Das Gestüt am See. Zeit der Hoffnung (eBook)

Roman

(Autor)

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2021 | 1. Auflage
336 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-45636-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Gestüt am See. Zeit der Hoffnung -  Paula Mattis
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Der zweite Teil der großen Familiensaga vor dem Hintergrund eines Gestüts an der deutschen Ostsee von Paula Mattis, einer ausgewiesenen Pferde- und Reitsportkennerin Schleswig-Holstein in den späten Zwanziger Jahren. Helene ist nicht so pferdeverrückt wie ihre Schwester Charlotte. Sie ist glücklich verheiratet und hat mittlerweile zwei kleine Töchter. Doch der Schein trügt, denn bald findet sie heraus, dass ihr Mann sie betrogen hat. Untröstlich und zutiefst verletzt sucht sie die sichere Wärme ihrer Familie und die Nähe ihrer Schwester - auf dem Gestüt, das sie einst gar nicht schnell genug verlassen konnte. Noch am selben Tag taucht der wutentbrannte Ehemann auf dem Gestüt auf und fordert Helene auf, sofort mit ihm zurück nach Hamburg zu kommen. Was sollen denn die Leute denken, wenn herauskommt, dass seine Frau ihn einfach so verlassen hat?! Fritz wird immer wütender, doch Charlotte verwehrt ihm den Eintritt ins Haus und rät der Schwester, stark zu bleiben ... Band 1. 'Das Gestüt am See. Stürmische Jahre' Band 2: 'Das Gestüt am See. Zeit der Hoffnung

Paula Mattis ist das Pseudonym einer deutschen Autorin, die sich als Autorin von Kinder- und Jugendromanen sowie von Pferdebüchern für Erwachsene einen Namen gemacht hat.

Paula Mattis ist das Pseudonym einer deutschen Autorin, die sich als Autorin von Kinder- und Jugendromanen sowie von Pferdebüchern für Erwachsene einen Namen gemacht hat.

Kapitel 1


April 1929

Als Anna von Edzards aufwachte, blieb sie still im Bett liegen und ließ die Augen noch geschlossen. In ihrem Körper verspürte sie ein ganz und gar überwältigendes Gefühl, das sie so noch nicht erlebt hatte. Es war ihr fremd, und gleichzeitig kam es ihr vertraut vor. Es ließ sie sich leicht wie eine Feder im Wind fühlen, und dennoch wog es schwer in ihr. Es war wie etwas, das sie längst erwartet hatte und sie dennoch überraschte. Es war das unwiderrufliche Gefühl, dass die Zeit sich dem Ende neigte.

Sie öffnete die Lider. Blinzelte, bis sich ihre Augen an das Tageslicht gewöhnt hatten. Staubpartikel schwebten wie kleine Glitzerpunkte durch das Zimmer. Anna lächelte, freute sich auf den Tag, der vor ihr lag und ihr letzter sein würde. Dass bald alles ein Ende haben würde, die Erlösung ganz nah war.

Es bedeutete einiges an Anstrengung für sie, die Beine unter dem warmen Federbett hervorzubekommen, aber nicht halb so viel, wie sie darum kämpfen musste, ihren Oberkörper aufzurichten.

Einen Augenblick lang verharrte sie auf der Bettkante sitzend und spürte, wie das Herz in ihrer Brust zwei, drei gleichmäßige Schläge machte, dann aber ins Stolpern geriet, wieder etwas langsamer wurde, erneut stolperte und einfach nicht den richtigen Takt finden wollte.

Sie holte tief Luft. Erinnerte sich daran, was die nette Krankenschwester immer zu ihr sagte, die sich nun schon eine ganze Weile um sie kümmerte.

»Immer schön gleichmäßig ein- und ausatmen, bis das Herz seinen Rhythmus gefunden hat.«

Anna atmete wieder aus. Und ein. Und aus … Doch heute wollte sich der richtige Takt einfach nicht einstellen.

Es wäre schön, dachte Anna, wenn Schwester Evelyn bald in ihr Zimmer käme, damit sie gemeinsam atmen könnten. Doch andererseits würde sie ihr verbieten, das Bett zu verlassen. Also war es gut, dass die Krankenschwester heute Morgen auf sich warten ließ.

Wenn Anna genau darüber nachdachte, dann wollte sie sowieso nicht, dass Schwester Evelyn zu ihr kam. Nie wieder. Immerhin hatte sie erst gestern schlimm mit ihr gestritten. Oder war es am Tag zuvor gewesen? Anna konnte sich nicht mehr an die genaue Zeit erinnern. Ihre Gedanken waren wie Zeitenwandler, mal verirrten sie sich weit in die Vergangenheit zurück, im nächsten Augenblick gerieten sie ins Hier und Jetzt, um ihr dann wieder vorzutäuschen, sie selbst wäre blutjung und Hans ein Kleinkind. Darum wusste sie auch nicht mehr, wann es zu der Auseinandersetzung mit dieser Schwester Evelyn gekommen war, nur, dass sie sehr ärgerlich auf die junge Frau gewesen war. Diese Person hatte doch tatsächlich behauptet, sie sei mit Annas Sohn Hans verheiratet.

Was für ein Unfug. Hans war viel jünger als Schwester Evelyn. Er war noch ein Kind, gerade erst zehn Jahre alt geworden, wenn sie sich recht erinnerte. Ein Kind konnte nicht mit einer Krankenschwester verheiratet sein. Ein Kind konnte mit niemandem verheiratet sein. Und das hatte sie dieser Schwester Evelyn auch mit aller Entschlossenheit gesagt. Dennoch war es noch ungeheuerlicher geworden, denn als Nächstes hatte diese Person behauptet, sie sei nicht nur Hans’ Ehefrau, sondern auch seine Witwe. Hans sei verstorben. Angeblich schon im vergangenen Jahr.

Danach hatte Anna ihr den Rücken zugekehrt und kein einziges Wort mehr mit dieser impertinenten Krankenschwester gesprochen. Was für eine unverschämte Person. Als würde ihr Hans, ihr kluger, gutaussehender und überaus charmanter Sohn, solch eine gewöhnliche Krankenschwester ehelichen. Und das mit seinem Tod, das war der Gipfel an Boshaftigkeit gewesen. Nein, diese schreckliche Evelyn sollte besser wegbleiben. Wenn es nach Anna ginge, dann für immer.

Anna konzentrierte sich auf ihre Beine. Sie hatte beschlossen, das stolpernde Herz einfach zu ignorieren. Wenn es ihr nicht einmal an ihrem letzten Tag den Gefallen tun wollte, gleichmäßig zu schlagen, dann war das nun mal so. Anna konnte darauf jetzt keine Rücksicht nehmen. Ihre Zeit war knapp bemessen.

Es gelang ihr, sich vom Bett zu erheben und die Tür zu erreichen. Sie drückte behutsam die Klinke herunter und trat auf den langen Flur hinaus. Der dicke Teppichläufer fühlte sich angenehm weich unter ihren bloßen Füßen an, es kam ihr vor, als liefe sie auf Wolken. So erreichte sie recht mühelos und von den bereits umherwuselnden Hausmädchen gänzlich unbemerkt die Treppe. Auch wenn ihr bei jeder einzelnen Stufe die Knie schlimme Schmerzen bereiteten, so bewältigte sie dennoch eine nach der anderen, bis sie unten in der imposanten Halle des Gutshauses angekommen war. Liebevoll betrachtete Anna den feudalen Kronleuchter. Ein leises, wehmütiges Seufzen entwich ihr, während sie die Erinnerung an längst vergangene Zeiten einholte. Die vielen illustren Gäste, die ihr Gemahl und sie hier in der Halle unter dem Kronleuchter in Empfang genommen und begrüßt hatten. Der Tag, an dem Carl Heinrich seinen Erstgeborenen über die Schwelle getragen hatte. Anna sah die beiden vor sich, als wäre es gestern gewesen. Der stolze Vater, wie er seinen zehn Tage alten Sohn auf dem Arm gehalten hatte, und Anna hatte gedacht, dass sie ihren Ehemann nie glücklicher erlebt hatte als in diesem Moment.

Ihr Blick wanderte zu der antiken Standuhr weiter, deren Betrachtung für Anna mit ebenso vielen Erinnerungen verbunden war. Ein letztes tiefes Seufzen, dann wandte sie der Halle mit all den Kostbarkeiten den Rücken zu und öffnete die Gutshaustür.

Während Anna hinaus in den noch recht frühen Morgen trat, begann hinter ihr in der Halle die Standuhr zu schlagen. Ein, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben Mal. Jeder einzelne Schlag so wunderschön, dass Anna trotz der kühlen Luft wohlig warm ums Herz wurde. Erst als der letzte Nachklang verhallt war, zog sie die Tür hinter sich ins Schloss. Während sie achtsam die breiten Sandsteinstufen hinabstieg, freute sie sich wie ein kleines Kind, dass es ihr gelungen war, von allen unbemerkt das Gutshaus verlassen zu haben.

Die spitzen Kieselsteine im Innenhof piksten und stachen ihr unter den Füßen, doch sie setzte ihren Weg unbeirrt fort. Das Scheunentor war nur angelehnt. Anna trat ein und sah sich im Halbdunkel der Scheune um. Er muss hier doch irgendwo sein, mein Hans, ging es ihr durch den Kopf. Wo bist du, mein Sohn?

Sie würde Hans auf der Stelle von dieser impertinenten Schwester Evelyn erzählen. Anna war sich sicher, dass Hans kopfschüttelnd über die unverschämten Behauptungen dieser Person lachen würde. Aber vielleicht würde er auch nicht lachen, sondern in Wut geraten. Anna konnte sich auch vorstellen, dass er unverzüglich zu ihr eilen und sie zur Rede stellen würde. Hans wurde nur selten laut und aufbrausend, so ein rüdes Verhalten passte nicht zu ihm. Er war ein Feingeist. Nun sah sie wieder den jungen Mann in ihm, der über einwandfreie Manieren verfügte. Doch wenn es etwas gab, das ihn wirklich ärgerte, dann konnte er sehr wütend werden. Doch wenn Hans gleich sehr rüde mit dieser Evelyn umgehen und sie bestimmt des Gestüts verweisen würde, so verspürte Anna dennoch kein Mitleid mit ihr. Schließlich hatte sie ihr immer wieder weismachen wollen, dass sie Hans’ Gattin sei … seine Witwe. So ein Unfug. So eine Dreistigkeit. Wie konnte jemand nur so schamlos lügen.

Und Carl Heinrich und Charlotte, sogar Helene und die Zwillinge, sie glaubten dieser unverschämten Lügnerin, ließen sich von ihr täuschen. Anders konnte Anna sich nicht erklären, warum sie diese Frau noch im Gutshaus wohnen ließen. Trotz der vielen schlimmen Worte, die sie nicht müde wurde, Anna gespielt einfühlsam immer wieder zu sagen. Es war schlimm. Ja, es war unerträglich für Anna.

Aber jetzt würde sie Hans davon erzählen, und ihr lieber Sohn würde keine Sekunde verstreichen lassen, diese verlogene Person aus dem Gutshaus und vom Gestüt zu jagen. Womöglich würde er ihr sogar Steine hinterherwerfen. Viele Steine, die sich von hinten in ihren schmalen Rücken bohrten. Schwester Evelyn würde jammern, sie würde Hans um Gnade anflehen. Anna sah bereits alles ganz genau vor sich. Doch ihr Sohn würde sich nicht erweichen lassen. Evelyn hatte mit ihren Behauptungen seine über alles geliebte Mutter verletzen wollen, und das würde er ihr nicht durchgehen lassen und erst recht nicht verzeihen. Kein Erbarmen, o nein, diese Person konnte kein Erbarmen erwarten.

»Hans«, rief Anna mit dünnem Stimmchen. In diesem Moment kam sie ihr selbst ganz fremd vor. Anna hatte doch stets klar und bestimmend geklungen. Besonders den Töchtern gegenüber. Carl Heinrich hatte so seine Probleme mit ihrer Strenge gehabt, wenn Anna sich recht erinnerte. Ihm war es nicht immer recht, wie sie die vier Töchter erzog. Doch Anna ließ sich nicht beirren, damals nicht und heute ebenso wenig. Sie war sich sicher, im Sinne der Mädchen zu handeln, für die es immerhin darum ging, später einen angemessenen Ehemann zu finden. Für Anna war das wahrlich das Maß aller Dinge, so sah die Gutsherrin die Rolle der Frau und konnte nicht verstehen, warum ihre Töchter so sehr dagegen rebellierten. Vielleicht sollte sie demnächst mal wieder ein ausführliches Gespräch mit Carl Heinrich führen, in dem sie ihm mit aller Entschlossenheit mitteilte, dass die Erziehung der Töchter ihr oblag und sie keinerlei Einmischung von ihm duldete.

Nur Hans, nun ja, mit Hans verhielt sich das alles ganz anders. Er war ihr einziger Sohn. Der Stammhalter und zukünftige Erbe des Gestüts und der Fabrik. Was Anna allerdings etwas Sorgen bereitete, war, dass er sich in letzter Zeit immer wieder in diese staubige Scheune zurückzog. Anna konnte sich beim besten Willen keinen Reim darauf machen. Sie bekam ihn kaum noch im Gutshaus...

Erscheint lt. Verlag 1.3.2021
Reihe/Serie Die Gestüts-Saga
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte Charlotte von Edzards • Drama • Dreißiger Jahre • Dressursport • Emanzipation • Familiengeschichte • Familiengeschichten Romane • Familiensaga • Familien-Saga • Gestüt • Hamburg Klein-Flottbek • historische romane 20. jahrhundert • Historische Romane Deutschland • Historische Romane Serie • Liebe zu Pferden • Pferde • Pferdebücher für Erwachsene • pferderomane für erwachsene • Pferderoman Erwachsene • Pferdezüchter • Romane für Frauen • Romane mit Tieren • Roman Pferde Erwachsene • Saga • sanfter Umgang mit Pferden • Schleswig-Holstein • Springsport • Starke Frauen • Tradition • Trennung • Zwanziger Jahre
ISBN-10 3-426-45636-2 / 3426456362
ISBN-13 978-3-426-45636-1 / 9783426456361
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