Schöne Welt, wo bist du (eBook)

Der Nummer 1 Bestseller aus UK & USA von der Autorin von 'Normal People'

(Autor)

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2021 | 1. Auflage
352 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2547-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Schöne Welt, wo bist du -  Sally Rooney
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»Schöne Welt, wo bist du hat die karge, intensive Melancholie eines Hopper-Gemäldes. Ihr bester Roman.« Brandon Taylor, The New York Times Alice trifft Felix. Sie ist eine erfolgreiche Schriftstellerin, er arbeitet entfremdet in einer Lagerhalle. Sie begehren einander, doch können sie einander auch trauen? Alice' beste Freundin Eileen hat eine schmerzvolle Trennung hinter sich und fühlt sich aufs Neue zu Simon hingezogen, mit dem sie seit ihrer Kindheit eng verbunden ist. Sie lieben sich, doch ist der Versuch der Liebe den möglichen Verlust ihrer Freundschaft wert?  Zwischen Dublin und einem kleinen Ort an der irischen Küste entfaltet Sally Rooney eine Geschichte von vier jungen Menschen, die sich nahe sind, die einander verletzen, die sich austauschen: über Sex, über Ungleichheit und was sie mit Beziehungen macht, über die Welt, in der sie leben. Schöne Welt, wo bist du ist eine universelle Geschichte über den Raum zwischen Alleinsein und Einsamkeit und über die Freiheit, sein Leben mit anderen zu teilen - überwältigend klug, voller Klarheit und Trost. 

Sally Rooney, geboren 1991, studierte am Trinity College und lebt in Dublin. 2017 erschien ihr gefeierter Debütroman Gespräche mit Freunden. Ihr zweiter Roman Normale Menschen wurde 2018 zum weltweiten Bestseller und literarischen Ereignis - er ist die Vorlage für die international erfolgreiche TV-Serie »Normal People«, deren Drehbuch sie mitverfasste. Sally Rooney gehört zu den herausragendsten Autorinnen der Gegenwart und gilt als ausdrucksstärkste Stimme ihrer Generation. Schöne Welt, wo bist du ist ihr dritter Roman.

Sally Rooney, geboren 1991, studierte am Trinity College und lebt in Dublin. 2017 erschien ihr gefeierter Debütroman Gespräche mit Freunden. Ihr zweiter Roman Normale Menschen wurde 2018 zum weltweiten Bestseller und literarischen Ereignis – er ist die Vorlage für die international erfolgreiche TV-Serie Normal People, deren Drehbuch sie mit mitverfasste. Sally Rooney gehört zu den herausragendsten Autorinnen der Gegenwart und gilt als ausdruckstärkste Stimme ihrer Generation. Schöne Welt, wo bist du ist ihr dritter Roman.

1


Eine Frau saß in einer Hotelbar und behielt die Tür im Auge. Ihre Erscheinung war ordentlich und gepflegt: weiße Bluse, das blonde Haar hinter die Ohren gestrichen. Sie warf einen Blick auf ihr Telefon, das einen Chatverlauf anzeigte, und sah dann wieder zur Tür. Es war Ende März, die Bar war ruhig, und vor dem Fenster rechts von ihr ging gerade die Sonne über dem Atlantik unter. Es war vier Minuten nach sieben, dann fünf, dann sechs. Kurz und ohne erkennbares Interesse betrachtete sie ihre Fingernägel. Um acht Minuten nach sieben trat ein Mann durch die Tür. Er war schlank und dunkelhaarig und hatte ein schmales Gesicht. Er sah sich um, scannte die Gesichter der anderen Gäste, zog dann sein Telefon hervor und checkte die Nachrichten. Die Frau am Fenster bemerkte ihn, aber abgesehen davon, dass sie ihn beobachtete, unternahm sie keine weiteren Anstrengungen, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Sie schienen ungefähr im gleichen Alter zu sein, Ende zwanzig oder Anfang dreißig. Sie ließ ihn dort stehen, bis er sie sah und zu ihr kam.

Bist du Alice?, fragte er.

Bin ich, antwortete sie.

Okay, ich bin Felix. Tut mir leid, ich bin zu spät.

Sie erwiderte sanft: Schon in Ordnung. Er fragte, was sie trinken wolle, und ging dann zur Bar, um zu bestellen. Die Bedienung erkundigte sich, wie es ihm ging, und er antwortete: Gut, und selbst? Er bestellte einen Wodka Tonic und ein Lager. Statt die Flasche Tonic Water mit an den Tisch zu nehmen, leerte er sie mit einer schnellen, geübten Bewegung ins Glas. Die Frau am Tisch trommelte mit den Fingern auf einen Bierdeckel und wartete. Seit der Mann den Raum betreten hatte, wirkte sie aufmerksamer und munterer. Sie sah jetzt nach dem Sonnenuntergang, als fände sie ihn interessant, obwohl sie ihm vorher keine Beachtung geschenkt hatte. Als der Mann zurückkam und die Getränke abstellte, schwappte das Lager etwas über, und sie beobachtete, wie ein Tropfen schnell am Glas herablief.

Du hast gesagt, du wärst gerade erst hergezogen, sagte er. Stimmt das?

Sie nickte, nahm einen Schluck, leckte sich die Oberlippe.

Und warum?, fragte er.

Wie meinst du das?

Ich meine, es gibt nicht so viele Leute, die hierherziehen. Normalerweise ziehen die Leute eher weg. Du bist wohl kaum wegen der Arbeit hier, oder?

Oh. Nein, nicht wirklich.

Ein flüchtiger Blick zwischen ihnen zeigte, dass er wohl eine ausführlichere Antwort erwartete. Ein Flackern huschte über ihr Gesicht, als versuchte sie, eine Entscheidung zu treffen, dann lächelte sie ungezwungen, fast schon konspirativ.

Na ja, ich wollte sowieso umziehen, sagte sie, und dann hörte ich von einem Haus hier etwas außerhalb der Ortschaft – eine Freundin von mir kennt die Besitzer. Offenbar versuchen sie schon ewig, es zu verkaufen, und jetzt haben sie nach jemandem gesucht, der in der Zwischenzeit dort wohnt. Jedenfalls dachte ich, es wäre nett, am Meer zu leben. Ein bisschen impulsiv wahrscheinlich, aber – na ja, das ist die ganze Geschichte, es gibt keinen anderen Grund.

Er trank und hörte ihr zu. Gegen Ende ihrer Bemerkungen schien sie etwas nervös geworden zu sein, was sich in Kurzatmigkeit und einem selbstironischen Gesichtsausdruck äußerte. Gelassen betrachtete er ihre Darbietung und stellte dann sein Glas ab.

Ah, okay, sagte er. Und vorher warst du in Dublin, oder?

Nicht nur. Ich war eine Weile in New York. Ich bin eigentlich aus Dublin, das hab ich dir, glaube ich, geschrieben. Aber bis letztes Jahr habe ich in New York gelebt.

Und was willst du hier machen? Suchst du einen Job oder so?

Sie zögerte. Er lächelte und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, ließ sie dabei nicht aus den Augen.

Tut mir leid, dass ich so viel frage, sagte er. Ich versteh das alles noch nicht so ganz.

Nein, schon in Ordnung. Aber ich bin nicht so gut darin, Fragen zu beantworten, wie du merkst.

Als was arbeitest du denn? Das ist meine letzte Frage.

Sie lächelte zurück, jetzt angespannter. Ich bin Schriftstellerin, sagte sie. Und du? Erzähl doch mal, was du so machst.

Ach, nichts so Außergewöhnliches. Ich würde gern wissen, worüber du schreibst, aber ich werde nicht fragen. Ich arbeite in einem Warenlager etwas außerhalb.

Und was machst du da?

Tja, was mache ich da, wiederholte er philosophisch. Ich hole die Bestellungen aus den Regalen und lege sie in einen Wagen und bringe sie nach vorn, wo sie eingepackt werden. Nicht sehr aufregend.

Das heißt, es gefällt dir nicht?

O Gott, nein, sagte er. Ich hasse diesen Scheißladen. Aber man bezahlt mir kein Geld für etwas, das mir Spaß macht, oder? Das ist das Problem mit der Arbeit, würde sie einem gefallen, würde man sie umsonst machen.

Stimmt, sagte sie und lächelte. Draußen vorm Fenster war der Himmel dunkler geworden, und unten auf dem Campingplatz gingen die Lichter an: das kühle, kristallene Schimmern der Außenleuchten und das wärmere, gelbe Licht in den Fenstern. Die Bedienung war hinter der Bar hervorgekommen und wischte die leeren Tische mit einem Tuch ab. Die Frau, Alice, sah ihr ein paar Sekunden lang zu und richtete dann wieder den Blick auf den Mann.

Und was macht man hier so, um Spaß zu haben?, fragte sie.

Dasselbe wie überall sonst auch. Ein paar Pubs. Ein Club unten in Ballina, gut zwanzig Minuten mit dem Auto von hier. Und es gibt natürlich die Freizeitparks, aber die sind eher für Kinder. Ich nehme an, du hast hier in der Gegend keine Freunde, oder?

Ich glaube, du bist der erste Mensch, mit dem ich mich unterhalte, seit ich hergezogen bin.

Er hob die Augenbrauen. Bist du schüchtern?, fragte er.

Sag du’s mir.

Sie sahen sich an. Jetzt wirkte sie nicht mehr nervös, sondern irgendwie unnahbar, während sein Blick über ihr Gesicht glitt, als versuchte er, etwas zusammenzufügen, eine Sekunde, zwei – doch er schien nicht davon überzeugt zu sein, dass es ihm gelungen war.

Könnte sein, sagte er.

Sie fragte ihn, wo er wohne, und er sagte, in einem Haus ganz in der Nähe, zur Miete, zusammen mit ein paar Freunden. Mit einem Blick aus dem Fenster fügte er hinzu, man könne das Grundstück von da, wo sie saßen, fast sehen, direkt hinter dem Campingplatz. Er beugte sich über den Tisch und versuchte, es ihr zu zeigen, aber dann sagte er, es sei doch schon zu dunkel. Jedenfalls gleich dort drüben, auf der anderen Seite. Während er ihr so nah war, trafen sich ihre Blicke. Sie sah schnell auf ihren Schoß, und als er sich wieder hinsetzte, schien er ein Lächeln zu unterdrücken. Sie fragte ihn, ob seine Eltern noch in der Gegend wohnten. Er sagte, seine Mutter sei im letzten Jahr gestorben, und sein Vater sei »Gott weiß wo«.

Ich meine, fairerweise sollte ich sagen, er ist wahrscheinlich in einer Stadt wie Galway, fügte er hinzu. Er wird vermutlich nicht eines Tages in Argentinien oder so auftauchen. Aber ich habe ihn seit Jahren nicht gesehen.

Tut mir leid mit deiner Mutter, sagte sie.

Ja. Danke.

Ich habe meinen Vater eigentlich auch schon eine Weile nicht mehr gesehen. Er ist – nicht sehr zuverlässig.

Felix sah von seinem Glas auf. Oh?, sagte er. Trinkt er?

Mhm. Und er – na ja, er denkt sich Geschichten aus.

Felix nickte. Ich dachte, das wäre dein Job, sagte er.

Bei dieser Bemerkung wurde sie rot, was ihn zu überraschen und sogar zu beunruhigen schien. Sehr witzig, sagte sie. Egal. Willst du noch was trinken?

Nach dem zweiten tranken sie ein drittes Glas. Er fragte, ob sie Geschwister habe, sie sagte ja, einen jüngeren Bruder. Er sagte, er habe auch einen Bruder. Am Ende des dritten Drinks war Alice’ Gesicht gerötet, und ihr Blick glasig und strahlend. Felix sah exakt so aus wie zu dem Zeitpunkt, als er die Bar betreten hatte, die gleiche Haltung, der gleiche Ton. Aber während ihr Blick zunehmend durch den Raum wanderte und ein diffuseres Interesse an ihrer Umgebung erkennen ließ, wurde die Aufmerksamkeit, die er ihr schenkte, eindringlicher und entschlossener. Um sich abzulenken, ließ sie das Eis in ihrem leeren Glas klirren.

Möchtest du dir mein Haus anschauen?, fragte sie. Ich will schon die ganze Zeit damit angeben, aber ich kenne hier niemanden, den ich einladen könnte. Ich meine, ich werde natürlich meine Freunde einladen. Aber sie sind alle woanders.

In New York.

Die meisten in Dublin.

Wo ist denn das Haus, fragte er, können wir hinlaufen?

Auf jeden Fall. Das müssen wir sogar. Ich kann nicht fahren, du?

Nicht im Moment, nein. Jedenfalls würde ich das nicht riskieren. Aber ich habe einen Führerschein, doch.

Ach wirklich, murmelte sie. Wie romantisch. Willst du noch was trinken, oder sollen wir los?

Er runzelte die Stirn über die Frage oder darüber, wie sie formuliert war, oder über den Gebrauch des Wortes »romantisch«. Sie wühlte in ihrer Handtasche, ohne aufzusehen.

Ja, lass uns los, warum nicht, sagte er.

Sie stand auf und zog ihren Mantel an, einen beigefarbenen einreihigen Regenmantel. Er sah zu, wie sie den Aufschlag eines Ärmels umkrempelte, damit er zu dem anderen passte. Als sie aufrecht stand, war er nur wenig größer als sie.

Wie weit ist es?, fragte er.

Sie lächelte ihn spielerisch an. Überlegst du es dir anders?, fragte sie. Wenn du keine Lust...

Erscheint lt. Verlag 7.9.2021
Übersetzer Zoë Beck
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Beziehungen • Dublin • Freundschaft • Irland • Liebe • Sexualität • Umwelt • Zukunft
ISBN-10 3-8437-2547-0 / 3843725470
ISBN-13 978-3-8437-2547-7 / 9783843725477
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