Juister Perlen. Ostfrieslandkrimi -  Sina Jorritsma

Juister Perlen. Ostfrieslandkrimi (eBook)

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2020 | 1. Auflage
200 Seiten
Klarant (Verlag)
978-3-96586-268-5 (ISBN)
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Am Tag der Abreise kehrt der Juist-Urlauber Jasper Hartmann noch einmal in das Ferienhaus zurück, da seine Frau ihre wertvollen Perlenketten vergessen hat. Wenig später wird er bewusstlos aufgefunden und seine Frau Doris liegt erstochen am Juister Hammersee. Die Inselkommissare Antje Fedder und Roland Witte stehen vor einem rätselhaften Fall. Gibt es zwischen den beiden Ereignissen überhaupt einen Zusammenhang? Und wo stecken die Perlenketten, die als außergewöhnliche Erbstücke einen Wert von mehr als 20.000 Euro besitzen? Der dubiose Ferienhaus-Vermieter Freerk Agena gerät unter Verdacht. Aber auch könnte ein beruflicher Konkurrenzkampf auf der idyllischen Nordseeinsel eskaliert sein: Doris Hartmann war Immobilienmaklerin, und rein zufällig befindet sich ihre härteste Konkurrentin gerade ebenfalls auf Juist...

Kapitel 1


 

Die Juister Inselpolizisten Antje Fedder und Roland Witte hatten soeben ihre tägliche Routinefahrt begonnen, als eine Frau wild winkend und die Klingel betätigend auf sie zu geradelt kam. Antje brachte ihr eigenes Zweirad vor dem Schiffchenteich am Kurplatz zum Stehen. Sie runzelte die Stirn.

»Das ist ja Wiebke. Es muss etwas Außergewöhnliches geschehen sein. So aufgeregt habe ich sie noch nie erlebt.«

Bevor Roland etwas erwidern konnte, erreichte die Frau die beiden Beamten.

»Ihr müsst sofort mitkommen!«, rief sie. »Ich habe einen Toten gefunden!«

»Wo denn?«, wollte Antje wissen.

»In der Störtebekerstraße – in einem der Häuser, die ich putze. Los, folgt mir!«

Mit diesen Worten wendete die Melderin ihr Rad und sauste in die Richtung, aus der sie gekommen war. Antje kannte Wiebke Michels’ genaues Alter nicht, doch sie war gewiss schon über fünfzig. Die drahtige kleine Frau mit der grauen Duttfrisur und dem blauen Perlonkittel legte ein beachtliches Tempo vor. Die schwere körperliche Arbeit schien sie fit zu halten.

Die Störtebekerstraße befand sich im Juister Ortsteil Loog. Sie wurde geprägt durch viele kleine Friesenhäuser aus roten Backsteinen, von denen etliche als Feriendomizile vermietet wurden. Vom Kurplatz aus benötigte man dorthin mit dem Fahrrad nur fünf oder sechs Minuten. Auch die Polizei war auf der kleinen Ostfriesischen Insel mit dem Rad unterwegs, denn außer den PKWs der Ärzte und einer Ambulanz gab es keine Autos auf dem »Töwerland«.

Das Ferienhaus, vor dem Wiebke nun anhielt, verfügte über einen Vorgarten mit Heckenrosen, der nicht viel größer als ein Badehandtuch war. Neben der offen stehenden Eingangstür parkte ein Radanhänger mit Reinigungs­utensilien. Die Inselpolizistin deutete auf das Gefährt.

»Das sind deine Sachen, nicht wahr?«

Die Putzfrau nickte. Sie wirkte verkrampft, was Antje gut nachvollziehen konnte. Der Anblick einer Leiche bringt die meisten Menschen aus der Fassung. Sogar dann, wenn der Tote nicht grässlich entstellt ist. Noch wussten die Inselpolizisten nicht, welcher Anblick sie im Hausinneren erwarten würde.

Roland wandte sich an Wiebke. »Wo genau liegt der Körper?«, wollte der dunkelhaarige Kommissar wissen.

»Im Wohnzimmer, das geht links vom Flur ab«, lautete die Antwort. Wiebkes Stimme war belegt. Die Reinigungskraft konnte keinem der beiden Polizisten in die Augen sehen. Sie starrte zu Boden und schien sich ganz und gar nicht wohl in ihrer Haut zu fühlen. Antje konnte sich nicht erinnern, Wiebke jemals so blass gesehen zu haben. Die ältere Frau hielt sich viel an der frischen Luft auf, und entsprechend gesund war normalerweise ihre Gesichtsfarbe.

Doch an diesem Septembermorgen schien alles anders als üblich zu sein. Antje deutete auf die Tür.

»Hast du das Haus offen gelassen?«

»Ich weiß nicht … ich glaube schon. Als ich den Toten sah, bin ich sofort wieder nach draußen gestürmt, habe den Anhänger abgekoppelt und mich auf das Rad geschwungen. Ich hatte Angst, dass der Mörder noch da sein könnte.«

Die Inselpolizistin nickte und legte die Hand auf den Griff ihrer Dienstwaffe. »Alles klar, Wiebke. Du bleibst hier draußen, wir gehen rein.«

Die Putzfrau nickte. Sie schien nicht darauf erpicht zu sein, das Haus noch einmal zu betreten. Antje stieß mit ihrer Schuhspitze die angelehnte Tür ganz auf.

»Hier ist die Polizei!«, rief sie laut. Sie blieb lauschend im Flur stehen. Der Kokosläufer unter ihren Sohlen knisterte ein wenig, ansonsten waren keine Geräusche zu hören – abgesehen natürlich vom Kreischen der Möwen und dem Hufgetrappel eines Pferdefuhrwerks auf der nahe gelegenen Billstraße. Doch solche Töne gehörten so selbstverständlich zu Juist, dass sie kaum noch darauf achtete. Die Inselpolizistin bewegte sich langsam vorwärts, wobei sie ihre Blicke schweifen ließ.

Der Korridor war hell tapeziert und mit einigen gerahmten Fotografien geschmückt, auf denen Seehunde und Leuchttürme zu erkennen waren. Es roch nach Wein, womöglich hatten die Mieter ihren Abschied von der Insel feuchtfröhlich gefeiert und dabei Getränke verschüttet. Antje schnappte gelegentlich auf, dass Ferienhäuser in einem sehr unordentlichen Zustand hinterlassen wurden.

Die Tür zum Wohnraum war offen. Die Inselpolizistin stellte sich auf einen Schock ein, als sie eintrat. Es gab eine moderne Couchgarnitur, einen Flachbild-Fernseher, Schränke sowie einen abgetrennten Esszimmer-Bereich. Was fehlte, war eine Leiche.

»Und wo soll der Tote jetzt sein?«

Diese Frage hatte Roland gestellt, der direkt hinter ihr ins Haus gekommen war. Auch er hielt den Griff seiner Dienstwaffe umklammert. Doch nun ließ er ihn los, wischte sich die Finger an der Uniformhose ab und stieß langsam die Luft aus den Lungen.

»Laut Wiebke müsste das Opfer sich hier befinden. Das hast du doch auch gehört. Immerhin ist das Blut nicht zu übersehen.« Mit diesen Worten zeigte Antje auf einen großen dunklen Fleck, der einen bunten Webteppich verunzierte.

Roland, der beruflich ihr Kollege und privat ihr Freund war, trat näher und kniete sich neben den Teppich. Dann beugte er sich weit vor, schnüffelte und schüttelte den Kopf. »Nein, hier handelt es sich um Rotwein. Auf meinen Riecher kann ich mich verlassen.«

Die Kommissarin musste Roland innerlich recht geben. Auch sie hatte den unverkennbaren Weingeruch schon vom Flur aus wahrgenommen. Trotzdem schaute sie sich in dem Raum genauer um. Die Fenster waren verschlossen, die Jalousien teilweise heruntergelassen. All das fand sie bei einem leer stehenden Ferienhaus nicht ungewöhnlich.

»Ich werde mir mal den Rest der Bude vornehmen«, kündigte Roland an und verschwand Richtung Küche. Antje lag die Bemerkung auf der Zunge, dass er auf sie warten sollte. Bei einer unklaren Lage fand sie es riskant, dass er ohne Rückendeckung die übrigen Räume inspizierte. Doch sie bremste sich rechtzeitig. Objektiv gesehen gab es keinen Hinweis auf ein Verbrechen, abgesehen von Wiebkes Meldung. Bei der Flüssigkeit handelte es sich eindeutig um Rotwein, von der fehlenden Leiche ganz zu schweigen.

Ob Wiebke womöglich selbst zu tief ins Glas geschaut hatte? Kaum war der Inselpolizistin dieser Gedanke gekommen, als sie ihn schon wieder verwarf. Sie hatte während ihrer Berufstätigkeit genügend Betrunkene kennengelernt. Antje traute sich zu, auch ohne einen Alkoholtest den Rauschzustand einer Person einschätzen zu können. Und die Reinigungskraft war ihrer Meinung nach stocknüchtern.

Doch ihre Aufregung war echt gewesen. Warum hatte Wiebke die Polizei alarmiert?

Während Antje über diese Frage nachdachte, hielt sie im Wohnraum nach verdächtigen Hinweisen Ausschau. Doch sie konnte nichts entdecken. Wenig später kehrte Roland zu ihr zurück.

»Fehlanzeige, Antje. Das Haus ist leer, die Betten abgezogen, in den Schränken habe ich außer Mottenkugeln nichts finden können. Ich habe überall nachgeschaut, auch im Hauswirtschaftsraum.«

»Dann müssen wir wohl noch einmal mit der Guten reden«, gab die Inselpolizistin seufzend zurück. Die beiden gingen hinaus. Wiebke hatte die Hände gefaltet, als ob sie beten wollte. Ihre Augen waren weit aufgerissen, die Unterlippe bebte.

»Wir konnten keinen Toten finden, auch keinen lebenden Menschen.«

Diese Information aus Antjes Mund schien sie zu treffen wie ein Hammerschlag. Wiebke taumelte ein wenig, fing sich aber wieder.

»Ich bin doch keine Aufschneiderin! Der Mann lag auf dem Boden, er war bleich wie eine Leiche. Und er hat sich nicht mehr bewegt«, beteuerte sie.

»Womöglich haben Sie sich einfach nur erschrocken, weil Sie den großen Rotweinfleck gesehen haben«, schlug Roland vor. »Auf den ersten Blick könnte man denken, dass Blut geflossen ist.«

Im Gegensatz zu seiner Kollegin siezte der Kommissar die Melderin. Das tat Roland nicht, weil er übertrieben distanziert gewesen wäre. Er arbeitete noch nicht so lange auf Juist, während Antje als echtes Inselkind mit den meisten Bewohnern des »Töwerlands« seit vielen Jahren bekannt war. Daher geschah es ganz automatisch, dass die Inselpolizistin die Menschen duzte und er lieber bei der formelleren Anrede blieb. Bei Wiebke kam seine Bemerkung jedenfalls gar nicht gut an. Sie stemmte resolut die Fäuste in die Hüften und sagte: »Junger Mann, ich bin nicht senil! Und ich putze schon seit einer halben Ewigkeit, ich kann sehr wohl Blut von Rotwein unterscheiden. Außerdem gehöre ich nicht zu den Dummköpfen, die der Polizei Streiche spielen.«

»Das hat auch niemand behauptet«, stellte Antje beschwich­tigend klar. Sie fuhr fort: »Tatsache ist aber, dass wir keine Hinweise auf eine strafbare Handlung feststellen konnten. Ich habe mir eben die Eingangstür etwas genauer angeschaut. Nichts deutet auf einen Einbruch hin.«

»Auch die Fenster waren ausnahmslos unbeschädigt«, ergänzte ihr...

Erscheint lt. Verlag 9.11.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
ISBN-10 3-96586-268-5 / 3965862685
ISBN-13 978-3-96586-268-5 / 9783965862685
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