Das Verhängnis der Fürstin (eBook)

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2020 | 1. Auflage
400 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-2529-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Verhängnis der Fürstin - Martina Kempff
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Europa zu Beginn des 15. Jahrhunderts: während zwischen Frankreich und England der Hundertjährige Krieg tobt, werfen die Auseinandersetzungen auch ihre Schatten auf die Niederen Lande. Jakoba von Bayern, Erbtochter Wilhelms II. von Bayern und letzte Vertreterin des niederländischen Zweigs der Wittelsbacher, muss nach dem frühen Tod ihres Vaters schnell erwachsen werden und ihr Erbe als jüngste Fürstin ihrer Zeit antreten. Schon als junges Mädchen wird sie verheiratet, um ihre Position zu festigen und die Macht über Holland zu erhalten. Doch es herrschen schwierige Zeiten, ihr Land liegt in jahrelangem Krieg, die Bevölkerung ist ausgezehrt und Jakoba scheint gegen ihre einflussreichen Verwandten einen aussichtslosen Kampf zu führen. Verzweifelt wehrt sie sich gegen Verrat und Intrigen und sucht ihr Heil in Ehen, Magie und Kriegen -, aber die Rettung kommt von ganz anderer Seite ...

Dieser historische Roman erschien vormals unter dem Titel 'Die Schattenjägerin'.



Martina Kempff ist Autorin, Übersetzerin und freie Journalistin. Sie war unter anderem als Redakteurin bei der Berliner Morgenpost und als Reporterin bei Welt und Bunte tätig, bevor sie beschloss sich künftig dem Schreiben von Büchern zu widmen. Ihre historischen Romane zeichnen sich durch hervorragende Recherche und außergewöhnliche Heldinnen aus. Martina Kempff lebt im Bergischen Land.

2. KAPITEL
 
 
Intrigen


1415–1418


Jeans Bruder Ludwig, der Kronprinz von Frankreich, war tot. Zögernd deuteten die Abgesandten darauf hin, dass er augenscheinlich vergiftet worden sei.

»Burgund?«, fragte Herzog Wilhelm leise. Er wusste, wie lang die Hand seines Schwagers war, und er kannte dessen Ambitionen. Der Tod seines Schwiegersohnes hatte Johann ohne Furcht dem französischen Thron wieder ein Stück näher gebracht. Die Franzosen schüttelten die Köpfe. Es gab keinerlei Hinweise auf den Herzog von Burgund.

»Dann steckt er auch nicht dahinter«, sagte Wilhelm. »Er bekennt sich zu seinen Taten, wie man weiß. Und Gift ist nicht sein Stil.«

»Warum sollte mein Bruder auch den Mann seiner ältesten Tochter umbringen lassen?«, erkundigte sich Marguerite scharf. Sie schlug die Hände über dem Kopf zusammen. »Mein Gott, was wir jetzt alles regeln müssen! Als Kronprinzessin in Paris braucht Jakoba eine neue Garderobe, mehr Edelsteine auf ihren Kleidern, längere Schleppen, neue Schleier aus Goldgaze, Hermelinbesatz …«

Wilhelm wandte sich um und musterte seine Frau fassungslos. »Paris, Marguerite? Bist du verrückt geworden? Die Stadt ist ein Hexenkessel! Dann könnten wir die Kinder ja gleich den Löwen vorwerfen!«

Kronprinzessin. Jetzt erst drang zu Jakoba durch, was die Nachricht für sie bedeutete. Sie würde die künftige Königin von Frankreich sein! Jean saß immer noch wie erstarrt auf seinem Stuhl. Erst als sich auch Jan von Vliet vor seine Füße warf, regte er sich. Er half seinem Freund auf.

»Steh auf, Jan, zwischen uns hat sich nichts geändert. Ich bin noch derselbe wie vor zehn Minuten.« David, der vor zwei Jahren die Stelle des Pagen gegen die des Hofnarren eingetauscht hatte, schüttelte unmerklich den Kopf. Als König würde Jean es einmal schwer haben.

Auch Herzog Wilhelm beschlich ein ungutes Gefühl. Er hatte Jean darauf vorbereitet, über die Länder Holland, Seeland und Hennegau zu herrschen, und sich dabei oft gefragt, ob sich der junge Prinz gegen die aufmüpfigen Kabeljaue würde behaupten können. Aber in den so genannten niederen Landen wusste man, woran man war, und kannte seine Feinde. Ganz anders der französische Hof mit seiner Intrigenwirtschaft. Jean fehlten nicht nur Weitsicht, diplomatisches Geschick und Ambitionen, sondern vor allem auch Skrupellosigkeit und Unbarmherzigkeit. Nicht einmal zum Kronprinzen, als der er de facto seinen geisteskranken Vater vertreten müsste, eignet er sich, dachte Wilhelm schweren Herzens. Seiner Tochter traute er mehr zu. Sie musste jetzt schnell erwachsen werden und sie brauchte gute Berater. Auch wenn er ihm nicht immer vertraute, so wusste Wilhelm doch, dass es am wichtigsten war, sich die Gunst von Johann ohne Furcht zu sichern, einem der mächtigsten Männer Europas.

 

Nachdem sich der größte Teil der Gesellschaft zurückgezogen hatte, berieten er und Marguerite sich mit ein paar Getreuen. David gehörte dazu. Wilhelm hatte den kleinen Mann in den letzten Jahren sehr schätzen gelernt und war überzeugter denn je, dass Marjan bester Abstammung sein musste. Ihr kluger und talentierter Sohn, eine ständig sprudelnde Informationsquelle, war ein weiterer Beweis. Über die Intrigen und Machtspiele in der herzoglichen Küche war er genauso informiert wie über jene in den europäischen Fürstenhäusern. Herzog Wilhelm hielt es für unmöglich, dass ein einfacher Mann aus dem Volk Kundschaften so umfangreich einholen, Einsichten so klug verarbeiten und Fäden so fein ziehen konnte. Die Kabeljaue mochten glauben, dass Bürger sogar klug genug wären über das Geschick ihrer Städte selbst zu bestimmen, für Herzog Wilhelm war so ein Gedanke frevelhaft. Nicht die Menschen schufen Herrscher, das tat Gott. Und der würde schon wissen, warum er Jean ausgewählt hatte.

Marguerite schlug vor, sofort ihren Bruder rufen zu lassen.

»Das wird nicht nötig sein«, versicherte David, »der Herzog von Burgund ist schon unterwegs.«

»Bist du unter die Hellsichtigen gegangen?«, fragte Wilhelm.

»Niemand ist besser über den französischen Hof informiert und niemand ist mehr daran interessiert, dort Einfluss auszuüben. Nach dem Tod seines Schwiegersohnes wird der Herr Schwager Prinz Jean seinen Schutz anbieten …« Es entstand ein ungemütliches Schweigen.

 

»Der französische Hof wird vom Kronprinzen einen Erben erwarten«, sagte Marjan leise zu Jakoba, als sie ihr an jenem Abend beim Auskleiden half. Erschrocken blickte Jakoba auf.

»Du weißt es?«, fragte sie tonlos.

Jetzt war sie schon seit beinahe zwei Jahren verheiratet und Jean verhielt sich ihr gegenüber noch immer wie ein Bruder. »Du hast Visionen«, sagte Marjan. »Das bedeutet, dass du noch Jungfrau bist.«

Jakoba sah zu Boden.

»Ich schäme mich so«, flüsterte sie und begann leise zu weinen, »dass mein eigener Mann mich nicht begehrt.«

Marjan nahm sie in die Arme und streichelte ihr sanft den Rücken. »Weinen, mein Kind, hilft nicht. Du wirst den ersten Schritt tun müssen. Am besten heute Nacht noch.« Todesnachrichten erweckten oft den Wunsch nach körperlicher Nähe.

»Ich habe schon Andeutungen gemacht«, schluchzte Jakoba, »aber je länger wir verheiratet sind, desto schwieriger wird es …«

»Keine Andeutungen. Taten sind gefragt«, sagte Marjan streng. Sie setzte Jakoba auf einen Stuhl und hielt ihr einen detaillierten Vortrag.

Doch als Jakoba in jener Nacht zur Tat schreiten wollte, wich Jean erschrocken auf seine Bettseite zurück.

»Mein Bruder ist tot und du denkst an solche Dinge!«, rief er erschüttert. Anscheinend war Jakoba doch nicht anders als die schamlosen Dirnen, die sich Hofdamen seiner Mutter nannten. Es hatte ihnen nicht einmal etwas ausgemacht, dass sich der kleine Prinz in den Räumen aufhielt, wo sie sich ihrem schändlichen Treiben hingegeben hatten. Der Anblick der nassen schwitzenden Leiber, der schwüle, stickige Dunst, den sie verbreiteten, und die schweren Atemstöße hatten ihn erst entsetzt, dann angeekelt. Eine Hofdame hatte den Achtjährigen sogar einmal aufgefordert seine Hand auf den dunklen Busch zwischen ihren Beinen zu legen. Er war schreiend aus dem Zimmer gerannt und danach zwei Tage lang krank gewesen. Er erinnerte sich auch noch gut an den Tag, an dem er in das Gemach seiner Mutter gegangen war und gesehen hatte, wie sich die schwabbligen Fettwülste ihres enormen Leibes auf einen schmalen Männerkörper gesenkt hatten. Nur noch die nackten dünnen Beine des Mannes waren sichtbar gewesen, und in Jean hatte sich der seltsame Gedanke geregt, dass auch diese wahrscheinlich in dem mächtigen Körper seiner Mutter verschwinden würden.

Jakoba erinnerte sich an Marjans Worte und bemühte sich ruhig zu bleiben.

»Jean«, sagte sie, »irgendwann müssen wir es tun, sonst bleibt Frankreich ohne Thronfolger. Bitte leg dich wieder zu mir, ich kann es nicht ertragen, wenn du mir böse bist.«

Er rutschte wieder näher heran. Natürlich war Jakoba keine Dirne, sie war seine Frau, und es war seine Pflicht, sie zu begatten. Aber doch nicht an dem Tag, an dem ihm so viel anderes im Kopf herumging! »Du hast Recht«, sagte er und unterdrückte einen Seufzer. »Und wir werden es tun. Sobald ich als Kronprinz den französischen Hof begrüßt habe …«

Das sollte noch einige Monate dauern, denn in Paris wütete immer noch der Bandenkrieg zwischen den Armagnacs, den Anhängern des vor wenigen Jahren ermordeten Herzogs von Orléans, und den Burgundern. Außerdem hatte der Tod von Jeans Bruder gleich mehrere Anwärter auf den französischen Thron auf den Plan gerufen. Der große Gegner von Königin Isabella und Führer der Orléans-Bewegung, Graf von Armagnac, rief Jeans jüngeren Bruder Karl zum neuen Kronprinzen aus, und der englische König Heinrich meldete Ansprüche auf die französische Krone an.

»Paris ist in Aufruhr, und niemand kann wissen, wie das alles endet«, berichtete Johann ohne Furcht bei einem seiner häufigen Besuche in Le Quesnoy. Zu Beatrix’ Begeisterung hatte er auch diesmal seinen Sohn Philipp mitgebracht. »Stellt euch vor, die Universität von Paris ist so verzweifelt, dass sie sogar an alle Frommen mit der Gabe der Prophetie appelliert sich zu melden. Sie sollen dem Königreich helfen aus dieser unentwirrbaren Lage herauszukommen.«

»Schön dumm, wer sich meldet«, warf Marguerite ein. »Wenn’s nicht klappt, kommt der Visionär auf den Scheiterhaufen.«

»Vielleicht ist es auch eine Visionärin«, warf Philipp ein, »nach alten Schriften soll das Königreich von einer hellsichtigen Jungfrau gerettet werden.«

Jakoba erschrak. Sollte sie etwa diese Jungfrau sein? Ihr Verstand sagte ihr allerdings, dass sie als Ehefrau des Kronprinzen wohl kaum mit einer solchen Bezeichnung in die Geschichte eingehen könnte. Außerdem waren ihre eigenen Visionen nutzlos. Sie verstand nur die wenigsten Szenen, die ihr eine nähere oder fernere Zukunft zeigten, und viele wichtige Angelegenheiten, wie der Tod von Jeans Bruder, hatten sich ihr überhaupt nicht angekündigt.

Herzog...

Erscheint lt. Verlag 1.12.2020
Reihe/Serie Starke Frauen, dunkle Zeiten
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte Aristokratie • Bayern • Frauenschicksal • historisch • Historischer Roman • Iny Lorenz • Jakoba von Bayern • Ken Follett • Liebe • Niderlande • Niederen Lande • Ralf Dorweiler • Rebellen • Sabine Weiß • Schlacht
ISBN-10 3-8412-2529-2 / 3841225292
ISBN-13 978-3-8412-2529-0 / 9783841225290
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