Professor Zamorra 1217 (eBook)
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-0871-5 (ISBN)
Wach auf, mein kleiner Noël. Wach auf und schau, was ich dir mitgebracht habe ...
Die zärtlich geflüsterten Worte weckten ihn aus dem Schlaf. Noch glaubte der Sechsjährige zu träumen, als er die dunkel gekleidete Frau vor seinem Bettchen stehen sah. Sie war wunderschön, schöner noch als seine Mutter, die er über alles liebte.
Das kalte Mondlicht fiel auf ihr blasses Gesicht.
Sie lächelte, als sie ihm das Geschenk überreichte.
Als er erkannte, was es war, stockte ihm vor Schreck der Atem ...
Die Feuerfee
von Veronique Wille
Wach auf, mein kleiner Noël. Wach auf und schau, was ich dir mitgebracht habe ...
Die zärtlich geflüsterten Worte weckten ihn aus dem Schlaf. Noch glaubte der Sechsjährige zu träumen, als er die dunkel gekleidete Frau vor seinem Bettchen stehen sah. Sie war wunderschön, schöner noch als seine Mutter, die er über alles liebte.
Das kalte Mondlicht fiel auf ihr blasses Gesicht.
Sie lächelte, als sie ihm das Geschenk überreichte.
Als er erkannte, was es war, stockte ihm vor Schreck der Atem ...
Madame Claire radelte wie jeden Morgen die Serpentinenstraße hinauf, die zum Château Montagne führte. Der kalte, aber nicht zu frostige Januarmorgen tat ihrem Körper und den Lungen gut. Sie atmete beim Fahren tief ein und aus und genoss den morgendlichen Frühsport, den sie natürlich nie als solchen bezeichnen würde. Sport war etwas für Menschen, die mit ihrer Zeit nichts anzufangen wussten. Oder für Leute wie Professor Zamorra und Nicole Duval, die natürlich aus gewichtigem Grunde ihren Körper in Schuss halten mussten und für die es lebenswichtig war, fit zu bleiben.
Die wohlbeleibte Köchin verband mit der morgendlichen Radtour hinauf zum Schloss vor allem eines: geistige Vorbereitung und Planung, was die kommenden Stunden betraf. Vor allem, seit sich der Professor in den Kopf gesetzt hatte, aus dem Château eine Zauberschule zu machen, war von Routine keine Rede mehr. Zumindest was ihren Arbeitsplatz betraf. Sie war es ja gewohnt gewesen, dass der Professor und Madame sich an keine festen Zeiten hielten, wann sie ihr Frühstück einnahmen. Nicht nur, dass sie ihre Recherchen oft bis tief in die Nacht betrieben, wenn mal wieder ein akuter Fall anlag. Und auch was sonst noch in der Nacht zwischen den beiden ablief, musste wohl oftmals sehr kräftezehrend sein. Vor allem für den Professor konnte nach solchen Nächten das Frühstück nicht üppig genug sein.
Das alles hatte Madame Claire stets im Griff gehabt, genau wie die Situationen, wo der dampfende Kaffee, die brutzelnden Spiegeleier und die frischen Croissants vergeblich auf die Herrschaften warteten, wenn die unverzüglich aufgebrochen waren, um irgendwo auf der Welt gegen die Schwarzblüter zu Felde zu ziehen.
Erst vor einem Monat hatte Madame Claire mal wieder am eigenen Leib erlebt, wie gefährlich die Höllenmächte waren, als sie im Zillertal auf die scheußlichen Saligen getroffen war. Dort war sie auch Sam McTaggart das erste Mal begegnet. Der wortkarge Ex-Soldat und erklärte Dämonenhasser war ihr von allen neuen Bewohnern des Château noch immer am unheimlichsten. Schon frühmorgens war er unterwegs – bei Frost und Wetter – und lief durch die Wälder – selbst in dieser Jahreszeit mit bloßem Oberkörper. Anschließend folgten diverse Trainingseinheiten im Schlosshof. Oftmals hatte Madame Claire ihn vom Küchenfenster aus heimlich beobachtet. Einen gestählten Körper hatte er ja und auch eine gute Konstitution, aber trotzdem sollte er aufpassen, sich keine Erkältung zuzuziehen.
Sie blickte hinauf zum Château, dessen dunkle Zinnen von Nebelschwaden umkränzt waren, und schnaufte. Sie hatte noch gut die Hälfte zu bewältigen und legte sich ins Zeug. Sowieso war sie heute etwas später dran, weil sie in der Backstube nicht pünktlich fertig geworden waren. Abermals machte die Serpentinenstraße eine Biegung, und das Château verschwand wieder aus ihrem Blick.
Da geschah es: Die Gestalt in glänzender Rüstung tauchte so unvermittelt vor ihr auf, dass sie nicht mehr rechtzeitig ausweichen konnte. Und bevor sie auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden imstande war, wo die Erscheinung so plötzlich herkam und überhaupt, was es mit ihr auf sich hatte, war sie schon hindurchgefahren.
Wie durch ein Gespenst, schoss es ihr durch den Kopf. Ein eiskalter Schauer hatte sie dabei erfasst, der auch jetzt nicht nachließ, als sie die Gestalt hinter sich gelassen hatte. Ihr Leib war wie von einer Eisschicht überzogen.
Das alles hatte nur Sekunden gedauert. Sie drehte den Kopf nach hinten und erschrak, als die Erscheinung noch immer dort stand. Allerdings hatte sie sich umgedreht und starrte auch sie an. Deutlich sah sie die Augen durch das Visier blitzen und erschauerte noch mehr.
Nur wenige Augenblicke hatte sie nicht nach vorn geschaut, konnte es auch nicht, da der Anblick des Unheimlichen sie geradezu bannte.
Das Rad kam ins Trudeln und legte sich zur Seite. Bevor Madame Claire gegensteuern konnte, spürte sie den harten Aufprall, der erfolgt war, als das Rad, anstatt die Kurve zu nehmen, direkt in die Böschung fiel.
Ihr Kopf machte schmerzhaft mit dem harten Boden Bekanntschaft. Dunkle Schlieren tanzten vor ihren Augen, als sie vergeblich versuchte, sich hochzustemmen.
Das Letzte, was sie bewusst wahrnahm, bevor die Dunkelheit wie ein gnädiger Vorhang ihr Bewusstsein verhüllte, war, wie die Gestalt langsam auf sie zuschritt.
✰
»Sie lebt!«
»Natürlich lebt sie, du Hirni!«
»Selber Hirni! Ich meinte nur, sie wird endlich lebendig!«
(Genervtes Seufzen)
»Ich darf die Damen nun bitten, das Zimmer zu verlassen, bitte.«
Die letzte Stimme klang resolut. Madame Claire, die langsam wieder zu sich kam, überlegte, woher sie die Stimme kannte. Noch während graue Schlieren ihren Blick umwölkten, fiel es ihr ein.
Die Stimme gehörte Doktor LeGrande. Vor über einem Jahr hatte er sie wegen einer Magenverstimmung behandelt. Nie und nimmer wäre sie freiwillig zu so einem jungen Spund gegangen! Damals hatte Zamorra sie gedrängt, den Arzt zu kontaktieren, und dieser hatte sie tatsächlich von ihren Magenkrämpfen befreien können. Aber was hatte er jetzt hier wieder zu suchen?
Ihr Blick klärte sich, und verwundert stellte sie fest, dass sie auf dem Bett in einem der Gästezimmer lag. Sie befand sich nicht allein in dem Zimmer. Neben Doktor LeGrande befanden sich noch Lucia und Laura darin ... und ein überaus besorgt dreinschauender Sam McTaggart. Was machten die denn alle hier um sie herum?
Mit einem kurzen Blick vergewisserte sie sich, dass sie nicht etwa unbekleidet war. Nein, man hatte ihr nur den Mantel und die Schuhe ausgezogen. Unter die bestrumpften Füße hatte man ihr ein Kissen gelegt, damit sie hochlagen.
Die kurze Kopfbewegung hatte allerdings gereicht, dass ihr Schädel zu zerplatzen drohte. Aufstöhnend sackte sie zurück auf das Kissen.
»Bitte bleiben Sie ruhig liegen«, vernahm sie erneut die Stimme des Arztes.
»Was ... was ist ...?«
»Sie haben sich eine leichte Gehirnerschütterung zugezogen. Kein Grund zur Beunruhigung. Ein paar Tage müssen Sie sich allerdings gedulden, ehe sie wieder ...«
»Ein paar Tage? Unmöglich, ich ...« Unwillkürlich hatte sie erneut den Kopf ein Stück gehoben. Der sofort einsetzende Schmerz brachte sie zum Schweigen.
»Was ... was ist eigentlich passiert?«, fragte sie nach einer Weile, blieb aber ruhig liegen dabei und hielt die Augen geschlossen. Das Letzte, an das sie sich erinnerte, war dieser silberne Ritter, durch den sie hindurchgefahren war.
»Sie sind mit dem Fahrrad in den Graben gefahren und haben sich eine Kopfwunde zugezogen«, erklärte Doktor LeGrande ernst. »Sie hatten Glück im Unglück, dass Monsieur McTaggart Sie gefunden hat und ...«
Nun riss sie doch die Augen auf und ignorierte das Pochen hinter der Stirn. Sie fixierte den Amerikaner und stammelte: »Haben Sie ... haben Sie ihn auch gesehen?«
»Wen gesehen?«, knurrte McTaggart.
»Den Ritter. Also den Geist!«
Ihr entging nicht der Blick, den sich LeGrande und McTaggart dabei zuwarfen.
»Ich habe weder einen Ritter noch einen Geist gesehen«, antwortete McTaggart schließlich. Nur Sie, als Sie ohnmächtig im Graben lagen! Sie haben ganz schön geblutet.«
Ihre Hand zuckte vor und umklammerte McTaggarts Handgelenk. »Ich muss mit Madame Nicole sprechen. Und Monsieur Zamorra! Holen Sie sie her! Schnell ...!«
Erschöpft sackte sie erneut zurück. Das alles war doch ein bisschen zu viel für sie. Sie sehnte sich nach Ruhe. Und Schlaf ...
Als hätte Doktor LeGrande ihre Gedanken gelesen, spürte sie den leichten Einstich am Arm.
»Ich gebe Ihnen ein leichtes Beruhigungsmittel, damit Sie sich umso schneller wieder erholen.«
»Nein, ich muss doch erst ...«
Aber da umfing sie schon erneut wohliger Schlummer.
✰
Als Madame Claire erneut erwachte, glaubte sie zunächst zu träumen. Das Gesicht, das über ihr schwebte, konnte doch unmöglich ...
»Erschrecken Sie nicht, ich bin es ...«
Giacomo Parisi! Der alte Monsignore hatte sich über sie gebeugt und lächelte sie an.
»Erschrecken? Wieso sollte ich erschreckt sein? Ich habe Sie doch erwartet. Ich ...«
Sie fasste sich an die Stirn und fühlte einen dicken Verband. Augenblicklich fiel ihr alles wieder ein.
»Der Ritter ... der Geist ...!«
»Beruhigen Sie sich, Madame. Wir wissen Bescheid. Sam...
Erscheint lt. Verlag | 19.1.2021 |
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Reihe/Serie | Professor Zamorra |
Verlagsort | Köln |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • Deutsch • eBook • eBooks • Extrem • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • Lovecraft • Männer • Neuerscheinung • Neuerscheinungen • Paranomal • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony Ballard • Top • Walking Dead |
ISBN-10 | 3-7517-0871-5 / 3751708715 |
ISBN-13 | 978-3-7517-0871-5 / 9783751708715 |
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