Singularity (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
464 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491310-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Singularity -  Joshua Tree
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Schafft sich die Menschheit selber ab? »Singularity« ist der neue Science-Fiction-Thriller von Bestseller-Autor Joshua Tree über die Zukunft der künstlichen Intelligenz. Ende des 21. Jahrhunderts ist die Menschheit tief gespalten: Während die eine Hälfte medizinisch bestens versorgt ein langes Leben führt, ist die andere schlicht überflüssig. Bestenfalls als billige Arbeitskräfte haben die meisten Menschen ein karges Auskommen. Einer dieser Überflüssigen ist James, der als Hausdiener der neuen Elite anheuert. Von seinem neuen Herrn erhält er einen rätselhaften Auftrag: Er soll dessen vor zwanzig Jahren verschollene Tochter wiederfinden - in einer virtuellen Simulation. Schon bald muss er erkennen, dass nicht bloß die Grenzen von VR und Wirklichkeit verschwimmen, sondern auch die von Mensch und Maschine. Und ihm offenbart sich ein schreckliches Geheimnis, das die Zukunft und Vergangenheit der Menschheit in Frage stellt. Für Leser*innen von Marc Elsberg, Phillip P. Peterson, Daniel Suarez und Tom Hillenbrandt

Joshua Tree ist Kommunikationstrainer, Weltreisender und Wortmaler. Unterwegs mit Motorrad, Auto und Fahrrad, erkundet er unsere Welt - und die seiner Phantasie. Seine Thriller und Science-Fiction-Romane führen regelmäßig die Amazon-SF-Charts an. www.weltenblume.de

Joshua Tree ist Kommunikationstrainer, Weltreisender und Wortmaler. Unterwegs mit Motorrad, Auto und Fahrrad, erkundet er unsere Welt - und die seiner Phantasie. Seine Thriller und Science-Fiction-Romane führen regelmäßig die Amazon-SF-Charts an. www.weltenblume.de

Hier wird [...] durchaus routiniert ganz schön auf alle Tuben gedrückt. Fürs serielle Spektakellesen.

Leseempfehlung! Hier wird ein dystopischer Gedanke entfaltet, der gegenwartsdiagnostischer kaum sein könnte!

Eine wirklich intelligente dystopische Vorschau auf das Ende dieses Jahrhunderts bietet Joshua Tree mit ›Singularity‹.

überaus beeindruckende[s] und faszinierende[s] Werk

Mit seinem Roman ›Singularity‹ regt Joshua Tree zum Nachdenken an.

1 James


James betrachtete sein Spiegelbild so eingehend, als versuche er, ein komplexes Muster zu ergründen. Die wulstige Narbe, die sich von seiner Stirn bis über die linke Wange zog wie ein senkrechter Strich – rosafarben und glänzend –, fuhr er mit einem Finger nach. Jeder Zentimeter löste eine Reihe von Emotionen aus, die sich jedoch uralt und verbraucht anfühlten. Was früher ein nicht zu bändigender Orkan gewesen wäre, war heute unter einer Schicht mühsam erlernter Selbstkontrolle verborgen.

»James!«, hörte er seinen Namen durch das Treppenhaus schallen und wischte mit der Hand vor der Wand über dem Waschbecken entlang, woraufhin sie sich entspiegelte und wieder matt wurde. »Kommst du bitte herunter?«

»Ich komme!«, rief er, wusch sich die Hände und zögerte. »Wie wird das Wetter heute?«

Die Wand verwandelte sich in ein Bild der Skyline New Yorks, über der vereinzelte Wolken dahinzogen. Der Himmel war blau.

»Für den Nachmittag sind Schauer gemeldet, einsetzend ab 16.11 Uhr mit Niederschlagsmengen von drei Millimetern. Es wird wieder trocken ab 18.02 Uhr bei Temperaturen von 17,2 Grad Celsius«, antwortete die Haus-KI in angenehmem Bariton.

»Danke«, sagte James, und das Bild verschwand. Heute war sein Tag gekommen, das wusste er. Der nächste Schritt stand bevor, war längst überfällig. Mit gestrafften Schultern verließ er das Badezimmer und kehrte in den Flur im ersten Stock des alten Farmgebäudes zurück, das seine Hosts als Rückzugsort von der Stadt nutzten. Die uralten Eichenholzdielen knarzten unter seinen formangepassten Schuhen, als wollten sie gegen seine Anwesenheit protestieren. Ehe er sich der Treppe mit dem dunklen Teppich zuwandte, machte er einen Schritt nach links und sah durch den schmalen Türspalt des Kinderzimmers in Leonies Bett. Die Fünfjährige schlief mit offenem Mund und entspanntem Gesicht unter ihrer Decke, die mit lachenden Teddybären bestickt war. Die KI überwachte zwar jeden Schritt der Kleinen, aber James hatte sich in den letzten zwei Jahren so sehr an sie gewöhnt, dass es ihn beruhigte, mit eigenen Augen zu sehen, dass es ihr gutging.

Als er ins Erdgeschoss ging und auf die Küche zuhielt, stoppte ihn die Stimme der KI, die von überall und nirgendwo zu kommen schien.

»James? Claudia und Robert erwarten dich im Wohnzimmer. Bitte schließe die Tür hinter dir, damit Leonie nicht wach wird.« Über der Tür zum Wohnzimmer blinkte überflüssigerweise ein roter Pfeil. Er zuckte mit den Achseln und folgte der Aufforderung.

Claudia und Robert saßen auf dem Sofa aus Memoryfoam, der sich ihren Körperformen angepasst hatte, so dass sie einige Zentimeter darin versanken. Unter dem alten Fachwerk und den lehmverputzten Wänden sahen sie aus wie Fremdkörper – zwei makellos schöne Menschen mit alterslosen Gesichtern und straffen Muskeln in hautenger Nanoseide. Noch vor einhundert Jahren hatten hier Bauern gelebt, die Felder bestellt und Traktoren per Hand gesteuert.

»Hallo, James«, begrüßte Leonies Mutter ihn und deutete auf den Sessel vor dem Sofa. »Bitte setz dich doch.«

Er gehorchte wie immer, ließ sich auf dem Memoryfoam nieder und spürte nicht einmal, wie sich das intelligente Material unter ihm verformte und anpasste. Es war so gemütlich, dass er am liebsten geseufzt hätte.

»Wir müssen dir etwas mitteilen«, fuhr Claudia fort und faltete die Hände auf den übereinandergeschlagenen Beinen. James mochte es nicht, wenn sie so langsam sprach, obwohl es ihm dabei half, sie zu verstehen. Zu wissen, dass sie es für ihn tat, sorgte jedes Mal dafür, dass er sich dumm fühlte, was im Vergleich zu seinen Hosts aus jedem erdenklichen Blickwinkel zutreffend war.

Da sie eine Pause machte, erwartete sie wohl von ihm, dass er etwas antwortete, also entschied er sich zu nicken.

»Wir haben deine Dienste wirklich sehr geschätzt, seit Jefferson und Sarah dich zu uns gebracht haben. Auch deine Fürsorge gegenüber Leonie war wundervoll, und wir haben es keine Sekunde lang bereut, uns damals für dich entschieden zu haben. Was wir dir jetzt sagen, tun wir nicht, weil du uns enttäuscht hättest, sondern aufgrund deiner vortrefflichen Dienste.« Claudia sah zu Robert und richtete einen ganzen Schwall Hochfranzösisch an ihn, der so schnell war, dass James schwindelig wurde. Auch diese Demonstration ihrer kognitiven Überlegenheit mochte er nicht besonders.

»Wir haben dir doch davon erzählt, dass wir heute bei passenden Voraussetzungen einen Ausflug machen werden, zu dem wir dich gerne mitnehmen möchten«, erklärte Robert und lächelte freundlich. »Es geht um ein Treffen mit einem ganz besonderen Freund von mir, den ich lange nicht gesehen habe, und wir möchten diesem Freund vorschlagen, dass du künftig bei ihm wohnst.«

Dass ich für ihn arbeite, übersetzte James für sich selbst. Er hatte keine Wahl, das war ihm klar, trotzdem nickte er, als würde er seine Zustimmung erteilen, um der Etikette Genüge zu tun. Nach zwanzig Jahren hätten sie wie Eltern für ihn sein können, doch sie waren nichts als Fremde. Schlimmer noch: Sie gehörten nicht einmal derselben Spezies an.

»Wer ist dieser Mann?«, fragte er, als ihm klarwurde, dass sie eine stärkere Reaktion von ihm erwarteten, obwohl er genau wusste, um wen es sich handelte.

»Ein sehr wichtiger in New York. Einer der besten Algorithmiker, die wir im NAB haben«, antwortete Robert mit gutmütigem Lächeln. »Es wird dir bei ihm sicher sehr gut gefallen.«

»Ich bin eine Art Bezahlung für einen Gefallen, schätze ich?« James schmunzelte in sich hinein, als sich die Augen seines Gegenübers kaum merklich weiteten, obwohl er noch immer lächelte, als wäre nichts gewesen. Es hatte seine Vorteile, wenn man schon über zwanzig Jahre bei den Verbesserten lebte und sie studierte –, egal wie schlau sie zu sein glaubten, sie waren nicht undurchschaubar.

»Ich habe dir doch gesagt, dass er klüger ist als die anderen«, sagte Claudia in perfektem Mandarin an ihren Ehemann gerichtet. Sie wechselten immer ins Chinesische, wenn sie sichergehen wollten, dass er sie nicht verstand. Das war auch der Grund gewesen, weshalb er die vermutlich schwierigste Sprache, die es gab, heimlich gelernt hatte. Obwohl sie eindeutig einen Vorwurf artikuliert hatte, lächelte sie James noch immer an, als ob nichts gewesen sei. Es war wirklich erstaunlich, wie sie das machten.

»Nur weil ich ihm beigebracht habe, wie man eine logarithmische Integration berechnet, heißt das noch lange nicht, dass er intelligent ist. Sogar ein Affe kann Memory spielen, wenn er dafür Futter bekommt«, gab Robert zurück und wandte sich wieder an James, sein Lächeln unberührt wie zuvor. Auf Englisch fuhr er fort: »Ach, mein lieber James, so ist es nicht. Wir glauben einfach, dass es dir bei ihm besser gehen wird. Er ist ein echter Nostalgiker, er sammelt Smartphones, Bücher und USB-Sticks.«

»Ach so.« James nickte und tat, als sei er nun beruhigt. »Dann danke ich euch sehr, dass ihr so gut für mich sorgt. Es ist mir eine Ehre, dass ich diese Möglichkeit bekomme. Danke für euer Vertrauen.«

»Er ist wirklich niedlich«, seufzte Claudia auf Mandarin. »Ich hätte ihn am liebsten behalten, Leonie spielt so gerne mit ihm.«

»Die Freude war ganz unsererseits.« Robert beugte sich vor und tätschelte James’ Hand – eine ungelenke Geste, als fühle er sich damit nicht wohl. »Wir treffen uns heute Abend mit unserem Freund. Sein Name ist Stuart, und er bedeutet für meine Firma möglicherweise alles. Deshalb wollen wir uns von unserer besten Seite zeigen, in Ordnung?«

»Natürlich«, versicherte James ihm und nickte ernst. Stuart Marquandt, dachte er und lächelte in sich hinein. Das wurde aber auch Zeit. »Treffen wir Stuart in einer VR-Umgebung?«

»O nein. Das Wetter sieht gut aus, und ich hatte Claudia einen Rundflug versprochen, wenn die Aussicht schön ist.« Robert bedachte seine Frau mit einem liebevollen Seitenblick. »Darum verbinden wir das Angenehme mit dem Nützlichen. Und du darfst mitfliegen, James!«

»Wirklich?«

»Ja, natürlich. Zum Abschied soll es dir an nichts mangeln, mein Lieber!«

»Das ist sehr großzügig«, sagte James und bemühte sich um eine besonders ergriffene Miene.

»Aber das ist noch nicht alles«, sagte Claudia und grinste mit diebischer Vorfreude im Gesicht. »Wir haben noch ein Abschiedsgeschenk für dich!«

»Wirklich? Das wäre aber nicht nötig gewesen!«

»O doch«, erwiderte sie und machte eine sehr gönnerhafte, wegwerfende Handbewegung, ehe sie Robert zunickte. Der ging hinüber zu der in die Wand integrierte Druckereinheit, die aussah wie ein metallisch eingefasster Hohlraum im Lehm. Auf der Unterseite gab es ein kleines Gitter.

»Sam«, sagte der Hausherr und zwinkerte James über die Schulter zu. »Stell uns bitte das Abschiedsgeschenk für unseren Freund her, ja?«

»Natürlich, Robert«, antwortete die Haus-KI und klang geradezu begeistert. »Ich bin mir sicher, dass er sich sehr darüber freuen wird.«

»Ich mir auch!« Es klickte ein paarmal an der Schwelle des Hörbaren, und dann senkte sich das Gitter von der Größe eines Suppentellers ab und tauchte wieder auf, diesmal mit einem Armband darauf. James wusste genau, was das war, und musste unwillkürlich schlucken. Nach einem kurzen Schreck stellte er zu seiner Erleichterung fest, dass Claudia gerade zu ihrem Mann geschaut und es nicht bemerkt...

Erscheint lt. Verlag 1.4.2021
Zusatzinfo 1 s/w-Abbildung
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte climate fiction • Cyberpunk • Deutsche Science Fiction • Dystopie • High Tech Science Fiction • Künstliche Intelligenz • Ray Kurtzweil • Science-fiction • Science Fiction • science fiction bestseller • science fiction thriller • SF Bestseller • Singularität • Virtuelle Realität • VR • Zukunftsroman
ISBN-10 3-10-491310-2 / 3104913102
ISBN-13 978-3-10-491310-0 / 9783104913100
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