Das Riesen Krimi Mörderpaket für den Strandurlaub 2021 (eBook)
2000 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-4543-0 (ISBN)
von Cedric Balmore
»Ich habe einen Tip für Sie, Trevellian«, versprach der Mann am Telefon. »Eine heiße Sache. Etwas für das FBI, das Gericht und den Henker!«
Seine Stimme war hell, heiser und erregt. Sie konnte ebensogut einem Zwanzigjährigen wie einem Fünfzigjährigen gehören. Dennoch kam sie mir irgendwie bekannt vor.
»Warum kommen Sie nicht zu mir in die Dienststelle?« fragte ich den Anrufer.
»Das fehlte mir gerade noch! Glauben Sie, ich hätte Lust, von gewissen Leuten mit einer MP perforiert zu werden? Sie müssen sich schon zu mir bemühen. Diskret natürlich! Setzen Sie sich eine Brille auf, oder kleben Sie sich einen falschen Bart auf die Oberlippe. Und noch etwas: Kommen Sie allein! Schließlich sind wir alte Bekannte! Ich bin Al Rankins. Sie erinnern sich doch an den alten Al, nehme ich an? Vor vier Jahren haben Sie sich redlich abgestrampelt, um mich auf den Grill zu bringen!«
»Ich habe dem District Attorney lediglich eine präzise Aufstellung Ihrer Straftaten übergeben«, sagte ich. »Den Rest haben er das Gericht und die Geschworenen besorgt.«
»Lassen wir das jetzt beiseite«, knurrte der Anrufer. »Ich gebe Ihnen, wie Sie sich denken können, den Tip nicht aus Liebe und Sympathie. Ich möchte, daß Sie sich an dem Fall die Zähne ausbeißen, Trevellian. Stück für Stück, und zwar so gründlich, daß für Sie kein Gebiß mehr in Frage kommt!«
***
Ich legte auf. Milo schaute mich prüfend an. Irgend etwas an meinem Gesichtsausdruck weckte seine Neugier. »Das war Al Rankins«, sagte ich. »Er behauptet, einen heißen Tip für mich zu haben.«
»Bis jetzt hatte er für dich nur heiße Drohungen übrig«, meinte Milo. »Du kennst die Berichte der Revierbeamten. Rankins hat wiederholt in allen möglichen Kneipen verkündet, daß er dich eines Tages umbringen wird.«
»Er trinkt zuviel«, sagte ich. »Wenn er blau ist, neigt er zum Protzen und Prahlen. Das ist so seine Art. Niemand nimmt das ernst.«
»Ich traue ihm nicht über den Weg«, meinte Milo. »Als wir vor einigen Jahren die Graves-Gang hochgehen ließen, mußte Rankins für zwei Jahre ins Zuchthaus. Das hat er dir niemals vergessen, Jesse.«
»Er redet seit seiner Entlassung von Rache und Vergeltung«, nickte ich. »Offenbar glaubt er, sein Ziel mit diesem ,Tip‘ erreichen zu können.«
»Wirst du ihn besuchen?«
»Selbstverständlich«, sagte ich und .stand auf. »Die Sache interessiert mich. Vielleicht kann ich Rankins beweisen, daß meine Zähne nicht so wackelig sind, wie er glaubt.«
Dreißig Minuten später schob sich die geschwindigkeitslüsterne Schnauze meines roten Jaguar in die enge Hampton Road im Stadtteil Bronx. Ich fand eine Parklücke und marschierte dann zur nahen Willis Avenue. Aber ich trug weder eine Brille noch einen falschen Bart.
Ein asthmatisch ächzender Fahrstuhl brachte mich in ,die dritte Etage des Wohnsilos. Die Tür zu Rankins Apartment war nur angelehnt. Ich klingelte. Aus dem Wohnungsinnern ertönte die helle, heisere Stimme: »Sind Sie‘s, Trevellian? Nur immer hereinspaziert!«
Ich drückte die Tür mit der Fußspitze auf. Im Flur war es stockdunkel. Ich trat über die Schwelle und tastete nach dem Lichtschalter. Ich merkte, daß mich ein warmer, scharfer Atem streifte und wußte plötzlich, daß hier etwas nicht stimmte. Meine Hand zuckte zur Smith and Wesson, doch in diesem Augenblick traf mich etwas am Kopf.
Ich ging benommen zu Boden, kam aber sofort wieder hoch. Ich erhielt den zweiten Treffer. Es war, als sauste ein Tonnengewicht auf mich herab, dumpf, hart und brutal.
Mit einem Ruck hatte ich den Kopf in Deckung gebracht und steppte zur Seite. Gleich darauf schoß ich meine erste Gerade in die Dunkelheit. Ich hörte einen unterdrückten Fluch und wußte, daß ich gut getroffen hatte. Im nächsten Moment umspannten mich von hinten zwei kräftige Arme. Ich keilte aus und versuchte mich zu befreien, aber es gelang einfach nicht.
Dann traf mich etwas an der Schläfe. Fast gleichzeitig mußte ich einen Punch hinnehmen, der mir die Existenz meines Magens schmerzlich zu Bewußtsein brachte. Meine Knie wurden wie Gummi, ich sackte zu Boden.
Vergeblich krallte ich die Nägel in das glatte Linoleum des Bodens und versuchte, die elende Schwäche abzuschütteln. Meine Gedanken kribbelten durcheinander wie aufgescheuchte Ameisen; verzweifelt suchten sie nach dem richtigen Weg. Wieder traf mich der harte, stumpfe Gegenstand am Schädel.
Ich stemmte mich hoch, fest entschlossen, meine Haut so teuer wie möglich zu Markte zu tragen. Jemand blies mir etwas ins Gesicht. Aus meiner Kehle kam ein heiserer Schrei. Ich schloß die Augen. Sie brannten wie Feuer. Die Burschen hatten mir eine Ladung Pfeffer verpaßt.
Im nächsten Moment hörte ich das Klicken des Lichtschalters. Ich versuchte, die Lider zu heben, und konnte undeutlich die Konturen zweier breitschultriger Burschen registrieren. Nochmals schlug ich zu, traf aber nur ins Leere. Dann war es mit einem Male dunkel um mich herum. Ich verlor das Bewußtsein.
***
Ich lag auf dem Boden eines Wohnzimmers. Um mich herum blitzten die Scherben einer zu Bruch gegangenen Porzellanvase. Einige Stühle waren umgestoßen worden, und auch sonst sah es in dem Raum so aus, als hätten hier Proben für einen Wildwestfilm stattgefunden.
Ich schloß die Augen und versuchte meine Gedanken zu sammeln. Eine Uhr tickte monoton. Sonst war es still. Und dann hörte ich das Weinen, kurz, fast kindlich aufstoßend, und abgehackt.
Ich stemmte den Oberkörper hoch. In meinem Kopf dröhnte es wie in einer Kesselschmiede. Einige Sekunden lang rührte ich mich nicht. Ich hielt die Augen geschlossen und wartete, daß der Schmerz verebbte. Seltsamerweise verstummte in diesem Augenblick auch das Schluchzen.
Vorsichtig hob ich die Lider. Erst jetzt sah ich den Mann, der am Kopfende der Couch auf dem Boden lag. Er ruhte auf dem Rücken und hatte eine Hand mit gespreizten Fingern auf den Mund gepreßt. Ich erkannte den Mann sofort. Es war Al Rankins.
Ich kam auf die Beine. Mühsam torkelte ich auf ihn zu. Rankins hatte die Augen weit geöffnet. Sie waren so starr und kalt wie kleine, vereiste Straßenpfützen.
Al Rankins war tot.
***
Plötzlich war auch das Schluchzen wieder da. Tote weinen nicht. Also schaute ich mich um.
Die schwere Polstergarnitur stand genau in der Mitte des Zimmers. Das Mädchen lag hinter der Couch. Den Kopf hatte es in die Arme vergraben. Ich sah das strohblonde Haar und den schlanken, jungen Körper. Es trug ein grünes Kleid mit einem breiten, schwarzen Lackledergürtel.
Ich bückte mich und berührte seine Schulter sanft mit der Hand. Das Mädchen zuckte zusammen, als hätte es einen heftigen Schlag erhalten. Dann hob es den Kopf und starrte mich an. In seinen großen, graubraunen Augen funkelten nicht nur Tränen, in ihnen lag Haß, und dieser Haß galt mir.
»Sie haben ihn umgebracht!« stieß das Girl hervor. »Sie haben ihn getötet!«
Mir war noch immer ziemlich elend zumute. Dieser Ausbruch machte nichts besser. Ich hatte keine Lust, mich jetzt und hier zu rechtfertigen. Es gab wichtigere Dinge zu tun. Ich wandte mich wieder zu Al Rankins.
Er war nicht mehr dazu gekommen, seinen heißen Tip loszuwerden. Seine Gegner hatten ihn für immer stumm gemacht.
Zeit seines Lebens war er nur ein kleiner, verbitterter Gangster gewesen. Nun, Al Rankins war tot, jetzt kam es darauf an, seinen Mörder zu finden. Ich trat ans Telefon und wählte die Nummer der zuständigen Mordkommission. Zehn Sekunden später hatte ich Lieutenant Abott an der Strippe.
»Hallo, Lieutenant«, sagte ich. »Hier spricht Jesse Trevellian vom FBI. Ich muß einen Mord melden. Al Rankins ist hier, in seiner Wohnung, umgebracht worden. Die Adresse lautet...«
»Ich weiß, wo er wohnt«, unterbrach mich Abott. Seine Stimme klang ziemlich frostig. »Wir kommen sofort.« Er legte auf.
Das Mädchen stand zögernd auf. Sie strich das grüne Kleid glatt und warf das ziemlich lange, blonde Haar in den Nacken. Sie hatte rotgeweinte Augen, und das Gesicht war etwas verquollen.
»Wie heißen Sie?« fragte ich.
Sie starrte mich an. »Warum haben Sie das getan?« fragte sie mit tonloser Stimme, ohne meine Frage zu beachten.
»Was getan?« staunte ich und wies auf Al Rankins. »Das war ich nicht!«
»Sie haben Al umgebracht«, beschuldigte mich das Mädchen plötzlich. »Glauben Sie im Emst, Sie könnten das vertuschen und der ‘Mordkommission ein Märchen erzählen?«
Ich blieb vor der Hausbar stehen. Mir gegenüber hing unterhalb des Flaschenregals ein großer Spiegel. Ich schaute hinein. Über meine linke Backe zogen sich häßliche Kratzspuren...
Erscheint lt. Verlag | 21.1.2021 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
ISBN-10 | 3-7389-4543-1 / 3738945431 |
ISBN-13 | 978-3-7389-4543-0 / 9783738945430 |
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