G. F. Unger Sonder-Edition 204 (eBook)

Ein hinkender Wolf

(Autor)

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2020 | 1. Aufl. 2020
80 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-0661-2 (ISBN)

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G. F. Unger Sonder-Edition 204 - G. F. Unger
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Es ist zwei Stunden nach Mitternacht, als im Mesa-Saloon die Revolver krachen. Zumindest vier Colts sind zu hören.
Bis es still wird, vergeht kaum eine Minute. Aus dem Saloon kommt ein Mann. Er schwankt nur ein wenig. Vielleicht liegt es an seinem Gang, denn der große hagere Mann hinkt leicht mit dem linken Bein.
Langsam geht er über die Straße und schlurft durch den knöcheltiefen Staub der Fahrbahn. Als er sein Pferd erreicht, das an der Ecke des Hotels angebunden ist, sieht es zuerst so aus, als wollte er aufsitzen. Aber dann hält er sich nur eine Weile am Sattel fest und wartet, als müsste er ausruhen und Kraft sammeln.
Endlich nimmt er mit einer müden Bewegung Sattelrolle und Satteltaschen vom Tier, zieht das Gewehr aus dem Sattelholster und wendet sich dem Hoteleingang zu.


Ein hinkender Wolf

Es ist zwei Stunden nach Mitternacht, als im Mesa-Saloon die Revolver krachen. Zumindest vier Colts sind zu hören.

Bis es still wird, vergeht kaum eine Minute. Aus dem Saloon kommt ein Mann. Er schwankt nur ein wenig. Vielleicht liegt es an seinem Gang, denn der große hagere Mann hinkt leicht mit dem linken Bein.

Langsam geht er über die Straße und schlurft durch den knöcheltiefen Staub der Fahrbahn. Als er sein Pferd erreicht, das an der Ecke des Hotels angebunden ist, sieht es zuerst so aus, als wollte er aufsitzen. Aber dann hält er sich nur eine Weile am Sattel fest und wartet, als müsste er ausruhen und Kraft sammeln.

Endlich nimmt er mit einer müden Bewegung Sattelrolle und Satteltaschen vom Tier, zieht das Gewehr aus dem Sattelholster und wendet sich dem Hoteleingang zu.

Der Hotelmann hinter dem Anmeldepult sieht nicht viel von dem Gesicht des Mannes, denn es brennt nur noch eine einzige Lampe. Der Mann hat die Hutkrempe tief in die Stirn gezogen und hält den Kopf gesenkt.

»Ein ruhiges Zimmer«, sagt er. »Und ich möchte nicht gestört werden. Das Pferd draußen an der Ecke muss in den Mietstall. Also...«

In seiner Stimme ist ein Klang von leidenschaftsloser Härte. Aber diese Stimme ist es nicht allein, die den Hotelmann wortlos gehorchen lässt.

Vorhin waren die Sackerty-Brüder allein im Saloon. Sie hatten schon zwei Stunden vor Mitternacht alle anderen Gäste hinausgejagt, um sich zu betrinken und sich allein mit den Mädchen zu amüsieren.

Sie hatten erklärt, dass sie – die Sackerty-Brüder – jetzt eine Feier im engsten Kreis veranstalten würden, zu der nur der Wirt, die Mädchen und der Klavierspieler eingeladen wären. Und sie würden jedem Narren die Ohren abschießen, der blöde genug wäre, ihre Feier zu stören.

Die kleine Stadt Mesa Chip konnte nichts dagegen tun. Hier gab es keinen Sheriff oder sonst einen Mann, der es wagen konnte, mit den drei Sackerty-Brüdern einen Streit anzufangen.

Aber dann war nach Mitternacht dieser Fremde gekommen. Als er in den Saloon wollte, war der Posthalter schnell aus der dunklen Gasse getreten, in der er mit anderen Männern stand, um den Saloon zu beobachten.

Er hatte dem Fremden zugerufen: »Mister, gehen Sie nicht in den Saloon! Die Sackerty-Brüder spielen wieder mal verrückt und wollen keine anderen Gäste im Saloon sehen.«

Aber der Fremde war hineingegangen.

Der Hotelmann erinnerte sich an alles, auch an die Schüsse. Und er entdeckte in der Jacke des Fremden das Kugelloch. Gewiss blutete der Mann heftig.

Er wird mir das Bett besudeln, denkt der Hotelmann.

Aber dann wird ihm klar, dass dieser Mann die Sackerty-Brüder niedergekämpft haben muss.

Es kann nicht anders sein.

Er reicht ihm einen Zimmerschlüssel.

»Oben, am Ende des Ganges«, sagte er. »Es ist mein bestes Zimmer. Aber wenn Sie einen Doc brauchen, dann muss ich Ihnen sagen, dass der nächste Doc weiter als dreißig Meilen von hier...«

»Ich brauche keinen Doc«, sagt der Fremde, nimmt den Schlüssel und geht zur Treppe. »Ich brauche heißes Wasser und eine Flasche hochprozentigen Gin oder anderen Klaren. – Schnell, Mister!«

Wieder ist in seiner Stimme jener Ton, der keinen Widerspruch duldet.

Sporenklingelnd verschwindet der Mann die Treppe hinauf.

Der Hotelmann beeilt sich, die Wünsche seines Gastes zu erfüllen. Zuerst eilt er jedoch zur Tür und blickt über die Straße zum Saloon.

Dort drängen sich nun die Bürger von Mesa Chip hinein.

Eine Stimme ruft schrill: »Er hat sie erledigt! Er hat die Sakkerty-Brüder glatt erledigt! Heiliger Rauch, was ist das für ein Wolf!«

Der Hotelmann wendet sich ab, denn nun weiß er Bescheid.

Und er denkt: Das ist ein hinkender Wolf – ein erfahrener, eiskalter, hinkender Wolf, der längst seine Lektionen lernte. Ich täusche mich gewiss nicht. Ein Bursche, der mit den Sackerty-Brüdern zurechtkommen konnte, der muss schon eine ganz große Nummer sein. Der hat keinen kleinen Namen.

Chuck Starret steht mit freiem Oberkörper vor dem Spiegel. Er betrachtet seine Wunden. Es sind zwei. Der Hotelmann sah nur einen Einschuss in der rechten Schulter. Es gibt aber auch noch eine böse Wunde von der Seite quer über eine Rippe.

Chuck Starret hat ein dunkelbraunes, hageres, etwas hohlwangiges Gesicht mit harten, tiefen Linien. Sein dunkles Haar ist leicht gekräuselt, und seine etwas schrägen Augen haben die gelbbraune Farbe echter Wolfsaugen.

Er ist gewiss schon älter als dreißig Jahre.

Mit dem Handtuch tupft er sich immer wieder das Blut ab. Aber er stillt die Blutung nicht, sondern lässt das Blut laufen. Wahrscheinlich hofft er, dass sich die Wunden so säubern.

Erst nach einer kleinen Weile holt er einen kleinen Kasten aus der Satteltasche und öffnet ihn. Es ist ein sorgfältig zusammengestellter Verbandkasten. Auch eine lange, dünne Kugelzange fehlt nicht.

Er nimmt sie und betrachtet sie.

Als er seinen Blick im Spiegel prüfend auf das Kugelloch in seiner Schulter richtet, klopft es. Der Hotelmann kam mit heißem Wasser, einer Flasche klarem Schnaps und Verbandzeug.

»Stellen Sie nur alles ab und lassen Sie mich allein«, sagt Chuck Starret ruhig, während der Hotelmann eintritt. Er wendet sich auch nicht um, sondern beobachtet den Mann im Spiegel. Er trägt noch immer seinen Revolvergurt mit der schweren Waffe unter der linken Hüfte.

»Brauchen Sie keine Hilfe, Sir?«, fragt der Mann. »Hören Sie, Sie haben dieser Stadt einen großen Dienst erwiesen. Wir haben keinen Sheriff weit und breit und waren den Sackerty-Brüdern völlig ausgeliefert. Sie...«

»Ich weiß über die Sackerty-Brüder Bescheid«, unterbricht ihn Chuck Starret. »Es gab noch mehr solcher Nester, in denen diese drei Burschen wie Despoten herrschten, weil die Bürger zu feige waren, ihre Schrotflinten zu nehmen und zu schießen. – Gehen Sie!«

Zuletzt wurde seine Stimme noch härter. Seine Geduld ist zu Ende. Er will allein sein, um seine Wunden wie ein einsamer Wolf zu lecken. Der Hotelmann geht wortlos. Und er denkt dabei: Das ist ein Revolvermann, ein Killer oder Kopfgeldjäger. Er war hinter den Sackerty-Brüdern als Rächer her, oder weil man ihn dafür anwarb oder weil er die Kopfgeldprämien verdienen wollte. Ich wette, dass es so ist. Dass er kam, war kein Zufall.

Während er die Treppe hinuntergeht, trinkt Chuck Starret drei Schluck aus der Flasche. Er scheint seinem Spiegelbild zuzuprosten, aber es ist keine Zufriedenheit in seinem Blick, eher eine bittere Gleichgültigkeit. Er wirkt wie ein Mann, dem der Sieg wenig Freude macht und gewiss keine Genugtuung bereitet.

Er denkt: Das konnte Rosy nicht wieder lebendig machen. Wozu also war ich länger als ein Jahr hinter diesen Schuften her? Jetzt sind sie tot, und in mir ist dadurch nichts besser geworden. Ich kann mich nicht einmal darüber freuen, dass ich am Leben blieb.

Er wendet sich um und will zur Tür, um sie abzuschließen. Doch da öffnet sie sich.

Eine Frau tritt schnell ein, schließt die Tür leise und lehnt sich von innen dagegen.

»Hallo, Chuck Starret!«, sagt sie leise. »Kann ich dir helfen?«

Er steht ruhig da und achtet nicht auf seine blutenden Wunden. Dann nimmt er nochmals einen Schluck aus der Flasche und nickt.

»Die Welt ist klein, Corinna Glendale. Und das Schicksal lässt oft die verrücktesten Zufälle geschehen. Dass ich dir hier begegnen würde... Wo ist George? – Ja, du könntest mir helfen. Du hast damals in Westport auch die Kugel aus meinem Bein geholt wie ein guter Doc. Damals, als...«

Er verstummt und legt sich mit der Flasche in der Hand auf das Bett.

Als erliegt, gießt er sich zwei tüchtige Schüsse Schnaps in die Wunden.

Er erträgt dann knirschend den höllischen Schmerz und sagt dann gepresst: »Du musst die Kugelzange gut desinfizieren. Und du musst tief in meine Schulter hinein. Die Kugel sitzt noch drin. – Mach schon, Schwester!«

Sie nickt. Es wird wirklich ein schweres Stück Arbeit für sie. Erst beim fünften Versuch bekommt sie die Kugel so fest in die Zange, dass sie ihr nicht mehr wegrutscht.

Chuck Starret ist nun doch bewusstlos geworden. Was er aushielt, war mehr, als ein harter Mann ertragen kann.

Corinna Glendale ist fertig, bevor er aufwacht. Auf die breite Furche über der Rippe klebt sie ein Pflaster, das die Wundränder zusammenzieht und ein Nähen der Wunde erübrigt. Auch die Schulterwunde ist versorgt.

Als Chuck Starret erwacht, lässt sie ihn noch einen Schluck trinken.

»Warum warst du hinter den Sackerty-Brüdern her?«, fragt sie ruhig und fügt hinzu: »Ich erkannte dich schon im Lichtschein vor dem Saloon. Und als du herauskamst, war ich mir völlig sicher. Du und George, ihr seid euch ähnlich wie Brüder.«

»Ich weiß«, murmelt er. »In Westport hielt man uns auch für Brüder. Deshalb bekam ich ja damals die Kugel ins Bein.«

Er...

Erscheint lt. Verlag 8.12.2020
Reihe/Serie G. F. Unger Sonder-Edition
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
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ISBN-10 3-7517-0661-5 / 3751706615
ISBN-13 978-3-7517-0661-2 / 9783751706612
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