Gespenster-Krimi 58 (eBook)

Das Schloss des Schreckens

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Aufl. 2020
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-0659-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Gespenster-Krimi 58 - Earl Warren
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Mein Atem hat die Fensterscheibe beschlagen. Mechanisch ziehe ich den Ärmel meines Pullovers über meine Faust, aber dann lasse ich die Hand zurück in meinen Schoß sinken. Ich möchte nicht hinaussehen. Allein der Gedanke an die verschneite Landschaft genügt, um eine Gänsehaut über mein Rückgrat bis zum Scheitel kriechen zu spüren. Ich fange an zu zittern. Schon wieder ...


Das Schloss
des Schreckens

von Earl Warren

»Mein Gott, was habe ich getan? Ich habe Glorya Glanton ermordet, die schönste Frau der Welt ... Ich musste es tun, denn sie war kein Mensch mehr, sondern eines der Geschöpfe des Professors Malveillance.«

Mit diesen melodramatischen Worten begann das Geständnis, das ein junger Mann in den frühen Morgenstunden des 23. Februar vor Beamten des FBI und der Mordkommission von Los Angeles ablegte. Der Mann hatte um die Villa des Filmstars Glorya Glanton in Beverly Hills mit Hühnerblut und anderen Essenzen einen – wie er es nannte – »magischen Kreis« gezogen. Dann war er in die Villa eingedrungen und hatte die Glanton mit einem antiken Dolch angefallen und umgebracht – und das vor den Augen von Glorya Glantons entsetztem Agenten Dan Miller. Doch aus Miller war keine vernünftige Aussage herauszubekommen. Er stammelte wirres Zeug und musste in eine Nervenklinik gebracht werden, da er unter einem schweren Schock stand. Sein Geist hatte sich verwirrt ...

Er stammelte was von »Dämonen«, »Ghuls«, »Gehirnoperationen«, »teuflischen Experimenten wider die Natur« und Menschen, »die durch Wände gehen und von keiner Waffe verletzt werden konnten«.

Dan Miller war eine Berühmtheit in der Filmwelt. Sein Zusammenbruch wurde geheim gehalten. Vier Wochen in der Intensivstation der Nervenklinik sollten ihn heilen.

»Kein Wunder«, sagte Inspektor Dallas im Police Headquarter von Los Angeles. »Bei dem Leben, das die Filmleute führen ... Saufen, fixen, Weiber, dazu extreme nervliche Belastung und Stress. Es wundert mich, dass dieser Miller überhaupt so lange ausgehalten hat.«

Inspektor Dallas sprach zu anderen Beamten der Stadtpolizei. Sie stimmten ihm zu. Der Inspektor trank seinen schwarzen Kaffee aus und kehrte zurück in den schalldicht abgeschlossenen Raum, in dem der Mörder Glorya Glantons verhört wurde. Der Junge sah gut aus, war steinreich, wusste sich zu benehmen und durchzusetzen. Es bestand also kein Grund für ihn, wegen eines Mädchens – und sei es ein Filmstar – durchzudrehen und einen Mord zu begehen.

Doch das Verrückteste war das Motiv, das der Junge für seine Tat angab. Er erzählte die ausgefallenste Story, die Inspektor Dallas in seiner dreißigjährigen Polizeilaufbahn je gehört hatte. Der Inspektor hätte dem grünen Bengel längst die Flausen ausgetrieben oder ihn an den Psychiater weitergegeben, doch die Sonderagenten des FBI hörten sich voller Ernst jedes Wort der verrückten Geschichte an.

Was blieb also einem kleinen Inspektor des Morddezernats anderes übrig, als sich gleichfalls in Geduld zu fassen und zuzuhören?

Inspektor Dallas steckte sich eine Zigarette an. Vornübergebeugt saß er auf dem Stuhl, den Hut ins Genick geschoben. Er betrachtete den Gefangenen, einen großen, schlanken, blonden jungen Mann Mitte zwanzig. Er sah bleich und sehr erschöpft aus. Tiefe, dunkle Ringe lagen unter seinen Augen, seine Bewegungen waren langsam, seine Stimme klang müde. Der grelle Scheinwerfer riss sein Gesicht aus der Dämmerung des vor den Fenstern grauenden Tages.

Zwei FBI-Beamte führten abwechselnd das Verhör. Der eine auf die sanfte Tour mit väterlichem Zuspruch, Zigaretten anbietend und gutem Zureden. Der andere auf die harte Tour: Anschreien, Fangfragen, massiver Einsatz psychologischer Mittel. Es war ein hervorragend geführtes Verhör, das dem Jungen keine Chance ließ.

Der Inspektor sah den Gefangenen als einen Jungen an, weil er dreißig Jahre älter war und alle Arten des Verbrechens kennengelernt hatte. Er hörte dem Jungen mit milder Skepsis zu.

Doch irgendwann, während die Dämmerung grau ins Zimmer kroch und die Nacht vertrieb, irgendwann kam dem hartgesottenen Inspektor das Grauen. Er war nicht der einzige. Es war zu ungeheuerlich, was der bleiche junge Mann da erzählte.

Der Junge war sehr müde. Schwarzer Kaffee, Zigaretten und sein Wille hielten ihn aufrecht. Er fühlte sich so bleich und kalt wie der grauende Morgen. Er sprach langsam, leise, mit jenem Harvard-Akzent, den der Eingeweihte sofort erkennen kann.

Lautlos drehten sich die Spulen des Tonbandes. Der Polizeistenograf schrieb jedes Wort mit. Von Zeit zu Zeit schüttelte er den Kopf. Zwei Stunden sprach der Junge schon.

»Ich will alles von Anfang an erzählen«, hatte er gesagt, als das Verhör begann. »Damals in Tanger fing alles an.«

Dean Warren kam am 1. Februar nach Tanger. Er stieg aus der Boeing 727 der Iberia, ging über den hitzeglühenden Beton zur Zollabfertigung. Außer einem Handkoffer und einer Aktentasche hatte er kein Gepäck. Der fünfundzwanzigjährige Erbe der Warren Cosmetics sah nicht ein, wozu er sich mit schweren Koffern abschleppen sollte.

Sein Scheckbuch und die Travellerschecks reichten schließlich völlig. Vor dem Flughafen fand Warren schnell ein Taxi. Er warf noch einen Blick zurück zur Halle des Flughafens, einem weißen Gebäude mit viel Glas, und zum Tower der Flugsicherung, der einsam aufragte. Dann fuhren sie los.

Das Taxi war ein alter weißer Mercedes Diesel. Auf vielen Umwegen war er nach Tanger gekommen. Der Fahrer sprach kein Englisch, nur Arabisch und ein paar Brocken Spanisch und Französisch. Mit Händen und Füßen und unter Aufbietung seines längst vergessenen College-Französisch machte Dean Warren ihm klar, dass er zu dem kleinen Ort Murat an der Küste drei Meilen nordwestlich von Tanger wollte.

Der Fahrer strahlte. Das war eine gute Strecke und würde ihm etwas einbringen. Er schaltete das von Störungen krachende Autoradio ein, summte fröhlich vor sich hin.

Dean Warren kannte Tanger nicht. Er bat den Fahrer, langsamer zu fahren. Von Weitem war Tanger eine Stadt mit weißen Palästen und modernen Hochhäusern am Meer. Doch aus der Nähe sah Dean Warren, dass die modernen Gebäude sich auf ein Stadtteil und hauptsächlich die Hauptgeschäftsstraße beschränkten. Es gab Elendsviertel und die Altstadt mit ihren engen, verwinkelten Gässchen, den zahlreichen Basaren und Straßenhändlern.

Der Taxifahrer erkundigte sich in gebrochenem Französisch, was Warren wollte. »Frauen? Waffen? Rauschgift? In Tanger bekommen Sie für Geld alles.«

Dean Warren schüttelte lächelnd den Kopf. Er war von Tanger etwas enttäuscht, denn im Vergleich zu New York, Chicago oder Los Angeles erschien ihm die Hafenstadt an der Straße von Gibraltar mit ihren 166.000 Einwohnern klein, eng und provinziell.

Von Tanger aus nahmen sie die Küstenstraße. Murat war ein kleines Dörfchen an einem felsigen, zerklüfteten Teil der Küste mit vielen Buchten und Höhlen. Eine alte Maurenfestung ragte auf einem Felsen auf, wie ein Adlerhorst über dem Meer erbaut. Dean Warren bewunderte Hal B. Wymans guten Geschmack.

Diese zerklüftete Felsenküste war genau das Richtige für die Außenaufnahmen zu dem Piratenfilm »Unter der Totenkopfflagge«, dem großen Projekt der CCC-Filmgesellschaft. Barfüßige Kinder sahen neugierig hinter dem Taxi her. Dean Warren wies den Fahrer an, zum Filmdorf der CCC zu fahren.

Mit treuherzigem Gesicht verlangte der Fahrer einen stolzen Preis. Dean Warren bot ihm nach bewährtem Rezept die Hälfte. Nachdem sie mehrere Minuten gefeilscht, der Fahrer sich ein Büschel Haare ausgerissen und den baldigen Hungertod seiner ganzen Sippe in bewegten Worten geschildert hatte, trafen sie sich in der Mitte. Dean Warren zahlte. Der Fahrer fuhr weg.

Das Filmteam hatte mehrere Zelte und Häuser errichtet. Dean Warren fragte einen Statisten nach Glorya Glanton.

»Miss Glanton dreht«, sagte er, »in der Nordbucht. Aber lassen Sie es sich ja nicht einfallen, die Dreharbeiten zu stören. Wir sind drei Tage im Verzug, und Hal Wyman kocht wie ein Dampfkessel.«

Dean Warren ging in die angegebene Richtung. Er sah eine Menschengruppe an der steil abfallenden Küste. Ein Aufnahmewagen war nahe an eine vorspringende Felsklippe herangefahren. Kameramänner filmten von zwei Seiten. Der Regisseur dirigierte die Szene.

Glorya Glanton stand am letzten Ende der Klippe. Vor ihr fochten zwei Männer miteinander. Die Degen blitzten in der Sonne. Die Klingen verbissen sich ineinander. Der schwarz gekleidete, schlanke Pirat drängte den massigen Kapitän mit den Kniehosen und dem schimmernden Brustharnisch gegen den Rand der Klippe.

Glorya Glanton wich zurück, auf den Abgrund zu.

»Nein, nein, nein«, schrie der Regisseur, ein rotgesichtiger Mann mit weißem Haar, »das ist kein Gerangel, was ihr da macht, das ist ein Kampf auf Leben und Tod. DeWitt, gehen Sie näher an den Abgrund ran, Albert schmeißt Sie schon nicht runter. Und Sie, Glanton, zeigen Sie mehr Angst und Furcht, schließlich ist es Ihr Geliebter, der da um sein Leben kämpft. Los, noch einmal.«

Dean Warren las auf der Klappe 2/431. Zweite Einstellung, vierhunderteinunddreißigste Szene. Wieder begann der Zweikampf. Die beiden Männer drangen wild aufeinander ein. Schweiß lief über ihre Gesichter. Der schlanke, schwarz gekleidete Pirat machte einen Ausfallschritt. Die Degenklinge...

Erscheint lt. Verlag 29.12.2020
Reihe/Serie Gespenster-Krimi
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond
ISBN-10 3-7517-0659-3 / 3751706593
ISBN-13 978-3-7517-0659-9 / 9783751706599
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