Memento (eBook)

Thriller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
320 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-00728-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Memento -  P.J. Tracy
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Manchmal erlöst nur der Tod. Es muss ja nicht der eigene sein. Schneemannwettbewerb in Minneapolis. Auch die beiden Detectives Leo Magozzi und Gino Rolseth bauen fleißig mit, als plötzlich ein Kind wie am Spieß zu schreien beginnt. Die Mittagssonne hat einen Schneemann zum Schmelzen gebracht und sein makabres Innenleben enthüllt - einen toten Polizisten. Als einen Tag später eine zweite Leiche in einem Schneemann in Dundas County entdeckt wird, machen sich die Detectives Leo Magozzi und Gino Rolseth inmitten eines Blizzards auf den Weg nach Norden. Dort, am gefühlten Ende der Welt, entdecken sie mehr, als ihnen lieb ist ... «Knallhart und gut - eine Reihe von Thrillern, die zum Besten gehört, was das Genre gegenwärtig zu bieten hat.» (Focus)

P.J. Tracy ist das Pseudonym eines Autorenteams aus Mutter und Tochter. Die ehemaligen Drehbuchautorinnen erzielten mit ihrem Krimidebüt 'Spiel unter Freunden' einen internationalen Überraschungserfolg, der von Lesern und Kritikern mit Lob überhäuft wurde. Seitdem schreiben sie erfolgreich an ihrer Serie um das Monkeewrench-Team.

P.J. Tracy ist das Pseudonym eines Autorenteams aus Mutter und Tochter. Die ehemaligen Drehbuchautorinnen erzielten mit ihrem Krimidebüt "Spiel unter Freunden" einen internationalen Überraschungserfolg, der von Lesern und Kritikern mit Lob überhäuft wurde. Seitdem schreiben sie erfolgreich an ihrer Serie um das Monkeewrench-Team. Tanja Handels, geboren 1971 in Aachen, lebt und arbeitet in München, übersetzt zeitgenössische britische und amerikanische Literatur, unter anderem von Zadie Smith, Bernardine Evaristo, Anna Quindlen und Charlotte McConaghy, und ist auch als Dozentin für Literarisches Übersetzen tätig.  2019 wurde sie mit dem Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preis ausgezeichnet.

Kapitel 1


Für Minneapolis war es ein lausiger Winter. Die versprochenen Schneestürme waren allesamt weit nach Süden abgedriftet und hatten den Schnee, der doch eigentlich für Minnesota bestimmt war, in anderen Staaten abgeladen, die ihn weder brauchen konnten noch verdient hatten. Iowa zum Beispiel.

Die Bewohner von Minnesota sahen unterdessen missmutig zu, wie ihre Rasenflächen unter den gelegentlichen Regenschauern immer grüner wurden, während die Schneemobile in der Garage verstaubten. Ein paar ganz Hartgesottene unternahmen die kurze Reise nach Iowa, um dort ihre neuesten Maschinen auszuprobieren, verloren am Montagmorgen an der Kaffeemaschine im Büro dann aber kein Wort darüber. Es war einfach zu peinlich.

Heute allerdings sollte sich das alles ändern, und der ganze Staat bebte vor freudiger Erwartung.

Der Schnee kam um zehn Uhr morgens und fiel mit sanfter Entschlossenheit, als wollte er sich für die Verspätung entschuldigen. Eine Stunde später war in der ganzen Stadt kein Grashalm mehr zu sehen, die Straßen waren rutschig vom Neuschnee, der das Eis darunter verbarg, die Durchschnittsgeschwindigkeit auf den Freeways sank auf etwa zehn Stundenkilometer. Die Camcorder der Reporter zeigten Autofahrer am Steuer ihrer Wagen, die im zähfließenden Verkehr nur millimeterweise vorwärtskamen. Normalerweise führte so etwas zu aggressivem Verhalten, doch heute lächelten alle.

In der City Hall hatten die Detectives Leo Magozzi und Gino Rolseth kein Auge für die kleine Überraschung, die die Natur draußen bereithielt. Sie saßen an ihren zusammengeschobenen Schreibtischen in der hintersten Ecke des Raumes und grinsten einander an. Ein wirklich seltener Anblick im Morddezernat von Minneapolis – aber es war ja auch ein besonderer Tag.

Gino legte die Füße auf den Schreibtisch und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. «So einen tollen Tag gibt es so schnell nicht wieder. Zumindest nicht bei der Arbeit.»

Magozzi dachte darüber nach. «Vielleicht sollten wir einfach jetzt gleich in Rente gehen. Wir treten ab auf dem Höhepunkt unseres Ruhms, ziehen nach Hawaii und werden Golfprofis.»

«So einen Höhenflug erlebt aber auch kein Golfprofi.»

«Vermutlich nicht.»

«Außerdem können wir nicht Golf spielen.»

«Kann ja nicht so schwer sein. Man haut einen kleinen Ball in ein kleines Loch. Das ist wie Flippern auf dem Rasen.»

Das Grinsen auf Ginos Gesicht wurde noch ein wenig breiter. «Wetten, wir sind die einzigen Mordermittler in der Geschichte der Menschheit, deren Mordopfer noch lebt?»

«Ach was. Das hat es bestimmt schon tausendmal gegeben.»

Gino schnitt eine Grimasse. «Ja, okay. Aber nicht in diesem Dezernat. Und sie hätte ja auch tot sein können, wenn die beiden besten Detectives der Welt nicht gewesen wären.» Glücklich und fassungslos schüttelte er den Kopf. «Mann, das ist fast besser als Sex.»

Das hielt Magozzi nun für ausgemachten Blödsinn, doch er war viel zu gut gelaunt, um zu protestieren.

Vier Tage zuvor waren sie an einen mutmaßlichen Mordschauplatz gerufen worden. Ein Zimmer voller Blut, ein betrunkener Exmann mit Vorstrafen wegen Missbrauch und Körperverletzung und eine verschwundene Frau, die nach der Scheidung eine einstweilige Verfügung gegen das Schwein erwirkt hatte. Heute am frühen Morgen hatten Magozzi und Gino sie dann gefunden, im Kofferraum eines Wagens auf dem Langzeitparkplatz am Flughafen. Sie hatte kaum noch geatmet, doch die Ärzte im Hennepin General sagten, sie werde durchkommen. Und die beiden Detectives gingen seitdem wie auf Wolken.

Gino drehte sich mit dem Schreibtischstuhl zum Fenster, und seine Mundwinkel sackten heruner.

«Ach, Scheiße! Das weiße Zeug kommt ja immer noch runter.»

«Ist doch gut. Wenn es schneit, murksen die Leute sich nicht so häufig ab.»

«So? Warum ist die Mordrate letztes Quartal dann um sechs Prozent gestiegen?»

«Weil es nicht geschneit hat. Das wird jetzt sicher besser. Wahnsinn, wie das schneit.» Magozzi trat ans Fenster und sah zu, wie der Schneesturm Chaos auf der Straße verbreitete.

Gino stellte sich kopfschüttelnd neben ihn. «Diese Mordstatistiken hab ich noch nie kapiert. Eigentlich müsste es doch genau andersrum sein. Der Winter in diesem Staat macht jeden zum Killer. Mann, ich hoffe, das hört bald wieder auf.»

Magozzi schob die Hände in die Hosentaschen und grinste. «Es sollen mindestens dreißig Zentimeter werden.»

«Ach, nee, komm, erzähl mir doch nicht so was.»

«Tut mir leid, Kumpel. Sieht aus, als würde das Winterfest doch noch stattfinden. Wir haben Schnee!»

«Verdammter Mist.» Ginos fröhliche Freizeitstimmung war offiziell beendet. «Dann soll ich also einen meiner beiden einzigen freien Tage damit zubringen, bei einem blödsinnigen Kinderfest einen blödsinnigen Schneemann zu bauen, und das bei dieser Affenkälte. Haben die Pseudo-Computercracks von Monkeewrench eigentlich mal rausgefunden, wer mir diesen Mist immer einbrockt?»

Gino fungierte bei jeder Wohltätigkeitsveranstaltung des Minneapolis Police Department als äußerst widerstrebender Freiwilliger vom Dienst, dank eines anonymen Spenders, der jedes Mal ankündigte, die Einnahmen zu verdoppeln – unter der Bedingung, dass Gino teilnahm.

«Nicht, dass ich wüsste.»

Gino kniff die Augen zusammen. «Schon interessant, findest du nicht? Da haben wir vier Genies, die die raffinierteste Verbrechensbekämpfungssoftware der Welt entwickeln und sich mit verbundenen Augen in die Datenbank der NSA hacken können, und die schaffen es nicht, den Namen zu einer Bankleitzahl rauszufinden? Da ist was faul, das weißt du ganz genau. Da steckt Monkeewrench selbst dahinter. Oder besser gesagt Miss Grace MacBride höchstpersönlich.»

Ein Lächeln spielte um Magozzis Lippen, als er Grace' Namen hörte. «Warum sollte sie so was tun? Sie mag dich.»

«Hmm, lass mich mal scharf nachdenken. Vielleicht, weil ich anfangs nicht so begeistert davon war, dass ihr zwei euch an einer Beziehung versucht? Das nimmt sie mir immer noch übel.»

«Grace ist doch nicht nachtragend.»

«Stimmt. Sie rächt sich lieber.»

 

Gegen Mittag lagen bereits zwölf Zentimeter Schnee, die meisten Schulen karrten ihre Schüler mit Bussen nach Hause, und in den Seitenstraßen, wo die Räumfahrzeuge noch nicht gewesen waren, machten die Leute Langlauf. Am späten Nachmittag waren nicht nur die Temperaturen, sondern auch weitere zehn Zentimeter Schnee gefallen, und auf den Freeways ging gar nichts mehr: Sie waren von Pendlern verstopft, die ihre Entscheidung jetzt bitter bereuten, nicht schon früher von der Arbeit nach Hause gefahren zu sein.

Auch am Abend lud der Schneesturm noch gut zwei Zentimeter seiner weißen Fracht pro Stunde ab. Die Straßen waren ein einziges Chaos, und der Großteil der Stadt hatte sich zur Nacht zurückgezogen. Tommy musste an all die Idioten denken, die jetzt am Kamin hockten, heißen Grog nippten oder was solche Leute sonst so tranken und dabei den ersten echten Schnee der Saison verpassten, den Anblick und die Ruhe einer großen Metropole, die zum Stillstand gekommen war.

Es war fast ein bisschen unheimlich, wie menschenleer der Park war. Soweit Tommy das beurteilen konnte, waren nur drüben auf dem beleuchteten Rodelhang, auf der anderen Seite des großen Schneefeldes, noch Leute. Aus dieser Entfernung sahen sie aus wie kunterbunte Ameisen, und er hörte sie kaum. Die Langlauf-Loipen in der Stadt waren zum ersten Mal in diesem endlosen, schneefreien Winter geöffnet, doch bis auf die ganz Harten würden alle warten, bis es hell wurde und die Loipen perfekt hergerichtet waren, bevor sie sich die Bretter unterschnallten. Morgen waren die Loipen mit Sicherheit überfüllt. Doch heute Abend gehörten sie ihm.

Auch unter perfekten Bedingungen nutzten nur wenige Langläufer die höher gelegenen, waldigen Loipen im Park, erst recht nicht nach Einbruch der Dunkelheit. Tommy mochte sie genau aus diesem Grund. Hier gab es keine stolpernden Kinder und keine lahmarschigen Rentner, die die schmalen Wege zwischen den hohen Bäumen verstopften, ihn aus dem Rhythmus brachten und ihn zwangen, langsamer zu werden.

Die Pistenpfleger hatten die Loipen tagsüber einmal bearbeitet, nach den ersten fünfzehn Zentimetern Schnee, doch seitdem waren noch etliche Zentimeter hinzugekommen, und Tommy liebte die Herausforderung, sich mit den langen Skiern hindurchzukämpfen und die ersten Spuren im frischen Schnee zu hinterlassen.

Der steile Hang in den Wald hinauf war allerdings ganz schön anstrengend gewesen. Er spürte schon jetzt seine Schultern und Oberschenkel, obwohl sie erst eine Stunde unterwegs waren. Durch das tägliche Training im Fitnessraum war er zwar ganz gut in Form, aber letztlich konnte einen kein Cross-Trainer auf die echte Situation vorbereiten, egal, wie hoch man den Widerstand einstellte. Keine Fitnessmaschine der Welt konnte den holprigen Weg über unebene Loipen simulieren oder die glatten Stellen, an denen es einem fast die Beine wegriss. Da kamen ganz andere Muskelgruppen zum Einsatz. Vielleicht sollte er so was mal bauen, damit konnte man bestimmt Millionär werden.

Er machte eine kurze Verschnaufpause, lockerte Beine und Hände und blieb dann einen Moment ruhig stehen, um auf das Geräusch von Tobys Skiern hinter ihm zu lauschen. Toby war irgendwo zurückgeblieben, wahrscheinlich kämpfte er sich noch den Hang in den Wald hoch. Eigentlich ein gutes Sinnbild für sein ganzes Leben. Er war schon immer ein bisschen langsamer und ein bisschen schwächer gewesen als die anderen, hatte immer allen Mist abbekommen, der einem so passieren konnte. Es war ein...

Erscheint lt. Verlag 1.1.2021
Reihe/Serie Monkeewrench
Monkeewrench
Übersetzer Tanja Handels
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Magozzi • Monkeewrench • Thriller
ISBN-10 3-644-00728-4 / 3644007284
ISBN-13 978-3-644-00728-4 / 9783644007284
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