Gezeitenland (eBook)

Roman
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2021 | 1. Auflage
544 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-45915-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Gezeitenland -  Philippa Gregory
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Ein Wort, das deinen Tod bedeutet: »Hexe« ... Der neue historische Roman der Sunday-Times-Bestsellerautorin Philippa Gregory spielt im England des 17. Jahrhunderts, zur Zeit der Hexen-Verfolgung 1648 ist ein gefährliches Jahr in England - selbst Könige können ihren Kopf verlieren. In einer Mittsommernacht wartet die junge Kräuterkundige Alinor auf dem Friedhof auf den Geist ihres Mannes, der auf See verschollen ist. Stattdessen trifft sie auf einen Flüchtenden, der als Ketzer gejagt wird. Alinor zeigt dem verzweifelten jungen Mann die geheimen Pfade durch den Sumpf - und ahnt nicht, dass sie damit eine Katastrophe heraufbeschwört. Denn längst haben Alinors Kräuterwissen und eigensinnige Entschlossenheit das Misstrauen der Dörfler geweckt. Als man die Heilkundige nun mit einem Katholiken in Verbindung bringt, folgt ihr bald ein Wort, wohin sie auch geht, erst gemurmelt, dann immer lauter. Ein Wort, dass Alinors Tod bedeutet: »Hexe« ... »Gezeitenland« stand in England auf Platz 1 der Sunday Times und ist ein ebenso brillant recherchierter wie soghaft spannender historischer Roman aus der Zeit der Hexen-Verfolgung. »Das Verständnis der Autorin für die historischen Hintergründe ist brillant, und die Liebesgeschichte fühlt sich stimmig und echt an.« Daily Mail

Philippa Gregory studierte Geschichte in Brighton und promovierte an der Universität Edinburgh über Englische Literatur des 18. Jahrhunderts. Neben zahlreichen historischen Romanen verfasste sie auch Reiseberichte sowie Drehbücher und arbeitete als Journalistin und Produzentin für Fernsehen und Radio. Sie lebt in Nordengland.

Wattenmeer,
Juli 1648


Rob hatte nichts Standesgemäßes, was er in der Propstei tragen konnte. Er widersetzte sich den Vorbereitungen stur mit den Worten, er wolle nicht beim Sohn und Erben der Peacheys in Dienst gehen. Er sagte, er kenne ihn überhaupt nicht und dass sie nicht miteinander würden spielen können, denn wie könnte ein Sprössling der Familie Peachey mit dem Sohn eines Fischers ringen oder Froschrennen veranstalten?

Doch als seine Mutter ihm von den Speisen erzählte, die er im großen Saal aufgetischt bekäme, von den fünf Shilling, die sie sofort erhalten würden, und dass es die Pacht des nächsten Quartals bezahlen, der Familie ein Boot finanzieren und sie vor der Armut bewahren würde, die immer vor ihnen klaffte wie das Tal einer lebensbedrohlichen Welle, stellte er das Klagen ein und ging nach dem Abendessen zum Fährhaus, um sich eine Jacke auszuleihen, die früher einmal Alinors Vater gehört hatte, dazu ein Paar von Neds alten Stiefeln.

Bei Ebbe kam Ned mit seinem Neffen zurückgelaufen, und sein Hund, ein Wasserhund mit glänzendem rotbraunem Fell, trottete bei Fuß.

»Schwester«, sagte er und streifte Alinors Stirn mit den Lippen.

»Bruder«, erwiderte sie.

Sie goss ihm einen Becher Ale ein, und er trank es auf der Bank neben dem Eingang, den Rücken an der Wand der Hütte, mit Blick auf das Wattland. Sein Hund, Red, saß zu seinen Füßen und betrachtete sehnsüchtig die Hühner, die am Rand der Niedrigwasserlinie entlangpickten.

»Ich habe dir eine dieser kleinen Münzen mitgebracht, die du so magst.« Er kramte in seiner Jackentasche und brachte eine winzige Metallscheibe zum Vorschein, die vom vielen Gebrauch ganz formlos und schwarz angelaufen war.

»Oh, danke, Ned«, sagte sie freudig. »Wo hast du sie gefunden?«

»Im Teich hinter dem Haus. Es ist so nass gewesen, ich glaube, sie muss aus dem Graben gespült worden sein. Da habe ich sie entdeckt. Wie hat wohl jemand eine Münze neben einem Teich verloren?«

»Vor so langer Zeit«, sagte sie und drehte das Geldstück in der Hand. »Man fragt sich, was derjenige dort getrieben hat, nicht wahr? Vor so vielen Jahren. Hat dort gestanden, mit dieser Münze in der Hand. Vielleicht hat er sie für einen Wunsch hineingeworfen.«

Es war eine Münze aus der Zeit des sächsischen Königreiches, als die Sachsen die Wattgebiete beherrscht hatten, sich in ihren langen Booten durch die Schilfbänke und den Schlamm geschoben und ihre Gehöfte auf den Inseln errichtet hatten. Alinor sammelte die Münzen seit ihrer Kindheit und bewahrte sie in ihrer Schatzkiste auf. Ihre Mutter hatte sie als Geizkragen mit einem Haufen Katzengold verlacht, hatte jedoch ihre scharfen Augen gelobt und ihr gesagt, sie solle sorgsam Ausschau halten für den Fall, dass sie eines Tages eine Münze fand, die etwas wert war. Nur ein einziges Mal hatte Alinor eine abgenutzte Silbermünze gefunden, und sie hatten sie nach Chichester gebracht, um sie prüfen und wiegen zu lassen. Der Goldschmied hatte ihr Sixpence dafür gegeben, ein Vermögen für das kleine Mädchen. Alle anderen Münzen in ihrer Sammlung waren aus Bronze oder versilbert, wobei das wertvolle Metall im Lauf der Jahre abgerieben worden war. Doch um den eigentlichen Wert war es ihr nie gegangen. Sie liebte sie wegen ihres Alters, weil sie in eine vergessene Zeit gehörten, zu Menschen, an die man sich nicht mehr erinnerte, mit fremdartigen Symbolen und Formen, die bis zur Unkenntlichkeit abgerieben waren.

Die Menschen auf der Insel Sealsea nannten die Münzen »Elfengold« und erzählten sich Geschichten über Schätze aus unsagbar wertvollen Münzen und dunkle Reiter, die sie bewachten, jedem Dieb die Augen ausstachen und seine Lider mit geschmolzenem Silber versiegelten. Aber jeder wusste, dass es sich nur um Treibgut handelte: vom Meer an Land und wieder zurückgespült, im Uferschlamm gefunden und ohne Wert.

»Warum sollte Seine Lordschaft Rob in Dienst nehmen?«, fragte Ned, als Alinor auf die kleine Münze spuckte und sie am Saum ihres Kleids polierte, dann nach oben in die untergehende Sonne hielt und versuchte, das undeutliche Bild zu entziffern. »Warum ihn so gut bezahlen?«

»Das hier sieht wie ein Löwe aus«, sagte sie bewundernd. »Wirklich. Meinst du, es ist eine Münze aus dem alten England?«

»Ja, vielleicht. Aber warum Rob?«

»Warum nicht?«, wollte sie wissen. »Erinnerst du dich, wie ich Master Walter letzten Mai von seinem Krupp geheilt habe? Damals hat Rob mich begleitet. Er hat die Kräuter in ihrem Garten gepflückt und mir im Destillationsraum geholfen. Seit dem Tod Ihrer Ladyschaft sind wir ein paarmal dort gewesen. Morgen gehen wir wieder hin, um Kräuter zu ernten und zu trocknen. Mr Tudeley meinte, es sei, um uns wegen Zacharys Verschwinden unter die Arme zu greifen.«

»Sie hätten schon früher helfen können. Er ist seit über einem halben Jahr fort.«

Sie zuckte mit den Schultern. »Die zählen die Tage nicht wie wir.«

»Die zählen gar nichts«, sagte er verbittert.

»Ich weiß, aber wenn Rob gutes Geld verdienen und gleichzeitig zur Schule gehen kann, dann wird er es vielleicht einmal weiter bringen als sein Vater. Vielleicht kann er von hier fort, vielleicht sogar nach Chichester.«

»Wenn sie ihn nicht zur Sünde verführen. Sir William war für den König, nicht fürs Parlament. Er mag sich ergeben und Abbitte geleistet haben, aber er dient nicht im neuen Parlament, und er hat niemanden für die New Model Army eingezogen. Von Rechts wegen sollte er seine Männer einberufen und nach Norden gegen die Schotten marschieren. Wenn er sein Versprechen dem Parlament gegenüber je ernst gemeint hat, ist das hier seine Chance, es unter Beweis zu stellen. Aber ich bezweifle, dass es sich um einen gottseligen Haushalt handelt.«

Alinor betrachtete ihren Bruder von der Seite, seinen Schopf dichten braunen Haars und seine stämmigen Schultern. Er war verbittert, weil er just da von der Armee weggerufen worden war, als sie siegreich waren, weil er zur Rückkehr gezwungen gewesen war, um eine Fähre über einen schlammigen Fluss zu ziehen – und das, wo er endlich von der Insel weggekommen war und geglaubt hatte, die Welt werde sich für immer ändern und er sei Teil dieser Veränderung.

»Du wirst Rob immer ein Vorbild sein«, versicherte sie ihm. »Er wird deine Lehren nicht vergessen. Er weiß, woher er kommt und woran wir glauben.«

»Woran glaubst du denn?«, forderte er sie heraus. »Ich weiß nicht, woran du glaubst.«

Ihr Blick wich seinem aus. »Ach, ich bin wie unsere Mutter und Großmutter, Ned. Ich verstehe die Dinge nicht immer, aber manchmal spüre ich …«

»Er wird nie ein Mann der Armee sein«, sagte Ned betrübt. »Er wird nie unter Cromwell dienen. Die Chance darauf hat er verpasst. Und jetzt schickst du ihn zu einem Royalisten …«

»Seine Lordschaft ist begnadigt worden, und er hat sein Bußgeld für die Unterstützung des Königs entrichtet«, sagte sie und verdrängte resolut die Erinnerung an den Priester, der die Propstei als geheimen Unterschlupf für einen Papisten, einen royalistischen Spion aufgesucht hatte. »Rob schlägt nach dir. Er wird nicht vergessen, was richtig ist. Und Sir William wird in einem gottseligen Parlament dienen, sosehr er vielleicht auch den alten Zeiten nachtrauert. Für den König und seine Lords ist es aus. Das hast du selbst gesagt.«

»Ich traue ihm nicht über den Weg. Und auch keinem von denen, die behaupten, es täte ihnen leid, die ihre Ländereien zurückbekommen, als wäre kein Schaden entstanden, obwohl doch Hunderte guter Männer nie mehr nach Hause zurückkehren werden. Ich hätte Rob zur Armee geschickt, ich hätte ihn auf der Seite Gottes in den Krieg marschieren lassen. Wäre er mein Junge, würde ich ihn jetzt zu meiner alten Truppe schicken. Es besteht immer noch die Möglichkeit, dass die Schotten bei uns einfallen. Manche sagen, die Iren sind im Anmarsch.«

»Der Krieg ist aber doch gewiss vorüber?«

»Erst wenn der König einen Friedensvertrag unterzeichnet und es ihm damit auch ernst ist.«

»Ned, ich kann meinen Jungen nicht ziehen lassen«, sagte sie entschuldigend.

»Noch nicht einmal im Dienste des Herrn?«

»Er ist alles, was ich habe.«

»Und jetzt, wenn er die Livree der Peacheys trägt, kann er noch nicht mal die Fähre übernehmen, wenn ich nicht mehr bin«, sagte er verärgert. »Also bin ich umsonst zurückgekommen, um die Fähre und das Haus in der Familie zu halten.«

»Vielleicht wirst du noch einen eigenen Sohn haben«, sagte sie sanft, obwohl er mit seinen dreißig Jahren bereits Witwer war.

Er zog die Schultern hoch. »Ich doch nicht. Wir Fährleute geben schlechte Ehemänner ab.«

»Ach, Gott segne Mary«, sagte Alinor leise. Neds junge Frau war bei der Geburt gestorben, ohne dass Alinor sie hatte retten können. »Gott vergebe mir, dass es mir nicht gelungen ist …«

»Das ist lange her.« Er tat den Schmerz mit einem Schulterzucken ab. »Aber ich würde mir nicht noch eine Frau nehmen und ihr dieses Leid antun.«

»Eine andere Frau wird vielleicht nicht …«

»Daher sollte Rob mein Erbe sein und die Fähre übernehmen!«

»Vielleicht kann er das immer noch! Er wird den Peacheys nicht für immer dienen. Es ist nur, bis Master Walter nach Cambridge geht. Aber selbst ein paar Monate in der Schulstube werden ihn zum Mann machen. Er wird überallhin gehen können, zu jeder Familie, in ganz England. Das ist besser für ihn, als hier festzusitzen.«

»Aber du und ich, wir sitzen hier fest!«

Angesichts der Verbitterung in seiner Stimme runzelte sie die Stirn und legte die Hand auf seine. »Etwas Besseres habe ich...

Erscheint lt. Verlag 1.3.2021
Reihe/Serie Die Fairmile-Trilogie
Übersetzer Ute Brammertz
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte 17. Jahrhundert • Bestseller-Autorin • England • Englischer Bürgerkrieg • Glaubenskämpfe • Glaubenskrieg • Hebamme • Heilerin • Heilkundige • Hexe • Hexenverfolgung • Hexenverfolgung England • Historische Liebesgeschichte • historische Neuerscheinung 2021 • historische Romane 17. Jahrhundert • historische Romane Hexenverfolgung • Historischer Roman • Kräuterkundige • Philippa Gregory • Starke Frauen • Tudor-Reihe
ISBN-10 3-426-45915-9 / 3426459159
ISBN-13 978-3-426-45915-7 / 9783426459157
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