John Sinclair 2210 (eBook)

Wir jagten den Totensauger

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Aufl. 2020
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-0571-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

John Sinclair 2210 - Rafael Marques
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Kein Mensch wusste von der Existenz der einsamen, mitten im Wald gelegenen Hütte. Sie lag versteckt an den Hängen eines abseits gelegenen Berges tief in den schottischen Highlands. Weder Straßen noch Wege oder Wanderpfade führten hier vorbei, und der nächste Ort lag über zwanzig Kilometer entfernt.
So ahnte niemand, dass der Bereich um den einfachen Holzbau eine tote Zone war. Die Tannen waren schon vor langer Zeit verdorrt, das Gras ebenso, und wenn ein Pflanzenkeim vom Wind in diese Gegend getrieben wurde, zerfiel er auf der Stelle zu Staub. Tiere, die die Highlands durchstreiften, hielten sich ganz automatisch von der Hütte fern, denn ihre Instinkte sagten ihnen, dass ihre Nähe nur den Tod brachte ...


Trotzdem war die Hütte nicht verlassen. Hin und wieder kam Leben in sie, wenn ihre einzige Bewohnerin den Weg zu ihr suchte. Sie war kein Mensch, sondern eine magische Gestalt. Eine besondere Frau, der man über die Jahrhunderte viele Namen gegeben hatte – Banshee, Hexe, Teufelin und noch zahlreiche andere.

Nur wenige kannten ihren wahren Namen. Ismelda war jemand, der seit für Menschen unglaublich langer Zeit in den Schatten der Geschichte existierte und versuchte, sie für ihre Zwecke zu manipulieren. Oder für die ihres Meisters, denn sie diente einem mächtigen Dämon, der in der Hierarchie der Hölle weit oben stand.

Nach längerer Zeit war sie wieder in die Hütte zurückgekehrt, um sich mit einer anderen, ebenfalls ganz besonderen Gestalt zu treffen. Sie hatte sie um Hilfe gebeten, und sie konnte diese auf keinen Fall ablehnen, selbst wenn sie das gewollt hätte. Deshalb zündete sie nach und nach die aufgestellten Kerzen an, deren Wachs ätherische, betörende Düfte verströmte. Sie verschleierten nicht nur die Sinne, sie sollten ihr auch dabei helfen, ihre speziellen Kräfte zu aktivieren.

Auf einem breiten Tisch lagen zehn Karten bereit. Es war ein magisches Kartenset, mit der sie ihrem alten Bekannten die Zukunft voraussagen sollte. Mit Hilfe der Kerzen würde ihr auch genau das gelingen, ebenso wie mit den seltsamen Zeichen, die die Wände der Hütte zierten. Es handelte sich um an Sammelsurium aus Symbolen, zusammengetragen aus Sprachen, die schon lange Zeit von der Menschheit vergessen worden waren. Zusätzlich loderten an allen vier Ecken des kleinen Gebäudes grüne Flammen, ein Erbe ihrer Heimat, dem Paradies der Druiden.

Aibon mit seinen unzähligen fantastischen, bizarren, teilweise urbösen und gefährlichen Wesen lag schon lange hinter ihr, aber die Magie dieses Landes trug sie immer bei sich. Und manchmal war sie ihr noch immer von Nutzen.

Eine Uhr besaß sie nicht, und doch spürte sie, dass das Treffen kurz bevorstand. Auch, weil sie mit ihren besonderen, geschärften Sinnen die Aura des Wesens wahrnahm, das sich langsam der Hütte näherte. Sie kannte es nur zu gut und wusste genau, woran sie bei ihm war.

Nicht weit von ihr entfernt nahm sie seltsame Geräusche wahr. Es waren Flügelschläge, die nicht von einem großen Tier stammten, sondern von demjenigen, den sie erwartete. Ismelda lächelte wissend, trat hinter den Tisch und strich mit ihren ausgestreckten Fingern über die Karten hinweg, die bei den leichten Berührungen zu flimmern begannen. Für kurze Zeit hoben sie sogar von der Platte ab, bis die Hexe sie wieder herunterdrückte. Obwohl sie als magische Gestalt keinen Sauerstoff mehr benötigte, atmete sie tief ein und aus und schloss die Augen, um sich noch einmal zu konzentrieren.

Leise Schritte erklangen, und im nächsten Moment wurde die Tür von mehreren harten Schlägen erschüttert. Das Wesen war also wirklich gekommen.

»Komm herein«, rief sie ihm zu.

Die Tür wurde aufgezogen. Im Ausschnitt erschien eine düstere Gestalt, ein Mann, der mit einem langen, dunklen Stoffmantel bekleidet war. Das Gesicht hatte eine besondere Schönheit, der man kaum widerstehen konnte, andererseits stieß es einen auch auf eine kaum erklärbare Weise ab. Und dann waren da noch die Augen, die keine Pupillen hatten. Stattdessen blickte Ismelda in eine konturenlose Schwärze, in der jedoch etwas aufblitzte, als sie den Blick des Mannes auf ihr lasten spürte.

Seine schwarzen, schulterlangen, wallenden Haare wehten leicht im Wind, bis der Mann die Tür mit einem kurzen Stoß zugleiten ließ. Er nickte ihr zu, griff in seinen Mantel und zog ein handtellergroßes Stoffsäckchen heraus. »Ein Geschenk«, drang es zwischen seinen nur leicht geöffneten Lippen hervor. »Ich dachte, du kannst es gebrauchen.«

Ismelda umrundete den Tisch, trat vor die Gestalt und streckte die Hand aus. Als sie den Stoff berührte, war ihr sofort klar, was sich darin befand. »Was ist es?«, fragte sie trotzdem.

»Ein Aibon-Kristall. Ich habe ihn einem Vampir abgenommen.«

»Einem Vampir?«

»Jean-Paul Vagnier. Der Sammler und Hexenmeister. Du erinnerst dich? Er hatte sehr ähnliche Kräfte wie du.«

»Ich weiß. Du hast ihn also getötet?«

»So wie viele andere zuvor. Vampire und Menschen, die mit einer bestimmten Person in Verbindung standen, von der du weißt, dass ich den Auftrag erhalten habe, sie zu töten. Die Schlinge zieht sich immer enger, aber ich komme einfach nicht direkt an sie heran. Deshalb bin ich hier. Ich will, dass du mir den Weg zu meinem Ziel zeigst.«

Ismelda nickte. »Ich weiß. Jeder sucht nach dem Punkt, zu dem ihn sein Schicksal führt.«

»Mein Schicksal ist noch nicht geschrieben, Ismelda.«

»Bist du dir da sicher?«

Die Hexe wandte dem Mann den Rücken zu, umrundete wieder den Tisch und baute sich hinter den zehn in einer Reihe liegenden Karten auf. »Dein Schicksal wartet bereits auf dich, Samartan. Ich habe mir die Karten noch nicht angesehen, das ist ohne dein Zutun auch gar nicht möglich, aber ich nehme ihre Signale wahr. Sie sagen mir, dass du vor einem entscheidenden Punkt in deiner Existenz stehst.«

»Meinst du, dass ich jetzt Angst haben sollte? Ich fürchte mich nicht vor der Zukunft, Ismelda. Wir beide existieren schon sehr lange und haben so viel er- und überlebt. Wir haben längst gelernt, dass wir unsterblich sind und das Schicksal lediglich an uns vorbeistreift, ohne uns zu berühren. Niemand kann uns stoppen, auch solche Menschen nicht, die sich in all den Jahren als Dämonenjäger bezeichnet haben. Und erst recht wird mich nicht unser gemeinsamer Freund besiegen können. Dazu ist er gar nicht stark genug.«

»Dann such dir deine Karten aus.«

Samartan trat vor und strich seinerseits über den Tisch hinweg. Wieder fuhren die Karten in die Höhe, sobald sie die Nähe des Mannes spürten. Kleine Blitze zuckten über ihre Oberflächen hinweg. Auf ihren Rücken zeichneten sich uralte Symbole ab, die jetzt leicht aufglühten und die vor ihr stehende Gestalt erfassten.

Nach einer Weile ließ Samartan seine Hand auf der dritten Karte von links ruhen. Er hob die Finger wieder an, und das aus festem Papier bestehende magische Artefakt schwebte mit ihnen in die Höhe.

Obwohl Ismelda nur die Rückseite sah, nahm sie wahr, was für eine Karte ihr Gast gezogen hatte. Es war die Sonne, die ihr Licht über eine halbnackte Frau mit dunkelblonden Haaren abstrahlte. Während die menschliche Gestalt unverändert blieb, dunkelte die Sonne ein, bis ihre Strahlen sich in blutrot geschuppte Schlangen verwandelten, die wild über die Karte hinweg züngelten.

»Eines deiner nächsten Opfer, Samartan«, erklärte Ismelda. »Und er, der über uns wacht.«

»Ich weiß. Das hilft mir nicht weiter.«

»Dann nimm die nächste Karte.«

Der Langhaarige verzog kurz die Lippen, bevor er, diesmal mit beiden Händen zugleich, über die Symbole hinwegstrich, bis er sich für die zweite Karte von rechts entschied. Oder vielmehr, bis sie sich für ihn entschied, denn das Schicksal hatte seine Wahl bereits vorherbestimmt.

Samartan zog seine Finger wieder zurück und sorgte so dafür, dass die Karte in die Höhe schwebte. Die Vorderseite zeigte Fortuna, die Schicksalsgöttin, mit ihrem randvollen Füllhorn. Wieder begann sich das Bild nach kurzer Zeit zu verändern. Die Umrisse Fortunas verzogen sich, wurden zu einem unförmigen Fleck und bildeten sich bald neu aus.

Aus der wunderschönen Frau wurde ein blonder Mann, der zudem kein Füllhorn, sondern ein silbernes Kreuz in der Hand hielt. Hinter den Umrissen des Mannes erschienen drei längliche Symbole, die zusammen die römische Zahl III bildeten. Dann veränderte sich das Bild noch ein zweites Mal. Auf der Karte erschien nun ein Abbild Samartans, der inmitten eines Meeres aus Flammen stand, die unaufhörlich auf ihn hereinprasselten, bis sein Körper Feuer fing, langsam verbrannte und zu Asche zerfiel.

Plötzlich verzerrte sich das Gesicht des Langhaarigen. Er fluchte und zischte etwas Unverständliches, bevor er nach der Karte griff und sie einfach zerriss. »Was soll das, Ismelda?«, fuhr er die Hexe an. »Was willst du mir damit sagen? Ich werde nicht sterben, niemals, und schon gar nicht durch die Hand dieses Mannes. Was habe ich mit ihm zu tun? Nichts! Er ahnt nicht einmal etwas davon, dass ich existiere. Wie sollte er mir dann auf die Spur kommen und mich vernichten? Das ist unmöglich.«

»Ich kann dir darauf keine Antwort geben. Es ist das Schicksal, und wenn dir die Karte sagt, dass es so geschehen wird, dann habe ich keine Zweifel daran, dass es auch so kommen wird.«

»Dann werde ich in drei Tagen sterben.«

Ismelda hob die Schultern. »Für Wesen wie uns gibt es immer einen Ausweg, das weißt du. Der Tod ist vielleicht nicht das Ende, sondern ein neuer Anfang. Aber nur, wenn du deine Konsequenzen aus dem ziehst, was die Karte dir gezeigt hat.«

»Und das heißt?«

»Sag du es mir.«

Samartan murmelte etwas vor sich hin und fuhr sich mit beiden Händen durch die langen Haare, bevor er sich wieder beruhigte und genauso stoisch vor ihr stand wie zuvor. »Gut, Ismelda. Du hast recht. Ich muss meine Konsequenzen ziehen, und das werde ich auch. Entschuldige, dass ich die Karte zerrissen habe. Ich hatte mir nur etwas völlig anderes erwartet – eben einen Hinweis auf denjenigen, den ich jage. Dass es jetzt um mein Leben geht, macht die Sache komplizierter, aber nicht aussichtslos. Ich muss jetzt gehen und entsprechende Vorbereitungen treffen. Wir sehen uns wieder, Ismelda. Das schwöre ich dir.«

»Da bin ich sicher,...

Erscheint lt. Verlag 17.11.2020
Reihe/Serie John Sinclair
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • Academy • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horrorthriller • Horror-Thriller • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony Ballard • Tony-Ballard • Top • Walking Dead
ISBN-10 3-7517-0571-6 / 3751705716
ISBN-13 978-3-7517-0571-4 / 9783751705714
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