Taschls Faust - Teil 1 -  Johannes Toldrian

Taschls Faust - Teil 1 (eBook)

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2020 | 1. Auflage
400 Seiten
myMorawa von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99118-359-4 (ISBN)
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Ein Wiener Taxifahrer und dessen väterlicher Freund begeben sich auf Schatzsuche und lösen gleichzeitig die Umstände zweier rätselhafter Unfälle mit Todesfolge.

Johannes Toldrian, geboren 01.01.1970 in Wien. Nach erfolgreichen Studienabbrüchen (Sportstudium, Volksschullehramt) betätigte sich der Autor unter anderem als Kellner, Taxifahrer, Fitnesstrainer, Flugbegleiter, Nachtzugschaffner und Carddealer.

KAPITEL 3: OPAPA

Der Regen in der folgenden Nacht bescherte sowohl den Temperaturen als auch Taschls Geschäften einen positiven Aufschwung und so hatte er zwischen seinen Fuhren kaum Stehzeiten. Die Fahrgäste gaben sich buchstäblich die Klinke in die Hand, um den Wassermassen nicht ausgesetzt zu sein, was Taschl allerdings daran hinderte, seinen Wassermassen freien Lauf lassen zu können. Und er hatte in den letzten Stunden das dringende Bedürfnis, eben dies zu tun. Sehnsüchtig schweiften seine Blicke in die Lobby des Hotel Hilton, in den Eingangsbereich des Allgemeinen Krankenhauses und etlicher anderer, ansprechender Bauwerke, deren sanitäre Einrichtungen ihm diese Erleichterung hätten bieten können, doch immer wieder stürmten meist durchnässte Personen in sein Auto, deren Wunsch nach Ortsveränderung er natürlich nachkommen musste. Sogar mit einem Kastanienbaum hatte der Taxler unterwegs bereits geliebäugelt und den sich darunter hockenden, zwar waschelnassen, aber erleichterten, Schäferhund-Mischling um seinen zufriedenen Gesichtsausdruck und seinen Gleichmut beneidet.

Gerade als sich seine Gedanken nur mehr darum drehten, sich zukünftig einen Katheter vor jeder Schicht setzen zu lassen, bot sich ihm endlich die Gelegenheit, seinem Leiden ein Ende zu bereiten. Die letzten Fahrgäste hatten die Fahrt bezahlt und ließen den mittlerweile etwas verkrampften Taxler zurück.

Keine weiteren Passagiere in Sicht. Nichts wie raus hier und Taschl lief in den Floridsdorfer Bahnhof. Is zwar nicht das Grand Hotel Plaza, aber jetzt is mir jede Kachl recht.

Danach zündete er sich im Schutze eines Vordaches eine Zigarette an und starrte in die Dunkelheit. Der anscheinend nicht enden wollende Regen verlieh dieser Nacht einen Hauch von Traurigkeit, von der sich Taschl allerdings nicht anstecken ließ. Er beobachtete die Silhouetten eines hochgewachsenen Mannes und dessen etwas zu kurz und breit geratener Begleitung, die sich notdürftig unter einem Regenschirm duckten und scheinbar auf das Erscheinen des Fahrzeuglenkers dieses VW Sharan mit Taxischild warteten.

Taschl dämpfte seine „Milde“ aus und ging zügig zu seinem Auto. Im Näherkommen erkannte er, dass ihm die Düsternis und Distanz einen amüsanten Streich gespielt hatten, da es sich bei der gedrungenen, kleineren Person um einen jungen Mann und im Gegensatz dazu bei dem großen Jüngling um eine langbeinige Frau handelte. Was ihm zu diesem Zeitpunkt natürlich herzlich egal war. Für ihn sollte die bevorstehende Beförderung dieses ungleichen Paares lediglich der Rückzahlung seiner Leasingraten oder der Begleichung anderer Rechnungen dienen. Doch mit dem Einsteigen dieser zwei jungen Menschen und der anstehenden Fahrt sollten sich auch die kommenden Tage für Taschl zu einer aufregenden Reise entwickeln.

Nachdem er seine Fahrgäste freundlich begrüßt und deren gewünschte Zieladresse in Erfahrung gebracht hatte, startete er den Motor und fuhr los. Der Konversation des Paares war zu entnehmen, dass sich wohl ein Todesfall ereignet hatte. Die beiden waren seit dem Einsteigen in ihrer Unterhaltung versunken und nahmen von ihrem Chauffeur und dessen Blicke in den Rückspiegel keine Notiz. Blicke, die der Taschl nicht zu verhindern vermochte, da ihn das Gesicht dieser jungen Frau, die sich da hinten auf dem Rücksitz befand, irgendwie in seinen Bann gezogen hatte und ihre zwar traurige, aber dennoch so angenehme Stimme ihm wie das beruhigende Rauschen einer Meeresbrandung vorkam.

„Danke noch einmal, dassd mir hilfst, das alles zu verarbeitn.“

„Das ist doch selbstverständlich. Als ich davon gehört habe, war ich so schockiert. Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht.“

„Weißt, mit dem Opapa verbindn mich so viel Erinnerungen. Ich hab dir ja eh schon einiges erzählt, aber es fällt mir immer wieder was Neues ein.“

„Du kannst dich mir ruhig anvertrauen. Ich lausche gerne deinen Worten. Wie war es denn so mit ihm, als du noch ein Kind warst?“

„Nach der Schule bin ich oft zum Opapa gangen. Er hat mich immer sein Englein gnannt und das hat er beibehaltn bis …naja bis zuletzt. Ich kann mich nicht erinnern, dass er mich einmal anders gnannt hätt. Ich war immer sein Englein.“

Die junge Frau kämpfte mit den Tränen.

Englein? Oh, ja, dachte Taschl, du bist tatsächlich ein Engel.

„Ich hab mir von ihm bei den Hausübungen helfn lassn oder er hat vor einer Schularbeit mit mir glernt. Er war unwahrscheinlich gscheit, musst wissn. Wenn er was nicht gwusst hat, habn wir gemeinsam in den Büchern nachgschaut. Heut weiß ich, dass er damals nur so getan hat, als würd er die Antwortn nicht kennen, nur damit ich selbst in den Büchern danach suchn muss. Er hat ja so ziemlich alles ghabt, was es an Literatur und Sachbüchern gibt. Es steht alles irgendwo drin, hat er gmeint, man muss nur wissn, wo man nachschaut. Hin und wieder sind die Informationen versteckt, aber sie sind da. Die Suche ist der Weg. Manchmal beschwerlich, hin und wieder aufschlussreich, nicht selten verworren aber immer interessant. Und am Schluss weiß man, dass sich die Mühe gelohnt hat. Das warn seine Worte.“

„Ist ja interessant. Klingt ja irgendwie rätselhaft.“

„Oh, ja! Der Opapa hat Rätsl geliebt. Er hat meinem Bruder und mir tatsächlich oft Rätslaufgabn gstellt. War gar nicht so seltn, dass wir einen ganzn Tag damit zubracht habn, uns von einem Hinweis zum nächstn zu arbeitn, bis wir dann ans Ziel kommen sind. Für den Richi warn die Aufgabn meistens mathematisch anglegt, bei mir quer durch die Literatur. Ich war oft so gfesselt von den Büchern, dass ich beim Schmökern die Frage, um die es gangen is, vergessn hab. Ich glaub, das hat ihm so gfalln an mir. Dass ich mich genauso für Bücher begeistert hab, wie er. Durch ihn bin ich ja erst zum Literaturstudium kommen.“

„Und, haben sich diese Rätsel auf eine bestimmte Thematik bezogen?“

Taschl warf einen argwöhnischen Blick in den Rückspiegel. Ein seltsames Gefühl befiel ihn. Irgendetwas störte ihn an dem komischen Vogel, der neben dem hinreissenden Englein saß, abgesehen von seiner extrem hochdeutschen Redeweise, die dem Taschl äußerst aufgesetzt vorkam.

„Nicht unbedingt, also ja und nein, eigentlich weiß ich das nicht mehr so genau. Einmal, daran kann ich mich noch genau erinnern, das war noch, bevor ich zu studiern begonnen hab, hat er mir gsagt, dass er bei mir als Kind schon eine außerordentliche Begabung bemerkt hätt. Er hat mich beobachtet, wie ich die verschiedenstn Bücher verschlungen hab und danach vor Begeisterung ganz aus dem Häuschen war. Ich wollt dann immer so sein, wie die jeweilign Protagonistn aus den Gschichtn, die ich glesn hab. Wenns ein naturwissenschaftliches Buch war, wollt ich Biologin oder Tierfilmerin werdn. Nachdem ich über Madame Curie glesn hab, war Physik und Chemie plötzlich meine Leidenschaft. Sogar Friedensnobelpreisträgerin wollt ich mal werdn. Der Opapa hat von einem Tag zum andern nicht sagn können, ob aus mir mal eine Ärztin, Astronautin oder Kinderbuchautorin wird.“

Taschl lächelte verträumt. Er konnte nicht anders. Die junge Studentin hatte so eine einnehmende Ausstrahlung. Er mochte ihre ungekünstelte Art zu reden. Schon alleine der Klang ihrer Stimme und diese Natürlichkeit reichten aus, um den Taxler in Faszination zu versetzen.

„Und wie waren diese Rätselstellungen denn so?“, platzte der übergewichtige Zwerg mitten in Engleins Erzählungen. Und vorbei war es mit der Faszination. Taschls ungutes Gefühl in der Magengrube verstärkte sich und seine Abneigung gegen den kleinen Fettsack wuchs zusehends.

Kannst du nicht dein Maul haltn und einfach nur zuhörn, du Schwabbl?

Taschl krallte die Finger in sein Lenkrad.

„Ganz unterschiedlich. Manchmal hat er mir eine einfache Frage gstellt, zu einem bestimmtn Zitat zum Besipiel. Das sollt ich dann in dem jeweilign Buch findn und mir die Seite oder die Zeilennummer notiern. Mit diesen Informationen war dann wieder eine Aufgabe verknüpft und so weiter. Er hat immer gwusst, wie er mich und meinen Bruder beschäftigt. Aber das war nur eine Seite an ihm. Abgsehn von seinen Spielerein und Rätseln, war er so ein unendlich lieber Mensch. Ich hab von ihm nie ein böses Wort ghört oder Schimpfer kriegt und er war …“

„Ja aber diese Schnitzeljagden haben sicher viel Spaß gemacht, oder? Gab es da nicht immer wieder besonders knifflige, die dir unvergesslich geblieben sind?“

Taschl hätte am liebsten eine Vollbremsung gemacht, damit der unsensible Kerl mit all seiner Körperfülle in den Sicherheitsgurt gepresst würde. Vielleicht hätte ihm das den überflüssigen Atem genommen, um seine dämlichen Zwischenfragen zu unterlassen. Aber das ging leider nicht. Denn dann wäre ja auch das Englein von dem Überraschungsmanöver betroffen gewesen. Abgesehn davon, war sich Taschl nicht sicher, ob der...

Erscheint lt. Verlag 30.11.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-99118-359-5 / 3991183595
ISBN-13 978-3-99118-359-4 / 9783991183594
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