All Our Hidden Gifts - Die Macht der Karten (All Our Hidden Gifts 1) (eBook)

Moderne Urban Fantasy der Extraklasse
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
368 Seiten
Carlsen Verlag Gmbh
978-3-646-93247-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

All Our Hidden Gifts - Die Macht der Karten (All Our Hidden Gifts 1) -  Caroline O'Donoghue
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Faszinierend, übersinnlich, unheimlich - diese Tarotkarten öffnen die Tür in eine dunkle Welt. Maeve Chambers ist eine Idiotin - zumindest verglichen mit ihrer Familie voller Genies. Und weil sie ihre Freundin Lily vergrault hat. Erst als sie im Schulkeller ein Tarotkartenspiel findet, zeigt sich ihr wahres Talent. Denn quasi über Nacht macht sie den Mädchen aus ihrer Klasse beängstigend akkurate Vorhersagen. Dann verschwindet Lily, nachdem Maeve ihr ungefragt die Karten legt. Schnell wird klar, dass übernatürliche Kräfte im Spiel sind. Und es braucht besondere Talente, um Lily zu retten. Zusammen mit Lilys nichtbinärem Bruder Roe und Mitschülerin Fiona begibt sich Maeve auf eine gefährliche Suche. »Stürmisch und wild und einfach gut!« Melinda Salisbury Alle Bände der Urban-Fantasy-Serie »All Our Hidden Gifts«:  All Our Hidden Gifts 1 - Die Macht der Karten All Our Hidden Gifts 2 - Die Kraft der Talente All Our Hidden Gifts 3 - Das Haus der Magie

Caroline O'Donoghue ist Journalistin und Autorin. Sie hat mehrere Romane veröffentlicht, schreibt u.a. für den Irish Independent, Glamour und Buzzfeed und hat eine feste Kolumne im Irish Examiner. Als Gastgeberin des Podcasts »Sentimental Garbage« spricht sie mit anderen Autor*innen über Unterhaltungsliteratur. Die Serie »All Our Hidden Gifts« ist ihr Debüt im Jugendbuch.  Mehr über die Autorin unter @Czaroline auf Twitter.

Caroline O'Donoghue ist Journalistin und Autorin. Sie hat mehrere Romane veröffentlicht, schreibt u.a. für den Irish Independent, Glamour und Buzzfeed und hat eine feste Kolumne im Irish Examiner. Als Gastgeberin des Podcasts »Sentimental Garbage« spricht sie mit anderen Autor*innen über Unterhaltungsliteratur. Die Serie »All Our Hidden Gifts« ist ihr Debüt im Jugendbuch.  Mehr über die Autorin unter @Czaroline auf Twitter. Christel Kröning studierte in Düsseldorf Literaturübersetzen. Neben Unterhaltungs- und Jugendliteratur (z. B. Juno Dawson) übersetzt sie Sachbücher, Lyrik, Essays und Erzählungen (u. a. von Virginia Woolf) aus dem Englischen ins Deutsche. Rund um das Thema Literaturübersetzen hält sie auch Vorträge und sie engagiert sich im Presseteam des Verbands der Literaturübersetzer*innen, VdÜ. Mehr über Christel Kröning auf www.christelkroening.de

2. KAPITEL

Auf der Busfahrt nach Hause sehe ich mir die Karten genauer an. Mir will nicht recht einleuchten, wie sie sortiert sind. Auf manchen steht etwas wie »Die Sonne«, »Der Eremit« oder »Der Narr«, auf anderen sind nur Nummern und Symbole zu sehen. Statt der gewohnten Herzen, Piks, Kreuze und Karos sind es hier allerdings: Schwerter, eine Art Stöcke, Kelche und Sterne auf Scheiben.

Die meisten der in kräftigem Violett, Gold und Rot gehaltenen Bilder zeigen Menschen, die ganz und gar in ihre Beschäftigung vertieft sind. Hier zum Beispiel graviert jemand eine Tafel, aber mit Inbrunst. Nie hat sich jemand mehr Mühe gegeben als dieser Typ mit seiner Tafel. Die Karte trägt die Zahl Acht und gehört zu den Sternscheiben. Ich frage mich, was sie bedeuten soll. Du wirst heute eine Tafel gravieren?

Selbstverständlich bekomme ich hier nicht zum ersten Mal ein Tarotspiel zu Gesicht. Kennt man ja aus Filmen. Eine Wahrsagerin zieht eine Karte, sagt etwas Schwammiges à la »Ich sehe, Sie sehnen sich nach Veränderung« und wird natürlich erst mal nur belächelt. Aber dann weiß sie auf einmal doch total Bescheid und alle sind baff. »Und wie fühlt Ihr Ehemann Steve sich dabei?« Etwas in der Art.

Als ich die Karten sortiere, stelle ich fest, dass sie eigentlich doch fast wie normal funktionieren. Jedes Symbol hat ein Ass, dann Zwei, Drei, Vier, Fünf und so weiter bis Zehn. Auch die Adligen sind am Start, nur sind es hier König, Königin, Ritter und Bube statt Bube, Dame, König. Lily wäre Feuer und Flamme. Wenn wir noch beste Freundinnen wären, würde ich ihr die Karten sofort zeigen. Eines unserer ersten selbst ausgedachten Spiele hieß »Ritterinnen«. Dabei durchstreiften wir auf imaginären Pferden ihren Garten, besiegten Drachen und retteten Prinzen. Vielleicht spielt sie das Spiel manchmal noch in Gedanken. Ich weiß es nicht. Wir reden nicht mehr miteinander.

Während ich an Lily denke, fällt mir eine der Karten ins Auge. Eine, die ganz anders aussieht als der Rest und von der ich ein Schiffschaukelgefühl im Magen bekomme. Auf einmal sieht alles so verschwommen aus, als wäre ich gerade erst aufgewacht. Ist das ein Frauengesicht? Als ich mir die Karte näher ansehen will, werde ich von lautem Gegröle abgelenkt. Eine Jungsmeute von der St. Anthony’s. Warum sind Jungs immer dermaßen laut im Bus? Sie reichen etwas zwischen sich hin und her und brüllen vor Lachen. Kein nettes, fröhliches Lachen. Ein gemeines. Was da herumgezeigt wird, ist tatsächlich auch ein Kartenspiel, wie ich jetzt erkenne.

Hm, das ist seltsam. Just an dem Tag, an dem mir Tarotkarten in den Schoß fallen, finden auch die St.-Anthony’s-Jungs Gefallen an so was?

Rory O’Callaghan ist aufgestanden und durchquert den Gang, obwohl es bis zu seiner Haltestelle – die auch meine ist – noch Ewigkeiten dauert. »Hi, Maeve«, sagt er und bleibt vor mir stehen. »Darf ich …?«

»Klar«, sage ich. Der Tag wird immer seltsamer. Kaum denke ich an Lily, schon kommt ihr großer Bruder angelaufen. Er und ich kennen uns, seit wir klein sind, waren aber nie befreundet. Wie ein Komet – Respekt einflößend und nur selten zu sehen – durchzieht Rory meine Kindheit.

Als er sich neben mich setzt, fällt mir auf, dass sein Gesicht ganz rot ist und seine Augen feucht glänzen. Ich frage nicht, was passiert ist. Rory hat irgendwie schon immer viel einstecken müssen. Mit seinen großen Augen, den weichen Gesichtszügen und seiner einzelgängerischen Art ist er an einer Schule wie der St. Anthony’s, an der jeder, der weder Fußball noch Hurling spielt, auch genauso gut tot sein kann, ein hoffnungsloser Außenseiter. Dass die O’Callaghans eine der wenigen protestantischen Familien in unserer überwiegend katholischen Stadt sind, hilft wahrscheinlich auch nicht gerade weiter. Dabei sind sie eigentlich gar nicht religiös. Wer ist das schon? Trotzdem verleiht es Rory eine gewisse englische Schwächlichkeit. Eine Aura aus Höflichkeit und Zurückhaltung, die für seine Schulkameraden wie eine Zielscheibe aussieht.

»Rory!«, schreit einer aus der Meute. »Hey! Rory! Roriana! Roriana Grande! Komm zurück!«

Rory blinzelt. Seine dunkelbraunen Rehaugen sehen tatsächlich ein bisschen wie die von Ariana Grande aus. »Und, wie gehts dir?«, fragt er mich.

»Gut«, sage ich und mische die Karten. Ich mag es, wie sie sich anfühlen. Tatsächlich habe ich am liebsten immer irgendwas in den Händen, weil ich nie weiß, was ich sonst mit ihnen machen soll.

Rory wird blass, als er die Karten sieht. »So ein Mist. Du hast sie auch?«

Ich bin verwirrt und zeige ihm die verschlungenen Zeichnungen. »Tarotkarten?«

In dem Moment kommt einer aus der Meute auf uns zu. »Hey, Roriana Grande, kennt deine Freundin die schon?«

Der Junge, dessen Namen ich nicht weiß, hält mir ein paar Karten unter die Nase, und da begreife ich, was so witzig sein soll. Das ist kein Tarot, das sind welche von diesen fiesen Pornospielkarten, die einem in ramschigen Souvenirläden unterkommen. Nackte Frauen mit riesigen Möpsen und Tangas, die so eng sind, dass man schon vom Hinsehen Scheidenpilz kriegt. Und alle tragen sie ein kopiertes Foto von Rorys Gesicht auf dem Hals. Rory guckt starr aus dem Fenster, weil er genau weiß, dass er dem Jungen nur einen Gefallen täte, wenn er nach den Karten schnappen oder sonst irgendwie reagieren würde.

Das hier ist schlichtweg der unangenehmste Augenblick, den ich je im Schulbus zurück nach Kilbeg erleben durfte.

»Warte mal«, sage ich schließlich in einem Tonfall, als würde ich mit dem Jungen über ein Schulprojekt fachsimpeln, und blicke ihm forschend ins Gesicht. »Dann hast du also sage und schreibe zweiundfünfzig Mal Rorys Foto kopiert, ausgeschnitten und es auf jede einzelne dieser Spielkarten geklebt?«

Er lacht und winkt seinen Kumpels auf eine Art zu, die wohl so etwas heißen soll wie: »Bin ich nicht der geilste Witzbold aller Zeiten?«

»Wow, du musst ja völlig besessen von Rory sein«, sage ich extra laut, woraufhin mir der Junge einen bitterbösen Blick zuwirft und sich verzieht. Rory und ich bleiben schweigend sitzen. Aus dem Augenwinkel fällt mir auf, dass er sich die Fingernägel rosa lackiert hat. Nicht knallpink, eher ballettschuhrosé. Seiner natürlichen Nagelfarbe so ähnlich, dass man es fast nicht bemerkt.

Als wir aussteigen, geht er mit einem kaum hörbaren »Tschüss« in seine Richtung davon.

Mein Zuhause liegt gute zwanzig Minuten von der Haltestelle entfernt, aber die Strecke ist schön, und an Tagen wie heute freue ich mich regelrecht drauf. Der Weg führt am Flussufer entlang. Links von mir das rauschende blaugraue Wasser des Beg, rechts von mir die Steinmauern der Altstadt. Vor einem groben Jahrhundert war Kilbeg noch das Stadtzentrum, weil hier der Hafen lag. Einer der wichtigsten Handelshäfen von ganz Irland, um genau zu sein, und einige der Marktplätze und Viehposten sind bis heute erhalten. Sogar der alte Trinkbrunnen, an dem die Leute früher ihre Pferde angebunden haben, steht noch an Ort und Stelle, obwohl er mittlerweile seit Jahrzehnten versiegt ist. In der Grundschule habe ich mal ein Geschichtsprojekt über die Aufstände erarbeitet, die hier während der Großen Hungersnot stattfanden, weil die englischen Grundbesitzer ihr Getreide ins Ausland verkauft haben, obwohl es für die Iren nichts zu essen gab. Dafür habe ich einen Preis bekommen. Meinen ersten und wahrscheinlich auch meinen letzten.

Von außen betrachtet wirkt unser Haus riesig. Das relativiert sich aber, wenn man bedenkt, dass mitunter sieben Leute gleichzeitig hier gewohnt haben. Ja, sieben. Mum, Dad, meine ältere große Schwester Abbie, meine großen Brüder Cillian und Patrick, meine jüngere große Schwester Joanne und ich. Die Leute fragen mich gern, wie es sich anfühlt, so viele Geschwister zu haben, vergessen dabei aber, dass zwischen Abbie und mir fünfzehn Jahre liegen, dreizehn zwischen Cillian und mir, zehn zwischen Patrick und mir, und auch Jo und ich liegen noch ganze sieben Jahre auseinander. Ich fühle mich eher, als hätte ich so viele Eltern.

»Hi«, ruft Jo aus der Küche. Sie backt mal wieder. Darauf steht sie momentan. Vor einer Weile hat sie mit ihrer Freundin Schluss gemacht, seitdem wohnt sie bei uns und schreibt an ihrer Masterarbeit. Wenn es nach mir ginge, kämen die beiden nicht wieder zusammen, Mum hält es aber für wahrscheinlich. Es ist so langweilig zu Hause nur mit Mum und Dad.

»Hi, du bist ja früh wieder da«, sage ich, lasse meine Schultasche im Flur auf den Boden fallen und gehe in die Küche. »Was backst du Schönes?«

»Vor der Bib hat so eine bescheuerte Christendemo stattgefunden. Die wollte ich mir nicht geben.« Sie leckt sich einen Klecks Teig vom Finger. »Das werden Mandel-Pistazien-Blondies.«

»Himmel! Wogegen wurde denn protestiert? Und warum musst du immer so salzige Sachen backen?«

»Die sind nicht salzig«, widerspricht sie und zerstampft die Nüsse mit dem Boden einer Weinflasche. Ständig beschwert sie sich, dass unser Haushalt über kein gescheites Küchengerät verfügt. Aber mit fünf Kindern plus Karriere fand Mum so was nie besonders wichtig. »Sie sind herzhaft. Und protestiert wurde gegen die Kate-O’Brien-Ausstellung. Die sagen, der Steuerzahler sollte nicht für Kunst von Nicht-Heteros berappen müssen. Als bliebe dann noch viel Kunst über.«

Mit hohlen Händen schöpft Jo die zerstampften Nüsse in eine Tasse. »Wie war der Strafdienst?«

»Der war … okay.«

»Hast du dich bei Mr...

Erscheint lt. Verlag 12.5.2021
Reihe/Serie All our hidden gifts
All Our Hidden Gifts
All Our Hidden Gifts
Übersetzer Christel Kröning
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte Auf-einmal-Liebe • Dark Fantasy • Fanatismus • Fantasy Paranormal • Freundschaft • Geisterbeschwörer • Geschlechterrollen Gender • Gesellschaftskritik • LGBTQ+ • Mobbing • romantasy ab 14 • Sekte • Tarot-Karten • Übersinnliche Fähigkeiten • Urban Fantasy
ISBN-10 3-646-93247-3 / 3646932473
ISBN-13 978-3-646-93247-8 / 9783646932478
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