Studiendirektor Goermann und das "große" Problem -  Karl-Heinz Hampel

Studiendirektor Goermann und das "große" Problem (eBook)

Humoristischer Roman
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
268 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7534-8327-6 (ISBN)
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Der Autor - selbst Freund der Schule - schildert die heiteren Erlebnisse der Schüler und Lehrer. Letztere ständig bestrebt von den Zeitgenossen als beispielhaft und unfehlbar angesehen zu werden. Doch überschätzen sie sich oft, denn sie geraten immer wieder schon bei der Bewältigung kleiner Probleme in arge Bedrängnis. Ein humoristischer Roman in der Tradition von "Die Feuerzangenbowle" oder "Das fliegende Klassenzimmer"!

Am folgenden Tag war es windig, aber es regnete nicht mehr, und der übernächste Tag brachte ausnehmend schönes Wetter.

Da entschlossen sich die Herren Jensing und Helbinger, einen erneuten Vorstoß bei dem unzugänglichen Pfaubesitzer zu wagen.

Sie warfen sich in ihre guten Anzüge, benutzten die Eisenbahn und nahmen die lange Anmarschstrecke unter die Füße. Diesmal waren die Wege trocken, und sie waren angenehm zu begehen.

Der Bauer erkannte seine Besucher nicht sogleich wieder, und es bedurfte erst eines Hinweises von Dr. Jensing, bis er im Bilde war. Er wurde daraufhin furchtbar verlegen, entschuldigte sich kleinlaut wegen seines rüden Betragens von vorgestern und erklärte es damit, dass man in der unsicheren Zeit zur Vorsicht erzogen werde, besonders wenn man ein so einsames Gehöft bewohne, wie er es tue.

Dr. Jensing, der einmal mehr den Wortführer machte, lachte herzlich und beschwor den Bauern, sich deshalb keine Gedanken zu machen, das kleine Missverständnis sei nicht der Rede wert. Sein Kollege und er hätten es längst vergessen, und er bat ihn, den verehrten Hausherrn, auch seinerseits das Ganze als ungeschehen zu betrachten.

Dann sagte Dr. Jensing, ihm sei zu Ohren gekommen, dass der Bauer einen Ährenträger-Pfauhahn besitze, und er erkundigte sich, ob das den Tatsachen entspreche.

Der Bauer bejahte lebhaft.

Dann habe er, fuhr Dr. Jensing fort, eine Bitte. Die Sache sei zwar nicht ganz einfach zu erklären, aber er wolle ohne große Umstände auf den Kern der Sache zu sprechen kommen und die Dinge bei ihrem Namen nennen, so wie es sich unter Männern gezieme: »Also kurz und gut – wir werden es Ihnen sehr gut bezahlen, wenn Sie uns die … äh … hm … flüssigen Stoffwechselendprodukte Ihres Pfauhahnes überlassen. Mein Kollege und ich benötigen sie zu wissenschaftlichen Zwecken.«

Der Bauer war, wie schon erwähnt, ein einfacher Mann, mit ebenso unkomplizierten Gedankengängen und Ausdrucksformen. Er war nicht in der Lage, sich aus Dr. Jensings poetischer Version einen Reim zu machen, und schnitt ein dümmliches Gesicht.

Dr. Jensing bequemte sich, deutlicher zu werden: »Wir hätten gerne das Wasser Ihres Pfaus«, sagte er.

Die Angelegenheit nahm für den Bauern immer rätselhaftere Formen an. Das Wasser des Pfaus –? Was für Wasser mochten die Besucher meinen –? Ein Pfau besteht aus Federn, Fleisch, Fett, Eingeweide und dergleichen – das wusste der Bauer; denn er hatte schon Pfaue geschlachtet und ausgenommen. Aber Wasser –? Der Bauer stieß verständnislos die Luft durch die Nase und fragte naiv: »Was für Wasser?«

Dr. Jensing hatte zwei Tage vorher zur Genüge erlebt, was für ein diffiziler Charakter der Hofbesitzer war. Er wollte nichts falsch machen, war ängstlich darauf bedacht, seinen Gesprächspartner auf keinen Fall zu verärgern – aber er sah auch, dass der Bauer bereits nach Art eruptiver Charaktere von einem Bein auf das andere trat und ungeduldig wurde. Da fühlte der Anglist deutlich, dass es nicht anders ging, er musste sich rasch verständlich ausdrücken, und das setzte voraus, dass er ganz unverblümt mit der Sprache herausrückte. Er brachte seinen Mund nahe an das linke Ohr des Bauern, überwand sich und nahm das vulgäre Wort in den Mund, obgleich es ihm nur widerstrebend über die Lippen ging: »Pipi«, sagt er gedämpft, als wispere er ein Geheimnis, »wir brauchen unbedingt das Pipi Ihres Pfaus.«

Der Bauer prallte zurück, war wie vor den Kopf geschlagen. Damit hatte er nicht im Entferntesten gerechnet. Pipi. Ein Pfau und Pipi …! Und als alter Geflügelhalter wusste der Hofbesitzer sogleich, was die Herren Jensing und Helbinger aus Mangel am Umgang mit Federvieh nicht wussten, dass Pfaue und Urin ein Kapitel für sich sind.

Im Kopfe des Bauern begann es zu arbeiten, sprunghaft und skurril: So also ist das – vorgestern habe ich die Gesellen rausgeschmissen, heute kommen sie zurück, um mich zu veralbern. Wollen mich auf den Arm nehmen, sich auf diese schäbige Weise rächen für die erlittene Abfuhr. – Denken wohl, dass sie mit unsereinem ungestraft so verfahren dürfen, weil sie was Besseres sind und schön daherschwätzen können … Na, denen werde ich!

Und der eigensinnige, sprunghafte Landmann ballte im höchsten Zorn die schwieligen Hände und brüllte aus Leibeskräften wie schon vorgestern: »Hinaus!«

Dr. Jensing stand ein paar Sekunden lang wie angewurzelt. Seine Stirn war zerfurcht, er dachte konzentriert nach. Dann fiel die Starre von ihm ab. Er zwinkerte dem Turnlehrer schalkhaft zu und sagte leichthin, als befänden sie sich in der selbstverständlichsten Situation der Welt: »Ich denke, wir brechen jetzt auf«, und er trat als Erster ins Freie.

Eine ganze Weile schritten die beiden schweigend nebeneinanderher: Der Turnlehrer ging schleppend, mit hängenden Schultern. Er sah keine Möglichkeit mehr, sich in den Besitz der ersehnten Flüssigkeit zu bringen, hatte sich aber vollkommen in den Glauben an die Wirksamkeit der Pfauprodukte verbissen und unterdrückte deshalb jeden Gedanken an Kapitulation. Er wurde trotzig und boshaft und wollte die Bemühungen um seinen Skalp auf jeden Fall fortsetzen.

Er warf einen raschen, forschenden Seitenblick auf Dr. Jensing, um zu ergründen, ob der Anglist der Sache überdrüssig geworden wäre, und fauchte: »Wir brauchen das Zeug so brotnötig und der verdammte Kerl will es uns nicht geben!«

»Freiwillig jedenfalls nicht«, versetzte Dr. Jensing gleichmütig, »das unterliegt keinem Zweifel.«

»Bestimmt nicht«, bekräftigte Herr Helbinger und maß den Anglisten wieder mit einem schnellen, analysierenden Blick von der Seite. »Was machen wir jetzt?«

»Wir werden eben versuchen, einen Dritten einzuschalten«, sagte Dr. Jensing leichthin. »Doch wenn dieser sich lediglich um den Urin des Pfaus bemüht, wird der schwierige Bauer wahrscheinlich Lunte riechen und argwöhnen, der Dritte sei von uns gedungen; er wird unseren Vertrauensmann, bei dem beredten Widerwillen, den er gegen uns empfindet, unverrichteter Dinge wieder heimschicken. Nein, wir müssen die Sache schlauer, weniger verfänglich anstellen: Gegen ein gutes Entgelt pachten oder kaufen wir durch unseren Mann einfach den ganzen Pfau, nehmen das Produkt und geben das Tier dann zurück. Oder wir schlachten es, je nachdem, ob der Besitzer sich für immer davon trennen will oder nicht. – Die Frage ist nur, wen wir hinschicken sollen. Kennen Sie keine geeignete Person? Am unverdächtigsten wäre ein Geflügelzüchter oder Bauer, der dem Pfauhalter nicht fremd ist. Für einen guten Lohn tun die Leute schon etwas …«

Und Studienrat Helbinger fand einen solchen Mann. Sein Name war Bernhard Kötter, und der machte sich nun auf den Weg, um dem Starrkopf den begehrten Urinproduzenten abzuluchsen.

Kötter war zweifelsohne guten Willens und bemühte sich nach besten Kräften, die Sache so anzupacken, wie Dr. Jensing es ihm eingeschärft hatte: Unter keinen Umständen auch nur den Verdacht erregen, dass er in fremdem Auftrag handle.

Aber die Sache überstieg Herrn Kötters Verhandlungsgeschick: Er zitierte, wiederholte und betonte Umstände, die für das Geschäft gänzlich unwichtig waren, und das machte den cholerischen Bauern schließlich stutzig und ließ ihn Kötter barsch in die Parade fahren:

»Vor ein paar Tagen waren zwei Burschen hier. Sie wollten etwas von meinem Pfau haben. Ich habe es ihnen aber nicht gegeben. Nun werde ich den verdammten Verdacht nicht los, dass sie dich vor ihren Wagen gespannt haben. Lüg mich nicht an, Bernhard – haben dich die beiden Affen hergeschickt oder nicht?«

Herr Kötter kam sich vor wie ein auf frischer Tat ertappter Dieb. Er wand sich, begann zu stammeln. Schließlich wurde ihm die Situation zu dumm und er gab beschämt zu: »Jawohl, das haben sie.«

»Dann sag ihnen, dass sie der Teufel holen soll!«, bellte der Bauer grimmig. Er wartete noch einen Augenblick, und als Bernhard Kötter betreten schwieg, knurrte er einen kargen Gruß, wandte sich brüsk ab und stelzte auf seine Scheune zu. So musste auch Herr Kötter unverrichteter Dinge den ungastlichen Hof verlassen.

Er erstattete in Haus Hohenstein Bericht. Die beiden Lehrer dankten ihm für seine Mühen, zahlten ihm ohne jeglichen Vorwurf seinen Lohn aus und geleiteten ihn höflich zur Tür.

Als die beiden Pädagogen dann allein waren, fasste sich Studienrat Helbinger mit beiden Händen an den Kopf. »Das ist ja furchtbar!«, keuchte er. »Was soll denn nun geschehen?«

»Als ob viel Wahl wäre! Auf Verhandlungsbasis ist nichts mehr zu machen; uns bleibt ein einziger Weg: Wenn man das Pfauprodukt braucht und der Besitzer will es nicht freiwillig herausrücken, dann besorgt man es sich eben …«

»… gegen seinen Willen«, vollendete der Turnlehrer. »Das wollte ich schon vorschlagen; ich habe mich nur...

Erscheint lt. Verlag 13.1.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga
ISBN-10 3-7534-8327-3 / 3753483273
ISBN-13 978-3-7534-8327-6 / 9783753483276
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