft und die Werke von Bernard Cornwell inspirierten Giles Kristian dazu, historische Romane zu schreiben. Um seine ersten Bücher finanzieren zu können, arbeitete er unter anderem als Werbetexter, Sänger und Schauspieler. Doch Kristians Herz schlägt für die Welt der Wikinger, die er in Götter der Rache zum Leben erweckt. Mittlerweile ist Giles Kristian Bestseller-Autor und kann sich ganz dem Schreiben widmen.

1

Feuer in der Nacht

Ich erinnere mich noch immer an den Geruch meines Vaters: Leder und Stahl. Das Wollfett in seinem Mantel, seiner Hose und auf den Klingen, das zwar wasserabweisend war, dafür aber nach Schaf stank. Das süße Heu im Stall und der alte Schweiß in den Satteldecken. Auch sein eigener Schweiß und sein herber, männlicher Geruch. Und manchmal auch der erschreckende Gestank in seinem Atem, die säuerliche Note von zu viel Bier und Wein.

An sein Gesicht kann ich mich kaum noch erinnern. Vielleicht will ich es auch nicht. Aber an seinen Geruch erinnere ich mich. Ich muss nur daran denken, und sofort bin ich wieder ein kleiner Junge.

Ich erinnere mich auch an seine Berührung, aber nur, weil sie so ungewohnt, so selten war. Die mächtige Hand, die mir das Haar zerzaust und es in Büscheln abstehen lässt. Der Granit seiner Brust in meinem Rücken, als er mir das erste Mal half, den Bogen zu spannen. Der herbe Geruch seines weichen Bartes, als er mir eines Abends am Herdfeuer zuflüsterte, meine Mutter sei die schönste Frau in ganz Benoic.

Weniger selten das Gefühl der scharfen, steinharten Fingerknöchel auf meiner Wange, die mein Ohr für den ganzen nächsten Tag taub und heiß zurückließen. Der Biss seines Gürtels, wenn ich sein Missfallen erregt hatte. Oder jemand anders. Der eiserne Griff seiner großen Hände um meinen Arm, das wilde Schütteln, das mein Hirn im Schädel erzittern ließ, und die tobende Gischt seiner wütenden Schreie in meinem Gesicht.

Seltsamerweise erinnere ich mich selbst im Chaos dieser einen Nacht sehr deutlich an das Gefühl seiner Hand. Seine raue Haut, die meine fest umklammerte. Eine breite, schwielige Zwinge, mit der er mich durch wabernden Qualm und flammenbefleckte Dunkelheit zerrte, denn unsere Feinde waren gekommen.

Ich war im Stall gewesen und hatte Malo gestriegelt, meines Vaters Hengst, der in solch finsterer Stimmung war, dass sich ihm außer mir niemand, nicht einmal Govran, nähern wollte. In jenem Winter war viel Schnee gefallen, der bis weit in den Frühling liegen blieb. Ein weißer Pelz über ganz Benoic, der die Menschen an ihren Herdfeuern, Vieh und Pferde in den Ställen hielt. Besonders einen Fürsten der Tiere und Liebling der Pferdegöttin Rhiannon brachte man nicht in Gefahr, indem man ihn ohne triftigen Grund einem Ritt bei Schnee aussetzte. Was Malo natürlich nicht einsah. Er maß fünfzehn Handbreit bis zum Widerrist und war hispanischer Abkunft – behauptete zumindest Govran. Malo war stark und schnell, herablassend und gefährlich. Heißes Blut in einem kalten Land. Und er langweilte sich. War frustriert von schierer Bewegungslosigkeit. Machte die Welt und die Götter und alle Menschen dafür verantwortlich, nur mich nicht.

Wie alle rassigen Hengste schien Malo der Ansicht, der beste Ersatz für Auslauf sei ein anständiger Kampf. »Der miese Teufel hat mir fast den Arm abgebissen, als ich ihm mit der Bürste zu Leibe rücken wollte«, hatte Govran noch auf der Türschwelle gesagt und sich dabei große Schneeklumpen von den Stiefeln geklopft, die auf den Grasmatten zu schmelzen begannen.

Govran war der erfahrene Stallmeister meines Vaters und liebte die Pferde mehr als die Menschen, seine Frau Klervi eingeschlossen, die diesen Umstand oft genug zur Sprache brachte – und von Govran nie ein Widerwort hörte.

»Dann hat er Erwan glatt auf den Arsch geworfen, als der seinen Huf nach Fäule untersuchen wollte«, fauchte Govran und blies sich in die kalten Hände. »Wir sollten den schwarzen Teufel freilassen und zusehen, wie er wutschnaubend übers Dach der Welt galoppiert und eine Fährte aus Feuer hinter sich lässt.« Er sah erst meine Mutter, dann meinen Vater an. Mich sah er nicht an. »Wenn der Teufel gestriegelt werden soll, musst du den Jungen schicken.«

Es gab nicht viele Leute, die so mit meinem Vater reden konnten. Govran schon. Sie waren Waffenbrüder gewesen, lange bevor mein Vater König wurde.

»Spricht nicht gerade für dich, Govran«, gab mein Vater zurück. Und das tat es wirklich nicht, denn ich war noch keine neun Jahre alt. »Sollte ich mich nach einem neuen Stallmeister umsehen?«

»Lieber nach einem neuen Pferd«, zischte meine Mutter.

Govran murmelte etwas, das zu seinem Glück vom Knacken der Kiefernscheite im Herdfeuer übertönt wurde. Der Vorrat an trocken gelagertem Holz war längst aufgebraucht.

Draußen frischte der Wind hörbar auf, was die Stimmung im Stall kaum verbessern würde. »Mich wird er nicht beißen, Vater«, sagte ich. Und war mir meiner Sache beinahe sicher.

Die Mundwinkel meiner Mutter beugten sich schwer wie ein schneebedecktes Strohdach. »Das Biest könnte dem Jungen mit einem Biss den Kopf abreißen und am Stück verschlucken«, sagte sie.

»Mich beißt er, weil er ab und zu vergisst, wo es langgeht«, sagte Govran, der sich noch immer die Hände warm rubbelte. »Zwischendurch glaubt er offenbar, er ist der Herr und ich der Diener, und will mir die Grenzen aufzeigen. Mistvieh.« Er hob sein Kinn in meine Richtung. »Der Junge ist für ihn keine Bedrohung.«

»Jungen werden nicht zu Männern, wenn sie nur an ihrer Mütter Rockschöße hängen«, polterte mein Vater, setzte den Tonkrug an die Lippen und nahm einen tiefen Zug.

»Jungen werden auch nicht zu Männern, indem sie sich von schlecht gelaunten Nutztieren den Kopf abbeißen lassen«, sagte meine Mutter.

Kein Lächeln. Nur Herdfeuer und Lampenflackern, Rauch und stickige Luft. Wir alle konnten den Frühling kaum erwarten.

Gemurmel und eine schnelle Handbewegung meines Vaters. Mehr brauchte es nicht, schon war ich zur Tür hinaus – ich hatte nicht einmal eine Hornlaterne mitgenommen –, stapfte durch den knirschenden Schnee und erreichte Malos erleuchteten Stall. Drinnen war es warm, die Luft erfüllt von seinem herben Geruch und schwanger mit süßlichem Atem, der rhythmisch wie aus einem Blasebalg in dichten Schwaden verströmte und so den Zorn zu entfachen schien, der alle anderen Menschen vertrieben hatte.

»Hier bin ich«, sagte ich. »Hier bin ich.« Leise und sanft wie Neuschnee auf alter Schneedecke. Erst schnaubte er nur voll Verachtung, sehr wohl wissend, dass die Männer das Feld geräumt und einen Jungen hergeschickt hatten. Er verachtete sie für diese feige Tat. Ich aber ließ ihn ausgiebig meine Hände beschnuppern und flüsterte ihm zu, er könne mich gern beißen, falls es ihm danach besser gehe. Und als er es unterließ, kletterte ich auf den Schemel des Hufschmieds, vergrub die Nase in Malos dichter Mähne, atmete seinen Duft und raunte ihm zu, dass wir Freunde seien und der Rest der Welt zur Hölle fahren könne. Dann machten wir uns ans Werk: Ich widmete mich seinem rabenschwarzen Fell, das von Stroh und Staub und Dreck befreit werden musste, er sich dem Versuch, von seinem Hass abzulassen.

Die Stuten und Fohlen und anderen Hengste im Stall waren unruhig. Pferde fürchten sich vor dem Zischen des Windes, weil sie Schlangen fürchten. Es steckt tief in ihnen, wird von Vater an Fohlen weitergegeben. So hatte es einmal ein Fremdländer Govran erklärt, der es mir erzählte. »Wenn du mich fragst, fürchten sie sich eher vor all den Geräuschen, die sie wegen des Windes nicht mehr hören können, zum Beispiel vor dem Wolfsrudel auf der Jagd«, hatte Govran hinzugefügt, was für einen kleinen Jungen wesentlich glaubhafter klang, einen Jungen, der davon überzeugt war, ein Fürst wie Malo würde auf keinen Fall die Strömungen und Gezeiten des Himmels mit einem Tier verwechseln, das auf dem Bauch herumkriecht.

Wenn ich nicht zu sehr trödelte, würde ich nach Malo noch drei oder vier andere Pferde striegeln. Aber ihn liebte ich am meisten, und solange ich bei ihm im Stall stand, war die Außenwelt für mich wie Rauch, der über dem Abzug verweht. Nur Malo und ich und die Bürste aus Schweineborsten. Vom Kopf über den Hals zur Brust, dann den Widerrist, die Vorderbeine bis hinunter zu den Knien und sogar den Hufen. Nur hin und wieder kurz die Bürste durch den Kamm aus Hirschhorn ziehen, um ihn vom gesammelten Schmutz zu befreien.

Dann den langen Rücken entlang, die Flanken, den Unterleib, die Kruppe und schließlich die Hinterbeine bis hinab zu den Hufen. Jeder Bürstenstrich lockte das hauteigene Öl an die Oberfläche, bis sein ganzer Leib wie poliertes Ebenholz glänzte. Und schließlich mit dem Kamm an Mähne und Schweif, sachte wie ein Gedanke, der Lauf des Halbmonds über den Himmel gänzlich vergessen, bis sein langes Haar in den Windstößen, die sich zwischen den Stämmen der Stallwände hindurchzwängten, wie Seide floss.

Selbst Malos Groll währte nicht lange. Nicht bei mir. Als ich mein Werk vollbracht hatte, war die Empörung in seinem Blick funkelndem Stolz gewichen. Da stand er, schnaubend und hochmütig, und machte seinem Namen alle Ehre, welcher glänzende Geisel bedeutete, denn einst hatte er einem Feind meines Vaters gehört. Als ich noch an der Mutterbrust hing, war er zusammen mit anderen Schätzen bei einem Raubzug erbeutet worden, und mein Vater hatte ihn zu sehr ins Herz geschlossen, um ihn hinterher mitsamt den anderen Schätzen zurückzuverkaufen.

»Pferde können genauso eitel sein wie jeder Krieger«, hatte Govran gesagt. Malo war eitler als sämtliche Männer meines Vaters. Trotzdem mochte ich ihn, und er mochte mich. Er hat mich nicht einmal gebissen. Nie.

Das erste Anzeichen des nächtlichen Überfalls, der mein Leben für immer verändern sollte, war ein Schrei.

* * *

Mit dem Pflegetuch in der Hand stand ich da, war schon fast fertig, strich nur noch Staubreste und die Rückstände der weichen Bürste...

Erscheint lt. Verlag 10.1.2022
Übersetzer Julian Haefs
Sprache deutsch
Original-Titel Lancelot
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte 2022 • Arthussage • Avalon • Bernard Cornwell • Britannia • Camelot • eBooks • Excalibur • Historische Romane • König Arthur • König Artus • Lanzelot • Merlin • Neuerscheinung
ISBN-10 3-641-24340-8 / 3641243408
ISBN-13 978-3-641-24340-1 / 9783641243401
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 2,6 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Die Geschichte eines Weltzentrums der Medizin von 1710 bis zur …

von Gerhard Jaeckel; Günter Grau

eBook Download (2021)
Lehmanns (Verlag)
14,99