Die Rebellin von Mykonos (eBook)

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2021 | 1. Auflage
400 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-2708-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Rebellin von Mykonos - Martina Kempff
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1821: Die griechische Bevölkerung rebelliert gegen die Herrschaft der Osmanen und vierhundert Jahre Fremdbestimmung neigen sich dem Ende zu. Mitten in die Wirren des beginnenden Freiheitskampfs wird Mando Mavrojenous hineingezogen, eine junge Aristokratin, die zunächst nur gegen die Zwänge in ihrem Elternhaus aufbegehrt. Und bald schon beweist sie sich als mutige Kämpferin in den vordersten Reihen der Rebellen auf ihrer Heimatinsel Mykonos. Sie opfert ihren Brautschatz für die griechische Flotte und findet Anerkennung in einem von Männern geprägten Umfeld. In tiefster Seele treibt sie jedoch etwas anderes an: Der leidenschaftliche Hass auf den unbekannten Mörder ihres Vaters und die verbotene Liebe zu ihrem Cousin Marcus. Mando ist hin- und hergerissen zwischen Berufung und ihren Gefühlen und läuft immer mehr Gefahr, alles zu verlieren ...



Martina Kempff ist Autorin, Übersetzerin und freie Journalistin. Sie war unter anderem als Redakteurin bei der Berliner Morgenpost und als Reporterin bei Welt und Bunte tätig, bevor sie beschloss sich künftig dem Schreiben von Büchern zu widmen. Ihre historischen Romane zeichnen sich durch hervorragende Recherche und außergewöhnliche Heldinnen aus. Martina Kempff lebt im Bergischen Land.

TINOS


Schon als Kind hatte Mando auf den Reisen mit ihrem Vater immer wieder darüber gestaunt, wie unterschiedlich die so nah beieinander liegenden Kykladeninseln waren. Natürlich hatte sie gelernt, dass die Eilande eigentlich Gipfel versunkener Gebirgszüge waren, und wenn man dies wusste, konnte man unschwer erkennen, wie zum Beispiel Andros, Tinos und Mykonos zur selben Gipfelkette gehörten. Die Kargheit der Landschaft ließ sich dann damit erklären, dass die Inseln oberhalb der Baumgrenze lagen. Mando mochte diese Auslegung nicht.

»Reicht es denn nicht, dass unsere alte Kultur versunken ist? Müssen wir jetzt auch noch ganze Landstriche untergehen lassen?«, fragte sie Pappas Mavros ungehalten, als er sie auf der Überfahrt nach Tinos auf die Silhouetten der Inseln aufmerksam machte.

»Außerdem glaube ich nicht an die Gebirgstheorie«, fuhr sie fort. »Schauen Sie sich doch Naxos an, da gibt es Wälder, Wasser und liebliche Landschaften. Und Paros ist auch relativ fruchtbar, jedenfalls verglichen mit Andros, Tinos oder gar Mykonos.«

»Warum gibt es dann deiner Meinung nach auf diesen Inseln so wenige Bäume?«

»Weil das Holz in der Antike für den Schiffsbau verwendet wurde.«

»Da dürfte inzwischen etwas nachgewachsen sein.«

»Was die Ziegen sofort verzehren. Und Mykonos ist dem Nordwind schutzlos ausgesetzt, da kann ja nicht viel gedeihen.«

»Außer einem ganz besonderen Menschenschlag«, mischte sich Zakarati ein, die beschlossen hatte, die Überfahrt an Deck zu verbringen. Das Meer war zwar immer noch glatt, aber eine leichte Brise ließ das Kaïki flott vorankommen. Pappas Mavros nickte.

»Die Mykoniaten waren schon in der Antike berüchtigt für Geiz und Habgier. Das hatte sicher etwas mit der steinigen Landschaft und dem ewigen Wind zu tun, wo Ackerbau mühsam und Fischfang meist gefährlich war. Da bot sich das Piratenleben als Ausweg an.« Er wandte sich an Zakarati. »Wie sind denn deiner Meinung nach die Kykladen entstanden?«

»Das weiß doch jeder. Als Gott die Welt schuf, hatte er noch ein paar Steine übrig, und die warf er einfach hier ins Meer«, meinte sie.

Mando lachte, aber Pappas Mavros nickte ernst: »Das passt zu einer anderen Sage aus dem klassischen Altertum. Danach sind die Kykladen Felsbrocken, mit denen sich die Kyklopen bei ihren Auseinandersetzungen beworfen haben.«

Er wies auf ein näher kommendes Kaïki, das tief im Wasser lag. »Seht ihr, was ich sehe?«

Mando kniff die Augen zusammen.

»Eine schwere Fracht«, meinte sie.

»Barbaren!« Pappas Mavros schlug mit der flachen Hand gegen das Steuerhaus. Zakarati sah ihn entsetzt an, aber er beschwichtigte sie schnell: »Keine Angst, von uns wollen sie nichts, aber ich weiß, wo sie herkommen und was sie geladen haben.« Er nickte hinüber zu der kleinen Insel rechts von ihnen. »Es ist ein Skandal, dass Delos ausgeplündert wird! Marmorquader und Säulen, die vor Jahrtausenden von Steinmetzen behauen wurden, werden einfach abgetragen und zum Bau von Häusern verwendet …«

»… und von Kirchen«, unterbrach ihn Mando spitz. »Haben die Byzantiner denn nicht die meisten ihrer Kirchen über vorchristlichen Tempeln errichtet? Und sich dafür der bereits vorhandenen Säulen und des Marmors bedient?«

»Das ist etwas anderes«, erwiderte Pappas Mavros. »Damit wurde demonstriert, dass die neue Religion die alte besiegt hat. Außerdem wurde nichts von anderen Orten weggeschleppt. Daran krankt unser Land vor allem: Es gibt keinen Respekt vor der Kunst vergangener Zeiten.«

Dazu fiel Mando etwas ein. Sie wandte sich an ihre Mutter. »Welcher von Vaters Geschäftsfreunden sitzt im Gefängnis, nachdem er sich mit einem Räuberhauptmann verbündet hat?«

»Was sagst du da?«

»Deine Mutter kann dir nicht weiterhelfen«, mischte sich der Pope ein. »Dieses Rätsel musst du schon selbst lösen.«

 

In den kommenden Monaten dachte Mando kaum noch an den Inhalt des grünen Kastens. Sie war viel zu sehr damit beschäftigt, ihr neues Zuhause zu erkunden und sich an Pappas Mavros’ Lehrmethoden zu gewöhnen. Auf Paros war sie von Privatlehrern unterrichtet worden. Manche hatten eine Zeit lang bei ihnen im Haus gelebt, wie der Tanz- und der Fechtmeister oder die alte Dame, die ihr Klavier- und Gesangsstunde gegeben hatte. Der Türkischlehrer war aus Parikia, ebenso wie der Priester, der ihr bis zu ihrem fünfzehnten Lebensjahr Mathematik- und Astronomieunterricht erteilt hatte. Pappas Mavros war außer sich, als er erfuhr, dass sie in den vergangenen sechs Jahren weder in diesen beiden Fächern noch in Geografie und Geschichte unterrichtet worden war.

»Warum soll das Mädchen eine Gelehrte werden?«, fragte Zakarati, als er sich bei ihr beschwerte. »Welcher Mann will schon eine übermäßig gebildete Frau? Mando hat alles gelernt, was ihr in der Ehe von Nutzen sein kann, und es wird höchste Zeit, dass sie heiratet.«

»Einen Griechen?«, fragte der Pope.

»Natürlich«, erwiderte Zakarati arglos.

»Dem könnte sie nie einen Brief schicken, wenn er auf Reisen geht. Ist dir eigentlich klar, dass deine Tochter die griechische Schrift nicht ausreichend beherrscht? Und sich äußerst beklagenswert in unserer Muttersprache ausdrückt? Wie sollte es auch anders sein – hat sie die Sprache doch nur von Vassiliki und den Bauern und Fischern von Paros gehört!«

Zakarati richtete sich auf und warf ihrem Cousin einen eiskalten Blick zu.

»Selbstverständlich wird meine Tochter einen gebildeten Mann heiraten – mit dem sie sich auf Italienisch oder Französisch verständigt. Und wenn es vornehmes Griechisch sein muss, kann sie in der Sprache Homers parlieren. So gehört sich das in unseren Kreisen, mein lieber Niko.«

Sie war allerdings sehr überrascht, als Jakinthos Blakaris bei seinem ersten Besuch im Hause von Irini und Antonis darauf bestand, Griechisch zu sprechen. Zakarati konnte nicht wissen, dass Pappas Mavros dahinter steckte. Er hatte den jungen Mann aus Hydra in Mykonos aufgesucht und sich ausführlich mit ihm unterhalten. Weniger, um mögliche Heiratsabsichten auszuloten, sondern vielmehr, um den nicht gerade mittellosen Reedersohn für die Revolution zu gewinnen.

Vorsichtig hatte der Pope dem jungen Mann auseinandergesetzt, was es mit der so genannten »Hetärie der Freunde« auf sich hatte. Er verwies auf die erfolgreichen Revolutionen in Amerika und Frankreich und deutete an, dass die Zeit für einen Umsturz in Griechenland reif sei.

»Der Geheimbund ist nach der nominellen Unabhängigkeit der Ionischen Inseln vor vier Jahren in Odessa gegründet worden«, führte er aus, »und er zählt inzwischen mehr als zweihunderttausend Mitglieder.«

Jakinthos wollte wissen, wer darin Führungspositionen innehatte und staunte über die Koalition so vieler unterschiedlicher Interessen. Reeder, Handelsherren, Phanarioten, Intellektuelle, Liberale, Erzkonservative, radikale Republikaner, Feudalherren und sogar die Räuberbanden aus den Bergen, die Klephten, zogen an einem Strang. Sie alle waren beseelt von dem Gedanken, das türkische Joch abzuwerfen.

»Aber wie soll dann der künftige Staat aussehen?«, erkundigte sich Jakinthos. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Leute wie Kolokotronis, Kapodistrias, Mavrokordatos, die Brüder Ypsilanti und Jannis Kolettis auf eine gemeinsame Politik einigen könnten.«

Pappas Mavros verschwieg, dass auch er dies für den wunden Punkt der Hetärie hielt.

»Wir haben ein gemeinsames Ziel. Über die Einzelheiten kann dann später diskutiert werden. Im Augenblick ist es erst einmal wichtig, die Finanzierung zu regeln. Für uns auf den Inseln geht es zunächst um Schiffe. Wir müssen eine schlagkräftige Flotte aufstellen.«

Jakinthos fragte nach Hilfe aus dem Ausland.

»Darauf bauen wir. Die Russen haben wir sowieso auf unserer Seite, auch wenn wir genau wissen, dass es ihnen mehr darum geht, den Bosporus und das Mittelmeer zu erobern. Aber sie sind ernsthaft daran interessiert, Konstantinopel und die Hagia Sophia den orthodoxen Christen zurückzugeben. Allerdings gibt es da noch eine Unwägbarkeit: Metternichs Einfluss auf den Zaren. Mit Österreichs Hilfe können wir zurzeit nämlich weniger rechnen, da Metternich uns nicht freundlich gesinnt ist. Aber die Franzosen, die trotz Waterloo immer noch die besten Soldaten unserer Zeit stellen, haben sich positiv über unsere Absichten geäußert. Auch in England scheint man sich Gedanken darüber zu machen, wie man den Türken das Handwerk legen könnte. Die Welt ist die osmanische Herrschaft satt.«

Jakinthos stand auf, wühlte in seinem Schreibtisch herum und zog schließlich einen Bogen Papier hervor. »Das hat mir gestern ein Freund geschickt«, sagte er. »Es ist der Teil eines Gedichts von dem Engländer Byron.«

Pappas Mavros hob die Schultern. »Englisch verstehe ich nicht«, sagte er.

»Ich habe es übersetzt«, erwiderte Jakinthos und las vor:

»So tönt es von den...

Erscheint lt. Verlag 19.1.2021
Reihe/Serie Starke Frauen, dunkle Zeiten
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte Aristokratie • Frauenschicksal • historisch • Historischer Roman • Iny Lorenz • Ken Follett • Liebe • Mykonos • Osmanen • Ralf Dorweiler • Rebellen • Sabine Weiß • Schlacht
ISBN-10 3-8412-2708-2 / 3841227082
ISBN-13 978-3-8412-2708-9 / 9783841227089
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