Ritchie Girl
Suhrkamp (Verlag)
978-3-518-43027-9 (ISBN)
Während in Nürnberg über die Hauptkriegsverbrecher gerichtet wird, arbeitet man in einem Camp der US-Army nahe Frankfurt längst wieder mit Nazitätern zusammen. Im Maschinenraum des Kalten Krieges haben Pragmatiker das Sagen, an deren Zynismus Paula verzweifelt. Hier trifft sie auf Johann Kupfer, einen österreichischen Juden, der den Amerikanern seine Dienste anbietet. Er behauptet, der größte Spion des Zweiten Weltkriegs gewesen zu sein. Paula soll herausfinden, ob das die Wahrheit ist. Doch wer die Wahrheit sucht, muss sie auch ertragen.
Andreas Pflüger wurde 1957 in Thüringen geboren. Er wuchs im Saarland auf und lebt seit vielen Jahren in Berlin. Zu seinen Werken gehören Theaterstücke, Drehbücher für Kino- und Fernsehfilme, Hörspiele und Romane. Die Reihe um seine blinde Ermittlerin Jenny Aaron, bestehend aus Endgültig, Niemals und Geblendet, erscheint seit 2016 im Suhrkamp Verlag.
In einem Roman von ungeheurer erzählerischer Wucht schreibt Pflüger über Schuld und Scham, aber auch über Hoffnung und die Kraft der Liebe.
»Literarisches Können, Poesie, deutsche Schuld: eine Mischung aus Fakt und Fiktion, die nur Pflüger beherrscht.« Gert Scobel
Erscheinungsdatum | 06.09.2021 |
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Verlagsort | Berlin |
Sprache | deutsch |
Maße | 138 x 211 mm |
Gewicht | 576 g |
Einbandart | gebunden |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | Bestseller bücher • BND • buch bestseller • Bundesnachrichtendienst • Camp King • Camp Ritchie • Dulles • IG Farben • Jenny Aaron • Krimi-Bestenliste • Krimi-Bestseller • Nürnberger Prozesse • Oberursel • Operation Rubikon • Organisation Gehlen |
ISBN-10 | 3-518-43027-0 / 3518430270 |
ISBN-13 | 978-3-518-43027-9 / 9783518430279 |
Zustand | Neuware |
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3 Schwierig
von raschke64 (Dresden), am 07.12.2021
5 Packender Sog
von gagiju, am 18.11.2021
Der Titel klingt so "niedlich", macht neugierig, erst im Lauf des Buches erfährt man die Bedeutung.
Wenn man von Andreas Pflüger bisher nur seine Krimis gelesen hat, dann erlebt man mit „Ritchie Girl“ etwas völlig anderes – oder eben auch nicht.
Eine klare Sprache, prägnante Beschreibungen, elegante Spannungsbögen ziehen sich durch das gesamte Buch.
Von Anfang an fühlte ich mich etwas gefordert bis überfordert angesichts der zahlreich auftretenden Menschen, der verschiedenen Handlungsstränge und Zeitebenen – oft unerwartet gewechselt. Ich hätte mir eine Übersicht am Anfang oder Ende des Buches gewünscht, die etwas zu den in raschem Wechsel auftretenden Personen sagt.
Faszinierend ist für mich die Kombination aus Personen, die tatsächlich in dieser Zeit gelebt haben und teils sogar berühmt waren, und von rein fiktiv geschaffenen Menschen. Allen begegnet Paula Bloom auf die eine oder andere Weise, mehr oder weniger intensiv.
Ebenso faszinierend, aber auch gleichzeitig manchmal irritierend ist der Stil von Andreas Pflüger, der quasi beiläufig etwas passieren lässt, ohne dass der Leser darauf vorbereitet ist, und der über manch ein solches Ereignis zunächst einfach "weiter schreitet", ohne dass man weiß, ob es nun eine Bedeutung für die weitere Handlung hat oder nicht.
Erschreckend, aber sicherlich realistisch gezeichnet die Flecken auf der weißen Weste der "guten" amerikanischen Besatzer, die Kooperation mit Nazis, die ihnen nützlich sind oder sein könnten, eine teils opportunistisch anmutende Form von Gerechtigkeit.
Insgesamt spannender Lesestoff, auch vom geschichtlichen Hintergrund her sehr interessant, mit spannenden, gut beschriebenen Charakteren. Unbedingte Leseempfehlung!
5 Wer die Wahrheit sucht, muss sie auch ertragen
von LindaRabbit, am 31.10.2021
Das Gedicht ‚keine, die so ging wie ich‘ am Anfang des Vorspanns weckt natürlich ungeheuer die Neugierde… keine, die so ging…. Und jetzt verschwunden ist? Es ist harter Tobak, denn es geht um die Nazizeit, um Aufarbeitung, ‚meine Schuld, deine Schuld‘ ?
Das Camp Ritchie existierte tatsächlich als Ausbildungslager für ‚Military Intelligence Training‘ (überwiegend deutschsprachige, jüdische und oppositionelle junge Männer, die in der US-Armee gegen Nazi-Deutschland kämpfen; dazu gehörten auch Thomas Mann, Stefan Heym, Georg Kreisler, um nur ein paar illustre Namen zu nennen). Die sogenannten Ritchie Boys waren ein wichtiger Bestandteil zur Besetzung Nazi-Deutschlands und danach für den demokratischen Aufbau. Kaum bekannt, weil alle Ritchie Boys Stillschweigen darüber hielten. Nun zum ersten Mal wird ein ‚Ritchie Girl‘ erwähnt, es gab auch später einen weiblichen Teil in Camp Ritchie. Allerdings wurden sie bei Beförderungen gerne übergangen und sie waren Belästigungen ausgesetzt. Der Name Ritchie stammt von einem Politiker.
Die Titelheldin Paula wuchs in Berlin auf und lebte neun Jahre während der Hitler-Diktatur dort (sie war eine privilegierte Ausländerin, deutsche Mutter, US-amerikanischer Vater, der aus reichem Haus kam). Nun kommen als Ritchie Girl ihre Deutschsprach- und vor Ort Kenntnisse gut an. In der Schlussphase des Zweiten Weltkrieges kommt sie wieder nach Europa und erlebt die verheerenden Auswirkungen von Faschismus und Krieg in Italien, in Österreich und dann in Frankfurt.
Paula, die anfänglich Briefe schwärzen muss, damit der Feind keine Lagepläne über die Armee daraus fertigen kann, falls die Soldatenbriefe in verkehrte Hände gelangen (an was man im Kriegsfall denken muss!). Paula, die nicht weiß, wo sie hinkommt. Paula, die Lügen erzählt, weil die Moral der Truppe aufrecht erhalten werden muss. Kein leichtes Leben, aber – es ist ja Krieg und Krieg ist nie leicht. Sondern im Gegenteil, Krieg ist hässlich, und vor allem ist er unnötig. Jeder, der ein Buch über Krieg liest, weiß, dass man alles tun muss ihn zu vermeiden. Eine Leseprobe, bei der ich weinen musste.
Doch Paula, hoch intelligent, gebildet, begabt, wird für Sonderaufgaben ausgesucht. Sie wird mit schlimmen Nazi-Verbrechern konfrontiert. Sie ist sogar in Nürnberg dabei als Todesurteile ausgeführt werden. Und immer wieder sucht sie die Wahrheit, wird mit ihrer eigenen Jugend konfrontiert, was sie als junger Mensch verdrängte und wie sehr ihr eigener Vater im ‚System‘ involviert war, denn die Nazi-Größen gingen in ihrem Elternhaus ein und aus. Und da ist noch ihre große Liebe, der sie wieder begegnet und immer noch an ihm hängt. Doch peu a peu bekommt sie immer mehr über ihn heraus und es ist die größte Scham in ihrem Leben. Doch da ist immer Sam... und Sam ist Sam. (Die Geschichte ist voller Überraschungen!)
Stil: Eine wortgewaltige Explosion mit solch interessanten und aufregenden Metaphern, dass mich fast jede Metapher umreißt und ich den Boden unter meinen Füßen verliere. Großartig zu lesen! Allerdings geht es recht langsam voran, es ist kein Buch was ich so nebenbei verschlingen kann, sondern was ständig zum Nachdenken anregt. Auch recherchiere ich viel im Internet dazu, weil ich manchmal einfach nicht glauben kann was ich lese. Aber es stimmt – der Autor hat hervorragend recherchiert. Und wo er Fiktionen eingebaut hat, gab er das in seinem Schlusswort auch zu. Sehr sauberes Handwerk!
Nur den Buchumschlag finde ich nicht besonders: Die Monumentalbauten am unteren Rand scheinen die Gebäude der IG Farben in Frankfurt zu sein, die erstaunlicherweise die Bombardierung von Frankfurt überstanden haben. Dahinter eine rot aufgehende Sonne oder Scheinwerfer – wie sie faschistische Staaten (Nazis, Stalin, usw.) gerne benutzen. Ich vermute, es bezieht sich als Symbol auf den Nazi-Faschismus.
Mein Schlusswort - der Autor sagt, als er das erste Mal vom Ritchie Camp hörte: „Du hast dein ganzes Leben lang diesen Roman in dir gehabt, und es nicht gewusst“. Jetzt hat er ihn geschrieben und es ist mehr als lesenswert!
5 Raubt mir den Atem
von Kalli, am 04.10.2021
Das Cover wird der spannenden Geschichte nicht besonders gerecht, gibt es doch kaum Aufschluss über den Inhalt. Trotzdem ist das Buch ein echter Blickfang, da es einen blutroten Schnitt hat.
Der Roman ist wirklich außergewöhnlich: Pflüger baut auf umfangreichster Recherche auf und gibt auch der:m Leser:in viele Hintergrundinformationen. Gleichzeitig schreibt er mir einer Intensität, die bedrückt und den Atem nimmt. Manche Bilder werde ich so schnell nicht mehr los. Das spricht einerseits sehr für das Buch, andererseits hat es mir das Weiterlesen auch ganz schön schwer gemacht.
Die Geschichte selbst ist spannend, authentisch, rasant und durch den historischen Kontext auch äußerst aufschlussreich. Der Autor lässt einen quasi über Paula Blooms Schulter ein höchst aufrüttelndes Kapitel von Krieg und Moral miterleben.
Klare Empfehlung zum Lesen, für alle geschichtsinteressierten gleich doppelt!
4 Schuld und Sühne
von lori, am 26.09.2021
Die Thematik, die Kriegsverbrecher zu entlarven und zu verurteilen finde ich sehr interessant.
Leider wird ja immer mit zweierlei Maß gemessen und die Siegermächte sahen oft auch nur ihren Vorteil. Vielen ehemaligen Nazis wurden weiße Westen verpasst, um sie so in bedeutende Positionen zu schieben. Was man braucht, wird nicht vernichtet, scheint hier die Devise zu sein.
Auch die Heldin dieses Roman hat eine Vergangenheit, die in Verbindung mit Deutschland steht. Sie macht eine entscheidende Entwicklung durch, findet zu sich selbt und erkennt, wie dasSystem funktoniert.
Den vielen Informationen, die der Autor hier streut, hätte ein bisschen mehr Hintergrundwissen gut getan. Dann wäre es perfekt gewesen.
Viele Schicksale werden hier beleuchtet und zeigen den Schmerz des Krieges. Umso schlimmer mutet es an, dass viele ihrer gerechten Strafe entgangen sind.
Ein gutes Buch, dass auch durch seine äußere Gestaltung beeindruckt! Fiktion wird mit vielen Fakten gemischt und entstanden ist eine Geschichte, die man so schnell nicht vergisst.
4 Realität und Fiktion ergeben ein wichtiges Ganzes gegen das Vergessen!
von duenefi, am 09.09.2021
Der blutrote Seitenschnitt gefällt mir ausgesprochen gut.
Paula Bloom, aufgewachsen in Berlin als Tochter eines amerikanischen Geschäftsmannes, war nach Amerika gegangen und dort in Camp Ritchie zur Besatzungsoffizierin ausgebildet worden.
Nun kehrt sie nach neun Jahren in das besiegte, zerstörte Deutschland zurück, um einen Auftrag zu erfüllen.
Doch sie ist nicht nur beruflich in Frankfurt, denn zugleich hat sie vor sich selbst Fragen nach Schuld, Wahrheit und Moral zu beantworten und sich der Vergangenheit zu stellen...
Andreas Pflüger hat in seinem Roman wichtige Themen aus der Zeit unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg auf eine außergewöhnliche und besondere Weise aufgearbeitet.
Er verknüpft Fakten gekonnt mit Fiktion, schreibt facettenreich, bringt dem Leser starke und erschütternde Bilder herüber und immer wieder kommt die Frage nach Moral, Schuld und Gewissen auf. Denn hinter der hübschen Fassade der Gesellschaft ist einiges fragwürdig und ganz anders, als es scheint.
Paula Bloom entwickelt sich im Verlauf der Handlung ausgesprochen positiv, so dass ich ihr immer mehr Sympathie entgegenbringen konnte.
Paulas Tätigkeit und ihr Werdegang sind wirklich spannend, allerdings hat der Autor bisweilen ein recht umfangreiches Wissen seiner Leser vorausgesetzt.
Bisweilen fehlten mir hier definitiv historische Fakten und ich konnte manche Zusammenhänge nur hinnehmen, aber nicht verstehen.
Da wäre zuweilen ein etwas ausschweifenderer Schreibstil wünschenswert gewesen. Es fehlt nicht an Informationen, aber oft werden nur Fragmente serviert und so wirkt die Erzählung teils nicht recht abgerundet.
Auch Johann Kupfer ist eine beeindruckende Figur, ein Charakter, den zu entdecken ich sehr beeindruckend fand.
Insgesamt wirken die Handlung sehr gut und umfassend recherchiert und die Protagonisten absolut authentisch.
Der Autor Andreas Pflüger hat in seinem Roman "Ritchie Girl" die Thematik der Nach-Nazizeit auf eine hochinteressante und zugleich bedrückende Weise aufgearbeitet und dem Leser vermittelt, dass es nach wie vor wichtig ist und bleibt, diese grausame Zeit nicht zu vergessen!
4 Informativ, lehrreich und spannend
von J-N (Berlin), am 29.08.2021
Der Schreibstil ist flüssig und lässt sich gut lesen, aber für mich persönlich waren es ein paar Informationen zu viel,die auch nicht wirklich gefehlt hätten, wenn es sie nicht gäbe.
Aber das ist auch schon die einzige Kritik, denn alles andere war informativ und äußerst spannend.
Ich durfte viel Neues erfahren, was ich so noch nicht wusste und habe mich auf keiner Seite gelangweilt, ganz im Gegenteil.
Der Aufbau des Buches und der Erzählstil waren gut gewählt.Die Kapitel hatten die richtige Länge und die Überschriften waren treffend.
Am Ende sind für mich auch keine Fragen offen geblieben und das ich erfahren durfte, was Fiktion und was Wahrheit war fand ich sehr interessant.
Das Cover ist einfach gehalten, dafür aber die Außenansicht rot, was natürlich sofort ins Auge sticht.
Von mir eine klare Leseempfehlung, für alle die sich für die deutsche Geschichte in der damaligen Zeit interessieren oder einfach etwas dazulernen möchten.
Vier Sterne von mir, wie gesagt, nur aufgrund der zu vielen Fakten, die ich gar nicht alle behalten konnte, weniger ist halt doch manchmal mehr, ansonsten aber ein aussagekräftiges Buch und perfekt zum Lesen und verschenken.
5 Der Zweite Weltkrieg aus einer ganz neuen Perspektive
von Lara (Berlin), am 21.08.2021
Im Vordergrund steht Paula Bloom, eine amerikanische Besatzungsoffizierin, die sehr authentisch und sympathisch geschrieben wurde. Ihre Geschichte und ihre Ansichten haben mich sehr berührt und vor allem das Romanende hat mich extrem mit der junge Frau mitfühlen lassen. Generell sind alle Protagonist*innen sehr gut und ausführlich charakterisiert. Der Inhalt ist überraschend und unheimlich brutal zugleich. Man durchlebt die Grausamkeit des Deutschen Vernichtungskrieges.
Wenn ich etwas an dem Buch kritisieren müsste, dann dass es sehr schwer nachzuvollziehen ist, was historisch wirklich so geschehen ist und welche Aspekte wiederum ausgedacht sind. Außerdem finde ich den Titel nicht unbedingt passend, da er eher in die Irre führt und nicht wirklich den Inhalt des Buches wiedergibt. Das Cover ist dafür umso schöner und über die roten Seitenränder habe ich mich sehr gefreut.
Ich würde das Buch Leser*innen jedes Alters empfehlen, die den Zweiten Weltkrieg schon einmal im Geschichtsunterricht behandelt haben, da etwas Vorwissen nötig und hilfreich ist. Lest das Buch und sprecht darüber! Seit euch auch heute noch unser historischen Verantwortung bewusst.
4 Paula Bloom
von lectrice, am 15.08.2021
5 Psychologische Kriegsführung
von Rosenfreund, am 14.08.2021
Mit seinem Werk “Ritchie Girl” ist Pflüger eine brillante Mischung aus Fakten und Fiktion gelungen. Dabei wird deutlich, dass der Autor sehr intensiv recherchiert hat.
Der Autor erzählt sehr wortgewaltig und metaphorisch. Sein Werk regt ständig zum Nachdenken an. und man muss zwischendurch innehalten. Also keine leichte Kost!
Paula Bloom weiß nicht mehr wo sie sich verorten soll und dem Leser ergeht es ähnlich. Wie war das Leben während der Nazizeit, und hätte man etwas tun können bzw. müssen?
Das Cover zeigt in dunklen Farben am unteren Bildrand vermutlich das Gelände der IG Farben, während der Nazi-Zeit das größte Chemie- und Pharmaunternehmen der Welt, welches durch jüdische Zwangsarbeiter und “Arisierung” zu seiner wirtschaftlichen Blüte aufsteigen konnte.
Dieses Cover passt perfekt zur Thematik des Werkes. Seine Protagonistin wurde sehr detailliert dargestellt, Identifikation ist gut möglich, Aufarbeitung der Problematik wurde mir ermöglicht. Ein tolles Werk für den anspruchsvollen, historisch interessierten Leserkreis.