Tinte & Siegel (eBook)

Die Chronik des Siegelmagiers 1

*****

(Autor)

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2021 | 1. Auflage
384 Seiten
Klett-Cotta (Verlag)
978-3-608-12080-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Tinte & Siegel -  Kevin Hearne
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»Tote Schüler sind auf Dauer schlecht für den Ruf. Inzwischen frage ich mich, ob meiner noch zu retten ist.« Al MacBharrais Al MacBharrais ist gesegnet. Gesegnet mit einem ungewöhnlich schönen Schnurrbart, einem Sinn für kunstvoll gemixte Cocktails - vor allem aber mit einem einzigartigen magischen Talent. Er schreibt mit Geheimtinte kraftvolle Zaubersprüche. Und als ehrbarer Schotte setzt er alles daran, unsere Welt vor den schurkischen Knechten verschiedener Pantheons zu beschützen, im Besonderen vor Feenwesen, die alles andere als nett sind. Traurig, aber wahr: Al ist auch verflucht. Jeder, der seine Stimme hört, geht sofort mit unvorstellbarem Hass auf ihn los. So kann er nur schriftlich oder mit Sprach-Apps kommunizieren. Und schlimmer noch: Alle seine Lehrlinge starben bei höchst sonderbaren Unfällen. Fergus wurde bei den Highland-Spielen von einem schlecht geworfenen Baumstamm erschlagen, Ramsey wurde von schusseligen amerikanischen Touristen, die auf der falschen Straßenseite unterwegs waren, überfahren. Als sein letzter Lehrling Gordie tot in seiner Wohnung in Glasgow aufgefunden wird - er erstickte an einem rosinenhaltigen Gebäck -, entdeckt Al, dass Gordie ein geheimes, verbrecherisches Doppelleben führte und in einen schwunghaften Menschenhandel mit nichtmenschlichen Wesen verstrickt war ...

Kevin Hearne, geboren 1970, lebt in Arizona und unterrichtet Englisch an der High School. »Die Chronik des Eisernen Druiden« machte ihn unter Fantasyleserinnen und -lesern mit einem Schlag weit über die USA hinaus bekannt.

Kevin Hearne, geboren 1970, lebt in Arizona und unterrichtet Englisch an der High School. »Die Chronik des Eisernen Druiden« machte ihn unter Fantasyleserinnen und -lesern mit einem Schlag weit über die USA hinaus bekannt.

1

Vorsicht, Scones


Tote Schüler sind auf Dauer schlecht für den Ruf. Inzwischen frage ich mich, ob meiner überhaupt noch zu retten ist.

Fergus wurde bei den Highland-Spielen von einem ungeschickt geworfenen Baumstamm erschlagen.

Abigail segelte über den Himmel, als ihr Fallschirm versagte.

Beatrice war Amateurmykologin und aß ein paar giftige Pilze.

Ramsey wurde von hirnlosen amerikanischen Touristen überfahren, die auf der falschen Straßenseite unterwegs waren.

Nigel machte Urlaub in Toronto, wo ihm ein Eishockeypuck den Schädel zertrümmerte.

Alice wurde bei einer Auseinandersetzung mit Fußball-Hooligans erstochen.

Und jetzt ist auch noch Gordie, der eigentlich meine Glückszahl sieben hätte sein sollen, heute an einem Scone erstickt. In dem Gebäck waren Rosinen, ziemlich bekloppt also, das Ding zu essen, da Rosinen verderbenbringende Perversionen sind. Er hätte es einfach besser wissen müssen. Unabhängig von den Zutaten sollte man sowieso nie ein Scone essen, wenn man allein ist. Armer kleiner Kerl.

An keinem dieser Todesfälle war ich schuld, und sie standen auch in keinem Zusammenhang mit der Ausbildung in meinem Fach. Das zumindest kann ich ins Feld führen.

Aber trotzdem. Bin ich überhaupt in der Lage, einen Nachfolger auszubilden? Allmählich kommen da Zweifel auf, vor allem bei mir. Dabei hätte ich gern in nicht allzu ferner Zukunft einen Nachfolger, zumal ich schon über sechzig bin und meine Zeit lieber an Stränden oder in Gärten verbringen würde – jedenfalls an einem Ort, wo ich öfter die Sonne sehe.

Schottland ist nicht unbedingt berühmt für seine Sonnenstunden. Die Highlands kriegen Jahr für Jahr zweihundertsechzig Tage Regen ab. Aber weil es nun mal keinen Spaß macht, sich die Schotten als ständig durchnässt auszumalen, werden wir in der Fantasie anderer Länder bevorzugt mit Kilts, Dudelsäcken und unsäglicher Küche dargestellt.

Der muskelbepackte Constable, der mit routinierter Standfestigkeit den Eingang zu Gordies Wohnung in Maryhill blockierte, hob die Hand, als ich mich an ihm vorbeischlängeln und nach dem Türknauf greifen wollte. Anscheinend hatte er keine Lust, mich auf höfliche Weise weiterzuschicken. »Hast du sie nicht mehr alle, du Bampot? Zieh Leine.«

»Das können Sie sich in den Furzer rammen, Constable. Der Inspector weiß, dass ich komme, also gehen Sie mir aus dem Weg.«

Tja, den Schotten eilt nicht umsonst der Ruf einer farbenfrohen Sprache voraus.

Mein Stock war in Wirklichkeit eine Waffe, die ein Mensch meines Alters offen mit sich führen durfte. Ich lehnte mich demonstrativ darauf, während ich meinen »offiziellen« Ausweis zückte und ihn dem Mann unter die Nase hielt. Es war keine Marke und auch sonst nichts Offizielles, bloß ein Stück Ziegenhautpergament, auf das ich mit sorgfältig zubereiteten Tinten drei Siegel geschrieben hatte. Jedes alleine hätte wahrscheinlich schon ausgereicht, und im Zusammenspiel ermöglichten sie einen praktisch unwiderstehlichen Hack des Gehirns über den Sehnerv. Die meisten Menschen waren empfänglich für Manipulationen über optische Medien – die Werbebranche war der beste Beleg dafür. Und Siegel nutzten diese kollektive Anfälligkeit noch auf weitaus wirksamere Weise aus.

Das erste, das Siegel des Durchlässigen Verstandes, war das wichtigste, weil es der Zielperson ihre Gewissheiten und Prioritäten nahm und sie offen für Vorschläge machte. Außerdem fiel es der Zielperson schwer, sich an die Geschehnisse der nächsten Minuten zu erinnern. Das nächste, das Siegel der Unumstrittenen Autorität, verlieh mir jede für den Verstand des Constables akzeptable Bedeutung. Das dritte, das Siegel der Raschen Einwilligung, sollte ihn dazu bewegen, sich jeder halbwegs vernünftigen Anweisung von mir zu fügen, und ihn dafür mit einem kräftigen Dopaminstoß belohnen.

»Lassen Sie mich durch«, wiederholte ich.

»Selbstverständlich, Sir.« Eilfertig trat er beiseite.

Jetzt hätte ich locker an ihm vorbeigekonnt, ohne ihn zu berühren, und jede weitere Bemerkung hätte sich erübrigt. Allerdings war ich der Meinung, dass ich ihm für sein flegelhaftes Benehmen von vorhin noch eine entsprechende Antwort schuldete. Also drängte ich ihn grob zur Seite und knurrte: »Ich hab deine Oma bestiegen.« Ohne seinen bösen Blick zu beachten, betrat ich die Wohnung.

Der Inspector drinnen wusste natürlich nichts von meiner Ankunft. Es war eine Frau in mittleren Jahren, die ein wenig müde wirkte, als sie sich bei meinem Eintreten umwandte. Immerhin war sie deutlich höflicher als der Constable. Sie hatte ihr Haar grau werden lassen, statt es sich zu färben, und das fand ich sofort sympathisch.

»Hallo. Und wer sind Sie?«

Ganz in seine Arbeit vertieft, machte ein Forensiker unbestimmten Geschlechts digitale Fotos – mit einer ans Gesicht gepressten richtigen Kamera statt mit einem Telefon oder Tablet. Erneut wandte ich den »offiziellen« Ausweis an und deutete auf den armen Gordie, der mit blau angelaufenem Gesicht auf dem Küchenboden lag. Von der jahrelangen Ausbildung, seinen Hoffnungen und meinen, war nur noch eine leblos hingestreckte Leiche übrig. »Erzählen Sie mir, was Sie über den Tod dieses Mannes wissen.«

Die Beamtin blinzelte rasch, als die Siegel ihre Wirkung ausübten. »Durch einen Unfall erstickt, soweit wir das erkennen können, außer der Drogentest ergibt, dass mit dem Scone was nicht in Ordnung war.«

»Natürlich war damit etwas nicht in Ordnung.« Ich fixierte das Überbleibsel des Scones auf einer Untertasse. »Es war mit Rosinen. Sonst noch was von Bedeutung?«

Sie deutete Richtung Gang. »Zwei Schlafzimmer, obwohl er allein gelebt hat. Ein Schlafzimmer voller Füller und Tinten. Ist mir noch nie untergekommen, so was. Ein Spinner anscheinend.«

»Genau. Deswegen bin ich auch hier. Ich muss das Zeug einschicken. Zur Überprüfung und so weiter.«

Wie eine Wolke zog Verwirrung über ihr Gesicht. »Davon hat er aber gar nichts getrunken.«

»Nein, nein. Das gehört zu einer anderen Untersuchung. Wir beobachten ihn schon seit einer Weile.«

»Wir? Entschuldigung, ich habe Ihren Namen nicht mitbekommen.«

»Aloysius MacBharrais. Sie können mich Al nennen.«

»Danke. Ich bin Detective Inspector Munro. Und Sie führen Ermittlungen zu den Tinten durch?«

»Aye. Toxische Chemikalien. Illegale Präparate. Alles, was in diese Richtung geht.«

»Na, dann mal los. Das Zimmer gefällt mir nicht. Irgendwas ist komisch da drin.«

Diese hingeworfene Bemerkung war eine dicke Warnung. Gordie hatte anscheinend mehrere aktive und ungesicherte Siegel am Laufen gehabt. Wie auch immer, all seine Tinten – mühsam und mit größter Sorgfalt aus seltenen Ingredienzen und latenter magischer Kraft hergestellt – mussten verschwinden. Die Welt brauchte garantiert keinen Constable, der zufällig ein Siegel der Entfesselten Zerstörung hinkrakelte. Nach ihrer Sicherstellung konnte ich die Sachen später analysieren, die gelungenen Mischungen aufbewahren und den Rest vernichten.

Ohne ein weiteres Wort wandte ich mich ab und trat in den Flur. Es gab drei Türen, eine davon führte bestimmt zum Klo. Nach der Anordnung lag nahe, dass das die erste links war, daher peilte ich die zweite an und öffnete sie vorsichtig einen Spalt. Sein Schlafzimmer mit einem Schreibtisch und einer kleinen Ansammlung von Stiften, Tinten und Briefpapier – alles für die normale Korrespondenz. Ich nahm ein Blatt und zog einen Aurora 88 aus meiner Jackentasche. Der Füller enthielt eine rostfarbene Tinte mit Zinnober als Pigment und einer Mischung aus zermahlenen Perlen, Fischleim und dem Glaskörpergallert von Eulenaugen als Bindemittel. Zuerst zeichnete ich einen kleinen Kreis, um die Wirkung auf mich zu lenken, dann skizzierte ich in raschen Zügen das Siegel der Geschirmten Sicht, das einem roten Auge hinter Gitterstäben glich. Mit seiner Vollendung trat das Siegel in Kraft, all meine Farbrezeptoren wurden inaktiv, und ich sah nur noch schwarzweiß. Das war ein grundlegender Schutz vor ungesicherten Siegeln. Solange er aktiv war und ich ihn nicht zerstörte, konnten sie mir nichts anhaben. Das hatte mich schon zahllose Male vor Schäden bewahrt.

Den Stock abwehrend erhoben, hielt ich das Siegel in der linken Hand und öffnete die Tür zu Gordies Arbeitszimmer. Sofort stach mir eine faulig miefige Schwade in die Nase, und ich fragte mich, weshalb Inspector Munro kein Wort darüber verloren hatte. Es roch nach verschwitztem Hodensack. Und nicht nur nach einem. Eher schon nach zehn.

»Boah.« Ich hustete zweimal, um den Geruch aus der Lunge zu bekommen. Ein Kichern aus...

Erscheint lt. Verlag 13.2.2021
Übersetzer Friedrich Mader
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte Al MacBharrais • Ben Aaronovitch • Buch • Cocktails • Die Chronik des Eisernen Druiden • Die Chronik des Siegelmagiers • Fantasy • Fantasy Reihe • Fantasy Roman • Fluch • Glasgow • Großbritannien • High Fantasy • hobgoblin • Humor • Magie • Roman • Schnurrbart • Schottland • Tinte und Siegel • Urban Fantasy • verflucht • Zauberer • Zauberschüler • Zaubersiegel
ISBN-10 3-608-12080-7 / 3608120807
ISBN-13 978-3-608-12080-6 / 9783608120806
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