Feuchtes Grab: Ostsee (eBook)

Ein Ostee-Krimi

(Autor)

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2021 | 1. Auflage
400 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-98762-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Feuchtes Grab: Ostsee -  Karen Kliewe
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Johanna Arnold ermittelt wieder - und dieser Fall betrifft sie persönlich. Für Leser*innen von Eva Almstädt und Ragnar Jónasson Januar 2017. Die Nacht ist weit fortgeschritten. Ein Netz aus feinen Tropfen ziert das kalte Metall des monströsen Stahlkolosses. Die blasse Haut der jungen, nackten Frau, die an einem seiner Pfeiler angelehnt dasitzt, schimmert unwirklich. Ihr Name: Denise. Ihr Mörder: Ihr Freund - so viel steht fest. Oder ist er nur der Sündenbock? Johanna Arnold, angehende Journalistin und Freundin des Opfers, plagen Zweifel. Ihre Recherchen bringen nicht nur Ungeahntes über die Tote zum Vorschein, sondern auch das grausame Vermächtnis einer düsteren Nacht im Jahre 1945. Doch wie lässt sich beweisen, was niemand sehen will? »Karen Kliewe schafft es, den Leser in Atem zu halten und die Fantasie anzuregen, selbst mit zu forschen.«  ((Leserstimme Netgalley))

Karen Kliewe wurde 1970 in Westfalen geboren, ist verheiratet und Mutter einer Tochter. Nach ihrer Ausbildung zur Fotografin studierte sie Visuelle Kommunikation, arbeitete als Illustratorin, Grafik-Designerin und Fotografin. Ihr Debüt erschien 2020 und bildete den Auftakt einer Serie um die Journalistin Johanna Arnold

Karen Kliewe wurde 1970 in Westfalen geboren, ist verheiratet und Mutter einer Tochter. Nach ihrer Ausbildung zur Fotografin studierte sie Visuelle Kommunikation, arbeitete als Illustratorin, Grafik-Designerin und Fotografin. Ihr Debüt erschien 2020 und bildete den Auftakt einer Serie um die Journalistin Johanna Arnold

Kapitel 2


Ann fiel es schwer, den Knopf zu drücken.

Dann holte sie tief Luft, gab sich einen Ruck und tat es doch.

Lange passierte nichts.

»Komm, sie ist wahrscheinlich gar nicht da.« Lottes Stimme zitterte.

Noch mal mochte Ann nicht klingeln. Vielleicht wollte Dennis Mutter einfach in Ruhe gelassen werden.

Als sie sich gerade umgedreht hatten, ging die Tür hinter ihnen auf – sehr langsam. Kaum hatte Renata sie erkannt, schrie sie auf und fing laut an zu weinen. Gleichzeitig wedelte sie einladend mit den Armen. »Lotte! Ann! Ihr beide. Oh Gott, kommt doch rein«, schluchzte sie.

Sie sah fürchterlich aus. Sie musste stundenlang geweint haben. Ihre braunen, schulterlangen Haare waren fettig und ungekämmt. Über ihr orange-gelb gemustertes T-Shirt hatte sie sich eine Strickjacke gezogen, die über und über mit roten Rosen bestickt war. Sie war blass, hatte dunkle Ringe unter den rot geweinten Augen und einen fast schon irren Blick. Man erkannte sie kaum wieder.

Während Ann geschockt stehen blieb, ging Lotte an ihr vorbei und nahm Renata in den Arm. Zusammen standen sie schweigend im Türrahmen.

Lotte und Ann waren früher viel bei Renata und Denni gewesen. Renata hatte ihre Tochter allein großgezogen, mit ein wenig Hilfe ihrer Eltern, die im oberen Stockwerk des Hauses wohnten. Dennis Vater hatte sie sitzengelassen. Er war Monteur gewesen, hatte einen projektbezogenen, zeitlich begrenzten Vertrag in der Region gehabt und war nach ein paar Monaten weitergezogen. Denni hatte ihn nie kennengelernt.

Ihre Mutter war immer froh gewesen, wenn die drei Mädchen Zeit bei ihr verbrachten, bei ihr aßen, übernachteten. Sie versuchte es ihnen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten, so angenehm wie möglich zu machen. Auch, wenn sie nie viel Geld gehabt hatte.

Es war eine tolle Zeit gewesen.

Renatas Weinkrampf verebbte schnell. Man merkte ihr an, dass sie schon zu viele Tränen vergossen hatte. Sie konnte einfach nicht mehr. Erschöpft winkte sie ihre Gäste herein.

Als die drei die Küche betraten, war Ann erstaunt, wie ordentlich es aussah. Sie hatte das absolute Chaos erwartet.

Müde setzte Renata sich auf einen Stuhl. »Es ist schön, euch zu sehen. Denise hätte sich gefreut.« Ihr versagte die Stimme.

»Wir wollten sehen, ob wir etwas für dich tun können«, sagte Lotte.

Still warteten die beiden Freundinnen auf eine Antwort. Ann hatte das Gefühl, die Traurigkeit um sie herum würde den Sauerstoff verdrängen und die Luft immer dicker machen. Irgendwann würde die nicht mehr durch die Öffnungen ihrer Nase, ihres Mundes passen. Sie sah sich selbst, wie sie vom Stuhl sank, auf dem kalten Küchenboden auf der Seite liegen blieb und wie ein sterbender Fisch mit glasigem Blick nach Luft schnappte.

Lass das! Konzentrier dich darauf zu erfahren, was hier los ist.

»Kannst du uns sagen, was passiert ist?« Anns Stimme zitterte.

Renata drückte ihr die Hand. Dann stand sie auf, schenkte jedem ein Glas Wasser ein und reichte Ann ein paar Taschentücher.

»Wenn wir das nur wüssten«, sagte sie und setzte sich wieder. »Am Mittwoch, gegen Mittag, standen plötzlich zwei Polizisten in unserer Filiale. Sie hielten mir den Ausweis von Denise unter die Nase und fragten, ob das meine Tochter sei. Ich war total erschrocken und wusste gar nicht, was ich sagen sollte. Sie baten mich mitzukommen. Es wäre etwas Schreckliches passiert. Denise wäre tot. Danach war alles wie in einem schlechten Film, als wäre man gefangen in einem Albtraum. Ich warte immer noch darauf aufzuwachen.«

Sie schwieg einen Moment.

»Sie meinten, sie hätten ihre … ihre Leiche im Kieswerk gefunden. Sie wäre erschossen worden. Da war ich mir sicher: Das muss ein Irrtum sein. Was sollte sie dort? Dann noch zu dieser Jahreszeit, im Dunkeln!«

Wieder hielt Renata ein paar Minuten inne.

»Meine Denise – erschossen! Das kann doch nur ein Albtraum sein, oder?« Sie sah die Freundinnen nicht an, ihre Stimme war leise, klang gebrochen.

Lotte kamen erneut die Tränen.

»Ich musste mit, zur Identifizierung. Und dann lag sie da. So blass! So ganz anders! So war sie doch nie gewesen. Das war nicht meine Denise! Meine Kleine war voller Wärme, hatte leuchtende Augen und dieses süße Lachen. Sie war immer so lebenslustig! Dieses arme Ding da hatte nichts mehr von ihr, und doch …«, schluchzte Dennis Mutter.

»Und sie hatte da so ein, so ein Loch. Mitten auf ihrer …!« Renata tippte sich mit ihrem Zeigefinger immer wieder gegen die Stirn. Ihr irrer Blick ließ Ann erschaudern.

Sie hatten Denni in den Kopf geschossen? Geschockt hielt sie den Atem an.

Renata vergrub das Gesicht in ihren Händen und schwieg.

Hinter ihr, im Türrahmen, sah Ann plötzlich Denise stehen. Sie war sich sicher, dass es Denni war, obwohl die Erinnerung einfach keine Gesichtszüge formen wollte. Stattdessen sah sie unter dem Haaransatz einfach nur flache, glatte Haut. Keine Augen, keine Nase, kein Mund – und erst recht kein hässliches Loch. War es das, was es ihr unmöglich machte, Dennis Erscheinung ein Gesicht zu geben? Das Loch in ihrer Stirn? Trotz der fehlenden Attribute hatte sie das Gefühl, die Gestalt schaue sie beklemmend vorwurfsvoll an.

Keine zwei Meter weiter saß Lotte, die richtige, echte Lotte. Ihre Augen waren vor Schreck geweitet.

»Wann hast du sie denn das letzte Mal gesehen?«, unterbrach Ann die Stille.

»An dem Abend. Kevin hatte sich gemeldet. Sie wollte zu ihm.«

»Einen Abend, bevor man sie gefunden hat?«

Renata nickte müde. »Klar, sie war erwachsen. Trotzdem war sie meistens so lieb und gab mir Bescheid, wenn sie abends noch wegging. Oder sie hinterließ mir einen Zettel. Natürlich blieb sie häufig auch einfach bei Kevin. Deshalb hab ich mir auch keine Sorgen gemacht, als sie morgens nicht …« Wieder versagte ihre Stimme.

»Was sagt Kevin, was passiert ist?«, fragte Lotte.

»Das ist es ja!« Aufgebracht schaute Renata erst Lotte, dann Ann an. »Er sagt, er hätte sich nicht bei Denni gemeldet. Sie hätten gar nicht vorgehabt, sich zu treffen. Sie wäre nicht bei ihm gewesen! Wie kann das sein? Wo sollte sie denn sonst gewesen sein? Warum sollte sie mir was vorschwindeln? Dazu gab es doch gar keinen Grund!«

»Du glaubst, er hat gelogen?«

»So muss es sein. Anders ergibt es keinen Sinn. Das Ganze ergibt sowieso keinen Sinn«, fügte sie dann noch hinzu.

»So etwas lässt sich doch überprüfen, oder?« Lotte schaute fragend zu Ann.

Die nickte. »Weißt du, wie er sich mit ihr verabredet hat? Hat er sie auf ihrem Handy angerufen? Ihr ne Nachricht geschickt?«

Renata schüttelte den Kopf. »Ihr Handy hat man nicht gefunden.«

»Fehlte sonst noch irgendwas?«

»Ich glaube nicht. Ihre Handtasche, ihr Portemonnaie, die Papiere, ihre Schlüssel, alles noch da. Nur ihr Handy nicht.«

»Gab es in letzter Zeit neue Freunde? Irgendwen, über den sie sprach, den du nicht kanntest?«

»Das hat mich die Polizei auch schon gefragt. Aber nein, sie hatte auch keinen Kontakt zu … warte, wie haben die das formuliert? Zu zwielichtigen Kreisen. Sie nahm keine Drogen, hatte keine Geldsorgen. Sie war einfach nur meine Kleine. Sie konnte keinem was zuleide tun, also warum? Warum sie? Ich versteh das nicht!«

»Weißt du schon, wann die Beerdigung sein wird? Wir helfen dir gern. Sag einfach, was wir tun können!«

Lotte nickte zustimmend.

»Das ist lieb von euch. Bis jetzt will die Polizei sie nicht freigeben. Wann das sein wird, wollten oder konnten sie mir nicht sagen. Mir bleibt also nichts weiter, als zu warten und …« Renata zuckte hilflos mit den Schultern.

»Gründliche Beweissicherung dauert ihre Zeit.«

»Ich weiß, aber es ist so schlimm, sich vorzustellen, dass meine Kleine da ganz allein in diesem kalten, schrecklichen Raum auf einer harten Metallpritsche liegt. Wo sie doch bei mir sein sollte.«

*

Eine Stunde später saßen Ann und Lotte in deren Wohnzimmer, tranken Wein und versuchten, Ordnung in das gedankliche Chaos zu bringen.

»Wir müssen mit Kevin reden«, sagte Ann. »Wo arbeitet er und als was? Weißt du, wo er wohnt? Wie haben sich die beiden eigentlich kennengelernt?«

»Er arbeitet als technischer Zeichner bei der Firma Johannsen. Er hat eine kleine Mietwohnung in der Nähe vom Südfriedhof. Kennengelernt hat sie ihn im letzten Sommer am Süseler Moor. Denise und ich waren baden, er Wakeboard fahren. Keine zwei Wochen später waren sie ein Paar.«

»An der Wassersportanlage? Wie ist es denn da so?«

»Hat schon was. Du kannst schwimmen gehen, dich auf die Wiese legen oder Wasserski fahren. Außerdem gibt’s eine Strand-Bar und ein Restaurant. Eine wirklich coole Location. Einige nutzen sie, um zu zeigen, was sie sich während des Winters in der Mucki-Bude antrainiert haben, und versuchen, im Windschatten der lässigen Wakeboard-Cracks ein bisschen Bewunderung abzustauben. Ein echtes Schaulaufen!«

»Und Kevin? Gehört der auch dazu?«

»Zu den Wakeboard-Cracks oder zu den Muskel-Schnittchen?« Lotte lächelte. »Also, der kann zwar fahren, aber eher durchschnittlich. Und ja, er geht regelmäßig in ein Fitnessstudio. Sieht ganz gut aus – wenn man drauf steht. Als Denni sich auf ihn einließ, hab ich erst gedacht: ›Oh Mann, nur nicht so einer.‹ Es kam schon ziemlich viel doofes, oberflächliches Gelaber. Lag wahrscheinlich auch daran, dass seine Leute dabei waren. Im Nachhinein kann ich sagen: Er ist ganz nett. Nicht, dass ich ihn besonders gut kennen würde, so oft war ich mit den beiden nicht zusammen. Aber Denni hat mir einiges erzählt.«

»Kannst du ihn noch mal anrufen? Wenn das nichts bringt, sollten wir ihn besuchen. Kennst du die genaue...

Erscheint lt. Verlag 3.5.2021
Reihe/Serie Ein Fall für Journalistin Arnold
Ein Fall für Journalistin Arnold
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bücher für den Urlaub • Deutsche Krimis • Inselkrimi • Inselroman • Johanna Arnold • Journalistin • krimi norddeutschland • Krimi-Reihe • Küste • Küstenkrimi • Neustadt in Holstein • Ostseekrimi • Ostsee Krimi • Ostsee Roman • Rerik • spannende Bücher • Strand • Urlaubskrimi • weibliche Ermittlerin
ISBN-10 3-492-98762-1 / 3492987621
ISBN-13 978-3-492-98762-2 / 9783492987622
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