Tote Lügner lügen nicht: Österreich-Krimi -  Renate Taucher

Tote Lügner lügen nicht: Österreich-Krimi (eBook)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
250 Seiten
Federfrei Verlag
978-3-99074-121-4 (ISBN)
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Mike ist nach einer feuchtfröhlichen Feier plötzlich verschwunden. Seine Lebenspartnerin Ramona Goldstein bittet ihre Freundin Bezirksinspektorin Miriam Beck um Hilfe. Miriam soll herausfinden, was Mike, der zwar Alkoholiker, aber seit Jahren 'trocken' war, dazu gebracht hat, wieder Alkohol zu trinken. Sie muss feststellen, dass Mike nicht der liebevolle Traumpartner gewesen ist, den Ramona in ihm gesehen hat. Als sich herausstellt, dass Mike ermordet worden ist, gerät Miriams Freundin selbst in Verdacht, ihren Partner getötet zu haben. Miriam Beck stößt in ihrem zweiten Fall auf ein Geflecht aus Lügen und Gewalt. Gelingt es ihr, die Unschuld ihrer Freundin zu beweisen?

Kapitel 1


Montag, 17. September

 

Es war sieben Uhr morgens und Bezirksinspektorin Miriam Beck joggte im Akademiepark die Hauptallee entlang. Der zweihundertacht Hektar große Park der Theresianischen Militärakademie lag nicht weit von ihrer Wohnung entfernt, und sie liebte die Ruhe, die sie hier, mitten in der Stadt, umgab. Der Verkehrslärm der nahen Grazer Straße war bestenfalls als leises Summen wahrnehmbar.

Bis zum Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts war der Park für die Bevölkerung nicht frei zugänglich gewesen, weil er als Jagdgebiet für die Adligen genutzt worden war. Erst seit dem Ende der Monarchie diente er als Erholungsgebiet für alle Wiener Neustädter. Obwohl heute Miriams erster Urlaubstag war, hatte sie sich den Wecker gestellt, um noch vor dem Frühstück eine Runde zu laufen. Ihre etwas widerspenstigen roten Haare wurden durch ein grünes Band zusammengehalten, das denselben außergewöhnlichen Farbton hatte wie ihre Augen.

Etwas schwer atmend nahm sie sich vor, wieder regelmäßig Sport zu betreiben. Früher war sie beinahe täglich gelaufen, aber in den letzten beiden Jahren war irgendwie der Faden gerissen, und sie merkte, dass ihr das Training fehlte. Trotzdem genoss sie die kühle Luft des frühen Morgens. Über ihr zog am wolkenlosen, blassblauen Himmel ein Bussard seine Kreise, die alten Kastanienbäume links und rechts des Weges waren, sämtlichen Miniermotten zum Trotz, noch immer dicht belaubt, und in einiger Entfernung huschte ein Eichhörnchen über den Weg.

Als ihm Miriam mit den Augen folgte, bemerkte sie drei Rehe, die in einem Feld standen und neugierig zu ihr herübersahen. Dieses Naturidyll mitten in Wiener Neustadt wirkte in seiner Perfektion schon beinahe kitschig. Miriam lächelte vor sich hin, was wie immer ein kleines Grübchen auf ihrer linken Wange entstehen ließ.

Sie spürte, wie der Stress und die Anspannung der letzten Wochen langsam von ihr abfielen. Gestern und vorgestern hatte am Militärflugplatz der Stadt das Red Bull Air Race mit rund vierzigtausend Besuchern stattgefunden, was naturgemäß einen erhöhten Einsatz der Polizei erfordert hatte. Der älteste Naturflugplatz Europas, auf dem das internationale Spektakel veranstaltet wurde, war bereits im Jahre 1909 eröffnet worden, und nachdem schon zwei Jahre später die erste österreichische Flugwoche hier abgehalten worden war, war dieser Militärflugplatz immer wieder Austragungsort für Flugshows gewesen.

Obwohl die letzte Veranstaltung ohne größere Probleme zu Ende gegangen war, waren die vergangenen Wochen sehr arbeitsintensiv gewesen, und Miriam nahm sich vor, ihre wohlverdiente Freizeit nun in vollen Zügen zu genießen. Als Erstes könnte sie womöglich am Nachmittag nach Bad Fischau ins Thermalbad fahren, überlegte sie. Da es noch sommerlich warm und die Wettervorhersage für die kommende Woche erfreulich war, sprach nichts dagegen, noch ein paar Mal schwimmen zu gehen. Sie kam ohnehin viel zu selten dazu. Vielleicht konnte sie auch ihre Freundin Ramona überreden, sie zu begleiten.

Während ihre Beine automatisch weiterliefen, machte sie Pläne für die nächsten Tage. Sie wollte diesmal ihren Urlaub zu Hause verbringen und endlich die beiden Bücher lesen, die sie sich schon vor Wochen gekauft hatte. Außerdem hatte sie ihrer Mutter versprochen, mit ihr zusammen mit der Zahnradbahn auf den Schneeberg, den höchsten Berg Niederösterreichs, zu fahren.

Das Klingeln ihres Handys riss sie aus ihren Überlegungen. Allmählich verlangsamte sie ihre Schritte, bis sie schließlich stehen blieb, weil sie das Telefon nicht aus ihrer Tasche fischen konnte, während sie lief. Nach einem Blick auf das Display fragte sie sich verwundert, was Ramona dazu bewog, sie schon so zeitig am Morgen anzurufen.

Als sie sich meldete, hörte sie Ihre Freundin aufgeregt stammeln.

»Miriam? Entschuldige, aber ich weiß nicht, was ich tun soll! Habe ich dich aufgeweckt? Tut mir leid, aber ich bin so durcheinander!«

Während Miriam mit raschen Schritten weiterging, sagte sie: »Na, na, krieg dich wieder ein, Ramona! Ich bin schon lange wach und jogge gerade im Akademiepark. Was ist denn passiert? Du bist ja total aus dem Häuschen.«

»Vielleicht bin ich blöd und rede mir nur etwas ein«, antwortete Ramona, und ihre Stimme klang sehr besorgt, »aber Mike muss irgendwas passiert sein. Er ist schon zwei Nächte hindurch nicht nach Hause gekommen und ich bin verrückt vor Sorgen. Wir haben uns vorgestern fürchterlich gestritten und ich mache mir jetzt schreckliche Vorwürfe.«

»Ich glaube, dass du dir tatsächlich etwas einredest«, sagte Miriam beruhigend. »Mike ist immerhin kein kleines Kind mehr, und wenn ihr wirklich eine heftige Auseinandersetzung hattet, ist es doch verständlich, dass er nicht nach Hause gekommen ist. Er wird bei einem seiner Freunde sein!«

»Nein, die habe ich schon alle angerufen. Flo habe ich aus dem Bett geholt, er hat mich gefragt, ob ich verrückt bin, und Alex und Bernie waren, gelinde gesagt, auch sehr ungehalten, weil ich sie so früh am Morgen gestört habe.«

»Vielleicht ist aber Mike trotzdem bei einem von ihnen, und er hat nur gesagt, sie sollen ihn nicht verraten«, mutmaßte Miriam.

»Dann kann er aber was erleben! Er hat ja keine Ahnung, was ich durchmache. Ich fürchte, er hat sich was angetan!«

»Dein Mike? Auf keinen Fall! Das kann ich mir nicht vorstellen. Der nimmt das Leben doch eher zu leicht, egal was auf ihn zukommt.«

»Vielleicht ist das aber alles nur Show, und in Wirklichkeit ist er sensibler, als wir es uns vorstellen können.«

»Man kann natürlich in keinen Menschen hineinschauen«, gab Miriam zu. »Trotzdem bin ich mir sicher, dass du dir um Mike keine Sorgen machen musst, der taucht schon wieder auf. Wenn es dir hilft, komme ich anschließend bei dir vorbei, es wird allerdings ein bisschen dauern. Ich bin gerade beim Pionierteich und ich muss zuerst noch nach Hause, duschen und mein Auto holen.«

»Das macht nichts, ich bin froh, wenn du überhaupt kommst. Du wirkst immer so beruhigend auf mich, Mama ist da ganz anders. Als ich ihr erzählt habe, dass Mike nicht nach Hause gekommen ist, hat sie mir mindestens fünf Horrorszenarien aufgezählt, was mit ihm alles passiert sein könnte.«

Miriam musste gegen ihren Willen lachen. »Du kennst doch deine Mutter! Am besten, du erzählst ihr solche Sachen gar nicht mehr. Also bis später!«

In Gedanken versunken verstaute Miriam ihr Mobiltelefon wieder und starrte auf den vor ihr liegenden Teich, dessen Oberfläche in der Morgensonne funkelte. In der Mitte einer kleinen Insel stand eine knorrige, alte Weide, die ihre biegsamen Äste bis zum Wasser beugte, und die Anzahl ihrer schmalen hellgrünen Blätter schien sich im Wasserspiegel zu vervielfachen. Eine Gruppe Stockenten paddelte begierig näher, anscheinend wurden sie von Spaziergängern oft gefüttert. Miriam hob bedauernd ihre leeren Hände. Nach einem letzten Blick auf das stimmungsvolle Bild machte sie sich mit einem leisen Seufzer auf den Rückweg.

Obwohl sie es vor ihrer Freundin nicht zugegeben hatte, fühlte sie ebenfalls eine leichte Besorgnis in sich aufkeimen. Ramona hatte recht: Ganz einfach wegzubleiben, sah Mike – oder Michael Obradovic, wie er mit vollem Namen hieß – nicht ähnlich. Er war bisher immer sehr rücksichtsvoll gewesen. Allerdings wusste Miriam nicht, ob diese Haltung Liebe oder Berechnung war. Schließlich lebte er schon seit Jahren kostenlos bei Ramona und war somit irgendwie von ihrem guten Willen abhängig. Jedenfalls behandelte er Ramona stets liebevoll und zärtlich, kochte für sie, wenn sie von der Arbeit kam, und war sich nicht zu schade, im Haushalt Hand anzulegen. Mike war ein stets gut gelaunter, aber nicht besonders erfolgreicher Musiker, der zusammen mit drei Freunden bei diversen Hochzeiten, Sommerfesten oder Kindermaskenbällen leichte Unterhaltungsmusik spielte. Mit den Einkünften aus diesen Auftritten kam er so einigermaßen über die Runden. Jedoch hatte er immer wieder verrückte Einfälle, die Ramona oft an den Rand der Verzweiflung brachten.

Miriam kannte Ramona Goldstein schon seit der Schulzeit, sie waren zusammen in der Zehnergasse ins Gymnasium gegangen und seit der Zeit befreundet. Ramona war eine blonde Krankenschwester mit barocken Körperformen und seit einigen Jahren geschieden. Als ihr Mann sie damals ganz plötzlich wegen einer anderen Frau verlassen hatte, war sie in eine tiefe Depression gefallen, und Miriam hatte schon das Schlimmste befürchtet. Durch Mike hatte Ramona wieder Freude am Leben bekommen und sie verzieh ihm daher gerne alle seine kleinen und auch großen Fehler. Ramona, die sich wegen ihrer unreinen Haut und ihrer überzähligen Kilos einen kleinen Minderwertigkeitskomplex angezüchtet hatte, hatte sich anfangs immer wieder gefragt, was so ein gutaussehender Mann wie Mike ausgerechnet an ihr finden konnte. Groß, dunkelhaarig, athletisch gebaut und charmant, war er für viele Frauen bestimmt der Traummann schlechthin, und offensichtlich hatte er in Ramona die richtige Frau...

Erscheint lt. Verlag 6.11.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-99074-121-7 / 3990741217
ISBN-13 978-3-99074-121-4 / 9783990741214
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