Seelentausch (eBook)

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2020 | 1. Auflage
303 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-2101-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Seelentausch - Martin S. Burkhardt
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Peter Heyde lebt mit seiner Freundin Maren auf dem Bauernhof seiner Eltern und führt ein ganz normales Leben. Doch auf einmal hat er nachts seltsame Visionen, die ihn mitten in den 2. Weltkrieg katapultieren. Immer häufiger findet er sich auf Schlachtfeldern wieder, liegt verdreckt in Schützengräben und wird schwer verwundet. Das alles erscheint Peter so realistisch, dass ihm nach dem Aufwachen die Kriegswunden schmerzen. Peter macht sich auf zu seiner Großmutter, mit der seine Familie schon seit vielen Jahren keinen Kontakt mehr hat. Als er ihr von den Visionen erzählt, stellt sich heraus, dass diese genauestens den Kriegserlebnissen seines verschwundenen Großvaters entsprechen. Aber warum hat Peter diese Visionen? Und was ist mit dem ehemaligen Freund seines Großvaters los, der sich mit jedem Tag seltsamer benimmt?

Gemeinsam mit seiner Freundin Maren stellt Peter Nachforschungen an und sie kommen einem alten Geheimnis auf die Spur, das ihnen das Blut in den Adern gefrieren lässt ...



Martin S. Burkhardt, Jahrgang 1970, machte zunächst eine kaufmännische Ausbildung und war dann in der Pressearbeit für verschiedene Theater und als freier Redakteur tätig. 2002 gründete er die Musicalzeitschrift »Blickpunkt Musical«, kurze Zeit später die »Akademie Modernes Schreiben«, deren Geschäftsführer er ist.
Seine große Leidenschaft liegt in dem Schreiben und Verfassen unheimlicher und gruseliger Geschichten.

1


Die gegnerische Mannschaft hatte vorher die Kornflasche kreisen lassen. Peter hatte gedacht, dass sich das negativ auf ihr Spiel auswirken würde, doch das Gegenteil war der Fall. Die zu einem Großteil aus grau melierten Herren bestehende Truppe des Nachbardorfes lief zu wahrer Höchstform auf. Zur Pause stand es bereits 3:1, und der Ehrentreffer für die Heimmannschaft, den Peter höchstselbst erzielt hatte, war eher aufgrund einer Unachtsamkeit des gegnerischen Torwarts geglückt, als auf eine gelungene Kombination des eigenen Teams zurückzuführen.

»Die sind vielleicht gut«, schnaufte sein Sturmkollege, als er zum wiederholten Mal einen Ball verloren geben musste.

»Sind ja auch alle in der freiwilligen Feuerwehr«, antwortete Peter und trabte gemächlich zurück.

»Was hat das damit zu tun?«

»Wann brennt es in deren Dorf schon mal? Das letzte Feuer brach kurz nach dem Krieg aus, wenn man den Erzählungen glauben schenken darf.«

»Und das heißt?«

»Das heißt, dass die Meute sich nicht nur während des Fußballtrainings fit hält, sondern auch bei den wöchentlichen Treffen der Feuerwehr.«

»Also Wettbewerbsverzerrung.«

»Könnte man so sehen.«

»Das müssen wir melden.«

Peter wollte etwas erwidern, als sich plötzlich eine frostige Kälte in seinem Körper ausbreitete. Seine Beine wurden schwach, und für einen unwirklichen Moment überkam ihn das Gefühl, in der Luft zu schweben.

Es wurde dunkel.

Und im nächsten Augenblick wieder hell.

Eisige Temperaturen ließen seinen Atem stocken. Die Äste der Tannen waren schneebedeckt, und als er einen Schritt nach vorn machte, versanken seine schweren Stiefel bis zu den Knöcheln im feinen Pulverschnee. Es musste gerade erst geschneit haben.

Völlig verwirrt drehte Peter sich um die eigene Achse. Wo war der Fußballplatz, wo befanden sich seine Kameraden? Merkwürdigerweise verblasste das Bild des grünen Rasenplatzes so schnell, als handelte es sich dabei nur um eine schöne Erinnerung.

Und, wer konnte es schon sagen, vielleicht war es ja auch genau das: eine schöne Erinnerung?

Der Stoff seines Mantels fühlte sich rau und einfach an. Keine besonders gute Qualität. Trotzdem schien das Material die Kälte gut abzuhalten. Auf seinem Kopf drückte es, und erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er einen Helm aufhatte.

Stirnrunzelnd senkte Peter den Blick und sah die Uniform unter dem geöffneten Mantel. Als etwas von seiner Schulter rutschte, hob er geistesgegenwärtig den linken Arm und betrachtete den Lederriemen, der an seinem Handgelenk baumelte. Daran hing ein Gewehr. Es war verhältnismäßig leicht und hatte einen langen, schmalen Lauf.

»Komm endlich essen. Sonst ist nix mehr da.«

Die Stimme hinter seinem Rücken ließ ihn herumfahren. Erst jetzt bemerkte Peter das knappe Dutzend von Männern, die auf der schattigen Lichtung saßen und die gleiche Kleidung trugen. Vor einer verkrüppelten Tanne stand ein großer Blechtopf, unter dem ein spärliches Feuer glomm. Eine farblose Brühe kochte in dem Topf. Weißer Dampf stieg auf. Einer der Männer kniete neben der Feuerstelle und tunkte eine Kelle in die Flüssigkeit. Vor ihm waren Schüsseln auf dem Boden aufgereiht. Der Mann begann, in jede Schüssel zwei Kellen zu füllen.

»Wenn du da länger rumstehst und nicht sofort dein Essbesteck rausholst, ist nichts mehr da«, ermahnte ihn die Stimme ein weiteres Mal.

Peter drehte den Kopf und sah in das grinsende Gesicht eines untersetzten Mannes mit Zwirbelbart, der am äußersten Rand der Gruppe hockte. Der Mann klopfte auf einen der Rucksäcke, die neben ihm standen.

»Ich weiß, das Zeug schmeckt nach eingeschlafenen Füßen, aber es wird die einzige warme Mahlzeit für heute sein«, sagte er.

Peter nickte und ließ sein Gewehr ganz vom Arm rutschen. An einem der Bäume lehnten mehrere Gewehre, deren Schulterstücke im Schnee versanken, während die Spitzen nach oben zeigten. Er stellte seine Waffe zu den anderen, griff nach dem Rucksack, auf den der Zwirbelbart geklopft hatte, öffnete die Riemen und schaute hinein. Als Erstes fiel sein Blick auf diverse weiße Unterhosen, die fein zusammengelegt und mit einem schwarzen Gürtel umschlungen gleich obenauf lagen. Er schob einen länglichen Kasten aus Metall zur Seite und entdeckte schließlich das Essbesteck. Es war eine merkwürdig ineinandergeschobene Kombination von Löffel, Messer und Gabel sowie einer Art Flaschenöffner. Peter griff danach und wollte den Löffel herausziehen. Aber so einfach ging das nicht. Das Besteck schien hoffnungslos ineinander verkeilt zu sein. Wieder grinste der Mann neben ihm.

»Klamme Finger, was?«, meinte er und nahm ihm die Konstruktion aus den Händen. »Ich hatte gestern sogar Schwierigkeiten, mein Gewehr zu spannen.«

Sein Daumen löste eine kleine Riegelung, die sich irgendwo an der Seite befand.

Jemand reichte ihm eine der dampfenden Schüsseln. Peter begann zu löffeln und merkte dabei, wie ausgezehrt sein Körper doch war. Die Suppe war völlig geschmacklos, aber es tat gut, eine warme Mahlzeit in den Magen zu bekommen. Einen seltsamen Augenblick lang wurde ihm bewusst, dass hier etwas nicht mir rechten Dingen zuging. Hatte er nicht noch kurz vor dem Fußballspiel gut gefrühstückt?

Welches Fußballspiel?

Während Peter aß und verstohlen die anderen Männer musterte, wanderte sein Blick durch die Baumwipfel nach oben. Das Wetter veränderte sich. Die grauen Wolken am Himmel wurden dunkler, die weiter entfernten Bäume verschwanden zunehmend im Dunst. Er schaute in die Gesichter um sich herum. Niemand sprach, alle schienen ihren eigenen Gedanken nachzuhängen. Ihre Mienen wirkten erschöpft. Nur der Soldat, der die Suppe ausgeteilt hatte, spielte mit der Kelle und versuchte schließlich, das Ding auf seiner Nase zu balancieren.

»Achtung, der Hauptmann«, warnte ihn einer der Männer kurze Zeit später. Es raschelte in den Bäumen. Dann erschien ein hagerer Schatten zwischen zwei Tannen.

»Alles gut, Männer?«, fragte eine ausgesprochen dunkle Stimme beim Näherkommen.

Der Kerl war riesig, mindestens zwei Meter groß. Trotz der Kälte trug der Hauptmann weder Mantel noch Helm, sondern nur seine blitzblanke Uniform, die aussah, als käme sie frisch gestärkt direkt aus der Wäscherei. Trotzdem stimmte etwas an seinem Aussehen nicht. Die Haare passten so gar nicht zum Rest der Erscheinung. Sie waren pechschwarz und hingen ihm glatt und kraftlos vom Kopf. An den Seiten fielen die Strähnen locker über die Ohren, im Nacken reichten sie weit über den Kragen und lagen auf den Schultern auf. Gab es irgendeine Armee auf der Welt, in der man die Frisur dermaßen lang tragen durfte?

Der Hauptmann blieb neben der Kochstelle stehen und musterte seine Männer sorgfältig, einen nach dem anderen.

»Knöpf die Uniform ordentlich zu«, befahl er dem Zwirbelbart. Hastig begann sein Nachbar, an seiner Uniform zu nesteln.

Als Nächstes wandte sich der Hauptmann ihm zu. Mit Unbehagen spürte Peter, wie die starren dunklen Augen des Hauptmannes ihn taxierten. Für einen Moment hatte er das eigentümliche Gefühl, als fiele ihm das Atmen schwerer. Nicht wegen der Kälte, nein, es kam ihm vor, als wäre die Luft plötzlich dünner geworden. Dann war ihm, als ob in den Augen des Kommandanten etwas aufflackerte, ein dunkelrotes Licht tief hinter den Pupillen.

Irritiert senkte Peter den Blick. Trotzdem entging ihm nicht, wie der Hauptmann seine Mundwinkel zu einem schmalen, hässlichen Lächeln verzog.

»Verstaut eure Sachen. Wir müssen weiter«, befahl er und drehte sich weg.

Der Zwirbelbart brummte verärgert.

»Die Pausen werden immer kürzer. Soll ich dein Besteck wieder zusammensetzen?«

Peter schüttelte stumm den Kopf, schmiss das Essbesteck achtlos in den Rücksack und stand auf. Jemand reichte ihm seine Waffe, er schulterte den Rucksack und stellte sich hinter den Zwirbelbart in eine Reihe. Der Hauptmann hielt eine Karte in der Hand und warf einen flüchtigen Blick auf den Kompass, der an einem Band um seinen Hals baumelte. Schließlich deuteten seine Finger vage nach vorn, und der Trupp setzte sich in Bewegung.

Sie kamen nur langsam voran, obwohl der Wald eindeutig lichter wurde. Aber die immer größeren Schneewehen auf den Freiflächen machten jeden Schritt zum Kraftakt. Teilweise versanken Peters Beine bis zu den Knien im feinen Pulverschnee. Hinter ihm fluchte ein Kamerad, als er das Gleichgewicht verlor und in die weiße Pracht plumpste. Ein zweiter Soldat war zur Stelle und half ihm auf. Die Männer redeten in einer fremden Sprache miteinander, die melodiös, aber auch schroff klang. Irgendwie nordisch.

Überrascht drehte Peter sich um und nahm seine Hintermänner genauer unter die Lupe. Tatsächlich sahen ihre Uniformen anders aus als seine, ihre Mäntel waren heller und hoben sich vom Einheitsgrau der übrigen Soldaten ab. Das war ihm vorhin gar nicht aufgefallen, als alle zusammen auf der Lichtung gesessen hatten.

Gerade als Peter die Männer fragen wollte, woher sie stammten, ertönte ein ohrenbetäubender Knall. Schnee wirbelte auf.

»Achtung, Russen!«, rief jemand.

Der nächste Donnerschlag dröhnte in seinen Ohren. Ohne nachzudenken, ließ Peter sich auf den Boden fallen. Eine weitere Detonation zerschmetterte eine Tanne, die schräg links vor ihnen im Wald stand. Der Baum kippte ächzend zur Seite. Holz brach, und unzählige Äste und Splitter flogen umher. Peter...

Erscheint lt. Verlag 10.12.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2. Weltkrieg • Horror • Irrsinn • Seelenwanderung • Tod • Übernatürliches
ISBN-10 3-8412-2101-7 / 3841221017
ISBN-13 978-3-8412-2101-8 / 9783841221018
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