Das hohe Ziel der Erkenntnis -  Omar Al Raschid Bey,  Friedrich Arnd

Das hohe Ziel der Erkenntnis (eBook)

Aranada Upanishad
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
80 Seiten
Andhof (Verlag)
978-3-7364-2854-6 (ISBN)
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Friedrich Arnd oder Omar al Raschid Bey, geboren in Sankt Petersburg und gestorben in München, deutscher Publizist, entstammte einer aus Hessen stammenden Goldschmiedefamilie und wurde als Staatenloser geboren. Er war 'sehr gut bekannt' mit Helene Böhlau und bestens befreundet mit Gustav Meyrink und Theodor Lessing. Das hohe Ziel der Erkenntnis gehört zu seinem Zentralen Werk: Er, der dieses Werk geschrieben, ist gestorben vor der Herausgabe. Weil sein Werk der Niederschlag eines ganzen Lebens war, konnte es auch nicht beendet werden, bis dies Leben erfüllt wurde. Das Titelblatt, worauf ich in der Eigenschaft als Herausgeber genannt bin, fand sich im Manuskipt so entworfen vor, wie es hier gedruckt ist. Es war schon vorbereitet in einer Zeit, als der Tod gar nicht nahe war. Andere sollten aussäen, was in seiner Seele gereift war. Daß mir die Aufgabe zufiel, ist selbstverständlich. Seine Lehre war Inhalt meines Lebens geworden. Ich hatte ihre helfenden und gestaltenden Kräfte an mir lebendig gefühlt. Wie von einem Strom ist meine Seele von diesem Werke getragen worden, aus Einheit durch die Vielheit der Erscheinungswelt mit ihrem Heimatsverlangen, wieder zurück zur Einheit. In diesem Werke heißt es: Aus einer Quelle fließt: sich eines Andern Seele nähern, sich von eines Andern Körper nähren. Darüber ist gesagt: 'Aus Verlangen und Nährung hat Brahma diese Welt gebildet.' 'Darum lebt alles dieser Welt durch Nährung, durch einver-Leibung, durch an-Eignung; darum lebt alles Ich durch ein anderes und lebt kein Ich ohne nicht-Ich, und lebt alles Ich durch nicht-Ich, seelisch und sinnlich. Also beschränkt sucht Ich Unbeschränktheit, also unvollständig sucht Ich Vollständigkeit, also unvollkommen sucht Ich Vollkommenheit, also verstoßen, sucht Ich nach dem verlorenen Paradiese, also einsam schreit Ich um Hilfe-es verlangt nach Allumfassen, nach All-einheit, nach Vollendung,-nach Nirvana.' Tief wurde meine Seele von den Bildern des Verlangens dieser Welt bewegt. Zu höchstem Einklang sah ich das irrende gequälte Verlangen, dieser in Qual und Lust erbebenden Erschein-ungswelt sich vor meinen Augen verwandeln. Eine Erlösung sondergleichen, von der Natur selbst vollzogen. Trost und Ruhe stieg aus diesem Weke auf. Kein Wort traf meine Seele, das übersinnlich zu werden trachtete, aber ein gewaltiger Strom nahm die heimatlose Seele auf und trug sie unaufhaltsam einem unaussprechlichen Ziele zu, vor dem jeder Gedanke und jedes Wort umkehrt. Mir schien dieses Werk wie eine Heimat und Zuflucht derer, die sich scheuen vor jedem Wort und jedem Bild, das sich ihrer Heimatssehnsucht erbarmen möchte. Mit Naturnotwendigkeit fühlte ich mich über das unstillbare Verlangen dieser Welt hinauswachsen, ohne Weltflucht-durch Weltvertiefung, durch Versenken in die Welt der Erscheinung und des Verlangens. 'Anziehung und Abstoßung ist Verlangen, brünstige Wünsche -inbrünstiges Gebet-Liebe wie Haß. Niederste Gier ist Verlangen nach dem Höchsten.' Nichts ist zu niedrig, um nicht das Höchste zu bergen! Welch erbarmungsvoller Gedanke!-Von diesem Standpunkt aus-eine Heiligung sondergleichen der ganzen Natur. Ihre Geheimnisse und Schrecken, wandeln sich in uns zum Höchsten, wir brauchen der Natur nicht zu entfliehen; wir sind geborgen...

Friedrich Arnd oder Omar al Raschid Bey, geboren in Sankt Petersburg und gestorben in München, deutscher Publizist, entstammte einer aus Hessen stammenden Goldschmiedefamilie und wurde als Staatenloser geboren. Er war 'sehr gut bekannt' mit Helene Böhlau und bestens befreundet mit Gustav Meyrink und Theodor Lessing.

*

In dir ist Zeit und Raum, du selbst schaffst Zeit und Raum, zu eigener Lust; trägst Zeit und Raum mit dir, wie du Leben und Welt mit dir trägst. Ewig ist Zeit, unendlich ist Raum—ewig unendlich Ich und Welt.

—Es ist das Atmen der Welt, die du lebst; Schöpfer—
Vernichter.

* * *

Und ferner, o Teurer! Noch hat niemand diesem, wovon wir reden, sein volles Recht strömen lassen, und nicht überliefert wurde mir diese Lehre; in mir selbst trat zutage, wuchs und erstarkte die Erkenntnis. Und schon einmal habe ich der Welt diese Lehre verkündet, als die Tochter des Vatschaknu vor dem Könige der Videha mich befragte; aber unverstanden von der Welt blieb diese Lehre: —"was zwischen Himmel und Erde ist, und oberhalb des Himmels und unterhalb der Erde, was sie Vergangenheit und Zukunft nennen—Raum und Zeit—o Gargi, ist eingewoben und verwoben in der Erscheinung Akasha".—Uraltes Wissen verkündige ich dir wieder: der erscheinenden Welt zeiträumliches Dasein.

*

Gegensatz und Zwillingspaar ist, was du Raum und Zeit nennst. Durch Ur-sprung ist Raum, durch Raum—Zeit; wie rechts durch links, wie oben durch unten, wie Vergangenheit durch Zukunft. Wie kein rechts ohne links, kein oben ohne unten, keine Vergangenheit ohne Zukunft, so kein Raum ohne Zeit, keine Zeit ohne Raum. Zeit ohne Raum wäre nirgend; Raum ohne Zeit wäre nie. Alles was im Raum ist, entsteht und vergeht in der Zeit; alles was in der Zeit ist, entsteht und vergeht im Raum. Zeit ist ewig überall, Raum ist überall ewig. Zeit und Raum bedingen einander. Zeit und Raum mißt sich aneinander: 'ein Zeitraum, eine Stunde Wegs, eine Spanne Zeit, ein Tagwerk Land, eine geraume Zeit.' Zeit und Raum ergänzen einander. Dem Nebeneinander des Raumes entspricht das Nacheinander der Zeit. Zeit und Raum treten für einander ein. Bewegter Raum wäre Zeit; ruhende Zeit wäre Raum. Ausgebreitete Zeit heißt Raum; dauernder Raum —Zeit. Zeit und Raum schafft einander; Zeit und Raum hebt einander auf—Gegensätze, die einander schaffend, einander aufheben. Gegensätze Zeit und Raurn sind gegen-Paare, halb-Teile eines Ganzen. Gegensatz in sich nennt Ich: Zeit, Gegensatz zu sich nennt Ich: Raum. Spaltung im Ich—Zeit; gespaltenes Ich—Raum. Gegensatz räumt—Gegensatz zeitigt.

*

Weder hat Zeit einen Anfang, noch ist Zeit ewig; weder hat Raum ein Ende, noch ist Raum unendlich—weder ist Zeit und Raum real, noch ist Zeit und Raum ideal;—Zeit und Raum ist Gedanke im verlangenden Ich. Zeit-Gegenwart ist ohne Dauer, also nicht Zeit; Raum-Punkt ist ohne Ausdehnung, also nicht Raum. Zeit-ewigkeit wird nicht aus Zeit, Raum-unendlichkeit wird nicht aus Raum, und wie Zeit-ur-teil keine Zeit ist, so ist Zeit-ewigkeit keine Zeit; wie Raum-ur-teil kein Raum ist, so ist Raum-unendlichkeit kein Raum. Zeit und Raum ist Gedanke im urteilend schaffenden Ich. Ich ist Zeit-einbildung, Ich ist Raum-vorstellung. Im Ich ist ewig Zeit; im Ich ist endlos Raum. Weil Ich selbst Zeit und Raum ist, darum ist Zeit immer, wann Ich ist; darum ist Raum immer, wo Ich ist; Zeit und Raum ewig unendlich, da Ich ist. 'Ewig' 'unendlich' aus dem Ich geschaffene, das Ich selbst bezeichnende Worte, Ich-ausdruck, nichts mehr. Ich ist Ausdehnung in sich zu ewiger Zeit—außer sich zu unendlichem Raum. Ich ist gegen-Wart zu Zeit und Raum. Ich-Atem, Ich-Bewegung, Ich-Ausdehnung, Ich-Wandel, Ich-Wirk-lichkeit ist Zeit und Raum. Wechselndes im Bleibenden, Beharrendes im Wechselnden: Ich.

Keine Zeit, kein Raum ohne Ich: einen Augenblick bewußtlos—eine
Ewigkeit bewußtlos.

'In der 'Zeit' heißt vom Ich-bewußtsein als Zustand in sich unmittelbar umfaßt; 'im Raum' heißt mittelbar, vermittelst der Sinne erfaßt. Im Bereich des Ich-bewußtseins heißt Zeit, was darüber hinaus Raum heißt. Vom Ich empfunden—Zeit, vom Ich angeschaut—Raum; seelisch empfunden—Zeit, sinnlich angeschaut—Raum.

Bei gedankenlosem Hinschauen zwar erscheint Zeit und Raum verschieden, verschieden wie Tag und Nacht, wie Vergangenheit und Zukunft, unvereinbar, ewig voneinander getrennt. Ansicht—nicht Einsicht; Wahr-nehmung—nicht Wahrheit. Zeit und Raum sind nicht auseinanderzuhalten: —frage dich, o Teurer, durch welche Bestimmung könnten Zeit und Raum, beide an sich leer an Bestimmung, voneinander verschieden sein? Eines ist, was du in dir Zeit, was du außer dir Raum nennst—zwei Namen für das Selbe: atmendes Verlangen in dir. Sprich es unverstanden nach—mit vorschreitender Erkenntnis gelangst du zu vollem Verständnis.

*

Wie du, dich selber täuschend, den Raum über dir vom Raum unter dir unterscheidest, wie du, dich selber täuschend, Zeit vor dir von Zeit nach dir unterscheidest, so unterscheidest du, dich selber täuschend, Zeit in dir von Raum außer dir. Wie deine Gegenwart im Raum bestimmt, was du hier und was du dort nennst, wie deine Gegenwart in der Zeit bestimmt, was du als vorher und was du als nachher unterscheidest, so bestimmt deine Gegen-wart im Da-sein, was in dir zeitlich, was außer dir räumlich erscheint. Wie deine Gegenwart in Zeit und Raum die Teilung eines Ganzen bestimmt—ein willkürlich gewählter Scheidepunkt, der dir das Recht zu geben scheint, Gegenteiligkeit zu schaffen, ein rechts und ein links, ein oben und ein unten zu unterscheiden, ein vorher und ein nachher, so schafft dein Da-sein, deine Gegen-wart, dein Ich-Bewußtsein,—du selbst—Unterscheidung in einem ungeschiedenen Ganzen, macht dich in Zeit und Raum unterscheiden, was eines ist. Eines—scheinbare Zweiheit. In deinem Herzen sind die Auseinandertretungen, deine eigene Schöpfung die Unterscheidung Zeit und Raum.—Als Zeit empfindest du, was dein eigen, als Raum, was dir entfremdet. Entlassend schaffst du Raum, aufnehmend Zeit, was aus-wendig Raum ist, ist in-wendig Zeit. Dein eigener Widerschein im Ich-Gedanken nennt sich Bestand, Dauer, Wechsel, Zeit; deinen eigenen Widerschein im entlassenen Gedanken nennst du draußen, Gegenstand, Raum. Unterscheidung Zeit und Raum ist Unterscheidung: in dir—außer dir; ist Empfndung und nach außen Verlegung—Auslegung deines inne-Befindens; ist Ein-bildung: Zeit, und Widerspiegelung deiner Einbildung, Vor-stellung: Raum; Ich-zu-stand und Ich-gegen-stand— Ausdruck deiner wechselnden Gesinnung, deiner Zuneigung und Abneigung, Anziehung und Abstoßung, Lust und Unlust, Liebe und Haß, Bejahung und Verneinung, Wille-wider-Wille im Verlangen—Abbild deiner selbst. Zeit und Raum sind nur andre Worte für Ich und du; Unterscheidung Zeit und Raum ist Unterscheidung Ich und Welt—Ausdruck des Zerfalls im Ursprung. Davon wird dir in weiterer Unterweisung volle Klarheit.

*

Besinne dich und du erkennst: ununterschieden in sich ist Zeit und Raum; eines, was du mit ent-zwei-enden Namen bezeichnest; wie rechts und links, wie oben und unten, wie hier und dort, wie jetzt und einst —willkürliche, in sich nichtige Unterscheidung in dir. Und wie du solches von dem Gegen-sinn 'rechts und links', von dem Gegen-sinn 'oben und unten' klar erkannt hast, so wird dir klare Erkenntnis auch vom scheinbaren Gegensinn Zeit und Raum. Aller Gegensatz, alle Einheit ist in dir. Zeit und Raum sind Gestaltung deines Willens; Zeit und Raum sind andre Worte für deinen Willen und für das, was wider deinen Willen— wieder dein Wille ist;—Gestaltung deiner selbst! Eigene Lust dein Wandel; nach eigenem Gefallen wandelst du dich zu Zeit und Raum, wandelst Zeit zu Raum wie rechts zu links, wandelst Raum zu Zeit wie unten zu oben. Es ist so—sprich es unverstanden nach. Die die Welten voneinander hält, diese Brücke überschreite als ein Blinder. Aufleuchten wird einst in dir die Erkenntnis, aus welcher Tiefe solches fließt.

*

Ausgelöscht der Gegensinn von Zeit und Raum; auf Worten beruhend die erscheinende Verschiedenheit; ununterschieden an sich, weder das eine noeh das andre; dasselbe doppelt benannt, zwei Namen fur eines. Und gewiß: ist Zeit gleich Raum, so ist weder Zeit noch Raum. Was du Zeit und Raum nennst—in Gegenteile zerfallene, an sich nichtige Unterscheidung in dir—in Gegensinn auseinanderspaltendes Urteil, deine Willensgestaltung, Spiel deiner Seele, deine eigene Schöpfung—du selbst.

*

"Was du Zeit und Raum nennst, o Gârgî, ist eingewoben und verwoben in Akasha." Durch Raum und Zeit wird alles dieser Welt, was Leben heißt, was Tod genannt wird—ewiger Kreislauf—Geburt und Tod dieser Welt durch Raum-Zeit-Erscheinung: — AKASHA — dieser Welt Erscheinung—deines Verlangens sinnlicher wieder-Schein —dieser Welt wesenlose Erscheinung—Erscheinung des Wesens dieser Welt. Aufleuchten möge in dir die weltschöpferische Bedeutung des Wortes.

*

Darum ist gesagt: "auf Akasha geht diese Welt zurück"—
"Einklang von Seele und Leib."
    Darum ist gesagt: "Akasha—des Brahma Standort"—"Brahma
leibhaftig geworden"—"deiner Seele Leib."
    "Darum soll man als dieser Welt Keim Akasha wissen."
    Sehend geworden erkennst du:
   —Es ist der Welt, die dich lebt, Atmen—
   —atma—

* * *

So, o Teurer, können wir Menschen, der Erscheinung nachdenkend, uns dieses vorstellen; der Erkenntnis ehernes Tor, verhüllte Wahrheit dem nicht Erkennenden—Upanishad.

*

So lautet in Aranada Upanishad der zweite Abschnitt: zeit- räumlicher Erscheinung Urbestand; nunmehr kâma, Verlangen.

III. DAS VERLANGEN DIESER WELT — kâma —

Zu dem, was ich dir ferner zu sagen gedenke, o Teurer! behalte vor Augen: Es geschieht wohl, daß von den dickkopfigen Ameisen eine mitten-von-einander bricht; alsbald kehren sich die getrennten Teile feindlich gegen einander: der Kopf greift mit den Kiefer an, der Leib wehrt sich mit dem Stachel. Eben noch einheitlicher Bestand, Ein Ich mit Einem...

Erscheint lt. Verlag 5.2.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
ISBN-10 3-7364-2854-5 / 3736428545
ISBN-13 978-3-7364-2854-6 / 9783736428546
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