Exit this City (eBook)

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2021 | 1. Auflage
432 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491186-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Exit this City -  Lisa-Marie Reuter
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Climate Fiction aus Deutschland: »Exit This City« ist ein Science-Fiction-Thriller über die Zukunft der Ernährung. Deutschland im Jahr 2158: Auf den Reisplantagen des verarmten Agrarlands braut sich eine Rebellion zusammen. Genmanipulierte Bienen sollen die Felderträge steigern, doch ihr Stich ist tödlich. Tausende Menschen wurden mit dem Gift infiziert, alle starben - bis auf die charismatische Veeru, die seitdem wie eine Göttin verehrt wird. Die Plantagenarbeiter folgen ihr auf einem Feldzug gegen die Landbesitzer. Ihr Ziel ist die Europazentrale des skrupellosen Konzerns FinalFood Inc. Doch Veerus wahre Absichten bleiben dunkel, und vieles deutet darauf hin, dass sie insgeheim ihre eigenen Pläne verfolgt. Am anderen Ende der Welt irrt Marti ohne Erinnerung durch Delhi. Er ist allein und er wird verfolgt. Als ein radioaktiv verseuchter Staubsturm Kurs auf die Millionenmetroploe hält, gibt es für die Bevölkerung nur noch eines: Raus aus der Stadt! Doch Marti kann erst fliehen, wenn er weiß, warum es die unbekannten Feinde auf ihn abgesehen haben. Seine Suche nach der Wahrheit führt ihn mitten hinein in die Machenschaften eines Konzerns, der in Deutschland ein skrupelloses Spiel um Macht und Einfluss spielt. Für Science-Fiction-Fans und Leser*innen von Zoë Beck, Andreas Eschbach, Tom Hillenbrandt, Theresa Hannig und Andreas Brandhorst.

Lisa-Marie Reuter, geboren 1987, zog fürs Indologie-Studium nach Würzburg, wo sie bis heute lebt und schreibt. Wenn sie dabei nicht in frei erfundene Fantasywelten abtaucht, lässt sie sich von ihren Indienreisen inspirieren. Vieles, was sie zwischen Delhi und Bengaluru, Jaisalmer und Guwahati erlebt hat, ist allerdings viel zu verrückt, um einen glaubwürdigen Roman abzugeben.

Lisa-Marie Reuter, geboren 1987, zog fürs Indologie-Studium nach Würzburg, wo sie bis heute lebt und schreibt. Wenn sie dabei nicht in frei erfundene Fantasywelten abtaucht, lässt sie sich von ihren Indienreisen inspirieren. Vieles, was sie zwischen Delhi und Bengaluru, Jaisalmer und Guwahati erlebt hat, ist allerdings viel zu verrückt, um einen glaubwürdigen Roman abzugeben.

Was für eine Story! In einem erfrischend geschmeidigen Stil entführt uns Lisa-Marie Reuter in ›Exit this city‹ in die Mitte dieses Jahrtausends.

Sollte zur Pflichtlektüre für Politiker werden!

sehr unterhaltsam und brutal atmosphärisch

Vor 57 Tagen


Ghunghru – [ghũghrū] m 1. Glöckchen n, Schelle f 2. Schellenband n (wird während des Tanzens um den Fußknöchel getragen)

 

Reglos lauschte Paksha auf die Schritte im Korridor.

Sswsch, sswsch, sswsch.

Sie kannte das Geräusch. Sonnys Hauspantoffeln schlurften über den kalten, grauen Marmorboden. Sonny war unterwegs zu ihr. Paksha wollte nicht, dass er in ihr Zimmer kam, aber was konnte sie schon dagegen tun?

Aus dem Augenwinkel nahm sie wahr, wie er die Tür öffnete. Sie drehte sich nicht zu ihm um. Hier, im Innern der Sync-Sphäre, zerfetzte der Taifun stumm und gleichgültig die Mangrovenwälder, in denen Paksha früher bei gutem Wetter Krabben fürs Abendessen gesammelt hatte.

Auf der Türschwelle räusperte sich Sonny.

»Du bekommst gar nicht genug von der Show, was?«

Paksha presste die Lippen zusammen. Ein bunt bemaltes Fischerboot segelte über ihr vorbei und zerschellte lautlos an den Uferfelsen.

»Ich gönn dir den Ruhm«, fuhr Sonny jovial fort. »Du hast eine super Performance abgeliefert. Schade, dass euer Dorf nicht zu retten war. Aber jetzt bist du ja hier bei mir. Darf ich?«

Seine Finger huschten über den Control-Screen und schalteten das Video ab. Brechende Wellen und peitschende Palmwedel erstarrten mitten in der Bewegung, ehe sie zu harmlosem Pixelstaub zerfielen. Paksha blinzelte. Ihre Heimat war verschwunden. Zurück blieben die kantigen Möbel ihres neuen Zimmers, das ungemachte Bett und darüber an der Wand der kitschige Kunstdruck, auf dem Krishna eine Schar Hirtenmädchen mit seinem Flötenspiel bezirzte. Sie alle waren ihm restlos verfallen, seiner blauen Haut, dem schelmischen Lachen und den Pfauenfedern, die er im Haar trug. Welche Wahl blieb ihnen schon, wenn ein Gott sie zum Tanzen aufforderte?

»Falls ich dir einen Rat geben darf: Denk nicht zu viel an dein altes Zuhause«, sagte Sonny. »Die Andamanischen Inseln sind Geschichte, und die Zuschauer wollten, dass du zu mir nach Europa kommst. Wird Zeit, dass wir uns besser kennenlernen, was meinst du, Kind?«

Kind.

Als ob sie nicht beide wussten, dass Paksha in Sonnys Augen längst kein Kind mehr war. Das Beben seines dichten, schwarzen Schnurrbarts hatte es ihr verraten, schon ganz zu Beginn der Show, als er mit honigsüßen Worten um die Gunst des Publikums geworben hatte. Der allzu feste Griff um ihren Arm, mit dem er ihr beim Aussteigen aus dem Autocopter geholfen hatte. Die Blicke der anderen Frauen auf der Plantage, blaue Augen voller Neid und Mitleid. Mit ihren fünfzehn Jahren war Paksha alt genug, um die Zeichen zu deuten. Sie wusste sehr wohl, warum Sonny heute in ihr Schlafzimmer gekommen war, aber nach allem, was sie durchgemacht hatte, blieben nur Gleichgültigkeit und Resignation.

Sonny schritt den Raum ab wie ein Raubtier sein Revier. Aufmerksam, selbstsicher. Paksha ließ sich weder von seinem Teddybärengesicht täuschen noch von seinem Wohlstandsbauch, oder dem gemütlichen Doppelkinn. Er würde sie nicht umwerben wie Krishna seine Auserwählten. Wenn Sonny etwas wollte, dann nahm er es sich.

Das letzte Kamerateam war gestern abgereist, Sektor Main-4/ME gehörte nun wieder Sonny allein. Ihm gehörten die Reisfelder und der Ertrag, den die einheimischen Arbeiter erwirtschafteten. Ihm gehörten der Autocopter, der Paksha hergebracht hatte, und die Villa am Hang über dem Fluss. Ihm gehörten das Zimmer, in dem Paksha seit ihrer Ankunft lebte, und jedes einzelne Kleidungsstück, das sie am Leib trug, sogar die Unterwäsche.

»Wie war deine erste Woche bei uns? Ich hab dich vernachlässigt, aber das wird sich jetzt ändern.« Während er sprach, besah er sich Pakshas offen stehende Reisetaschen, die wenigen Habseligkeiten, die sie herausgezerrt und dann planlos auf dem Schreibtisch, dem Fensterbrett, dem Fußboden verteilt hatte. Sein Blick fiel auf die leeren Schrankfächer, dann auf die zerfledderte Ausgabe von Tausendundeine Nacht, die aufgeschlagen auf dem Nachtkästchen lag. »Hast du dich schon eingelebt? Bist auf Entdeckungstour gegangen?«

Paksha schüttelte den Kopf und beobachtete Sonny zwischen zwei Strähnen ihrer Dreadlocks hindurch. Die eingeflochtenen Moodwires schimmerten eisblau. »Es hat ja ständig geregnet.«

Sein Lachen klang immer noch so sympathisch wie in der Show. Sonny-ji, der Wohltäter. Der nette Onkel, der das gestrandete Waisenkind bei sich aufnahm. »Daran musst du dich gewöhnen. Zieh am besten Gummistiefel an, wenn du rausgehst.« Er setzte sich auf die Bettkante und holte ein Kunststoff-Etui aus der Hosentasche. »Na, komm her und lass uns deinen Einstand feiern.«

Paksha blieb stehen. Sie war noch nicht so weit, nur ein kleiner Aufschub noch.

Lenk ihn ab, funkten ihre erschöpften Synapsen. Mach es wie Scheherazade. Denk dir was aus, das besser ist als die Wirklichkeit.

Tausendundeine Nacht lang hatte die geschickteste Geschichtenerzählerin aller Zeiten den bösen König in ihren Bann geschlagen. Pakshas Repertoire war nicht ganz so umfangreich wie das ihres Vorbilds, aber erzählen, das konnte sie. Von Noe, ihrer Großmutter, hatte Paksha die Kunst ihrer Vorfahren gelernt, kaum dass sie sprechen konnte. Sie musste lediglich herausfinden, welche Art von Zuhörer Sonny war.

»In Safe Town hat es auch oft geregnet«, hob sie beiläufig an. »Aber das war eine ganz andere Art von Regen, kurz und heftig, und danach kam die Sonne gleich wieder raus. Hier nieselt es den ganzen Tag, es ist immer nass.«

Sonny gluckste gutmütig. »Da hast du recht, Kind. Ich weiß schon, dass du gehofft hattest, ein Kandidat aus Indien würde das Rennen machen. Aber glaub mir, du hättest es bereut. Indien ist eine Wüste, Paksha. Hier in Europa lässt es sich besser leben.«

»Hast du nicht manchmal Heimweh?«

»Nach Indien?« Sonny rümpfte die Nase. »Da gibt’s nur noch Staubstürme und Gigastädte. Ich fliege ab und an hin, im Winter, wenn die Temperaturen unter vierzig Grad fallen. Aber am liebsten bin ich auf der Plantage.« Mit dem linken Arm beschrieb er einen ausladenden Kreis. »Uns fehlt es doch an nichts. Wir haben unseren indischen Lebensstandard, alles vom Feinsten, alles auf dem neusten Stand. Ein Haus wie dieses«, er klopfte an den Bettpfosten, »hätte ich mir in Delhi oder Bengaluru im Leben nicht leisten können. Dreihundertdreißig Quadratmeter, Neomogulischer Stil, bis unters Dach vollgestopft mit Tata-Technologie. Und von dem Geld, das übrig bleibt«, grinsend klappte er das Etui auf, »hab ich uns was Nettes besorgt. Weißt du, was das ist?«

Auf den ersten Blick hielt Paksha die beiden milchigen Kristalle, die er sich auf die Handfläche rollen ließ, für ein Paar Ohrringe. Erst als sie näher heranging, sah sie, wie im Innern der Steine elektrische Funken entlang eines haarfeinen Drahtgeflechts zuckten. An einem Punkt nahe der Oberfläche vereinten sich die Metallfäden und ragten als kupferne Nadelspitze ins Freie.

Eine ungute Ahnung regte sich in ihr, aber Paksha schüttelte stumm den Kopf.

Sonny kicherte. »Das hätte mich auch gewundert. Kleine Leute wie wir bekommen sowas normalerweise nicht zu Gesicht. Schon mal von Brain-Sparks gehört?«

Widerwillig nickte Paksha. »Die pfuschen dir ins Gehirn, oder? Bringen deine B-Waves durcheinander. Aber ich dachte, das ist total gefährlich …«

»Noch in der Testphase trifft es besser«, entgegnete Sonny lächelnd. »Die winzige Ladung hier reicht gerade mal für einen kurzen Ausflug ins Nirwana. Der Effekt greift direkt an den Hirnströmen, lässt dich für ein paar Stunden alles vergessen.« Er musterte sie unverhohlen, jede Kurve, jeden Zentimeter nackter Haut. »Was meinst du, machen wir uns einen schönen Abend?«

Pakshas Fußzehen gruben sich in den Plüschteppich. Wenn sie gewusst hätte, dass Sonny heute zu ihr käme, hätte sie sich mehr angezogen als das dünne Maxishirt, dessen Saum ihr gerade bis zum Knie reichte. Verflucht, sie hätte damit rechnen müssen! Fünf ganze Tage hatte er ihr Zeit gegeben, um sich zu sortieren, um anzukommen und sich von ihrem alten Leben zu verabschieden. Ein fairer Deal, oder nicht? Es war ihre eigene Schuld, dass ihre Taschen noch immer nicht ausgepackt waren, dass sie es vorgezogen hatte, die Zeit in der Sync-Sphäre zu verplempern und einem Zuhause nachzutrauern, das nicht mehr existierte. Sektor Main-4/ME war jetzt ihr Zuhause und Sonny ihre Zukunft.

»Du machst mir ein schlechtes Gewissen.« Paksha deutete auf die Brain-Sparks. »Du hast doch für die Show schon so viele Shells ausgegeben. Dann die ganzen neuen Kleider, der Flug mit dem Autocopter …«

Sonny winkte ab. »Ich musste den Zuschauern natürlich was bieten, damit sie für mich stimmen. Aber, unter uns, FinalFood hat mich ordentlich gesponsert. In der Show warst du der absolute Sympathieträger, Paksha. Dich rauszuholen hat der Firma sagenhafte Image-Werte beschert. Dann noch dieses bombastische Finale, Evakuierung im Taifun, euer Dorf in Trümmern – Paradise Lost war die Sync-Show des Jahres, des Jahrzehnts. Und wir waren dabei.«

Der Boden unter Pakshas Füßen schwankte, als sie an Safe Town dachte; daran, wie Orkanböen erst das Dach ihres Hauses fortgerissen und dann die Wände wie Spielkarten weggefegt hatten. Die Bilder der Zerstörung kannte sie nur aus der Sync-Sphäre. Paksha selbst hatte da bereits im Flieger nach Europa gesessen. Der Taifun war weitergezogen,...

Erscheint lt. Verlag 24.2.2021
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Bienen • climate fiction • Cyberpunk • Delhi • Deutsche Science Fiction • Dystopie • Gentechnik • Indien • Klimawandel • Künstliche Intelligenz • Science Fiction • Science Fiction Roman • SF Roman • Social Science Fiction • Urban Fantasy • Zukunftsroman
ISBN-10 3-10-491186-X / 310491186X
ISBN-13 978-3-10-491186-1 / 9783104911861
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