John Sinclair Sonder-Edition 146 (eBook)
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-0828-9 (ISBN)
Als sich Gallio, der Uhrmacher, vor einigen hundert Jahren mit dem Teufel verbündete, bekam er von ihm das Versprechen, Herrscher über einen Teil der Zeit zu werden.
Aber Gallio war nicht stark genug. Die Macht ließ sich nicht kontrollieren. Er wollte sein Werk, die Leichenuhr, vernichten. Da er es aus eigener Kraft nicht schaffte, wandte er sich an einen Helfer. Der ließ Gallio im Stich. Der Uhrmacher brachte sich selbst um, und die Uhr überlebte.
Generationen später gab es sie immer noch. Und Gallios Geist fand keine Ruhe. Er war auf der Suche nach einem Partner. Diesmal fand er einen - mich. Und so stellte ich mich der mörderischen Leichenuhr ...
Die Leichenuhr
von Jason Dark
Als sich Gallio, der Uhrmacher, vor einigen hundert Jahren mit dem Teufel verbündete, bekam er von ihm das Versprechen, Herrscher über einen Teil der Zeit zu werden.
Aber Gallio war nicht stark genug. Die Macht ließ sich nicht kontrollieren. Er wollte sein Werk, die Leichenuhr, vernichten. Da er es aus eigener Kraft nicht schaffte, wandte er sich an einen Helfer. Der ließ Gallio im Stich. Der Uhrmacher brachte sich selbst um, und die Uhr überlebte.
Generationen später gab es sie immer noch. Und Gallios Geist fand keine Ruhe. Er war auf der Suche nach einem Partner. Diesmal fand er einen – mich. Und so stellte ich mich der mörderischen Leichenuhr ...
Noch immer dachte Jules Vangard an das Mädchen, dessen Stimme ihn in den Träumen der vergangenen Nacht regelrecht verfolgt hatte. In Gedanken streichelte er ihre Schenkel, ihre Brüste und ihre Hüften.
»Tu es, nimm mich, ich will es doch!«
Lizzys Liebesgeflüster war ein Ohrenschmaus. Die Erinnerung glich einem Ballon, der immer mehr aufgeblasen wurde und sich zu einem großen Mond verformte. Er würde sicherlich bald platzen, nur wollte es Jules nicht so weit kommen lassen. Er musste Lizzy Lamotte einfach wiedersehen.
Er wusste nicht viel von ihr, nur ihren Namen und dass sie Artistin in einem kleinen Wanderzirkus war. Dabei ging er davon aus, dass nicht einmal ihr Name echt war. Der hörte sich vielmehr nach einem Pseudonym an. Doch ihr Körper, der war echt gewesen. Und Jules sehnte sich nach ihm.
Er parkte seinen kleinen Polo am Rand des Platzes, wo die drei Buchen standen, die dem Fahrzeug einigermaßen Schutz boten. Von dieser Stelle aus konnte er den Platz überblicken, der dem Zirkus von der Stadt als Winterquartier zugewiesen worden war. Das Vieh überwinterte in den Ställen, und so konnte die Kommune wenigstens einen kleinen Obolus an Miete kassieren.
Dabei war Zirkus eigentlich nicht der richtige Ausdruck für dieses Unternehmen. Zwar wurde ein Zelt aufgebaut, unter dessen Kuppel Artisten ihr Können zeigten und Dompteure Tieren ihren Willen aufzwangen. Und Clowns gab es ebenfalls, aber alles andere passte nicht zu einem Zirkus. Eher schon hätte man von einer Kirmes sprechen können.
Denn der Zirkus ›Baresi‹ reiste auch mit zwei Karussells. Eines war für Kinder, ein richtig altes Kinderkarussell mit hölzernen Pferden, Schafen und Kühen und kleinen, stilisierten Autos. Die zweite Attraktion, der Autoscooter, wurde dagegen von den Jugendlichen frequentiert. Beide Attraktionen waren zu Winterbeginn nicht eingemottet worden, und an Sonntagen, an denen das Wetter mitspielte, hatten sie geöffnet, dazu noch zum halben Fahrpreis. Das hatte Tonio Baresi höchstpersönlich versprochen, und er hatte sein Wort gehalten.
Lizzy Lamotte hatte Jules in den beiden Nächten, die sie miteinander verbracht hatten, viel erzählt. Er erinnerte sich auch an ihr Liebesgeflüster und an eine Warnung.
»Komm nie nach Mitternacht!«, hatte sie ihn eindringlich gebeten.
Erst hatte Jules über die Warnung gelacht. Dann aber war ihm aufgefallen, dass Lizzy ihn beide Male tatsächlich beide Male vor Mitternacht weggeschickt hatte. Bevor ihm das nun ein drittes Mal passieren würde, wollte er der Sache auf den Grund gehen. Er würde Lizzy fragen.
Jules wusste, dass sie in einem der Wohnwagen ihr Zuhause hatte. Dass Tonio Baresi seine Kunden auch anlockte mit Geschichten von einer geheimnisvollen Uhr, die die Zeit zurückdrehen und so einen Blick in die Vergangenheit gewähren konnte, das hatte Jules nur am Rande wahrgenommen.
Sein einziger Gedanke war Lizzy. Er hatte sich seine Chancen genau ausgerechnet. In diesem Winter würde er sie öfter besuchen. Was aber, wenn das Frühjahr beginnen und sich der Zirkus auf die Reise machen würde? Würde das dann das Ende für ihre bedeuten? Darüber hatte er viel nachgedacht, so wie auch über die Warnung, Lizzy nie nach Mitternacht zu besuchen.
Was sollte dieser Mist? Jules wollte Lizzy vor und nach Mitternacht und überhaupt immer für sich allein haben.
Mit seinen siebenundzwanzig Lenzen stand er voll im Saft, wie er selbst immer sagte. Er war es auch leid, ständig über die Dörfer zu fahren, sich in zweitklassigen Discos herumzutreiben und darauf zu warten, irgendwelche Landschönheiten aufreißen zu können.
Lizzy war da ganz anders.
Verdammt, diese Frau konnte ihn um den Verstand bringen. Wie sie sich unter ihm bewegt hatte! Wie eine Schlange war sie, und sie hatte Dinge mit ihm angestellt, die er noch nie zuvor erlebt hatte.
Aufpasser gab es zwar nicht, wie er von Lizzy wusste, aber Jules war dennoch vorsichtig. Er hielt die Augen weit offen, als er sich dem Ziel seiner Sehnsucht näherte.
Die Dunkelheit war wie ein Schwamm, jedenfalls kam sie dem jungen Mann so vor. Es war feucht, leicht neblig. Der Rasen war weich und schien zu dampfen, als wäre unter ihm ein Riese versteckt, der in bestimmten Intervallen immer wieder seinen Atem ausstieß.
Das Gras war sehr kurz. Schafe und auch Rinder hatten es abgefressen. Im Winter wuchs es nun nur langsam nach. Zahlreiche braune Flecken unterbrachen die grüne Fläche, und auf einem dieser Flecken stand Lizzys Wohnwagen.
Er war nicht mehr als ein hell gestrichener Kasten in der Dunkelheit, hinter dessen Fenstern kein Licht schimmerte. Vier Fenster hatte das Gefährt insgesamt, auf jeder Seite eins, wobei ein Fenster direkt neben der Tür lag. Dorthin wollte der nächtliche Besucher.
Stille lag über dem Platz. Selbst die Hunde schlugen nicht an. Sie hatten sich vor der Kühle verkrochen, was Jules natürlich gefiel, und als er auf die Uhr schaute, hatte er den Wagen seiner Angebeteten erreicht.
Genau Mitternacht!
Er lächelte, obwohl ihm Lizzys Warnung einfiel. Die konnte sie sich in die Haare schmieren. Er musste zu ihr! Vielleicht konnte er sie von diesem Zirkus wegholen und mit ihr in eine andere Stadt verschwinden, in eine Großstadt, wo sie anonym würden leben können.
Ob Lizzy Lamotte abgeschlossen hatte, wusste er nicht. Am liebsten wäre er in den Wagen hineingestürzt, das aber verbot ihm seine Höflichkeit und auch die Vorsicht.
Jules klopfte. Dabei erschrak er, denn seiner Meinung nach war das Geräusch bis an den Rand des Platzes zu hören gewesen. Unwillkürlich duckte er sich und wartete lauernd ab, doch er hatte Glück. Nicht einmal ein Hund regte sich, geschweige denn ein Mensch.
Als er nun die Tür öffnen wollte, klemmte sie zunächst. Nur mit viel Kraft bekam er sie auf. Für einige Sekunden blieb er unbeweglich auf der Stelle stehen, säuselte den Namen seiner Angebeteten – und war enttäuscht, dass sie ihm keine Antwort gab. Wahrscheinlich schlief sie schon.
Wer schläft, der träumt oft, dachte Jules. Und er führte den Gedanken weiter. Vielleicht sogar von ihm, denn als Liebhaber war er nicht schlecht gewesen. Das hatten ihm andere weibliche Wesen schon mehr als einmal bestätigt.
Die aber waren längst vergessen, als er den Wohnwagen betrat und die Tür hinter sich schloss. Er blieb zunächst stehen, leicht geduckt, sonst wäre er mit dem Kopf gegen die Decke gestoßen. Jules kannte sich aus. Er wusste, dass er nach links musste, um das Bett der Zweiundzwanzigjährigen zu erreichen. Obwohl der Wagen ziemlich klein war, hatte ihn Lizzy durch einen Vorhang unterteilt, welchen sie zuzog, wenn sie schlafen ging. In dieser Nacht aber war er offen.
Das wiederum irritierte den heimlichen Besucher. Es war nicht so stockfinster im Wagen, als dass er nichts hätte erkennen können. Durch die Fenster sickerte das Sternenlicht, sodass er gewisse Umrisse ausmachen konnte.
Auch das Bett sah er. Es war ein altes Metallbett, das stabil war, wie Jules wusste. Nur konnte er nicht sehen, ob auf dem Bett jemand lag.
Er kam näher, und mit jedem Schritt wuchs seine Enttäuschung. Als er vor dem Bett stehenblieb, bekam er die Wahrheit präsentiert.
Das Bett war leer!
Jules fluchte zwar nicht, aber die Enttäuschung setzte ihm doch schwer zu.
Wieso war das verdammte Bett leer?
Er fragte sich, wo sie um diese Zeit wohl stecken konnte, und die Eifersucht fing an, in seinem Innern zu nagen. Er spürte, dass er einen roten Kopf bekam. Seine Hände wurden feucht. Und er erinnerte sich an die Warnungen seiner Freundin, sie nie nach Mitternacht zu besuchen.
Er war gekommen, hatte das Bett leer vorgefunden, und Lizzy steckte wahrscheinlich bei einem anderen Liebhaber, womöglich bei einem Typ vom Zirkus. Hier gab es einige verflixt heiße Burschen, wie er mittlerweile wusste. Selbst Direktor Baresi hatte ein Auge auf die Kleine geworfen, das hatte ihm Lizzy gestanden.
Im Wagen war es stickig. Er schnupperte. Der Geruch erinnerte ihn an Lizzys Parfüm, aber war da nicht noch ein anderer Geruch, der den ersten beinahe überlagerte?
So muffig und alt, beinahe schon modrig, als würde im Wagen Aas liegen. Jules schüttelte sich, als er daran dachte. Der Gestank blieb in seiner Nase. Eine Sinnestäuschung war es nicht.
Neben dem Bett stand ein Hocker. Dort hatte die kleine Lampe mit dem gelben Schirm ihren Platz gefunden. Jules überlegte, ob er sie einschalten sollte, um mehr zu erkennen, aber das brauchte er nicht. Was er herausfinden wollte, das konnte er...
Erscheint lt. Verlag | 5.1.2021 |
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Reihe/Serie | John Sinclair Sonder-Edition |
Verlagsort | Köln |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony Ballard • Tony-Ballard • Top • Walking Dead |
ISBN-10 | 3-7517-0828-6 / 3751708286 |
ISBN-13 | 978-3-7517-0828-9 / 9783751708289 |
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