Celsissimus -  Arthur Achleitner

Celsissimus (eBook)

Salzburger Roman
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
248 Seiten
Andhof (Verlag)
978-3-7364-2851-5 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
0,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Der geneigte Leser wolle nicht an Bischöfe und Priester unserer Zeit denken, wenn er an Wolf Dietrich, den erhabenen Kirchenfürsten des 16. Jahrhunderts denkt und seine Schicksale liest. Die Verhältnisse der damaligen Zeit lagen ganz anders, wie denn auch für die Erwählung eines Kirchenfürsten nicht kirchlich frommes Leben, sondern adelige Geburt erforderlich war. Der Adel beanspruchte die hohen und einträglichen Würden der Kirche, er allein war stiftsfähig und bestrebt, solche Stellen, weil das Leben versorgend, an sich zu bringen. In die Zeit Wolf Dietrichs, eines genial veranlagten Adeligen, fiel die Restaurationsbewegung, von diesem Fürsten erwartete man Ausrottung des Protestantismus, der immer wieder auflodernden Kelchbewegung, Berufung der Jesuiten nach Salzburg, Wiederherstellung des Zölibates, Anforderungen, die über eines selbst genialen Mannes Kräfte gehen mussten, zumal wenn die Erziehung, das Leben in römischen Palästen der Gedankenwelt eine ganz andere Richtung gegeben. Wolf Dietrich, der seine Fehler durch Sturz und lange Gefangenschaft sühnte, ist die interessanteste Erscheinung in Salzburgs Geschichte, die unvergessen in dankbarer Erinnerung fortleben wird, so lange die schöne Stadt Salzburg, welcher er das heutige Gepräge gegeben, bestehen wird. Arthur Achleitner berichtete in spannend geschriebenen Feuilletons mehrerer großer Zeitungen und finanzierte so seine Reise und seine Schriftstellerei, war Redakteur bei der Süddeutsche Presse in München und lebte in München als freier Schriftsteller. In den Sommermonaten bereiste er die Bergwelt von Bayern bis in die Steiermark. Seine Erlebnisse auf der Jagt, in den Alpen und im Gebirge thematisierte er in seinen Heimatromanen.

Arthur Achleitner berichtete in spannend geschriebenen Feuilletons mehrerer großer Zeitungen und finanzierte so seine Reise und seine Schriftstellerei, war Redakteur bei der Süddeutsche Presse in München und lebte in München als freier Schriftsteller. In den Sommermonaten bereiste er die Bergwelt von Bayern bis in die Steiermark. Seine Erlebnisse thematisierte er in seinen Heimatromanen, besonders aber auch in seinen Novellen.

Wieder meisterte der Landesherr sein heißes Blut, kühl, fast höhnisch sprach er: „Deut' ich das vernommene Wort recht, und es ist nicht schwer zu deuten, so spukt in euren Köpfen der Geist der Rebellion!“

Beide Alts zuckten zusammen. Da griff Salome helfend ein: „Verstattet gnädigster Herr und Gebieter ein vermittelnd Wort!“

Überrascht rief Wolf Dietrich: „wie? Majestät Schönheit will sich ins Gebiet der Politik begeben?“

„Verzeihung, gnädigster Landesvater! Ich fühle wohl den herben Tadel in den Worten Ew. Hochfürstlichen Gnaden und gestehe willig dessen Berechtigung zu. Ein Weib, ein Mädchen nun gar soll schweigen, so im Kreise bedeutender Männer das Wohl des Landes beraten und erwogen wird. Ein Weib —“

„Ein fürstlich Weib!“ murmelte Wolf Dietrich und ein bewundernder Blick schien die schöne Gestalt Salomes umfassen zu wollen.

Klug nützte Salome den Augenblick wie die Schmeichelei: „Ein Weib versteht nichts von den wichtig politischen Dingen, doch kann weibliches Empfinden oft besser erfassen, den Kern einer Sache erkennen, als ein kluger Manneskopf, wasmaßen das Weib meist nicht von Nebendingen beeinflußt ist.“

„Ei ei, der Diplomat im weiten Rock!“ lachte der Fürst amüsiert.

Tapfer behauptete Salome: „Ew. Hochfürstliche Gnaden werden mir zugeben, daß ich in der eben vernommenen Sache ganz unzweifelhaft nicht beeinflußt bin, denn mit Kriminal- und peinlichen Prozessen habe ich in meiner Lebtage nichts zu schaffen gehabt und hoffe, davon verschont zu bleiben, bis des Alters Schnee auf meinem Haupte lastet und darüber hinaus.“

„O, carissima mia! Wie kann das lieblichste Geschöpf der Erde die Schrecken des Alters heraufbeschwören, stören den harmonisch schönen Eindruck, der mein Herz entzückt! Schnee auf Eurem goldigen Haupte, holde Göttin meiner Seele! Bannt mir solches Denken! Hinweg damit! Ich kann dieses Wortbild nicht fassen, ich hasse es!“

„Und dennoch wird jene Zeit auch über mich kommen! Doch Euer Wunsch, gnädigster Herr, ist mir Befehl, heut und so lang ich lebe —“

„Hört ihr es!“ wandte sich Wolf Dietrich zu den beiden Alten, „so spricht eine Unterthanin Salzburgs, weise und ergeben in den fürstlichen Willen, und wären der Unterthanen alle wie Schönsalome, es wäre eine Freud' und Lust, Herr zu sein! — Doch sprecht aus, was Eure Brust bewegen mag!“

„Mein Ohm,“ erwiderte Salome, „der allverehrte Bürgermeister hat es ehrlich, wenn auch vielleicht zu hastig, ausgesprochen, daß zu viel genommen ward von den Rechten Salzburgs, daß der Rat erniedrigt sei zu bedeutungsloser Exekutive. Wahr ist dies Wort und Eure Partnerin ist nicht viel anderes als des Stadtbüttels Nichte, nicht wert an der Seite des gnädigsten Fürsten und Landesherrn zu sitzen!“

Galant erwiderte Wolf Dietrich: „Schönheit adelt und erhebt!“

„Mit nichten, gnädigster Herr! Ein Fürst wird niemals ein Weib erküren, das nahezu unfrei ist, von niederer Abkunft, mag das Weib dabei engelschön sein!“

„Ein Anwalt, wie ich ihn meiner Sache nicht besser wünschen kann!“ schmeichelte der Fürst, und fügte bei: „Doch Eure Prämisse stimmt nicht: Die Tochter eines Wilhelm Alt, des reichen Handelsherrn, ist nicht von niederer Abkunft, au contrair, der edelsten eine in meinem Lande, nur nicht von Adel! — Ist irrig die Prämisse, kann die Folgerung nicht richtig sein! Was aber wünscht die verkörperte Anmut in so bemeldter Sache?“

„Gebt, gnädigster Herr, der Stadt die alten Rechte wieder, laßt ihr ein gewisses Maß der Freiheit, die Selbstbestimmung, und ich bin dessen sicher: Je lockerer der Zügel, desto freudiger gehorcht das Roß dem leisesten Befehl des Herrn!“

Ein langer, liebevoller Blick des jungen Landesherrn lag auf Salome, bis Wolf Dietrich leise, fast mehr für sich zu sprechen anhub: „Verführerische Worte, süßer Klingklang! Geb' ich dem Rat, wird mir die Landschaft störrig! Und schlankweg die Hofratsordnung aufheben, dieses mühevolle Werk meiner Juristen, impossibile!“

Salome wagte einen legten Versuch: „Verzeiht mir, hoher Herr! Die Landschaft war Euch sicher zu Willen und hat jeder Steuermaßnahme zugestimmt!“

„Ja doch! Lästig ist genug die hergebrachte Pflicht, daß der Fürst die Landschaft angehen muß bei jeder neuen Steuerausschreibung! Ihr, schöne Salome, wollt als besonderes Verdienst betonen die allzeit gefüge Zustimmung! Verzeiht mir das harte Wort: Hier reicht Frauensinn nicht aus! Wißt Ihr, warum die Stände so steuerfreudig gewesen und immer ohne Sträuben zugestimmt haben? Ich will Euch dieses Rätsel lösen: Hoffnung war es, weiter nichts, Berechnung auf des Fürsten Gutmütigkeit, die Hoffnung, durch sothane Nachgiebigkeit und Willigkeit etwas von den früheren Rechten zurückzuerlangen!“

„Und täuschte sothane Hoffnung?“ fragte Salome unter Augenaufschlag und richtete den Blick direkt in des Fürsten Auge.

Jetzt Aug' in Aug' mit dem bezaubernd schönen Mädchen, vermochte Wolf
Dietrich kein schroffes, wahres „Ja“ zu sagen, er griff zu Worten der
Ausflucht, indem er eine spätere Reformierung der Angelegenheit
zusicherte.

Ein Schatten des Unmutes huschte über das Antlitz Salomes, und Wolf sah dieses Wölkchen sofort. „Wenn es dem Rat der Stadt und meiner holden Tischgenossin einen Trost gewährt zu wissen, daß Privilegien anderer Klassen noch reformfähig erscheinen, so will ich jetzund sagen: Die bisherige Steuerfreiheit des Adels und der Geistlichkeit erscheint mir ungerecht. Muß der Bürger und Bauer zahlen, soll es Adel und Klerus auch! Und damit dixi!“

Beide Alts wußten in ihrer grenzenlosen Überraschung nichts anderes zu thun, als den bedeutungsvollen Satz zu wiederholen: „Muß der Bürger und Bauer zahlen, sollen es Adel und Klerus auch!“

Die Frau Bürgermeisterin hatte von dem Gemurmel nur das Wort „zahlen“ verstanden, und dieses Wort übte auch auf die würdige Frau die gleiche Wirkung aus wie auf alle Salzburger Patrizier, denen die Aufhäufung von bischöflichen Lasten, das ständige Anziehen der Steuerschraube ein Greuel war. Daher fing Frau Alt auch gleich zu jammern an zum Entsetzen ihres Gemahls. Wilhelm Alt suchte die Schwägerin zu beruhigen durch den Hinweis, daß es diesmal dem Adel und der Geistlichkeit gelte und das sei nur in der Ordnung.

„O, die haben ja selber nichts, die Geistlichen!“ meinte Frau Alt.

„Schweigt doch, Schwägerin, es ist nicht der arme Landklerus gemeint, sondern die reichen Klöster und Stiftsherren, die sollen nur auch zahlen, der Fürst hat da ganz recht!“

Das seine Ohr Wolf Dietrichs hatte diese halblaute Äußerung vernommen, und die Zustimmung des angesehenen Handelsherrn versetzte den jungen Fürsten in rosige Laune. „Freut mich, lieber Alt! Ihr sehet, wir finden den modus viviendi; der Anfang zu einer Verständigung zwischen Fürst und Volk ist gemacht, auf diesem Wege wollen wir bleiben und fortschreiten.“ Zu Salome gewendet sprach Wolf Dietrich: „Will die Wolke nicht weichen von der reinen Stirne? Ich denke, wir sind in Eintracht! Kann ich der Majestät Schönheit einen Dienst erweisen, sprecht, Göttin, Ihr seht den Fürsten dienstwillig wie einen Sklaven, haschend nach einem Sonnenstrahl Eurer Gnade!“

Salome lächelte in bezaubernder Anmut, ihre Kirschenlippen kräuselten sich zu leisem, gutmütigem Spott: „Das zu glauben, hoher Herr, fällt mir schwer! Sklavisch ist nichts an Ew. Hochfürstlichen Gnaden, hoch der Sinn, hoch der Geist wie hoch die Würde! Ich möchte meinen gnädigen Landesherrn auch niemals in einer Sklavenlage wissen!“

„Ihr versteht es wohl, die Worte fein zu setzen; ein Notarius könnte von Euch lernen! Doch sprach auch ich bei allem Feuer des Empfindens mit Bedacht und tiefer Sinn liegt in meinen Worten, da ich sage: Sklave möcht' ich sein, so Eure Huld würde mich beglücken!“

Ein Kichern folgte dieser galanten Beteuerung, dann flüsterte Salome:
„So mein gnädiger Herr heute seltsam gebfreudig ist, will die
Gelegenheit beim Schopf ich fassen und bitte ich Ew. Hochfürstliche
Gnaden um die Verlaubnis, ein Gläschen rheinischen Weines trinken zu
dürfen auf das Wohl unseres gnädigen Herrn!“

„Das wollen wir freudig thun, schöne Göttin; doch nicht harter Deutschwein soll Eure Rosenlippen netzen, wir nehmen edlen Terranto, der unter Vicenzas Himmel gedeiht!“ sprach Wolf Dietrich und wandte sich zum Bürgermeister mit der Frage, ob dieser edle italienische Wein zu haben sei.

„Zum hohen Glück, Ew. Hochfürstliche Gnaden an dieser Tafel zu wissen, gehört — Thalhammers feinerprobte Zunge!“ schnatterte Ludwig Alt, dem die unvermutete Frage die Gedanken durcheinander brachte.

„Wie? Was meint Er?“ rief erstaunt der Fürst.

„Gnädiger Herr wollen mir erlauben, daß ich den dunklen Sinn der Worte meines Ohms erhelle!“ warf Salome schnell ein, „der gute Ohm wollte sagen, daß nur Rat Thalhammer wissen könne, ob für diese Tafel gewünschter Edelwein vorhanden sei!“

Wolf Dietrich lachte belustigt ob der Schlagfertigkeit seiner schönen Tischgenossin: „Beim Zeus! Ich berufe Euch noch in meinen Hofrat, wir können solche Redekunst fürwahr gebrauchen!“

„Ob die würdigen Herren da nicht wirren Kopfes werden würden?“ spottete
Salome.

„Ihr möget recht haben; für die alten Federfuchser sind die Folianten gut, doch nicht die Blüte weiblicher Schönheit und Anmut! Die Jugend will ihr Recht, sie darf die Hand danach erheben, nicht das mürrische Alter!“

Der Bürgermeister...

Erscheint lt. Verlag 5.2.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
ISBN-10 3-7364-2851-0 / 3736428510
ISBN-13 978-3-7364-2851-5 / 9783736428515
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 350 KB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Die Geschichte eines Weltzentrums der Medizin von 1710 bis zur …

von Gerhard Jaeckel; Günter Grau

eBook Download (2021)
Lehmanns (Verlag)
14,99
Historischer Roman

von Ken Follett

eBook Download (2023)
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
24,99